Buch 3, Kapitel I: „Karl IV. – Kindheit, Jugend, Volljährigkeit“


Herkunft, Geburt und Taufe

 

Karl wurde am 14. Mai 1316 in Prag geboren. Sein Vater war der ebenso illustre wie streitbare König Johann von Böhmen, der später, in Folge einer tragischen Augenerkrankung, den Beinamen „der Blinde“ erhält. Johann entstammte dem Geschlecht der Luxemburger, einer noch vor zwei Generationen unbedeutenden Grafendynastie aus dem Westen des Reichs. Johanns Vater, der vormalige römisch-deutsche König Heinrich VII., vermochte nach vielen Generationen erstmals neben der Königs- auch wieder die Kaiserkrone zu erlangen. Johanns Vater arrangierte 1311 die Heirat mit Elisabeth von Böhmen. Seine Gattin, eine Nachfahrin der Přemysliden, ging aus dem alten, im Mannesstamme erloschenen böhmischen Königsgeschlecht hervor. Über ihre Mutter war sie zugleich mit dem Hause Habsburg verwandt. Ihr Großvater aus der mütterlichen Linie war der ehemalige römisch-deutsche König Rudolf I. von Habsburg. Sie war Tochter König Wenzels II., mit dessen Tod die Dynastie der Přemysliden, wie schon erwähnt, männlicherseits ausstarb. Durch Heirat einer Blutsverwandten des alten Königshauses, qualifizierte sich Johann bei den böhmischen Ständen als Thronkandidat, worauf sie ihn wählten. Böhmen gehörte einst zu den reichsten, bevölkerungsstärksten und größten Territorien des Heiligen Römischen Reichs. Das Land genoss eine Reihe spezieller Privilegien, nicht zuletzt eine eigene Königskrone tragen zu dürfen. Ein zweiter König, neben dem Reichsoberhaupt, war bis dahin ein Novum im Alten Reich. Dieses Sonderprivileg ging noch auf Friedrich II. zurück. Er bestätigte im Jahre 1212 dem damaligen böhmischen König Ottokar I. Přemysl dessen Königtum und erklärte ihn zum vornehmsten Fürsten des Reichs. Dies geschah in Anerkennung der geleisteten Unterstützung Ottokars anlässlich der Wahl Friedrichs zum römisch-deutschen König.

Nach dem Erlöschen des alten Herrschergeschlechts, ging der Einfluss der böhmischen Zentralgewalt stark zurück. Unter den kurzen Regentschaften der Habsburger und der Herzöge von Kärnten, wurden viele Burgen, Regalien und Einnahmequellen an den böhmischen Adel verpfändet. Das Land zerfiel in zahlreiche einander bekriegende Adelsgruppen. Der einstige Wohlstand des Landes schmolz dahin. Johann übernahm 1212 ein an Mitteln spürbar beschnittenes Königreich.

Karl war Johanns erstgeborener Sohn und als solcher sein designierter Nachfolger auf dem Thron Böhmens. Sein Name lautete nicht Karl, mit Taufname hieß er zunächst Wenzel, benannt nach dem Nationalheiligen der böhmischen Nation. Wenzel war die eingedeutschte Namensform des böhmischen Wentscheslaw, was so viel bedeutet wie der „Ruhmreiche“. Getauft wurde er im Prager Veitsdom zu Pfingsten 1316 vom Erzbischof von Mainz. Anwesend waren sein Großonkel, Erzbischof Balduin von Trier und die Bischöfe Johann von Prag und Peter von Olmütz. Es war augenscheinlich, dass die Geburt und Taufe eines zukünftigen böhmischen Thronfolgers, ein besonderes Ereignis war.

Karl erhielt seinem späteren Namen am französischen Hof König Karls IV. (1295 – 1328) von Frankreich, der mit Karls Tante Maria, einer jüngeren Schwester seines Vaters, verheiratet war. Sie nahm den jungen am Hof vorerst in ihre Obhut und wachte über seine Erziehung. In späteren Jahren wurde ein gewisser Pierre Roger (um 1290 – 1352), er sollte dereinst Papst Clemens VI. werden, zum Lehrmeister des Prinzen. Die von Kindesbeinen an engen Beziehungen zum französischen Hof, wie auch zum späteren Papst, sollten sich nachhaltig auf seinen späteren politischen Handlungsspielraum auswirken und ihm, im Gegensatz zu seinen Vorgängern völlig veränderte Bedingungen ermöglichen.


Die ersten zwei Kindheitsjahre

Karl oder Wentscheslaw, die eingedeutschte Form lautete Wenzel, hatte einen Vater der seinem Sohn von Beginn an eine typisch kriegerische Haltung anerziehen wollte. Hierbei nahm er nicht nur sich selbst als Beispiel sondern berief sich die fürstlichen Vorbilder der Zeit. Für einen einstmaligen Regenten überhaupt für einen männlichen Adeligen der nicht für ein geistliches Amt vorgesehen war, kam überhaupt keine andere Ausbildung in Frage als die einer Kriegers. Reiten wurde den jungen Herren bereits in frühem Kindesalter beigebracht. Der geschickte Umgang mit Rüstung, Schild und Waffe, insbesondere dem standesgemäßen Schwert war eine gesellschaftliche Notwendigkeit die unmöglich in Frage gestellt werden durfte. Damit dieser Angelegenheit unbedingt die notwendige Aufmerksamkeit gewidmet wurde, beauftrage Johann den böhmischen Oberlandeskämmerer Wilhelm Zajíc von Waldeck und Hasenburg. Die Familie der Zajíc von Hasenburg, Zajíc bedeutet Hase, gehörte zum böhmischen Uradel und ist zurück bis ins zehnte Jahrhundert nachzuweisen. Wilhelm Zajíc war zu seiner Zeit ein weit überregional bekannter und versierter Kriegsmann, er war ganz nach dem Geschmack des Königs und brachte nach Meinung Johanns demgemäß alle notwendigen Eigenschaften mit um die frühkindliche Erziehung des zukünftigen Königs von Böhmen zu beaufsichtigen.

Am 11. August 1316, Karl war kaum fünf Monate alt, brach im jüdischen Viertel Prags ein Feuer aus, das schnell auf angrenzende Häuser übergriff und letztendlich den größten Teil der Prager Altstadt in einer Feuersbrunst vernichtete. Die Heilig Geist Kirche, Kloster und Kirche der Paulaner, die Jakobskirche, das Rathaus selbst die Königsburg wurden ein Opfer der Flammen. Wir erwähnten es schon einmal, das alte Prag bestand überwiegend nur aus Holzgebäuden und ein Feuer, wenn es erst entfesselt ist, fand dadurch immer ausreichend Nahrung. Dieser verheerende Stadtbrand war jetzt auch Anlass durch großzügige Privilegien des Königs den Ausbau der Stadt mit Steingebäude zu forcieren. Alle in der Umgebung vorgefundenen, noch nicht erschlossenen Steinressourcen durften von den Pragern kostenlos ausgebeutet werden.

Für den kleinen Wenzel, für seine ganze Familie und den Hofstaat, brachte dieser Brand einschneidende Veränderungen. In Folge des Brandes und der allgemeinen Wohnsituation, nicht zuletzt der sich aus all dem ergebenden hygienischen Zustände, brachen rasch Seuchen in der Stadt aus. Die Königin, der Kronprinz und die beiden älteren Prinzessinnen Margarethe und Jutta konnten unter solchen Bedingungen nicht in der kaum mehr bewohnbaren Stadt verweilen. König Johann war zu dieser Zeit vermutlich nicht in Prag, auch nicht in Böhmen. Er hielt sich in seinen luxemburgischen Stammlanden auf oder war auf dem Weg dorthin. In seiner Grafschaft, dem Ort seiner Geburt, fühlte er sich stets wohler als in Böhmen.

Der vom König bestellte, vorerwähnte Wilhelm von Hasenburg übernahm jetzt die Initiative. Er führte die Königin und die erst drei bzw. ein Jahr alten Prinzessinnen sowie den fünf Monate alten Kronprinzen auf seine Burg Pürglitz (tsch. Křivoklát) westlich von Prag.

Während der Abwesenheit des Königs verwaltete der Mainzer Erzbischof Peter von Aspelt als Landesverweser das Königreich Böhmen. Er wurde in Luxemburg geboren und war zeitlebens ein treuer Parteigänger der Luxemburger Fürstenfamilie. Erzbischof Peter war am 27. November 1308 nahm er an der Wahl des Luxemburgers Heinrichs VII. zum römisch-deutschen König teil, dem Vater Johanns und Großvater Karls. Wie wir weiter oben lasen, nahm er im März des Jahres 1316 die Taufe Karls im Prager Dom vor. Unter dem letzten Přemysliden Wenzel II. wurde Peter von Aspelt bereits als Kanzler mach Böhmen berufen und fungierte in der Rolle der Protonators von 1296 – 1305. Man kann mit gutem Recht behaupten, dass er ein Kenner der böhmischen Verhältnisse war und als solcher von großem Wert. Und obwohl er eine auf Ausgewogenheit  fokussierte Verwaltungspolitik übte, auf das feinfühlige Gemüt der böhmischen Stände Rücksicht nahm, dankte man es ihm von Seiten des Adels nicht. Man wollte keinen Ausländer als Verwalter. Wahrscheinlich war man auch schon längst der Regentschaft Johanns überdrüssig. Der Gegensatz der böhmischen Nation zum in  Handel und Wirtschaft starken Deutschtum, war trotz der 400 Jahre Zugehörigkeit zum Reich nicht überwunden, wenngleich es seither zu starken Vermischungen kam. Man kann die Ressentiments aus Sicht eines stolzen böhmischen Königreichs durchaus nachvollziehen. Die als Schikane empfundene deutsche Dominanz, war eine Belastung, das diesbezügliche Empfinden war in Teilen nicht immer unberechtigt. Der Schnitt ging durch alle Schichten und Stände des Landes. Obgleich besonders der Adel durch Heirat und sonstige Verknüpfungen zum deutschen Reichsteil am meisten vermischt war, kam speziell aus dieser Richtung der größte Widerstand gegen das Verwaltungsregiment des eingesetzten Landesverwesers. Der Widerstand großer Teile des Adels wurde so groß, dass der Erzbischof entnervt das Land verließ und sich in sein Erzbistum zurückzog, noch bevor der König ins Land zurückkehren konnte.

Hinter allem schien der Oberkämmerer, der zur Erziehungsaufsicht bestimmte Wilhelm von Hasenburg zu stecken. Formell übernahm jetzt die Königin das Ruder in Böhmen und reiste dazu wieder nach Prag. Wilhelm schien sich in der Rolle des leitenden Erziehers, der mittlerweile ein Jahr alt war, berechtigt gefühlt zu haben, aktiven Einfluss auf die Königin und ihre Statthalterschaft zu nehmen. Es dauerte nicht lange uns es entstand im Land abermals eine Adelsopposition. Ein Teil hielt es mit der Königin und eine andere Partei war gegen sie und ihr Regiment. Bald danach begannen erste Zurüstungen und bewaffnete Scharmützel. Man konnte daraus erkennen, dass in Böhmen, ähnlich wie im deutschen Reichsteil, Teile des Adels stets nur nach Vorwänden suchten um unter Ausnutzung des Fehderechts ihre wirtschaftliche Lage durch Plünderungen, Lösegelder oder sogar Landerwerb zu bessern.

In dieser aufgeheizten Lage flüchtete die Königin aus der Stadt und nahm ganz im Westen des Landes, auf der stark befestigten Burg Ellbogen (tsch. Loket) Zuflucht. Offensichtlich fürchtete sie ernsthaft um ihre und ihrer Kinder Sicherheit und erwog im Bedarfsfall sogar in den deutschen Reichsteil zu flüchten. Von der Festung Ellbogen aus sandte sie Nachricht an ihren Gatten, der noch immer in seiner Luxemburger Grafschaft weilte, und bat dringend um seine schnellstmögliche Rückkehr. Es war dies um den Spätsommer 1317. Johann und in seinem Gefolge ein Luxemburger Heer, eilte im November nach Ellbogen um sich mit dem dort versammelten Adel zu beraten. Der gemeinsame Ratschluss sah eine schnelle Niederschlagung der Rebellion in Prag vor und Johann zog mit seinen Truppen vor die Stadt. Einige der revoltierenden Barone unterwarfen sich ihm, wieder andere vereinten sich untereinander und boten dem König die Stirn. Ihr Widerstand war am Ende so heftig und erfolgreich, dass sich Johann fast fluchtartig auf die Festung Ellenbogen zurückzog wo er und seine Truppen Winterquartier nahmen. Seine Frau hatte ihn während des kurzen und wenig erfolgreichen Herbstfeldzugs begleitet. Der Winter und das Frühjahr 1318, mittlerweile feierte der kleine Wenzel, noch hieß er nicht Karl, seinen zweiten Geburtstag, wurde von beiden Seiten dazu verwendet die jeweiligen Landschaften der vermeintlichen Gegenseite auszuplündern und zu verheeren. Hierbei wurde auch vor Ländereien Neutraler kein Halt gemacht. Das Land drohte in einen Bürgerkrieg zu versinken und dabei zu verarmen. Jetzt griff der römisch-deutsche König ein. Das Reichsoberhaupt kam seiner Aufgabe als Friedensstifter und Wahrer nach. Seine Motive waren dabei auch eigennütziger Natur. Ludwig der erst vor knapp vier Jahren mit den Stimmen aus Mainz, Trier und Brandenburg in Frankfurt zum König gewählt wurde, saß auf einem wackeligen Thron, denn es gab mit dem Habsburger Friedrich dem Schönen einen Gegenkönig. Die Habsburger lagen mit den Luxemburgern im Konflikt. Für Ludwig IV., der zu diesem Zeitpunkt über kaum eigene Mittel und eine Hausmacht verfügte, kam es darauf an mit Johann von Luxemburg, dem böhmischen König, einen wichtigen und natürlichen Verbündeten zu erhalten.

Am 20. März 1818 traf sich das Reichshaupt in Eger mit dem böhmischen König und der Königin wo Ludwig IV. „der Bayer“ genannt, sein Angebot unterbreitete. Am 30. März war Johann mit seiner Frau wieder auf Burg Ellenbogen zurück, wo sie Wilhelm von Hasenburg damit beauftragten die rebellischen Barone des Landes zu Verhandlungen nach Taus einzuladen. Zum Osterfeste, am 24. April 1318 kam es zum Vergleich zwischen König Johann und den Baronen. Der König musste sich unter Eid verpflichten seine fremdländischen Truppen aus dem Land zu führen und keine Ausländer in offizielle Stellungen der Staatsverwaltung zu heben. Heinrich von Lippa, der führende Kopf der Aufständigen wurde daraufhin zum Landeskämmerer ernannt und Wilhelm von Hasenburg, der dieses Amt zuvor inne hatte, wurde zum Hofmarschall. Möglicherweise empfand Wilhelm diese Entscheidung als Zurücksetzung denn es ereigneten sich bald dramatische Szenen.


Zerwürfnis in der königlichen Familie

Kaum waren die Zustände in Böhmen stabil und der Aufstand des Adels beigelegt, zog es den König wieder in seine Luxemburger Heimat. Böhmen begann im ernsthaft zur inneren Last zu werden. Es entsprach nicht seinem Abenteurernaturell, seiner Leidenschaft für alles Ritterliche. Er liebte die Turniere, den mannhaften Wettstreit bei dem Ruhm und Ehre durch persönlichen Einsatz und Mut erworben wurde. Man kann nicht sagen dass im das Regieren per se zuwider war jedoch die böhmischen Zustände, die Böhmer selbst, blieben im fremd. Er suchte nach einer geradezu unglaublichen Lösung, unglaublich nach den Maßstäben heutiger Zeit. Damals jedoch, als hauptsächlich der dynastische Gedanke Triebfeder der Handlungen war, Landsmannschaften, nationale Zugehörigkeit oder Verbundenheit der Fürstenhäuser mit so etwas wie einem rudimentären Staatsvolk, weitestgehend unbekannt, kam Ideen und konkrete Verhandlungen, selbst realisierte Projekte auf, die man heute als geradezu unmöglich hielte.

Johann erwog einen Ländertausch und stand hierzu in Verhandlung mit dem Pfalzgrafen bei Rhein. Elisabeth, Johanns Frau stellte sich gegen diese Pläne und suchte sie wohl auch aktiv zu hintertreiben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Wilhelm von Hasenburg, wir erinnern uns, der Erzieher des böhmischen Kronprinzen, auch hier wieder eine aktive Rolle spielte. Vermutlich über ihn, letztendlich aber ausgelöst durch die Königin, erfuhr der böhmische Adel von den Plänen des Königs. Der im erst Vorjahr so mühsam geschlossene Landfriede drohte augenblicklich zusammenzubrechen. Die böhmische Adelspartei erwog den jetzt drei Jahre alten Kronprinzen zum König zu machen und seinen Vater abzusetzen. Die Königin sollte in der Zeit seiner Unmündigkeit die Regentschaft ausüben. Es kann nur wenig Zweifel existieren, dass die Idee dazu von Wilhelm von Hasenburg stammte, der in seiner besonderen Rolle des Erziehers und damit maßgeblichen Beeinflussers, eine tragende Persönlichkeit geworden wäre.

Der König erfuhr von dem Vorhaben, sammelte erneut ein Heer in Luxemburg und rückte vor die Festung Ellenbogen, wo seine Frau, die für ihn Urheberin all dieser Pläne war, mit ihren Kindern und in hochschwangerem Zustand verweilte. Der König zwang sie die Burg an ihn zu übergeben und sich mit ihren Töchtern nach Melnik, nördlich von Prag zu begeben.

Der kleine Wenzel, unser späterer Karl, wurde von seiner Mutter getrennt und zusammen mit seiner Amme und weiteren Damen die sich um sein Wohl kümmerten, regelrecht eingekerkert.
Die Mutter indes blieb nicht lange im Melnik, es scheint als ob ihr auch kein Hausarrest auferlegt wurde. Sie zog nach Prag wo sie die drei Größten aus dem Adelsaufgebot, Wilhelm von Hasenburg, Peter von Rosenberg und Wilhelm von Landstein traf. Diese nahmen förmlich die Königin unter ihren Schutz. Gleichzeitig wurden sechs Vertreter aus dem Prager Bürgerstand ernannt, die sich um die öffentlichen Angelegenheiten der Stadt kümmerten. Forderungen wurden scheinbar keine gestellt. die Sorge der aufgebrachte, zu Jähzornausbrüchen neigende König könnte sonst dem gefangen gehaltenen Kronprinzen irgendein Leid antun schien zu groß. Über alle Facetten des Motivs der drei Barone kann man nicht viel sagen, selbstlose Loyalität zur Königin und zum Kronprinzen wird es wohl nicht gewesen sein, vielmehr dürften machtpolitische Erwägungen und nicht unwesentliche Rolle gespielt haben. Königin und Kronprinz wenig mehr als Mittel zum Zweck.

Der König, wie nicht anders zu erwarten und ganz seinem impulsiven Naturell folgend, stürzte sich Anfang Juli 1319 buchstäblich auf die Stadt und die vermeintlichen Verschwörer. Schloss und Stadt diesseits der Moldau, die sogenannte Kleinseite, nahm er im Sturm. Die starken Brückentürme über den Fluss konnte er nicht bezwingen und so versuchte er die noch unbesetzt Prager Altstadt von der anderen Seite, beim Kloster Zderas, anzugreifen. Wilhelm von Hasenburg schlug den mit viel Ingrimm geführten Angriff ab. Bei den Kämpfen gingen die Vorstädte in Flammen auf und Prag, vielmehr den Prager Städten, drohte schon wieder die teilweise oder dieses Mal komplette Zerstörung durch das Feuer. Johann konnte den Aufruhr nicht im ersten Sturm im Keim ersticken, für eine lange Belagerung hatte er umgekehrt weder die Geldmittel noch die notwendige Truppenzahl. Die Verteidiger waren aber in keiner besser Lage. Je länger sie dem rechtmäßigen König die Stirn boten, je schlimmer konnte es am Ende für die uns ihren Besitz enden. Beide Seiten suchten jetzt denn Konflikt in Verhandlungen beizulegen. Es ist hierbei eine interessante Seite Johanns zu erkennen. War der Ehre durch einen Waffengang genüge getan, so war er gewillt und in der Sache konstruktiv, die Angelegenheiten auf andere Arten als mit Waffengewalt beizulegen. Er versöhnte sich mit seiner Frau, die Stadt Prag musste für ihren Ungehorsam eine Geldstrafe leisten. Wilhelm von Hasenburg wurde die Aufsicht über Wenzel entzogen. Er zog danach mit anderem böhmischen Edelleuten nach Bayern um dem römisch-deutschen König in dessen Thronstreit gegen dessen Habsburger Rivalen zu unterstützen. Bald drauf wurde er im Streit mit einem böhmischen Landsmann von einem Pfeil verletzt und starb acht Tage später an den Folgen seiner Verletzungen. Der König zog darauf die Burg Pürglitz ein und machte sie zu einem seiner wichtigen Stützpunkte im Land. Seinen noch immer von Mutter und Geschwistern isolierten Sohn ließ er von Burg Ellenbogen nach Pürglitz schaffen, wo er weiterhin unter strenger Aufsicht stand. Johann quälte die Sorge der Adel könnte nach seiner Abreise erneut den Plan aufnehmen seinen Sohn auf den Thron zu heben und ihn selbst zu entmachten. Es verwundert dass der König nicht genug Einsicht aufbrachte und in Böhmen blieb, stattdessen zog es ihn erneut in die Luxemburger Heimat.

Wir halten kurz inne um ein Ereignis über das wir in Buch 1 bereits sehr ausführlich berichteten, erneut in Gedächtnis zu rufen. Um die Zeit als in Böhmen die vorgenannten Ereignisse stattfanden, verschied in Brandenburg der kinderlos gebliebene Markgraf Waldemar auf ungeklärte Weise. Im folgte sein Neffe, der noch unmündige Heinrich, dem man deswegen den Beinamen das Kind verlieh, auch und gerade weil er nie das Erwachsenenalter erreichte sondern mit erst 12 Jahren und kaum für mündig erklärt, schon im Folgejahr dem Onkel in den Tod folgte. Er war der letzte brandenburgische Askanier und die Mark drohte jetzt zu zerfallen.

Diese Begebenheit erwähnten wir zur besseren chronologischen Einordnung der Lebensjahre von Karl. Die niedergeschriebenen Geschehnisse der letzten beiden Kapitel aus Buch 1 und das komplette Buch 2 spielten sich zu Lebzeiten Karls ab. Er lebte in einer ereignisreichen Zeit die er zunächst als prominenter Abkömmling eines weithin bekannten Vaters in der reinen Statistenrolle eines Kleinkindes dann eines Jünglings erlebte, später als junger Mann bereits in der Rolle eines Akteurs und ab dem 30. Lebensjahr in maßgeblich gestaltender Weise.

Kehren wir zurück zu den Ereignissen der Zeit. Wir befinden uns mittlerweile im Jahr 1321. Karl, besser gesagt Wenzel, denn noch trug er seinen böhmischen Taufnamen, lebte weiterhin in der Isolation auf Burg Pürglitz. Recht selten durften ihn seine Verwandten besuchen. Es muss dies für den jetzt Fünfjährigen eine grausame Zeit gewesen sein, es lässt sich nur schwer einschätzen welche schädlichen Folgen es in der kindliche Seele hinterlassen hat. Zu den Besuchern gehörte auch seine Tante Maria, eine Schwester seines Vaters. Die späteren Ereignisse, über die wir noch berichten werden, lassen den Schluss zu, dass sich das Kind eng mit dieser Frau verbunden fühlte. Wir dürfen annehmen, dass Prinzessin Maria der Kontakt zu dem weggeschlossenen Kind leichter gestattet wurde als der königlichen Mutter, es könnte demgemäß nicht verwundern, sollte sie in den Augen des Kindes zunehmend eine Ersatzmutterrolle eingenommen haben.

Das Frühjahr 1322 brachte für den nun sechsjährigen Prinzen einen neuerlichen schmerzvollen Schnitt. Seine Tante wurde von ihrem Bruder vermählt. Sie reiste im April Richtung Luxemburg ab und von dort weiter nach Frankreich, an den Hof des französischen Königs Karls IV., den sie dort am 24. August zum Mann nahm. Es lässt sich leicht erahnen welche schmerzliche Szenen sich zwischen beiden zuvor abgespielt haben müssen. Bei dieser einen Trennung sollte es nicht bleiben. Die beiden nur wenige Jahre älteren Schwestern Margarethe und Jutta wurden frühzeitig zur Ehe versprochen und demgemäß an den jeweiligen Hof des zukünftigen Ehemanns gebracht. Freilich wurden die Ehen nicht gleich geschlossen. Zunächst wurden die jungen Prinzessinnen auf das Leben und ihre zukünftige Rolle vorbereitet. Nach Erlangung eines vermeintlich gebährfähigen Alters kam es dann zur eigentlichen Trauung. Königin Elisabeth führte ihre neunjährige Tochter Margarethe persönlich nach Bayern, wo sie am Hof Herzog Heinrich XIV. von Niederbayern, einem Neffen des amtierenden Oberhaupts des Reiches, auf die Ehe vorbereitet wurde. Jutta, gelegentlich auch Judith oder Gutta in Chroniken genannt, sie war erst sieben Jahre alt, kam an den markgräflichen Hof der Wettiner nach Meißen. Sie sollte den Markgrafen Friedrich von Meißen einst heiraten. Ihre weitere Erziehung übernahm die alte Markgräfin. Die Ehe sollte später, aus sich verändernden politischen Gründen, nicht geschlossen werden. Wir werden an anderer Stelle noch einmal darauf zurückkommen. Das Schicksal fürstlicher Nachkommen war ein fast durchgängig trauriges Kapitel. Sie waren stets mehr diplomatische Handelsware denn Individuen mit eigenen Wünschen und Bedürfnissen. Bemerkenswert auch hier wieder, wohl fädelte Johann die Ehen ein, sobald diese aber vertraglich vereinbart waren, überließ er die weiteren Formalitäten entweder seiner Frau oder Bevollmächtigten. Der König widmete sich derweil meist um seine eigentliche Passion, dem Kriegshandwerk oder allem was dazu nötig war, bzw. damit in Verbindung gebracht werden konnte.

Vielleicht schildern wir an der Stelle die Lebensumstände des jungen Prinzen dramatischer als sie tatsächlich waren. Man darf trotz allem davon ausgehen, dass es ihm an nichts mangelte und er sehr wohl soziale Kontakte pflegen durfte, nur nicht oder nur wenig mit der Mutter, deren Einfluss der Vater so gering wie möglich zu halten gedachte. Es ist hierbei schwer zu beurteilen ob der König aus reiner Sorge hinsichtlich der weiter oben geschilderten Begebenheiten rund um den rebellischen Adel und deren Plänen weiterhin so handelte oder ob es ohnehin Teil seines Erziehungsplans war. Sollte der zukünftige Monarch absichtlich distanziert und dauerhaft immun gegen Gefühlsduseleien, wie sie eine vermeintliche „Weiberwirtschaft“ zuweilen anerzieht, heranwachsen? Wollte der König dafür sorgen, dass der Thronerbe während seiner späteren Regentschaft politische Entscheidungen ausschließlich aus dem kühlen Vernunftentschluss heraus traf, statt sich von unmännlichen Gefühlen leiten zu lassen?


Ein neuer Lebensabschnitt

Im Herbst 1322 kam es anlässlich des seit Jahren schwelenden Thronstreits zwischen dem Wittelsbacher Ludwig dem Bayern und dem Habsburger Friedrich dem Schönen zur Entscheidung. Am 22. September trafen sich die vereinigten Heere beider Kontrahenten bei Mühldorf, westlich von Salzburg zur Schlacht, die Ludwig schließlich für sich entschied. Wir berichteten im Prolog zu Buch 2 über den Schlachtverlauf und möchten an dieser Stelle nicht zu sehr auf Details eingehen. Wesentlichen Anteil am Erfolg des Wittelsbachers hatte der Vater unseres Karls, wir meinten natürlich unseres Wenzels. König Johann führte den Eröffnungsangriff und fesselte einen Flügel und mit Fortdauer des Gefechts immer größere Teile des Zentrums der gegnerischen Armee. Auf dem Höhepunkt der Schlacht entschied ein überraschender Reiterangriff des Nürnberger Burggrafen Friedrich IV. von Hohenzollern-Nürnberg gegen den gegenüberliegenden Flügel die Schlacht. Während der Attacke wurde sowohl der Gegenkönig Friedrich wie auch einer seiner Brüder, Herzog Heinrich von Österreich, der den Beinamen der Sanftmütige trug, gefangen genommen. Mit ihnen gerieten weitere etwa 1300 Edelleute in Gefangenschaft.

Herzog Heinrich, der nach seinem Bruder zweifelsfrei wertvollste Gefangene, wurde an Johann übergeben, der ihn auf Burg Pürglitz bringen ließ und dort internierte. Hier kam er mit dem Knaben Wenzel in Kontakt. Es ist wahrscheinlich dass sie ganz der Sitte gemeinsam die Tafel teilten und sicherlich auch sonst gewissen Umgang pflegten. Nach acht Wochen wurde der unfreiwillige und wertvolle Gast auf Ehrenwort entlassen. Er bekam zur Auflage in Wien die Forderungen des Königs durchzusetzen, andernfalls sich wieder in Gefangenschaft zu begeben, was nach Ablehnung der Forderungen auch geschah. Erst nach Ablauf eines weiteren Jahres kam Herzog Heinrich, gegen Zahlung von 9000 Mark Silber und dem Habsburger Verzicht auf Böhmen und Mähren, endgültig auf freien Fuß.

Für Wenzel ging die Zeit seines seltsamen Arrests einige Monate früher zu Ende. Der Vater, weiterhin in ungebrochener Sorge um seinen böhmischen Thron, den er zwar nicht liebte, der ihm aber Prestige und umfangreiche Mittel bescherte, hielt es jetzt für angebracht den mittlerweile sieben Jahre alten Wenzel außer Land zu bringen.

Am 7. Dezember 1323 begann ein neuer Lebensabschnitt für den jungen Prinzen. König Johann entschied, dass der junge Thronfolger fortan am französischen Hof erzogen würde. Seine Schwester Maria, die seit ihrer Heirat mit Karl IV. Königin in Frankreich war, sollte die weitere Erziehung übernehmen. Für unseren jungen Wenzel mag die Nachricht zweigeteilte Emotionen ausgelöst haben. Zum einen war die Reise in eine ungewisse Fremde und die dann noch größer gewordene Trennung zur Mutter sicherlich furchterregend für einen Jungen seines Alters, auf der anderen Seite was es immerhin sehr wahrscheinlich, dass er sich auf ein Wiedersehen mit seiner Tante freute. In den ersten Jahren seines Exils in Pürglitz war sie eine regelmäßige Besucherin und wohl auch seine wichtigste Bezugsperson.
Begleitet wurde Wenzel von Burian Kaplitz von Eulewitz, der sich im Vorjahr während der Schlacht bei Mühlberg durch besondere Tapferkeit hervortat. Weiter Benes Krabicze von Weißmühle, der ihm als Edelknappe diente und später zu seinem Geschichtsschreiber wurde.

Wenzel wurde von Tante und Onkel mit großer Herzlichkeit in Paris empfangen. Nach all der Zeit in der ihm aufrichtige Zuneigung und familiäre Wärme verwehrt war, muss dieses späte Glück für das ausgehungerte Kind wie ein Gottesgeschenk gewesen sein.

Karl IV. von Frankreich
aus dem Geschlecht der Karpetinger
Bildnis des Königs
auf seiner Grabplatte
in der Kathedrale von Saint-Denis

Wenzel musste sich in Frankreich, am Hofe des Königs nicht nur an andere Sitten, eine andere Sprache zu eigen machen, er musste sich auch an einen anderen Namen gewöhnen. König Karl hielt es für angemessen den bisherigen, allzu böhmischen klingenden Namen abzuändern. Es mag wohl nicht nur eine sprachliche Schwierigkeit mit der Aussprache gewesen sein, vermutlich sah man in dem slawischen Namen am stolzen Hof Karls IV. etwas unstandesgemäßes, eines zukünftigen Monarchen unwürdig. Der König der übrigens den Beinamen „der Schöne“ trug, entschied das der Namens Wenzels zukünftig, wie der seine, Karl lauten sollte. Aus dem böhmischen Wenzel wurde der fränkische Karl. Vollzogen wurde die Umbenennung anlässlich seiner Firmung 1324 durch Papst Johannes XXII., jener Papst der mit Ludwig IV., dem römisch-deutschen König und späteren Kaiser während seines gesamten Pontifikats im ständiger Fehde stand und damit erheblichen Anteil an der Entfremdung des deutschen Reichsteils vom Heiligen Stuhl hatte.


Tragischer Verlust und frühe Heirat

Am 21. März 1324 ereignete sich ein schrecklicher Unfall der tiefen Einfluss auf Karls Gemütslage nahm. Seine hochschwangere Tante Maria erlitt anlässlich einer Reise mit dem König nach Toulouse auf halber Strecke des Rückwegs einen schweren Unfall mit der Kutsche. Erheblich verletzt brachte man sie ins nahe Issoudoun wo sie eine Frühgeburt erlitt. Der kleine Prinz der den Namen Ludwig erhielt, starb schon nach wenigen Stunden und auch die erst 19 jährige Königin erlag ihren Verletzungen wenige Tage später.
Für Karl wog der Verlust schwer, seine erst kürzlich erlangte kindliche Unbeschwertheit und Freude wisch einer tiefen Trauer und Melancholie, er entwickelte regelrechte Heimweh, Heimweh nach so etwas wie Nestwärme. Mit der Tante verlor er eine zweite Mutter und sein hauptsächliche familiäre Bezugsperson. In dieser schweren Phase kam sein Vater an den Hof, zum einen um der Schwester, zu der er augenscheinlich ein inniges Verhältnis hatte, das letzte Geleit zu geben aber auch um dem Sohn Trost zu spenden. Man mag überrascht sein an König Johann eine derart empfindsame Seite zu entdecken. Johann hätte unter anderen Umständen wohl erwogen den Knaben in seine böhmische Heimat zu entlassen, doch lag ihm eine enge Verbindung mit Frankreich am Herzen. Seine Frankophilie spielte eine Rolle aber wesentlich waren es doch die üblichen dynastischen Erwägungen als Teil des diplomatischen Räderwerks regierender Häuser. Johann stand mit Karl I. von Valois in Kontakt, ein jüngerer Bruder des Königs von Frankreich. Die Valois waren eine jüngere Nebenlinie der regierenden Karpetinger Dynastie. Karl I. hatte mit Blanca Margarete von Valois eine fast gleichaltrige Tochter, sie war seine jüngste Tochter aus dritter Ehe mit Mahaut von Châtillon. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Maria, die kürzlich erst verstorbene Tante unseres böhmischen Prinzen, die Verbindung herstellte.
Im Mai 1324 kam es zur Vermählung Karls von Luxemburg-Böhmen, mit Blanca Margarete von Valois. Er war zu diesem Zeitpunkt gerade acht Jahre alt, seine Braut sieben. Da beide zu diesem Zeitpunkt natürlich noch zu jung für eine Ehe waren, wurden sie wieder voneinander getrennt und an unterschiedlichen Orten erzogen und auf ihr zukünftiges Leben, auch Eheleben vorbereitet. Kontakte pflegten sie natürlich dennoch und für Karl, um den man sich jetzt in besonderem Maße kümmerte, war es Trost vom erlittenen Verlust der Tante.
Mit der Heirat hinein in die französische Königsfamilie, wurde der Bund zwischen dem Haus Luxemburg und dem französischen Thron auf familiärer Ebene erneut gefestigt, nachdem mit dem Tod Marias diese Bande wieder auseinanderzudriften drohte.


Erster Lehrmeister des Kronprinzen

Der französische Monarch schenkte dem jungen böhmischen Prinzen verhältnismäßig viel Aufmerksamkeit und sorgte dafür, dass der aufgeweckte und lernbegierige Junge eine für die Zeit und für seine eigentliche Berufung, ungewöhnliche Bildung erfuhr. Erwähnenswert ist, dass der König selbst über keine sonderliche Bildung verfügte, ob er es weiser Voraussicht tat, man weiß es nicht. Eine reine Beschäftigungsmaßnahme um Karl zu beschäftigen, wird es nicht gewesen sein, hierzu hätte es zweifelsohne andere Betätigungsfelder gegeben. Es schien, der junge Mensch zeigte eine natürliche Gelehrigkeit, hohe Auffassungsgabe, er machte rasche Lernfortschritte. Zum ersten Lehrmeister Karls wurde der Hofkaplan des Königs Johann von Cara bestimmt. In ungewöhnlicher Schnelligkeit erlernte Karl die lateinische Sprache und konnte gemäß dem Chronisten bald ganze Bücher lesen. Durch den Geistlichen von Cara erhielt Karl eine enge Bindung zur Römischen Kirche. Am Hof Karls IV. gehörte der Gegensatz zum Papsttum nicht zur Staatsmaxime wie er seit Generationen unterschiedlich ausgeprägt im Heiligen Römischen Reiche der Fall war. Die Gründe dazu lagen auf der Hand, mit Johannes XXII. residierte bereits der zweite französische Papst in Avignon. Dieser war sicherlich keine willfährige Marionette des französischen Throns, wie es vor ihm Clemens V. und nach ihm eine Reihe weiterer Päpste waren, doch auch er konnte sich nicht völlig von seiner Herkunft lösen und vom Druck des babylonischen Exils der Römischen Kirche im südfranzösischen Avignon. Karl entwickelte in diesen prägenden Kindheitsjahren eine starken Religionseifer der stellenweise mystifizierte Züge aufwiese, so glaubte er an Traumvisionen über die er öffentlich sprach und die er in seiner späteren Autobiographie seiner Kindheits- und Jugendjahre vereinzelt niederschrieb.


Ein langer Krieg wirft seine Schatten

Karl I. von Valois

Im Spätsommer 1324 führte Karls Schwiegervater, Karl I. von Valois, Onkel des amtierenden Königs von Frankreich, auf auf dessen Geheiß ein Heer nach Aquitanien. Der Feldzug war das Ergebnis eines sich schon viel länger anberaumenden Konflikts zwischen der Krone Englands und Frankreichs. Das englische Königshaus der Plantagenêts besaß entlang der westfranzösischen Küste riesige, weit nach Osten ins Landesinnere reichende Gebiete welche sie als Vasallen der Frankreichs ursprünglich als Lehen erhielten. Seit geraumer Zeit suchten die englischen Könige sich der Lehnsoberhoheit der Krone Frankreichs in ihren kontinentalen Besitzungen zu entledigen. Der neue französische König, Karl IV., jener König der unseren Karl an seinem Hof aufnahm, der Schwager Johanns von Böhmen, forderte den englischen König Eduard II. demonstrativ auf ihm den Huldigungseid für seine französischen Provinzen zu leisten. Eduard hielt ihn hin, schickte seinen Halbbruder, den Edmund Prince of Woodstock zu Unterhandlungen nach Paris. Dieser sicherte zum 1. Juli 1324 das Erscheinen des Königs von England zu, was jedoch ausblieb. Karl IV. ordnete daraufhin den Einmarsch in die Provinz Guyenne an der südwestfranzösischen Küste nördlich und südlich von Bourdeaux an.
Karl I., Graf von Valois Karl war zu seiner Zeit der größte französische Feldherr. In den Feldzügen 1294 – 1298 gegen England, zeichnete sich der damals in den mittleren 20’er Lebensjahren befindliche Karl durch ungewöhnlichen Schneid und Führungskraft aus. Er befehligte nacheinander eine Streitmacht in der Gascogne und danach in Flandern. Wenngleich der Krieg am Ende ohne klaren Sieger ausging, waren zumindest der Verhältnisse auf dem Stand von 1294, das heißt England, das Haus Plantagenêt, konnte die Unabhängigkeit der Gebiete in Aquitanien und Flandern nicht durchsetzen und blieb hinsichtlich dort ein Vasall Frankreichs.
Karl von Valois war ein hochambitionierter Mann. Die Krone Frankreich blieb ihm in der Erbfolge verwehrt aber es hinderte ihn keineswegs daran nach anderen Kronen zu streben. Bis zum Ende seines Leben häufte er sich eine Sammlung von Titeln an, wie sie einem römisch-deutschen Kaiser gut zu Gesichte gestanden hätten.

  • 1284 – 1290 Titularkönig von Aragon und Valencia, Graf von Barcelona
  • 1285 Graf von Valois
  • 1290 Graf von Anjou und Maine (als Karl III.)
  • 1293 Graf von Alençon, Graf von Chartres, Graf von Perche
  • 1297 Pair von Frankreich (Im Rang wenn auch nicht in der Funktion vergleichbar mit den Kurfürsten im Heiligen Römischen Reich)
  • 1301 päpstlicher Vikar von Italien und Statthalter der Romagna
  • 1302 – 1308 lateinischer Titularkaiser von Konstantinopel
  • 1314 – 1316 Regent von Frankreich

Allein, es blieben am Ende in der Mehrheit Titel ohne Mittel.

Zur ohnehin imposanten Liste kommt noch Karls Kandidatur zur Wahl zum römisch-deutschen Königs im Jahre 1308. Er hatte bei der Wahl jedoch keine Chance, stattdessen entschieden sich die deutschen Wahlfürsten für Heinrich VII. aus dem gräflichen Hause Luxemburg.

Kehren wir in den Südwesten Frankreichs zurück und zum dort geführten Feldzug. Im August rückte ein französisches Heer in die Ländereien König Eduard II. von England ein. Nach dessen Weigerung den Huldigungseid zu leisten, war es Ziel der französischen Politik, die Guyenne die Gascogne dem Haus Plantagenêt ganz zu entreißen. Die englischen Besatzungen an den weit verstreuten festen Plätzen konnte der Übermacht nur wenig entgegensetzen und so wurden bis auf Bordeaux, Bayonne und wenige weitere Festungen, für gewöhnlich in Küstennähe oder an schiffbaren Flussläufen, von den Truppen Karls von Valois eingenommen. Dass es nicht zur völligen Besetzung und dem Ende der englischen Herrschaft in Aquitanien kam, verdankte Eduard seiner Gemahlin Isabelle von Frankreich, Schwester des französischen König. Sie reiste nach Paris zu ihrem Bruder um mit ihm zu verhandeln. Es ging ihr, wie die späteren Ereignisse zeigten, weniger um die Interesse ihres Mannes, selbstverständlich auch nicht um englische Interessen, wir erwähnten es verschiedene Male, die Motivation der herrschenden Dynastien reduzierte sich fast komplett auf die Bedürfnisse und Ziele der jeweiligen Häuser denen sie angehörten. Und so war der Antrieb den Isabelle bewegte zu ihrem Bruder zu reisen die Interessen ihres Sohnes, des zukünftigen Königs von England, zu wahren. In Frankreich angekommen, begann sich das Verhältnis zwischen Isabelle und ihrem Mann schnell zu verschlechtern. Ein von ihr begonnenes Verhältnis mit einem aus dem Tower entkommenen Verräters tat ein weiteres. Die Königin weigerte sich nach England zurückzukehren wo der König wegen seiner seit Jahren andauernden Günstlingswirtschaft immer mehr unter Druck geriet und nun ganz unter den Einfluss von Hugh le Despenser, Gerüchten zufolge bestand zwischen beiden sogar eine Liaison.
Wie dem auch sei, Eduard II. erschien nicht selbst in Paris um dem König Frankreichs zu huldigen, er sandte hierzu seinen Sohn Eduard, den späteren Edward III. von England. Dieser nahm statt des Vaters die Landschaften im Südwesten Frankreichs vom französischen König und Onkel zu Lehen. Unfreiwillig spielte der englische König damit seiner Gattin in die Karten.

Am 24. September 1325 leistet der Kronprinz von England in Paris dem französischen König Karl IV. den Lehnseid womit der Krieg beendet war.

Die Niederlage Englands hatte weitreichende Folgen für den amtierenden König Eduard II., dieser geriet politisch immer mehr in die Defensive und wurde September 1326 von einem in Südengland gelandeten Heer der Königin und ihres Geliebten besiegt und abgesetzt.

Karl von Valois, der große französische Feldherr erlebte diese Dinge nicht mehr. Er starb am 16. Dezember 1325 eines natürlichen Todes. Mit ihm starb der Schwiegervater unseres Karls und damit wieder eine Bezugsperson in der französischen Fremde.

Mit dem im Herbst 1326 geschlossenen Friede war der Konflikt nicht beigelegt. Schon ein Jahrzehnt später wird er wieder ausbrechen und über einhundert Jahre andauern. Wir berichteten in unserem zweiten Buch von den Eröffnungsschlachten bis zu der vernichtenden französischen Niederlage bei Crécy und kommen später noch einmal am Rande darauf zurück. Für den Moment ist es noch zu weit in die Zukunft gegriffen, wir kehren wieder zu Karl von Böhmen zurück.


Ein neuer Lehrmeister

Francesco Petraraca

Karl ist jetzt 10 Jahre alt, seine Studien der Sprachen haben bei ihm so weitreichende Fortschritte gemacht, dass er neben Latein auch die französische Sprache fließend beherrschte. Seine bisheriges Hausstudium wurde nun mit dem Besuch der Pariser Universität erweitert. Neben Bologna war Paris das Zentrum der Wissenschaft. Francesco Petrarca (1304 – 1374), ein Zeitzeuge und großer italienischer Dichter, Geschichtsschreiber und Mitbegründer des frühen Humanismus, stellte der Pariser Universität ein vortreffliches Zeugnis aus wenn er sprach, „Paris und Bologna sind für die Wissenschaften heute, was Rom und Athen zu ihren schönen Tagen gewesen ist.“.
Der geistige Horizont Karls erweiterte sich in dieser Zeit ungemein. Es war etwas so ganz außergewöhnliches, so erstaunliches dass ein zukünftiger Monarch seine Aufmerksamkeit in solchem Ausmaß den Wissenschaften und den geistigen Dingen widmete. Seit den Jugendtagen des späteren Kaisers Friedrich II. kannte man keinen mittelalterlichen Herrschersohn und Thronerben in spe, der über eine derartigen Hunger nach Bildung verfügte und dabei gleichzeitig ein solches Auffassungsvermögen hatte.

Die Zeit hätte für den jungen Karl unbeschwert sein können doch erneut sollte ein unerwarteter Todesfall Auswirkungen auf ihn haben. Anfang Februar 1328 starb Karl IV., König von Frankreich mit erst 33 Jahren. Mit ihm starb der größte Gönner Karls am französischen Hof und es war vorläufig ungewiss welche Auswirkungen der Tod des alten Monarchen, der ohne einen Erben geblieben war, auf den böhmischen Prinzen haben wird. Die Ungewissheit war in der Tat vollkommen, denn die Königinwitwe, Karl IV. hatte nach dem Tod seiner zweiten Frau Maria, der Tante unseres Karls, am 5. Juli 1324  Johanna von Évreux geheiratet, die zum Todeszeitpunkt ihres Gatten in hochschwangerem Zustand war. Sollte sie einen Sohn zur Welt bringen, würde er die Thronfolge des Vaters dereinst antreten, bis dahin würde Frankreich vermutlich von einem Thronrat der Pairs von Frankreich verwaltet werden.

Am 1. April 1324 war die Zeit der Ungewissheit zu Ende, die Königin gebahr ein Mädchen. Die direkte Linie der Karpetinger war erloschen. Noch am gleichen Tag wurde Philipp von Valois als Philipp VI. zum König von Frankreich ausgerufen. Philipp war der älteste Sohn des 1325 gestorbenen Karl I. von Valois, der selbst sein ganzes Leben lang nach einem großen Titel strebte und doch nur als Graf aber nichtsdestoweniger als großer Feldherr starb. Er hätte sich wohl nicht träumen lassen, dass sein ältester Sohn dereinst die Krone Frankreichs aufs Haupt gesetzt bekäme.

Welche Auswirkungen hatte der Regentenwechsel für unseren Karl?
Bevor wir darauf eingehen wollen wir noch eine, man kann es wohl glückliche Fügung nennen, erwähnen. Philipp von Valois nutzt die Zeit vor der Niederkunft der Königin bereits dazu sich am Hof in Bereitschaft zu halten. Zu seinen Räten berief er einen gelehrten Benediktiner, einen gewissen Pierre Roger. Wir wollen hierzu noch einmal Francesco Petrarca zu Wort kommen lassen, der den Benediktiner als den gelehrtesten und beredsamsten Mann in ganz Frankreich bezeichnete. Karl erlebte ihn während verschiedener Predigten am Hof und war von seiner Eloquenz und tiefen, gründlichen Gelehrsamkeit hingerissen und suchte den Kontakt zu Pierre Roger. Karl wünschte Kontakt zu diesem Gelehrten und tatsächlich wurde seinem Wunsch alsbald stattgegeben. Aus dieser Episode können wir zwei bemerkenswerte Facetten entnehmen. Zum einen verfügte der nicht ganz zwölfjährige Kronprinz Böhmens neben seinem Wissensdurst verbunden mit ausgeprägten geistigen Talenten ebenso über ein gesundes Selbstbewusstsein dass ihn ein die Lage versetzte seinen Wünschen Ausdruck zu verleihen ohne Scheu. Zum anderen erkennen wir dass man seinen Bedürfnissen nachkam, was viel über seine Stellung am Hof zum aussagte. Er war nicht irgendein einfältiges Fürstenkind dass man aus gesellschaftlicher Konvention bei sich aufnahm und leidlich erzog, er galt stattdessen als beachtenswertes Individuum und Sohne eines ausgesprochenen Freundes und Verbündeten Frankreichs.
Es sollte nicht bei diesem einem Treffen bleiben, fortan übernahm Pierre Roger die weitere Ausbildung und geistige Formung Karls. Es war dies nicht allein nur wegen des besonderen Könnens des Prälaten ein Glücksfall, nein das weitere Schicksal brachte den hochbegabten, hochgebildeten Mann im Jahre 1342 an die Spitze der Römischen Kirche, wo er als Papst Clemens VI. bis zu seinem Tode das Oberhaupt der Christenheit wurde. Hiervon sollte Karl in späteren Jahren profitieren.

Zurück zum neuen Monarchen auf dem Throne Frankreichs. Die Valois stellten jetzt die Könige und Philipp VI. gedachte der großen Tradition seiner Vorgänger gerecht zu werden. Am 29. Mai 1328 fand seine Krönung der Tradition gemäß in Reims statt. Zu diesem Festakt waren neben dem französischen Hochadel auch König Johann von Böhmen eingeladen, der mit großem Gefolge erschien und bei dieser Gelegenheit ein Wiedersehen mit dem Sohn feierte. Die Königin, Karls Mutter war nicht anwesend, wir kennen den Grund hierzu nicht.

Auf Karl machte der gesamte Krönungsakt den allergrößten Eindruck. In der sakralen Symbolik der Feierlichkeiten sah er das Ideal höfischen Zeremoniells.

Johann verließ Frankreich bald danach wieder Richtung Luxemburg und vor dort direkt weiter nach Böhmen. Er reiste nicht alleine ab, doch war es nicht der zwischenzeitlich zwölfjährige Karl der ihn begleitete, es war stattdessen seine Braut Blanca Margarete von Valois, die Halbschwester des gerade gekrönten  Königs von Frankreich. Sie sollte jetzt am Hof in Böhmen auf ihre zukünftige Rolle als Ehefrau des Kronprinzen und dereinstigen Königs von Böhmen vorbereitet werden. Für Karl dürfte dieser neuerliche Verlust einer Person aus seiner Umgebung, auch wenn der Umgang zweifelsfrei noch stark reglementiert und eingeschränkt war, schmerzlich gewesen sein. Die Trennung dieses Mal, War nur auf Zeit, sie blieb nicht endgültig, wie sie der Tod bislang viel zu häufig herbeiführte.

Am 17. Juli wurde Karls Braut seiner Mutter Elisabeth in Prag übergeben, die die Aufsicht über die abschließende Erziehung führte. Sicherlich war die junge Prinzessin vom französischen Hof ganz anderes gewohnt als der Prager Hof Johanns bieten konnte. Rufen wir uns nochmal in Erinnerung, das Prag des Jahres 1329 war noch nicht die Goldene Stadt und Metropole von europäischem Format, die sie einst werden sollte. Es ist nicht bekannt ob Blanca zu diesem Zeitpunkt der böhmischen oder deutschen Sprache mächtig war umgekehrt ist es fraglich ob Königin Elisabeth französisch sprach. Wahrscheinlich waren beide leidlich der lateinischen Sprache mächtig, ob dies für eine alltagssprachliche Kommunikation tauglich entzieht sich unserer Kenntnis. Neben dem Erlernen der böhmisch-deutschen Sitten und Gebräuche, wird die Erlernung oder Verfestigung etwaiger doch schon vorhandener Kenntnisse den Schwerpunkt gebildet haben. Die in den Schlussjahren ihres Lebens ganz der christlichen Andacht verfallene Königin übte in dieser Hinsicht auf ihre Schwiegertochter druckvollen Einfluss aus. Das Gemüt, vielleicht auch der Sinn der Königin war belastet, wir kommen darauf noch zu sprechen.

Johann hielt es in Prag nicht lange, noch vor dem Ablauf einer Woche rückte er mit einem Heer gegen die Habsburger ins Feld. Nach erfolgreichem Waffengang zog er schon im Spätherbst des gleichen Jahres ins Ordensland um an den alljährlichen Winterkreuzzügen ins heidnische Litauen teilzunehmen. Der König von Böhmen liebte das Kriegshandwerk, es war seine ganze Leidenschaft, im Sattel, gerüstet und das Schwert führend fand er die Erfüllung und den Zweck eines ritterlichen Lebens. Die Regentschaft seines Königreichs blieb ihm auch jetzt mehr Last denn Privileg, obgleich er ein befähigter Monarch und einsichtiger, vorausschauender Regent war. Die vielen Abwesenheiten ließen die untereinander rivalisierenden Adelshäuser in Böhmen immer wieder Unruhe stiften, worunter das Land litt.


Die Jahre der Kindheit gehen zu Ende

Für Karl, der jetzt das zwölfte Lebensjahr vollendet hatte, gingen die Jahre seiner Kindheit zu Ende. Er hatte viel Schmerz, vor allen anderen Dinge Trennungsschmerz erleben und erlernen müssen. Es hat ohne Zweifel Spuren, vielleicht Narben in seiner Psyche hinterlassen aber er hatte ebenso am französischen Hofe ungewöhnliche Möglichkeiten geboten bekommen die er, besonders in allen Dingen der Bildung, bis zur Neige auskostete. Zwei ihm gewogene Könige sowie einsichtige Lehrmeister darunter Pierre Roger, der spätere Papst Clemens VI., ermöglichten ihm eine für die Zeit ungewöhnliche Entwicklung und Formung der Persönlichkeit, die schon jetzt weithin bekannt wurde, vor allem in der böhmischen Heimat.

1329  erhielt Karl am Pariser Hof einen eigentümlichen Besuch. Abgesandte der Bürgerschaft der Stadt Görlitz fanden sich bei ihm ein mit einem seltsamen Gesuch. Sie baten den jungen Prinzen unter seine Herrschaft genommen zu werden. Die hierzu vorgelegte Argumentation lautete demgemäß, dass das Gebiet von altersher Teil der Krone Böhmens war und dereinst als Morgengabe (Mitgift) an die Markgrafen von Brandenburg fielen. Nachdem aber das Geschlecht der Askanier im Mannesstamm ausgestorben war, wäre das Land rechtmäßig an seine alten Besitzer, die Könige von Böhmen zurückgefallen. In den Wirren des Brandenburger Interregnums zwischen 1319/20 – 1323, bemächtigten sich seinerzeit viele der angrenzenden Fürsten ganzer Landstriche, so im übrigen auch König Johann, der sich den größten Teil der brandenburgischen Oberlausitz fast im Handstreich aneignete. Besagte Stadt und Region Görlitz hatte Herzog Heinrich I. von Schweidnitz-Jauer an sich gerissen, worüber die Stände allem Anschein nach unglücklich waren. Auf die wahrscheinlich Gründe kommen wir noch zu sprechen.
Karl dürfte über die Gesandtschaft höchst erfreut gewesen sein, war sie doch besonderer Ausdruck der Hochachtung seiner Person und seines Leumunds gegenüber. Immerhin hätte die Abordnung das Gesuch auch dem König Johann oder dessen Gattin Elisabeth im viel näheren Prag vortragen können, stattdessen begaben sie sich auf die weite Reise nach Paris.
Der immerhin noch junge und entsprechend unerfahrene Karl nahm die Huldigung der anwesenden Vertreter der Stadt entgegen und überhäufte sie mit im Überschwang mit Geschenken. Aber wissend um sein bisheriges Schicksal und die Eifersucht des Vaters, informierte er ihn eiligst über die Ereignisse und bat darum an seiner statt das Görlitzer Land zu empfangen. Für den König bildete es eine hochwillkommene Abrundung seiner Besitzungen in der Oberlausitz. Man darf wohl annehmen, dass der ganze Vorgang, die Offenheit und wenn man so will, Klugheit des jungen Kronprinzen, dem Vater das Privileg freigiebig zu überlassen, ihn in dessen Augen wesentlich steigen ließ.

Im Juni 1329 war Karl in Amiens Zeuge eines selten Akts. Der siebzehnjährige englische König Eduard III.  (Edward) erschien um dem französische König  Philipp VI. für die Provinzen Guyenne und Ponthieu den Huldigungseid zu leisten. Dem Ganzen ging ein heftiger diplomatischer Streit zwischen Philipp und der Königinmutter Isabelle voraus. Sie regierte zunächst als Regentin für ihren Sohn in England und machte für ihn nach dem frühzeitigen Tod Karls IV. von Frankreich, ihres Bruders, Ansprüche auf den Thron geltend, für den Fall dass die schwangere Königinwitwe ein Mädchen gebähren sollte, was bekanntlicherweise dann auch geschah. Die Pairs von Frankreich, jener priviligierte Hochadel aus geistlichen und weltlichen Fürsten, in ihrer Macht zum Teil vergleichbar den Kurfürsten im Reich, entschieden sich jedoch schon vor der Niederkunft der Witwe gegen die Ansprüche Isabelles und ihres Sohnes. Gekränkt grollte die willensstarke Frau und weigerte sich im Namen ihres Sohnes als der neue französische König, jener Philipp VI. aus dem Hause Valois, selbstbewusst ihren Sohn zur demonstrativen Leistung des Lehnseid lud. Sie führte das Argument ins Felde, dass ein Abkömmling eines Grafen dem Sohn eines Königs, Eduard II. von England und gleichzeitigen Neffen eines anderen Königs, dem verstorbenen französischen König Karl IV., unmöglich den Lehnseid abfordern konnte. Es drohte ein neuerlicher Krieg um Aquitanien auszubrechen, allein war die Regentin, nachdem die Absetzung ihres Mannes, des besagten König Eduards II., lange nicht in ganz England Zustimmung fand, nicht so fest im Regierungssattel wie sie es sich wünschen konnte. Einen Kriegsausbruch mit Frankreich musste sie vermeiden. Als französischerseits der Entzug der Provinzen angedroht wurde, musste die ehrgeizige Königinmutter letztendlich einlenken, worauf ihr Sohn nach Frankreich einschiffte. Am 6. Juni 1329 kniete er sich mit blosem Haupte, ohne eigene Symbole seiner königlichen Macht, ohne Schwert und ohne die rittlerlichen Sporen, vor dem König von Frankreich nieder, leistete den Huldigungseid und erkannte in Philipp VI. seinen Lehnsherren bezüglich der Ländereien in Südwestfrankreich an und empfing diese als Lehen. Es war in der Tat außerhalb des Reichs ein Akt von Seltenheitswert, dass ein König sein Knie vor einem anderen König beugte und dessen Oberhoheit anerkannte. Im Heiligen Römischen Reich war es stattdessen durch die besondere Stellung Böhmens als eigenständiges Königreich eine regelmäßig gesehene Konvention, dass anlässlich eines Thronwechsels der König von Böhmen seine Reichslehen als Vasall vom römisch-deutschen König empfing.

Auf Karl machte die Zeremonie jedenfalls den größten Eindruck. Nach der imposanten Krönung Philipps in Reims und der aufsehenerregenden Huldigung Eduards III. in Amiens, mochte in Karl der stiller Wunsch begonnen haben zu keimen, dereinst ähnliche oder noch größere Machtfülle zu entfalten.


Abschied vom französischen Hof

Etwa zeitgleich zu den Ereignissen in Amiens, reiste König Johann nach Prag um seine Kinder Johann Heinrich und Jutta sowie die Schwiegertochter Blanca-Margarete zu holen und in seine Grafschaft nach Luxemburg zu bringen. Es war augenscheinlich geworden, dass die seit Jahren schwelenden Schwierigkeiten zwischen Johann und seiner Gattin Elisabeth in eine unüberbrückbare Zerrüttung gemündet waren. Die Wegnahme der Kinder leitete den letzten Akt des ehelichen Trauerspiels ein. Die Braut Karls durfte von Luxemburg aus zu ihrem Gemahl an den Hof nach Paris weiterreisen.
In Luxemburg ließ der König für das Brautpaar eine standesgemäße Unterkunft vorbereiten. Es lag ihm daran, dass das Ehepaar, die mittlerweile auch das entsprechende Alter hatten um ein Eheleben zu führen, um sich zu haben. Er wollte den Kronprinzen nun auch persönlich formen und geeignet in sein politisches Metz einbinden.

Gegen Ende des Jahres 1329 verließ das Paar Paris und begab sich nach Luxemburg, wo es Anfang des Folgejahres eintraf und von König Johann mit aller Herzlichkeit und väterlicher Zuneigung empfangen wurde. Auch hier empfindet man wieder ein Gefühl von Erstaunen, wenn man an dem rauen und erprobten Kriegsmann eine gefühlvolle Seite entdeckt.
Es sollte keine lange Zusammenkunft sein, es hielt ihn selten lange an einem Platz. Schon bald verließ er das Paar und reiste nach Colmar weiter, wo der Habsburger Herzog Otto von Österreich die Stadt belagerte. Man hielt die Gelegenheit für geeignet denn das Reichsoberhaupt befand sich seit zwei Jahren auf seinem Italienzug, wo er 1328 die höchste Krone der Christenheit erwarb. Der Kaiser rückte mit einem Heer zum Entsatz der Reichsstadt heran um die Einnahme der Stadt zu verhindern. Johann, der es liebte in jedem Händel mitzumischen, trat als Vermittler beider Parteien auf. Es zeichneten sich schon damals erste, leise Zeichen eines Parteiwechsel des Luxemburgers ab. Kämpfte er 1322 noch an der Seite Ludwigs IV. gegen den Habsburger Gegenkönig Friedrich, so schloss er jetzt, am 9. Mai 1330 mit Albrecht und Otto von Habsburg ein Bündnis, dass in Landau geschlossen wurde. In einer Geheimklausel verpflichteten sich die beiden herzöglichen Brüder Johann beizustehen, sollte er nach der römisch-deutschen Krone greifen wollen. Das Bündnis brachte ihn zwar noch nicht unmittelbar in Opposition zum Kaiser, die Vorzeichen konnten nichtsdestoweniger gedeutet werden.

Am 6. August kam es in Hagenau zu einer Einigung zwischen dem Kaiser und den Herzögen Otto und Albrecht. Johann wurde als Lohn für seine vermittelnde Rolle einige kleinere Landschaften zuteil. Von weitaus größerer Bewandtnis war ein besonderes Handelsprivileg, das die Prager Kaufleute reichsweit von allen Zöllen befreite. Die Herzen der böhmischen Stadtbewohnerschaft flogen ihm dennoch nicht zu, denn Handel und Handwerk waren überwiegend in deutscher Hand und das nicht nur in Prag. Der Gegensatz zwischen den Menschen böhmischer Zunge und den Deutschen wurde durch die einseitige, wirtschaftliche Dominanz allgemein verstärkt und war einer der Konfliktgründe zwischen den in Böhmen ansässigen Deutschen und den slawischen Tschechen. Die Politik des Königs zielte zwar nicht darauf ab, die eine oder die andere Landsmannschaft zu bevorzugen, doch profitierten zumeist die Besitzenden von seinen Regierungshandlungen und damit die Deutschen oder der oft deutschversippte Adel. Diese das Wirtschaftssystem stützenden Bevölkerungsteile Böhmens, trugen wesentlich das zum Staatserhalt bei und gaben dem König den notwendigen Rückhalt gegenüber oppositionellen Gruppen im Land. Schaute man sich die beiden Gruppen genauer an, könnte man feststellen das der Unterschied oftmals nur noch sprachlicher Natur war und nicht eigentlich abstammungstechnische Gründe hatte. Beide Bevölkerungsgruppen waren häufig seit Generationen untereinander vermischt und konnte ihre Zugehörigkeit im Grunde nur an ihrem Sprachgebrauch festmachen und weniger an echter Abstammung.


Das Tirol-Kärntner Heiratsprojekt des Vaters

Mit dem Habsburger Bündnis im Rücken begann Johann von Böhmen eine Kehrtwende seiner Politik. Bisher zeigte er nur sehr begrenzte Expansionsambitionen. Abgesehen von der 1320 vollzogenen Erwerbung des größten Teils der Oberlausitz, als er vermeintlich alte böhmische Ansprüche gegenüber der verwaisten Markgrafschaft Brandenburg handstreichartig geltend machte, verhielt er sich zurückhaltend und im Einklang mit der Reichspolitik Ludwig IV. von Bayern. Die Zurückhaltung war wohl im wesentlichen auf seine eigene unsichere Position in Böhmen zurückzuführen und den kriegerischen Konflikten mit starken Kräften aus dem dortigen Adel. Seit einigen Jahren hatte sich die Situation dort zunehmend stabilisiert. Der Einfluss der Königin im Land hatte abgenommen seit ihr der Kronprinz entzogen wurde und gleichzeitig eine spürbare Wesensänderung ihrerseits die eigene Anhängerschaft schrumpfen ließ.

Johann zeigte nun auch ernsthaftes Interesse an der Reichskrone die zu erlangen er vernünftigerweise von einer ausreichenden Fürstenpartei abhängig machte. Er suchte hierzu nicht den Weg der bislang obligatorisch war, über die Kurfürsten, die für gewöhnlich, nach denen man ihnen entweder viel Geld, viel Land, viele Privilegien oder alles davon gegeben hatte, anlässlich eines Thronstreits mit einem Herausforderer dann alleine ließen. Der böhmische König wollte, vorausgesetzt er griff wirklich nach der Krone, eine so große und zuverlässige Partei hinter sich versammeln, dass ihm Falle einer Wahl, ein potenzieller Gegenkandidat überhaupt den Versuch im Vorfeld unterließ. Johann hatte auch nicht vor den amtierenden Kaiser zu stürzen, eine vergleichbare Sache gab es in der Reichsgeschichte bislang nicht, er spekulierte hierzu auf die Hilfe des Papstes in Avignon. Der Kaiser der wegen des lodernden Approbationsstreits mit dem Heiligen Stuhl längst unter dem Kirchenbann stand, musste nur an Unterstützung im Reich verlieren und der Papst würde zu einer Neuwahl aufrufen. Bislang verstand es Ludwig IV. die päpstliche Einmischung in die Angelegenheiten des Reichs bei den Kurfürsten und nicht nur dort, zu seinen Gunsten ausgelegt zu bekommen. Eifrigste Stütze im Kollegium der Wahlfürsten war mit Erzbischof, war interessanterweise ein Vertreter aus dem Hause Luxemburg selbst, Erzbischof Balduin von Trier, Bruder des vormaligen Kaisers Heinrich VII. und damit Onkel Johanns von Böhmen.

Kommen wir auf Johanns Bündnispolitik zurück. Wir sprachen es schon an verschiedenen Stellen an, Bündnisse waren zumeist kurzlebiger Natur,  heutige Freunde waren schnell zukünftige Gegner und umgekehrt. Erinnern wir uns dass Johann noch wenige Jahre zuvor gegen die Habsburger zu Felde zog und nun haben beide kürzlich ein Bündnis geschlossen. Dergleichen fluktuative Zweckbündnisse waren die Regel, ihre Zuverlässigkeit immer abhängig von veränderlichen Verhältnissen und dadurch nur bedingt kalkulierbar. Belastbarere und dauerhaftere Verbindungen kamen durch Ehebündnisse zustande. Solcher Art Allianzen waren weit verbreitet, sie prägten geradezu das gesamte Mittelalter und weit darüber hinaus. Das Schicksal der fürstlichen Kinder war es als Verhandlungsmasse den politischen Zielen oder Notwendigkeiten geopfert zu werden. Ein Meister darin wird einstmals unser Karl werden doch auch der Vater nahm von diesem Mittel davon keinesfalls Abstand, es wäre auch kaum realisierbar gewesen. Das System der Heiratsallianzen war eine politische Notwendigkeit, eine dynastische Naturkonstante. Sprösslinge wurden im Bedarfsfall schon in den frühesten Kinderjahren verlobt. Mit den Verlöbnissen gingen umfangreiche vertragliche Abmachungen einher, die dann nicht selten weit über die eigentlichen Bedürfnisse einer zukünftigen Ehe hinaus gingen und der tatsächliche Grund der Familienverbindung bildete. Wir sollten erwähnen dass auch solche Verträge, man sollte sie vielleicht besser Absichtserklärungen nennen, oft genug wieder aufgehoben, einseitig oder in beiderseitigem Einvernehmen zurückgenommen, ausgekauft und anderweitig neu geschlossen wurden.

1324, Karl war zu diesem Zeitpunkt bereits acht Jahre alt, lebte in Paris am Hof König Karls IV. von Frankreich und war selbst bereits verhält mit der ein Jahr jüngeren Blanca-Margarete von Valois, versprach Johann seinen zweiten Sohn Johann Heinrich, der zu diesem Zeitpunkt erst zwei Jahre war, der Tochter Herzog Heinrichs von Kärnten. Zum Herzog sollte unbedingt noch einiges gesagt werden. Heinrich von Kärnten, Graf von Tirol, Herzog von Kärnten und Krain, wurde nach dem Tod Wenzels II., dem letzten böhmischen König aus dem alten Königsgeschlecht, im Jahre 1307 von den böhmischen Ständen zu ihrem König gewählt. Seine Heiratsverbindung mit Anna von Böhmen, Tochter des verstorbenen böhmischen Königs aus dessen erster Ehe, ermöglichte diese Königswahl. Schon bald nach Thronbesteigung entstanden die für Böhmen fast symptomatischen Adelsparteiungen verbunden mit großer Unzufriedenheit mit dem als Fremden empfundenen König. Wir erinnern uns, Johann sollte es schon einige Jahre später ebenso gehen. Der Unmut der Stände führte zu weit dass sie die Absetzung des Königs durch Kaiser Heinrich VII. erwirkten, der ihm das böhmische Lehen entzog. 1311 zog Johann, der Sohn Kaiser Heinrichs, mit einem Heer nach Böhmen und vertrieb den abgesetzten König aus dem Land. Nach heutigen Maßstäben hätte man erwartet, dass daraus eine lebenslange Feindschaft erwachsen würde. Wie oben und andernorts schon erwähnt, so wie der Freund von heute der Feind von morgen sein kann, so wurde aus einem Feind schon übermorgen ein Freund und so kam es 1324 zu dem erwähnten Heiratsvertrag. Herzog Heinrich hatte bislang keine Söhne, schon im Jahr des Ehevertrags war das von größerer Relevanz, denn der Herzog war zu diesem Zeitpunkt vermutlich schon jenseits der 50, ganz genau weiß man es nicht, da für sein Geburtsjahr sowohl 1265, 1273 als auch 1280 angegeben wird. Wie dem auch sei, zum Zeitpunkt des Eheversprechens, gab es noch keinen legitimen Nachkommen, wenn auch eine ältere Schwester, die aber schon im Folgejahr verstarb und somit wäre zumindest der Allodialbesitz der Familie an die alleinige Erbtochter Margarete gegangen. Der Sachverhalt des fehlenden Erben bekam im Jahr 1330 eine weitere Dynamik, denn der Herzog erwirkte beim jetzt amtierenden Kaiser Ludwig IV. dass seine Tochter als Erbin auch der Reichslehen Kärnten, Krain und Tirol angesehen wird. Dies machte die damals siebzehnjährige junge Dame mit einem Schlag zu einer der besten Partien im Reich und rief weitere Interessenten auf den Plan.
Für Johann war es nun an der höchsten Zeit sich des Ehevertrags, der Absichtserklärung von 1324 zu erinnern. Er eilte nach Tirol, wo sein Sohn Johann-Heinrich bereits seit 1327, somit ab seinem fünften Lebensjahr, zeitweise lebte. Warum nur zeitweise? Die beiden zukünftigen Ehepartner hatten schon als Kinder von Anbeginn an größte Differenzen miteinander. Johann-Heinrich war ein, so würde man heute sagen, verhaltensauffälliges Kind dass zu diesem Zeitpunkt auch noch kein deutsch sprach und sich dahingehend auch beharrlich weigerte. An dieser Stelle erkennt man den Einfluss Elisabeths, der Mutter, die ihrer Herkunft entsprechend, allem böhmischen den Vorzug und allem deutschen vorzugsweise eine Absage erteilte. Am 16. September 1330 fand in Innsbruck die Hochzeit zwischen dem ungleichen, sich bald hassenden Kinderpaars statt. Der Bräutigam Johann-Heinrich war zu diesem Zeitpunkt acht Jahre, seine Gattin Margarete zwölf Jahre alt. Man mag sich eine derartige Trauungsszene heute überhaupt nicht mehr vorstellen müssen. Es muss nach heutigen Maßstäben ein höchst skurriles, vielleicht perverses Bild abgegeben haben. Wie nicht anders zu erwarten, entwickelte sich die Ehe chaotisch und sollte ein drastisches Finale und skandalöses Ende nehmen, dazu später mehr.


Tod der Königin und Karls lombardische Exkursion

Wenige Tage nach der Trauung ihres zweiten Sohnes bei der sie nicht zugegen war, starb Königin Elisabeth von Böhmen vereinsamt und gemütskrank in Prag. Elisabeth war ein facettenreich Persönlichkeit. Ihre Kindheit und Jugend war unglücklich, wobei ihre Schicksal sich in gleicher oder ähnlicher Weise mit dem Schicksal so vieler Fürstenkinder einfach deckte. Die Mutter verlor sie mit fünf Jahren, in ihrem Fall durch Tod, in vielen anderen Fällen ihrer Leidensgenossinnen und Leidensgenossen, indem man sie den Armen der Mütter entriss und aufgrund von Heiratsabkommen an fremde, nicht selten ausländische Höfe verpflanzte. Das Schicksal ihrer eigenen Kinder war kein anderes. Das eigentlich verdiente Mitleid wird durch den Sachverhalt relativiert, dass es eine weit verbreitete und zeitgemäße Gesetzmäßigkeit war dass Fürstenkinder entwurzelt und oft lieblos aufwuchsen, weswegen man sich kaum wundern darf, dass viele dieser Kinder im Erwachsenenalter ein breites Spektrum verschiedenster Verhaltensstörungen bis hin zu Grausamkeiten aufzeigten.
Die Ehe zwischen Johann und Elisabeth war nicht immer vergiftet, es gab  Phasen der Eintracht und Gemeinsamkeiten. Dennoch litt die Ehe unter den vielen Abwesenheiten Johanns, seiner Liebhaberei für alles Ritterliche und den Kampf. Die Königin wurde in diesen Zeiten oft Opfer der in Böhmen verbreiteten Adelsparteien die in ihr eine Art böhmische Ikone gegen das sich ausbreitende Deutschtum sahen, sie gleichzeitig für ihre persönlichen Interessen gebrauchten, manchmal missbrauchten was den Gegensatz zum Ehemann und König schürte und langfristig zur Entzweiung beitrug. Zwischen 1322 und 1325 lebte Sie am niederbayrischen Hof Herzog Heinrich XIV., der mit ihrer ältesten Tochter Margarete verlobt war, fast wie im Exil. In den letzten Jahren ihres Lebens zog sich Elisabeth mehr und mehr in ein Leben der Andacht und des Gebets zurück und war zum Schluss weitestgehend vereinsamt und aller wirtschaftlichen Mittel beraubt. Sie fand ihre letzte Ruhe im Zisterzienserkloster zu Prag.
Karl, mittlerweile 14 Jahre alt, hatte seine Mutter vor sieben Jahren das letzte Mal gesehen, er trauerte um eine Mutter die er quasi nicht kannte.

Den König erreichte die Nachricht in Tirol, genauer in Trient, wo er im Begriff war ein Heer aufzustellen. Er nahm die Information mit Fassung, wohl eher Gelassenheit auf, fand sich auch nicht zur Trauerfeier ein. Im Zusammenhang mit Johann mag es kaum eine besondere Erwähnung wert sein, wenn man liest, er stellt ein Heer auf, schaut man sich seine Vita an, zogen sich Rüstungen und Feldzüge wie ein roter Faden durch sein Leben. Mit diesem Feldzug wollen wir uns aber aus zweierlei Gründen näher beschäftigen. Zum einen war es neben seinem Tiroler Heiratscoup ein weiterer Indikator, dass Johann seine Luxemburger Hausmacht mit Energie auf Reichsitalien ausweiten wollte. Zum weiteren sehen wir Karl erstmals in einer verantwortlichen Rolle agieren.

Was war geschehen? Um die Zeit der Vermählung Johann-Heinrichs mit Margarete von Tirol-Görz, trat eine lombardische Städteabordnung in Tirol an ihn heran um ihn um Unterstützung zu bitten. Ob die dann erfolgten oberitalienischen Aktivitäten Johanns gleich zu Beginn aus dem Motiv heraus geboren wurden sich eine Hausmacht in Norditalien zu verschaffen, immerhin hatte schon sein Vater, Kaiser Heinrich VII. ausgeprägte, diesbezügliche Ambitionen gezeigt oder ob Johann die Position des Reichs und den Landfrieden als ein loyaler Vasall des jetzt regierenden Kaisers bewahren wollte ist schwer zu sagen. Zunächst kann es in den Augen Johanns nur wieder eine willkommene neue Kampagne gewesen sein der man mit fortschreitendem Verlauf eine gewisse äußere Sinnhaftigkeit zu verleihen bemüht war. Wie dem auch sei, die Städte Oberitaliens zeigten sich völlig überraschend sehr zugänglich und das ist durchaus buchstäblich zu verstehen. Sie öffneten dem Held so vieler Schlachten und Sieger vieler Turniere jubelnd ihre Stadttore und empfingen ihn mancherorts fast als neuen Herren. Zweifelsohne war der Ruf des Böhmenkönigs  als erfahrener Kriegsherr im Voraus geeilt, dennoch muss man sich wundern, erinnert man sich doch sonst sehr selten, dass einem deutschen Fürsten in der Lombardei so die Herzen zuflogen. Man wundert sich gelegentlich , wie die Dinge zuweilen eine Dynamik entwickeln die man so nie hätte vorausgesagt. Wie Johann über all das dachte, welchen Reim er sich daraus machte, dass Städte und Adel ihm huldigten und ihn als ihren Herren ausriefen, die seit den Staufern nur eines im Sinn hatten die eigene Unabhängigkeit von Reich und Lehnsherren, wäre in der Tat sehr interessant zu wissen. Es ist zu befürchten, ja geradezu wahrscheinlich, dass er sich überhaupt nicht allzu viele Gedanken machte und hinter allem hauptsächlich die Wirksamkeit seiner Persönlichkeit sah. Johann lebte den Habitus eines Ritters und Edelmanns wie wenige zu seiner Zeit. Sein überidealisiertes Bild und zu erheblichem Maße Selbstbild, war geprägt von den heroischen Werken der Ritterschaft, dem unbeugsamen Willen, Mut und Kraft wie sie nur eine edle Kaste von gesegneten Streitern hervorbringen kann. Als Kehrseite dieses Denkens entwickelte sich ein Überlegenheitsgefühl gegen alles und jeden, der in dieser Hinsicht profan und unritterlich war. Man erkannte in seinen diesbezüglichen Überzeugungen sehr stark die französische Schule, der Chevallier hoch zu Rosse, der dem Gemeinen in allen Belangen überlegen und dessen Berufung die Führerschaft war. Insofern wird es ihn sogar kaum wirklich überrascht haben, dass selbst die Visconti in Mailand sich ihm formell unterwarfen. Wäre Johann ein Kaiser gewesen, so hätte man dies noch nachvollziehen können, galten die Visconti doch für gewöhnlich als kaisertreu aber dass sie sich einem Vasallen des Kaisers, quasi jemandem huldigten, auf dessen Augenhöhe sie sich selbst verstanden, ist wahrhaft beachtlich.

Kehren wir zu den realen Problemen zurück die zwangsläufig entstehen, wenn man ein Königreich nördlich der Alpen, ganz im Osten des Reichs zu regieren hat, dazu eine imposante Grafschaft in der entgegengesetzten Richtung, im Westen und eine stolze Ansammlung von lombardischen Städten und Landschaften südlich der Alpen. Johanns Sturmlauf, sein förmlicher Triumphzug rief gleich drei große Persönlichkeiten auf den Plan. Zunächst den in Avignon sitzenden Papst Johannes XXII., dem schon aus traditionellem Reflex ein Schauer des Schreckens überkam, wenn ein deutscher Fürst in Oberitalien, im nördlichen Vorhof des Kirchenstaats, plötzlich populär wird und die mehr als hundert Jahren andauernden Streitigkeiten der bis daheim verfeindeten Städte scheinbar mit einem Wisch beseitigte. Hinzu gesellte sich Philipp VI. von Frankreich, der seinerseits kein Interesse daran hatte, dass dem Reich ein plötzlich geeintes Reichsitalien Ressourcen beisteuern könnte, die davor in den mannigfaltigen lokalen Städtekriegen vergeudet wurden. Und zuletzt betrachtete Kaiser Ludwig die Sache längst mit eifersüchtiger Aufmerksamkeit. Eine Ausweitung der Luxemburger Hausmacht in einem solchen Maße musste ihn nicht nur skeptisch machen, es war geradezu ein notwendige Verpflichtung von Rechts wegen, im Sinne des Reichs hier zu regulieren. Er wies demgemäß seine Beamten in Oberitalien an, Anweisungen nur vom offiziellen Reichsvikar Italiens anzunehmen. Diese Stellung hatte Herzog Otto von Habsburg inne. Seitens des Kaisers war dies ein nicht ungeschickter Schachzug. Wie wir wissen hat Johann erst im Vorjahr ein Bündnis mit den Habsburger Herzögen geschlossen, indem Kaiser Ludwig jetzt einen Interessenkonflikt als Keil zwischen dem formellen Reichsvikar und dem realen Herr in Reichsitalien trieb, unterlief er dieses für ihn durchaus gefährliche Bündnis. Johann musste jetzt unbedingt auf der Hut sein, er konnte nicht dauerhaft in Italien verbleiben sondern musste vor allem schleunigst zurück nach Böhmen, wo seine Stellung ja nie sonderlich stabil war und wo nach dem Tod der Königin ein völliges Vakuum bestand. Die Lösung war ebenso einfach wie riskant. Schon zu Beginn des Jahres 1331 schrieb der König nach Luxemburg zu seinem Sohn und informierte ihn darüber, dass er nach Italien kommen soll.

Am 29. März 1331, dem Karfreitag, kam Karl in Pavia an und nahm Wohnung im dortigen Augustinerkloster. Sein Weg führte ihn über Lothringen, Burgund Savoyen er umging daher die von den Habsburger und den Wittelsbachern regierten Gebiete. Ob dies auf Rat bzw. Anweisung des Vaters geschah oder sich als im Winter günstigere Reiseroute erwies, um die verschneiten Alpenpässe zu meiden, kann nicht gesagt werden. In Pavia entkommt Karl einem angeblichen Giftattentat, zumindest berichtet er in seiner Autobiographie selbst davon. Am Ostertag ging er zur Frühmesse und wohnte laut eigenen Ausführungen bis zur Mittagszeit dem Gottesdienst bei. In dieser Zeit erkrankten eine Reihe seiner engsten Begleiter und verstarben im späteren Verlauf. Schnell fiel der Verdacht auf eine, gemäß seiner Beschreibung, auffallend schlanken Mann, der niemandem bekannt war und der sich in unter anderem auch in der Küche aufgehalten haben soll. Unter Folter gab dieser Mann zu Protokoll, dass er im Auftrag von Azzo Visconti, dem Statthalter Mailands, gehandelt habe. Bei dem Vorfall, ob Attentat oder Lebensmittelvergiftung, starben Karls Hofmeister Johann Berka von Duba, Johann von Hochkirchen und Simon von Keyla. Karl war tief erschrocken und machte seine Verschonung an dem Umstand fest, dass er am Auferstehungstag des Heilands nicht den weltlichen Bedürfnissen den Vorzug gab sondern sich mit Andacht und Gebet auf geistige Weise nährte wodurch er überlebte.

Am 25. April traf er in Parma ein, wo er vom Vater und einer jubelnden Menge empfangen wurde. Johann macht seinen Sohn zu seinem Statthalter in der Lombardei und stellte ihm, mittlerweile fast 15 Jahre alt, zur Unterstützung den erfahrenen Graf Ludwig von Savoyen zur Seite. Den Mai und Juni wanden Vater und Sohn auf in die lombardischen Städte zu reisen und Karl huldigen zu lassen.

Johann verließ am 1. Juli 1331 Italien und Karl war nun mehr oder weniger auf sich selbst gestellt. Es dauerte auch keinen Monat und die Italiener sannen danach, die Luxemburger Herrschaft wieder abzuschütteln. Die Agitationen des päpstlichen Legaten zeigten Wirkung. Unter der Führung von Azzo Visconti, dem Statthalter von Mailand, der als der Auftraggeber des Giftattentats galt, trafen sich die Verschörer in Castelbaldo. Mit zugegen waren Martin von Scala, Statthalter über Verona, Vincenza und Padua, Passarino Bonacossa, Statthalter von Mantua und Reynaldo von Este, dem Statthalter von Ferrara. Noch brachen die Feindseligkeiten nicht aus, man hatte sich untereinander aber schon über die Verteilung der Beute, der Städte verständigt. Anfang 1332 schlossen sich dem Viererbund noch Florenz an und der König von Neapel. Die Lage schien noch vor Ausbruch der Kampfhandlungen aussichtslos. Als Martin von Scala mit einem Belagerungsheer vor Brescia aufzog, machte sich Karls beigestellter Ratgeber, der Graf von Savoyen aus dem Staub. Wahrscheinlich war er schon längst im Lager wenigstens aber Sympatisant der Rebellen. Der Verdacht verdichtet sich durch die Tatsache dass er Schwiegersohn des Azzo Visconti war. Hier muss man zumindest die Frage in den Raum stelle, ob Karl, bei all der ihm bisher nachgesagten Bildung und Klugheit, nicht doch eine gehörige Portion natürliche Vorsicht oder Bauernschläue fehlte. Augenscheinlich ist das ganz Ausmaß des Verrats ihm völlig verborgen geblieben denn es waren keinerlei Gegenmaßnahmen vorbereitet worden. Im Falle des verräterischen Grafen selbstverständlich aus nachvollziehbarem Grund im Falle Karls nur auf völlige Arglosigkeit zurückführbar.

Am 15. Juni fiel Brescia in die Hände der Verschwörer, die eigentliche Festung wurde durch Bestechung am 4. Juli übergeben. Azzo Visconti zog mit einer zweiten Truppenabordnung vor die Festung Pizzighitonenahm sie im September und kurz darauf auch die Stadt Bergamo. Die Städte Cremona und Modena wurden belagert. Padua fiel den Braccarias in die Hände, auf die Karl so fest baute und die nun den allgemeinen Aufstand zu ihren eigenen Zwecken ausnutzen. Die Lage erforderte ein schnelles und energisches Entgegentreten.  Hierzu boten sich loyal gesinnte Adelshäuser wie auch eine Reihe noch nicht gefallener oder oppositioneller Städte an. Geldmittel wurde zur Aufstellung eines Heeres großzügig bereitgestellt. Das Überraschungsmomentum begann bei den Rebellen zu verpuffen. Der städtische Widerstand regte sind und so gelang es selbst nach wochenlanger Belagerung nicht die Stadt Modena einzunehmen. Die Belagerer plünderten und brandschatzten die gesamte Umgebung, bis sie völlig leergefressen war und zogen dann in nördlicher Richtung zum Garda See ab, wo sie sich vor die Festung San Felice legten. Karl gewann durch die missglückte Belagerung Modenas wertvolle Zeit in der er ein Heer formierte. Er konnte 1.200 Reiter und 6.000 Mann Fußtruppen mobilisieren und eilte mit dieser Streitmacht zum Entsatz der belagerten Festung heran.

Am 25. November 1332 kam es zur Schlacht. Karl schrieb über den Verlauf in seinen Erinnerungen. Zahlenmäßig war er den Streitkräften des Martin von Scala, dem Markgrafen von Ferrara und Azzo Visconti, dem Statthalter Mailands, deutlich unterlegen, er entschied sich dennoch zum sofortigen Angriff. Die Belagerer hatten hierdurch nicht ausreichend Zeit ihre Übermacht zur Entfaltung zu bringen. Auch waren sie durch die monatelangen Belagerungen im Inneren Zusammenhalt beeinträchtigt und dadurch nur eingeschränkt verwendungsfähig für eine offene Feldschlacht. Der Waffengang wurde von beiden Seiten mit aller Heftigkeit geführt. Der Prinz berichtet über sich selbst als im größten Schlachtgetümmel kämpfend wobei ihm ein Pferd unter dem Leib wegstarb. Die Schlacht schien sich seinen Ausführungen nach zu Ungunsten des Luxemburgers zu entwickeln, als er ein neues Pferd bestieg und seine Truppen davon angespornt, der Schlacht die Wende haben und den Gegner zuerst zum weichen brachten, was sich in eine zügellose Flucht verwandelte, bei der zahllose Feinde des Tod fanden oder in Gefangenschaft gerieten. In der Eigendarstellung stellt sich der junge Prinze besonders heroisch heraus, den persönlichen Mut und Opferwillen und Einsatz unterstreichend, sollte er am  Ende gar doch der Sohn seines Vaters sein? Lassen wir diese Frage an der Stelle offen. Dass er einen Sieg errang ist jedoch unstrittig, die Angreifer mussten sich schwer geschlagen zurückziehen und die Situation schien bereinigt. Er und sein Heer zogen mit den Gefangenen und der sonstigen Beute nach Modena wo er die Truppen entließ und weiter nach Parma, wo seine Residenz war, und feierte mit einem Dankgottesdienst den Sieg. Zu erwähnen wäre noch, dass er und zahlreiche seiner tapfersten Mitstreiter sich zuvor auf dem Schlachtfeld, das sie siegreich behaupten konnten, zum Ritter schlagen ließen. Unter den vornehmsten der Ritter waren Umberto Pallavicino, Marsil und Peter von Rubeis, Aldigero von Senaza, Giberto Fojano und Manfred von Pisa.

Weswegen Karl sein Heer abrüstete statt der Schlange jetzt den Kopf abzuschlagen ist nur schwer nachzuvollziehen. Denkbar wären finanzielle Gründe, war der Unterhalt eines Kriegsheeres doch stets ein kostspieliges, die Quellen eines Fürsten oftmals über die Schmerzgrenze hinaus belastendes Unterfangen. Vermutlich statteten ihn die Städte nur zeitlich begrenzt mit den notwendigen Mitteln aus und zogen jetzt, nachdem die akute Gefahr gebannt schien, die finanziellen Unterstützungen zurück. Nur schwer vorstellbar ist, dass er wirklich so blauäugig gewesen wäre und annehmen konnte, die Aufrührer würden nach einer ersten Niederlage in aller Demut ihren ungeheuerlichen Frevel bereuen und ihm erneut huldigen.

Rasch hatten sich die Gegner erholt, Azzo Visconti machte dieses Mal den Anfang als er mit einem neuen Truppenkontingent im Handstreich Pavia nahm. Die dortige Garnison konnte allerdings die Burg halten.

Der Anfang des Jahres 1333 sah Karl in der Absicht gegen Florenz in die Offensive zu gehen, er reiste dazu zunächst nach Lucca um sich der Unterstützung dieser Stadt zu vergewissern, worauf er mit dem Bau einer Burg in den florentiner Bergen begann. An den Kosten, die von den Bürgern der Stadt entrichtet werden mussten, entbrannte ein Streit. Karl, der bei den Städtern zunehmend an Rückhalt verlor, übergab das Kommando vor Ort Simon von Pistorio einem seiner Vertrauten und reiste zurück nach Parma. Aus der Kampagne gegen Florenz wurde nichts mehr, da sich neue, besorgniserregende Dinge ereigneten. Seine Gegner hatten die Zeit genutzt und ein neues und großes Heer ausgerüstet mit dem sie nun gegen Parma selbst zogen und damit gegen das Zentrum der Luxemburger Position in Oberitalien. Sie schlossen die Stadt ein und Karl saß darin gefangen. Hilfe konnte nur noch von außen kommen oder, wie es sich zeigt, vom Wetter. Ein für die Region unnatürlich kalter Winter erzwang den Abbruch der Belagerung und einen vorläufigen Rückzug. Karl, der besonders in jungen Jahren anfällig für den Glauben an Visionen und für ihn übernatürliche, seiner Auffassung nach, göttliche Eingriffe war, sah darin einmal mehr einen Beweis der Vorsehung. Ein weiterer von ihm berichteter Vorfall, bestätigt dies auf anschauliche Weise. Von ihrem Missgeschick zurückgeworfen aber nicht entmutigt suchte Azzo Visconti und Martin von Scala, die beiden hauptsächlichen Köpfe des Aufstands gegen das Dominat der Luxemburger, andere Wege. Sie nahmen im Geheimen Verbindung mit den Statthaltern von Parma, Reggio und Modena auf und konnte sie auf ihre Seite ziehen. Teile seiner bislang tapfersten Anhänger, tragischerweise solche aus dem Kreis der im Vorjahr zu Rittern geschlagenen, lombardischen Edelleute waren darunter. Sie beabsichtigten den Prinzen gefangen zu setzen und als Druckmittel zur Durchsetzung ihrer Forderungen gegen König Johann von Böhmen zu verwenden. In der Nähe von Reggio versammelten sich die untreuen Verschwörer in einer Kirche um während einer Messelesung ihren Pakt feierlich auf die Hostie, den Leib Christi, zu schwören. Der Überlieferung Karls nach, kam ein heftiger Sturm auf, der durch das Kirchenportal auch nach innen drang, alle Kerzen auslöschte und die erwähnte Hostie vom Altar blies. Als sich die Situation wieder beruhigte, in der Kirche wieder Licht war, fand man das erwählte Symbol ihres Eides, mittels dem sie sich gegenseitig unverbrüchliche Treue und die Ausführung ihres Planes schwören wollten, vor den Füßen des Statthalters Parma’s, des Marsilius von Rubeis wieder. Die Verschwörer waren darüber so erschrocken und werteten es als ein böses Zeichen, einen Hinweis des Himmels von ihrem Vorhaben gegen ihren Herren Karl Abstand zu nehmen. Tatsächlich gingen sie tief erschüttert auseinander und bewiesen Zeichen der Treue und Umkehr gegenüber Karl, dem eingesetzten Statthalter Johanns in der Lombardei. All dies kam ans Tageslicht da der Priester dem Bischof von Reggio über die Ereignisse berichtete und dieser wiederum Karl darüber informierte mit der Mahnung zur Vorsicht. Karl ließ sich nichts anmerken und pflegte weiter Umgang mit den Verschwörern, die jetzt, wir sagten es schon, umkehrten und loyal blieben, so der Bericht Karls gemäß seiner Autobiographie Vita Caroli Quarti.

Wo war Johann in dieser Zeit? Es konnte ihm unmöglich verborgen bleiben, dass die Lombardei ebenso schnell wie sie sich freimütig unterwarf nun, nach seinem Weggang aus Italien, dem Sohn und Statthalter und damit ihm selbst den Rücken kehrten und danach trachteten die Luxemburger Herrschaft so schnell als möglich abzustreifen. Man könnte es sich mit der Antwort leicht machen, denn wie man es von ihm kannte, hatte er zwischenzeitlich erneut einen Krieg geführt. Doch damit lange nicht genug, der unruhige Geist war fast ständig auf Reisen, nie hielt er sich lange an einem Ort auf, überall war in vielfältig beschäftigt. Unmittelbar nach seiner Abreise aus Italien, im Juli 1331 suchte er den Kaiser in Regensburg auf, wo er am 21. Juli wegen seiner lombardischen Aktivitäten mit Ludwig IV. einen Vergleich schloss. Es ging von dort aus weiter nach Prag, das er in der zweiten Augusthälfte erreichte und wo er seine Tochter Anna anwiese nach Luxemburg zu gehen, dass jetzt Johanns tatsächliche Residenz war. Es ging nun Schlag auf Schlag, im September unterwarf er sich das Herzogtum Glogau im Norden Schlesiens. Danach zog er nach Polen, dessen Titularkönig er zwar war aber real keine Macht ausüben konnte und belagerte Posen. Er operierte hier als Unterstützung für den Deutschen Orden mit dem Johann eng verbunden war. Im November kam es zur Schlacht mit Polen, dem König von Ungarn und dem Herzog Otto von Österreich, die ohne einen Sieger ausging. Bereits im Dezember war Johann erneut in Prag. Seine nächste Etappe führte ihn nach Paris. Er traf in Begleitung seiner Tochter Jutta am 2. Januar 1332 am königlichen Hof ein, wo sie den Kronprinzen Frankreichs, den späteren Johann II. heiraten sollte. Im August wurde die Ehe in Melun geschlossen. Sie bildete den Höhepunkt des luxemburgisch-französischen Bündnisses. Aus der Ehe gingen elf Kinder hervor,  von denen sieben das Erwachsenenalter erreichten, darunter der zukünftige Kronprinz und König Frankreichs, Karl.  Zwischen seiner Ankunft in Paris und der Hochzeitsfeier im August, reiste Johann nach Luxemburg um wichtige Amtsgeschäfte zu erledigen. Es folgte zu Ostern der Besuch des Hoftags zu Nürnberg, Verhandlungen mit dem Kaiser und auch den Habsburgern. Im Sommer ging es nach Prag um die dortigen Dinge zu regeln. Mit Beginn des Septembers machte er sich erneut auf den Weg über Luxemburg nach Paris, nahm an einem festlichen Turnier teil und schlug seinen Schwiegersohn dort zum Ritter. Weiter ging es zum Papst nach Avignon, wo er im Namen des Kaisers unterhandelte in der Hoffnung Heiligen Vater davon zu überzeugen den Kirchenbann vom Reichsoberhaupt zu nehmen. Seine Mission schlug fehl. Zwischenzeitlich waren ihm längst die Zustände in der Lombardei bekannt geworden und dass der Sohn auf verlorenem Posten nicht nur gegen den lombardischen Städtebund sondern auch gegen den König von Neapel stand. Er eilte zurück nach Paris, sammelte dort ein Heer und marschierte noch im Winter nach Oberitalien. Anderthalb Jahre waren vergangen seit Johann Italien verließ und wie hatte sich die Lage seither geändert.

Er gelangte am 26. Februar in Parma an, vereinte seine Streitmacht mit den Truppen seines Sohnes und beide zogen gemeinsam nach Pavia, wo die Stadt längst in der Hand der Rebellen war, die Burg aber noch den Angriffen standhielt. Er konnte zwar das gegnerische Belagerungsheer vertreiben, war aber nicht in der Lage die Stadt zurückzuerobern.  Immerhin vermochte man die eigene Burgbesatzung aufzuproviantieren und mit frischen Truppen zu verstärken.
Nach zehn Tagen gab er die Einnahmeversuche auf und wandte sich nach Norden in das Gebiet Mailands, wo er zur Vergeltung schrecklich hausen und brandschatzen ließ, auch in der Hoffnung so den Widerstand der Viscontis zu brechen. Johann wusste, dass er mit den eigenen Kräften den Aufstand nicht niederschlagen konnte, zumindest nicht in einer annehmbar kurzen Zeit. Er zog zur Beratungen mit dem Kardinallegaten des Papstes nach Bologna wo man ein gemeinsames Vorgehen vereinbarte. Aus Frankreich kommend schlossen sich weitere Hilfstruppen unter dem Kommando des Grafen von Armagnac an. So verstärkt glaubte Johann an mehren Stellen zugleich aktiv werden zu können. Während das Gros auf Ferrara marschierte um Stadt und Festung zu belagern, sollte unter dem Kommando von Karl die wichtige Burg Pizzigithone eingenommen werden. Die Besatzung der Festung war zuvor zu den Mailändern übergelaufen womit dieser wichtige Ort kampflos den Feinden in die Hände gefallen ist. Die Bewegungen der Luxemburger und ihrer Verbündeten wurden scharf beobachtet und Gegenmaßnahmen eingeleitet, die sich gegen Karls Streitmacht, bestehend aus 500 Panzerreitern und rund 2.000 Mann Fußtruppen,  richteten. Karl musste auf seinem Weg den Po überwinden, wozu er eine große Anzahl von Booten und Flößen einsetzte. Am anderen Ufer angelangt, ließ er eine geringe Anzahl Truppen zurück um die wichtigen Transportmittel zu bewachen. Der Graf von Mantua, verstärkt von Truppe aus Ferrara führte einen Schlag gegen die Bootsstelle und versenkte diese. Karl war jetzt mit seinen Truppen abgeschnitten. Eingeklemmt zwischen der zu nehmenden Festung und einem unüberwindlichen Flusshindernis. Mit vereinten Kräften hätte man das kleine Heer des böhmischen Kronprinzen leicht vernichten, den Prinzen im besten Fall gefangen nehmen und einen wahrscheinlichen Frieden diktieren können. Doch das Glück, bzw. die Bedrohung Ferraras durch die Truppen des Kardinallegaten und der Franzosen, führte zu Uneinigkeit unter den Verschwörern. Nach einem Hin und Her entschloss man sich nicht den Prinzen Karl anzugehen sondern mit aller Macht zum Entsatz auf Ferrara vorzurücken. Johann nutzt jetzt die Gunst der Stunde, rückte mit seinen Truppen zum Po vor, ließ die Boote bergen und herrichten, setzte über und marschierte vereint mit dem Sohn auf die Festung Pizzigithone um sie im Sturm zu nehmen. Die Besatzung ließ sich weder überrumpeln noch von den ersten Angriffsversuchen überwältigen. Johann konnte es auch hier, wie schon bei Pavia, auf keine lange Belagerung ankommen lassen denn die Festung Pavia lag erneut unter Belagerungszustand und drohte verloren zu gehen. Er musste also erfolglos kehrt machen und zurück nach Pavia, bzw. zu der dortigen Burg, denn die Stadt war ja, wir erwähnten es bereits, in der Hand des Gegners.

Johanns Kriegsglück wendete sich, es begann bei den Streitkräften des Legaten und des Grafen Johann von Armagnac. Sie wurden bei Ferrara vernichtend geschlagen. Die Armee des Legaten wurden was völlig vernichtet, Johann I. von Armagnac geriet mit allen überlebenden französischen Baronen in Gefangenschaft. Die Nachricht wirkte auf König Johann niederschmetternd, er ließ sich, völlig aus der inneren Fassung gebracht, auf Verhandlungen mit dem Mailänder Visconti ein, der die Zeit dann nutzte die Festung Pavia zu erobern. Johann, immer noch tief von der Niederlage seiner Verbündeten vor Ferrara erschüttert, verließ Italien und macht Karl erneut zum Statthalter der Lombardei. Dieser geriet jetzt in Konflikt zum Vater, denn ohne Truppen und ohne Geldmittel war die Position in Oberitalien nicht zu halten und der Abfall oder Verlust der noch verbliebenen Städte nur noch eine Frage der Zeit.
Der König, dem diese Tatsache selbst klar war, begann nun Friedensverhandlungen. Er wollte sich komplett aus Italien zurückziehen, sah ein das der Aufwand eine Hausmacht in Italien zu erhalten in keinem Verhältnis zum Nutzen stand. Die noch verbliebenen Städte wurden unter den treuen Parteigängern verteilt, die italienische Episode der Luxemburger war zu Ende.


Karl kehrt nach Böhmen zurück

Johann vermochte einen ehrenvollen Frieden auszuhandeln, keiner seiner Getreuen am wenigsten er selbst oder sein Sohn mussten aus Italien flüchten oder sich mit Waffengewalt durchschlagen. Ihre Wege sollten sich, wie bisher stets, auch nun wieder trennen. Während der König selbst nach Luxemburg zog, sollte es Karl in das Land und die Stadt seiner Geburt führen. Johann macht Karl zum Markgrafen von Mähren und gleichzeitig, während der Abwesenheit des Königs, zum Landesverweser von ganz Böhmen, wozu auch die schlesischen Herzogtümer sowie die Lausitz gehörten. Sein Weg führte über Tirol wo Karl seinen jüngeren Bruder Johann-Heinrich traf, der mit der Erbgräfin Margarete von Tirol-Görz verheiratet war. Auf dem weiteren Weg reiste er durch Bayern und traf dort seine Schwester Margarethe, die Gemahlin Herzog Heinrichs von Niederbayern.

Im Herbst des Jahres 1333, nach elf Jahren in der Fremde, betrat er zum ersten Mal wieder böhmischen Boden. Das Land muss ihm im Grunde fremd gewesen sein, denn selbst in den frühen Jahren seiner Kindheit, war er auf Geheiß des Vaters mehr oder weniger weggeschlossen worden. Wie es sicher herausstellte, beherrschte er auch die böhmische Sprache nicht mehr ausreichen und musste diese wieder erlernen. In Prag angekommen, besuchte er mit als Erstes das Grab seiner vor drei Jahren verstorbenen Mutter, die er ebenfalls elf Jahre nicht mehr gesehen hatte, wenn nicht länger und vor der er eigentlich nur noch vom Hörensagen wusste. Eine Mutter-Kind-Beziehung gab es spätestens seit den Ereignissen des Jahres 1319 nicht mehr und auch schon davor begleitete die Königin ihren Mann auf verschiedene Missionen so dass der kleinkindlische Kronprinz in der Obhut seiner Pflegerinnen blieb, ein Verfahren wie man es an sehr vielen Höfen beobachtete.

Beim Einritt in Prag läuteten alle Glocken, der lokale Adel, die Geistlichkeit und das städtische Volk war auf den Beinen um den jungen Kronprinzen mit eigenen Augen zu sehen. Der Empfang war herzlich und man darf tatsächlich annehmen, dass sowohl die böhmische wie deutsche Stadtbevölkerung, überhaupt das ganze Volk dem jungen Herren herzlich zugetan war. Karl war von den Szenen gerührt über die Stadt Prag und ihr Aussehen aber wenig erbaut. Wer kann es ihm verdenken, lebte er doch über Jahre in Paris, einer der ganz großen europäischen Metropolen in gesellschaftlicher wie auch wissenschaftlicher Weise und während seiner Zeit in Italien, mit seinen reichen, pulsierenden lombardischen Städten, hatte er sowohl die Luft der Antike wie der Moderne atmen können. Prag war dagegen dörflich, seine Häuser immer noch weitestgehend aus Holz errichtet, die Straßen nicht überall befestigt und die Brücke über die Moldau ein so baufälliges Objekt, dass sie wenige Jahre später bei einem Hochwasser schweren Schaden nahm. Die Stadt verfügte bei seiner Ankunft über kein eigenes Rathaus, die Ratsleute trafen sich mal hier, mal dort um ihre Versammlungen abzuhalten und auch für Karl selbst stand zunächst kein angemessenes Domizil zur Verfügung, weswegen er in der Burggrafenburg von Prag seine Wohnung nahm, da es noch das repräsentativste Wohngebäude der Stadt war.

Vielleicht konnte Karl den Vater, den es bekanntlicherweise immer in die Luxemburger Heimat zog, nun etwas besser verstehen. Aber ganz im Gegensatz zu ihm, entwickelte Karl eine tiefe Anhänglichkeit zu den böhmischen Menschen und dem Land das er vom Vater anvertraut bekam. Von Beginn an war er aktiver, gleichzeitig heimischer als während seiner Statthalterschaft in der Lombardei. Er tat vieles um die Bedingungen zu heben und hierzu gab es wahrlich an allen Enden zu tun, denn Böhmen war seit dem Tod Wenzels II. sehr herabgesunken. Adelsparteien übten regional ein so selbstherrliches Regiment aus, dass es an Autonomie grenzte. Die Handelswege waren unsicher geworden, Fehden des Landadels setzten dem Warenverkehr zu und ließen den Handel schrumpfen. In den Städten wie auf dem Land wurde es schwer und schwerer die Gesetze durchzusetzen, die Menschen begannen sittlich zu verrohen, da ihnen von oben nicht die notwendigen Grenzen aufgezeigt oder ausreichend durchgesetzt wurden, hierzu gab die Obrigkeit des Adles und Klerus oft ein zusätzlich schlechtes Vorbild.

Die erste und zugleich größte Herausforderung war die Sanierung der landesherrlichen Kassen. Zur Finanzierung seiner zahlreichen Kriegszüge verpfändete Johann viel, fast alles vom königlichen Besitz und so waren die Einnahmequellen auf die Karl seine an Vaters statt geführte Regentschaft stützen konnte, mehr als dürftig. Neben dem Versiegen der Einkünfte hatte das Ganze noch eine andere Facette, der Adel, an den die meisten der Krongüter verkauft oder verpfändet waren, besaß bald mehr Mittel und dadurch Macht als der Landesherr selbst. Ein Umstand der im feudalen Europa überhaupt weitverbreitet war und ganz besonders im Heiligen Römischen Reich bis in die Zeit des Absolutismus die Politik der Territorialfürsten ganz wesentlich mitbestimmte. Mancher würde sagen es hat den Ambitionen einer reichssouveränen Politik hierdurch ungewollt einen Riegel vorgeschoben wodurch das Reich, dass ansonsten über keine Mittel verfügte das Auseinanderbrechen der Territorien zu unterbinden, weiterhin als ein Bund seiner Glieder erhielt. Die kulturelle und sprachliche Verwandtschaft alleine konnte als Grund weswegen das Reich weiter bestand, nicht ins Felde geworfen werden, immerhin brachen mit der späteren Schweiz oder den späteren Niederlande kulturell urdeutsche und noch mehr uralte Reichsgebiete aus dem Verbund heraus.

Für Karl galt es die Finanzmisere in den Griff zu bekommen. Steuern zu erheben war heute wie damals wenig populär, zumal seinerzeit die Stände hierzu ein weitreichendes Mitbestimmung hatten. Geregelte Einkünfte jenseits der Einnahmen aus Krondomänen waren begrenzt und nicht kalkulierbar, bestenfalls zu schätzen. Die Regalien, spezielle vom Kaiser einzelnen Territorialherren abgetretene Reichsprivilegien wie das Recht Zölle oder Gerichtsgebühren zu erheben, Münzen schlagen zu lassen oder Bergwerke zu betreiben, wurden ihrerseits zur kurzfristigen Schaffung von Gelder, an eigene Vasallen verpfändet oder ganz veräußert. Einfach so Steuern zu erheben widersprach den Gebräuchen der Zeit, um sich Finanzquellen zu schaffen, musste ein Landesherr dafür entsprechende Leistungen erbringen oder Rechte gewähren für die dann eine regelmäßige oder einmalige Gebühr entrichtet wurde. Steuern, vergleichbar mit einer Lohn- oder Einkommensteuer, kannte man allenfalls im Bezug auf die Kopfsteuer die Juden zu entrichten hatten, wofür sie unter dem besonderen Schutz des Kaisers oder eines Reichsfürsten standen. Um sich jenseits dieser Methoden im Notfall Mittel zu schaffen, blieb einem Fürsten die sogenannte Bete. Besonders in Kriegszeiten  bat, hieraus leitete sich das Wort „Bete“ abder Landesherr die Stände um die finanziellen Mittel die es zu einem Heerzug brauchte. In selteneren Fällen verstand es ein Fürst auch in Friedenszeiten die Stände, gemeint waren hier immer der Adel, der Klerus und die Städte, zu Geldgaben zu überreden. Alles hing vom Argumentationsgeschick, von der Persönlichkeit und sicherlich oft genug auch von entsprechenden Gegenwertsangeboten ab.

Karl gelang es im Rahmen einer solchen Bete erhebliche Gelder zu sammeln die er zum Teil dem königlichen Vater zukommen ließ, teilweise wandte er es für seine eigene Hofhaltung auf, einen dritten Teil nutzte er zur Sanierung von Kirchen, Brücken und anderen, heute würde man sagen, öffentliche Gebäude und den vierten und letzten Teil nutze er zur Auslösung königlicher Burgen und Güter um damit die eigene Einnahmeseite auf Dauer zu bessern.

Die erste Großbaumaßnahme die Karl anging betraf die alte Königsburg. Sie war durch eine Reihe von Bränden und allgemeinem Verfall lange unbrauchbar geworden. Er ließ sie abtragen und wollte an der gleichen Stelle einen Repräsentationsbau nach französischem Vorbild errichten lassen. Natürlich nahm das Vorhaben geraume Zeit in Anspruch und kostet Geld, das durch die geleistet Bete der Stände momentan vorhanden war aber wir wissen aus den Erfshrunge  der Zeit, es verrann oft so schnell zwischen den Fingern wie es erlangt wurde.

Im Mai 1334 feierte Karl seinen achtzehnten Geburtstag, er war nun volljährig und es war durchaus an der Zeit über die Gründung einer Familie nachzudenken. Seine Gemahlin, die noch in Luxemburg residierte ließ er jetzt nach Prag geleiten, wo sie am 12. Juni eintraf. In ihrem Gefolge befand sich auch Karls Schwester Anna, welche im Folgejahr mit Herzog Otto von Habsburg vermählt werden sollte. Der Empfang der beiden hohen Damen in Prag war groß. Ein Gefühl ging durch das Volk dass eine Veränderung der Verhältnisse vor sich ging.  Die Vernachlässigung der böhmischen Nation schien ein Ende zu nehmen. Wir sprachen in früheren Veröffentlichungen davon, dass Begriffe wie Volk, Nation oder Staat nicht mit heutigen Standards zu vergleichen sind, doch war besonders bei den Böhmen, vielleicht darf man sie schon gelegentlich auch Tschechen  nennen, ein starke nationale Volksidentifikation festzustellen. Wir sprachen weiter oben darüber, es lag viel an der Pflege der eigenen Sprache, wodurch eine Differenzierung zu den Deutschen im Land augenscheinlich war. Gerade der Gegensatz zum Deutschtum, dass zwar einerseits in vielen Alltagsbereichen so überaus dominant war, gleichzeitig aber auch auffallend national indifferent, ließ unter den Böhmen eine eigene nationale Identität nicht nur keimen sondern auch koexistieren. Im frühen 20. Jahrhundert und den Zeiten des nationalen Chauvinismus, übrigens auf beiden Seiten, hob man die Gegensätze übergebührend hervor, unterstrich das spezifisch Nationale und vergaß die lange Gemeinsamkeit zweier Volksgemeinschaften die auf tausende Jahre gemeinsamer Geschichte zurückblicken konnten. Die Böhmen entwickelten in diesem Klima eine frühe nationale Gesinnung die schon im kommenden Jahrhundert in gewalttätiger Weise ausbrach. Die Nation, es gab sie ja nicht aber doch das Land, stürzte am Ende ungewollt aber nichtsdestoweniger einer Gesetzmäßigkeit folgend auf lange Zeit in ein Vakuum und Paralyse. Wir werden in Buch 4 darüber berichten.

Für den Augenblick kehren wir wieder zu unserem jungen Kronprinzen und seiner Frau zurück. In Prag, die von Karl in Auftrag gegebene neue Burg, war noch lange nicht fertig, fand sich für seine Ehefrau keine standesgemäße Unterkunft in der so etwas wie ein Hofstaat untergebracht werden konnte. Er wies er daher die Burg Pürglitz zu, die er erst kürzlich wieder mit den Geldern der Bete ausgelöst hatte. Pürglitz, wir erinnern uns, war für drei Jahre der Lebensmittelpunkt des Kindes Karl, bevor er nach Paris an den Hof des Königs von Frankreich und dessen Frau, seiner Tante Maria, gebracht wurde. Man kann aus der Tatsache dass er seiner Frau diesen Ort zuwies sicherlich ableiten, dass er selbst keine allzu traumatischen Erinnerungen an sein kleinkindliches Exil hatte und seine Zeit der Isolation nicht so schlimm war, wie man es vielleicht vermutet hätte.

Im August 1334 reiste er erstmals in seine eigene Markgrafschaft. Seit er von seinem Vater damit belehnt wurde, hatte er seine Zeit dazu verwendet das böhmische Kernland zu beruhigen und die dortigen Zustände auf einen anderen Weg zu bringen. Über die jetzt folgenden Ereignisse werden wir im nächsten Kapitel berichten.


 

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