Buch 1, Kapitel I: „Albrecht der Bär – Vom Grafen zum Herzog“


Der Prolog skizzierte in groben Zügen die Entstehung der Mark Brandenburg in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts und warf daneben einen oberflächlichen Blick auf die Zeit vor der sächsisch-deutschen Besiedlung. Der von Kaiser Barbarossa geschaffene Begriff vom Heiligen Reich, vom Sacrum Imperium, als Eigenname des Kaiserreichs, kam etwa um die gleiche Zeit auf, als sich Brandenburg in seiner Frühform zu bilden begann.

Anlässlich der überelbischen Kolonisierung und Unterwerfung der jenseits des großen Grenzstroms ansässigen Bewohner, trat ein ostsächsischer Graf namens Albrecht von Ballenstedt aus dem Schatten der Zeitgenossen heraus. Er wurde zu einer der großen Figuren der sächsisch-deutschen Landnahme zwischen Elbe und Oder.
Albrecht wurde etwa um das Jahr 1100 ales einziger Sohn des Grafen Otto von Ballenstedt geboren, den man den Reichen nannte. Das  exakte Geburtsdatum Albrechts ist unbekannt, ebenso der Geburtsort. Überhaupt ist nichts aus seiner Kindheit oder Jugend überliefert. Erstmals taucht er namentlich im Zuge einer Klostergründung am 16. April 1120 auf. Hier ist er neben Bischof Reinhard von Halberstadt einer der vermerkten Mitunterzeichner auf der ausgestellten Stiftungsurkunde. Seine Mutter war Eilika von Billungen, Tochter von Herzog Magnus von Sachsen. An Geschwistern ist nur eine Schwester namens Adelheid nachweisbar. Diese war in erster Ehe mit Markgraf Heinrich II. von Stade (1102 – 1128), in zweiter Ehe mit Graf Werner III. von Veltheim (ca. 1100 – 1170) verheiratet.


Ursprung und Geschichte des askanischen Hauses

Albrecht entstammte dem ostsächsischen Geschlecht der Askanier. Die Wurzeln der Familie gehen laut Sachsenspiegel, auf den wir an anderer Stelle noch eingehen werden, auf suebischen Uradel zurück, was sich in Ermangelung verwertbarer Aufzeichnungen freilich nicht nachweisen. Den Ursprung der Familie findet man wahrscheinlich in der Region des Schwabengaus, östlich von Quedlinburgim nordöstlichen Harzvorland. Die Namensherkunft Askanier oder Askanien geht auf Burgbesitz bei Aschersleben zurück, dessen lateinisierte Form Ascharia lautet. Möglicherweise wurde er in Anlehnung an den mythologischen trojanischen Helden Aeneas und in der weiteren Folge als Ascanius, Sohn des Aeneas, umgedeutet, um damit dem Geschlecht eine Heldenabstammung und weit in die Vergangenheit zurückreichende Wurzeln zu verleihen. Im frühen Hochmittelalter ware es eine Art Mode auf vorgeblich antike Wurzeln und Sagengestalten zu verweisen. Das Bewusstsein, die eigenen Vorfahren könnten einst nichts weiter als Bauern gewesen, die sich irgendwann innerhalb der Sippe über ihre Zeitgenossen erhoben hatten, war vermutlich kein sonderlich erhabener Gedanke und demgemäß eines edlen Stammbaums unwürdig. Viele spätere Adelsgeschlechter im Raum nördlich der Alpen dürften am Übergang von der Antike zum Frühmittelalter tatsächlich kaum mehr als Freibauern und Krieger gewesen sein, die sich in den zahllosen Auseinandersetzungen mit Römern, Hunnen oder verfeindeten germanischen Gruppen einen Namen machten und hierdurch innerhalb ihres sozialen Umfelds in Ansehen und Rang aufstiegen. Niemand konnte aber mit Recht und nachweislich auf einen hochwohlgeborenen Stammbaum verweisen, der in die undokumentierte Zeit der unruhigen Germanen oder gar bis in die Frühantike zurückreichte.
In der Spätphase des Frühmittelalters entwickelte sich zunehmend ein Kriegeradel heraus. Durch Einführung und Professionalisierung einer berufsmäßigen Kämpferkaste und einer damit verbundenen Abkehr vom Vorrecht des Waffenbesitz als erklärtes Privileg des freien Mannes, entstand hieraus ein frühfeudales, niederes Adelssystem. Waren unter den germanischen Ahnen noch alle freien Bauern zur Heerfolge verpflichtet und demgemäß legitimiert Waffen zu tragen, übernahmen künftig nur noch berufene Personengruppen und deren bewaffnetes Gefolge den Kriegsdienst. Sie waren zu ständiger Kampfbereitschaft verpflichtet und mussten die entsprechende Ausrüstung auf eigene Kasse beschaffen und pflegen. Zur Finanzierung der außerordentlichen Kosten für Waffen, Schild, Kettenpanzer und vor allem Pferd, das alleine schon den Gegenwert von 20 Kühen hatte, sowie den zusätzlichen Unterhalt einer Handvoll Bewaffneter, erhielt der berufsmäßige Krieger ein Stück Land abgabenfrei vom Lehnsherren zugewiesen, dass aber nicht er, sondern eine festgesetzte Zahl benachbarter Bauern für ihn bestellte. Oft genügten die Einnahmen daraus dennoch nicht und die Bauern mussten zur Bestreitung der Kosten zusätzliche Abgaben aus den eigenen Erträgen leisten. Dafür waren sie zwar völlig vom Kriegsdienst entbunden aber gleichzeitig ebenso vom grundsätzlichen Vorrecht eine Waffe zu führen, was die Voraussetzung zur Teilnahme am Ting war, der Volksversammlung aller Stimmberechtigten. Hierdurch verloren sie schnell Rechte und Freiheiten, weil an ihren Bedürfnissen und Interessen vorbei Entscheidungen getroffen wurden. Umgekehrt entwuchs jener der Feldarbeit entwöhnte Kämpfer seiner ursprünglichen Herkunft und einstigen Beruf. In Ermangelung schriftlicher Fixierung der Abkommen, wer hätte sie auch lesen können, war dem Missbrauch des Stärkeren Tür und Tor geöffnet. Das Kriegerprivileg wurde innerhalb der eigene Familie an die Söhne weitervererbt und schon bald erhoben sich nachfolgende Generationen als die geborenen Herren über die ihnen ursprünglich nur zuarbeitenden Bauern. Letztere fanden sich, je nach Umstand der Dinge, gewollt oder gezwungenermaßen mit ihrem Schicksal ab und versäumten fast überall rechtzeitig zu intervenieren, bevor sich die Verhältnisse zementierten. Ein grundlegendes Rechtsprinzip trat zutage, indem aus Gewohnheit Recht wurde. Was sich in wenigen Generationen bildete, war eine bisher unbekannte Hierarchieebene, der niedere Kriegeradel. Während sich nun die allermeisten im Kriegsdienst einen hervorgehobenen Platz auf der Gesellschaftsleiter erst erkämpfen mussten, waren wenige andere von Geburt an Herren. Als wenn man so will Hochwohlgeborene, entstammten sie aus den Sippen vormaliger Stammesführer und ihre Stellung, wie die ihrer Familie, war von alters her anerkannt. Diese sehr kleine Gruppe besetzte die allerhöchsten Stellen der nicht klerikalen Gesellschaftsordnung, woraus sich schließlich bis zum Hochmittelalter eine festgefügte Feudalpyramide formte. Unterhalb des Hochadels, gefolgt vom Kriegeradel oder Vasallenadel, standen als nächstes die Ministeriale. Sie waren eine nichtaristokratische Klasse und fungierten als eine Art Verwaltungsbeamte. Auch sie konnten sich im Dienst einen Namen machen, hierdurch in den Adelsstand aufsteigen und auf der weltlichen Gesellschaftsleiter emporklettern.
Für die Dynastien des Hochadels, die auf der feudalen Leiter oben standen, galt es die eigene Herkunft und Abstammung deutlich herauszustellen und sich gegenüber den hierarchisch untergeordneten Gruppen klar abzugrenzen. Man griff dabei gerne auf Mythologien des Altertums zurück oder auf mystische Wesen, um die herum der eigene Stammbaum geflochten wurde. Neu war dies nicht, schon der Frankenhäuptling Merowech, Stammvater der ersten fränkischen Königsdynastie der Merowinger – er lebte Mitte des fünften Jahrhunderts auf dem Gebiet des heutigen Belgien – leitete seine Abstammung von einem angeblichen Meerdrachen ab, um hierdurch die Übernatürlichkeit seiner Vorfahren gegenüber Rivalen und gegenüber dem einfachen Volk herauszustellen und damit seinem Herrschaftsanspruch übernatürliche Legitimität zu verleihen.

Kehren wir zu den Askaniern zurück. Anhand von Urkundenfunden können die Vorfahren Albrechts verbindlich bis zu Graf Esico (um 990 – 1060) zurückverfolgt werden. Er war Albrechts Urgroßvater. Über Esicos Mutter Hidda kam mit dem Tod ihres Vaters, Markgraf Hodo I. (um 930 – 993), ein umfangreiches Erbe an die Grafen von Ballenstedt, die sich langsam aus der Gruppe umliegender Gaugrafen und Kleinadligen des östlichen Harzvorlandes herauszuheben begannen. Die Askanier wuchsen zu einer lokalen Größe heran. Der Name von Esicos Vater ist nach bisherigen Erkenntnissen unbekannt. Wegen einer weitverbreiteten Praxis bei der Namensvergabe wird angenommen, er könnte Adalbert (Albrecht) geheißen haben. Von Albrechts Großvater, Graf Adalbert von Ballenstedt (1030 – um 1080) existiert auf einem Wachssiegel das älteste bekannte Bildnis eines Vertreters des askanischen Hauses. Dieser Adalbert war mit Adelheit (um 1055 – 1100), Erbtochter des Grafen Otto I. von Weimar-Orlamünde (vor 1020 – 1067) verheiratet. Sie brachte nach dem Tod ihres Vaters weiteren Territorialbesitz in die Ehe. Adalbert oder Albrecht, wie er ebenso genannt wurde, war an zwei der großen sächsischen Erhebungen gegen Kaiser Heinrich IV. beteiligt, die der Kaiser beide für sich entschied. Beim zweiten Aufstand in den Jahren 1073 bis 1075, wurde Graf Albrecht anlässlich der Schlacht bei Homburg an der Unstrut am 9. Juni 1075 zusammen mit zahlreichen weiteren Fürsten gefangengenommen und von Heinrich IV. gedemütigt, der damals alle dem Rang nach barfüßig vorführen und anschließend im gesamten Reich verteilt internieren ließ. Die sächsischen Ländereien der Rebellen, darunter jene der Askanier, wurden von den Siegern ausgeplündert oder von lokalen kaisertreuen Kleinadligen annektiert. Es schien, als ob die sächsischen und thüringischen Gebiete der Aufständigen ihren angestammten Adelsgeschlechtern entfremdet und neu verteilt werden sollten. Der ausbrechende Investiturstreit zwischen Kaiser Heinrich IV. und Papst Gregor VII. brachte schließlich neue Bewegung in die Aufstände und eine Wendung zum Besseren für die gedemütigten Sachsen. Heinrich IV. kam unter Kirchenbann, worauf ihm viele Reichsfürsten die Gefolgschaft aufkündigten. Hierdurch wurde der größere Teil der Gefangenen auf freien Fuß gesetzt. Sie eilten in ihre Ländereien zurück und fanden viele in verheertem Zustand vor. 1077 kehrte auch Adalbert nach Hause zurück, wo er nicht nur zerstörte Landschaften vorfand, sondern darüber hinaus ihm entrissene Gebietssprengel. Rivalisierende Familien, so die Grafen von Konradsburg, nutzten seine Abwesenheit und kaiserliche Ungnade, um einzelne Landstriche an sich zu bringen. Hieraus entspann sich eine Fehde beider Häuser, bei der Adalbert um das Jahr 1080 in der Gegend von Westdorf von Egeno II. von Konradsburg heimtückisch erschlagen wurde. Nach Adalberts Tod kam es zur Erbteilung unter den Söhnen Otto und Siegfried. Otto, der schon erwähnte spätere Otto der Reiche, erbte die angestammten Besitzungen des Vaters, während Siegfried zunächst das von der Mutter eingebrachte Erbe, die Grafschaft Weimar-Orlamünde erhielt. Es kam später, als Siegfried die Pfalzgrafschaft bei Rhein zu Lehen erhielt, zu einer neuerlichen Absprache beider Brüder, worauf Otto schließlich auch Gebiete aus dem Erbe der Mutter übernahm. Graf Otto I. von Ballenstedt (um 1070 – 1123)der Reiche, wurde Vater Albrechts des Bären. Er war wie im ersten Abschnitt erwähnt, verheiratet mit Eilika (vor 1085 – 1142), der jüngeren von zwei Erbtöchtern des sächsischen Herzogs Magnus von Billungen (um 1045 – 1106). Da das Billunger Geschlecht mit Magnus im männlichen Stamm ausstarb, brachte Ottos Frau Allodialgut, das heißt Eigengut an ihren Mann. Das dritte Mal in Folge wuchs das askanische Territorium durch Erbschaften die aus den väterlichen Hinterlassenschaften stammten, welche die Ehefrauen im Verlauf ihrer Ehen einbrachten. Mit einigermaßen großer Wahrscheinlichkeit begannen bereits jetzt erste frühe Rivalitäten mit dem ursprünglich aus Oberschwaben stammenden welfischen Haus. Der Gegensatz zu den Welfen wird für Generationen die Hauspolitik der Askanier wesentlich mitbestimmen. Otto versuchte sich, ganz im Gegensatz zu seinem Bruder Siegfried, zunächst den Aufständen gegen Kaiser Heinrich V. zu enthalten, um seine gewachsenen Besitzungen zu konsolidieren und zu schützen, da besonders die Landschaften zwischen Saale und Elbe immer wieder unter Überfällen elbslawischer Plünderer litten. Er war vollauf beschäftigt den Einfällen in den ihm unterstellten Gauen Herr zu werden. Im Winter 1115 drangen rund 2.800 slawische Krieger in die Gaugrafschaft Serimunt, zwischen Mulde, Saale, Fuhne und Elbe ein und plünderten unter anderem die Stadt Köthen. In den Grenzgauen lebten seit Jahrhunderten eingewanderte oder von Karl dem Großen angesiedelte Slawen. Zwischenzeitlich christianisiert, lebten sie mit ansässigen Sachsen friedlich neben- und miteinander. Die von jenseits der Elbe kommenden, heidnisch gebliebenen Slawen waren rauer, urtümlicher und nutzten den abermals entfachten innerdeutschen Bürgerkrieg, um die entblößten Grenzmarken zu plündern, den weiteren Vormarsch der sächsisch-deutschen Feudalherren zu bremsen und vielleicht sogar zu revidieren. Graf Otto standen Anfang Februar 1115 in dem bedrohten Raum gerade einmal 60 Lanzenreiter seines Lehnsadels zur Verfügung. Er wagte, trotz der gewaltigen Übermacht, das Überraschungsmoment und Schnelligkeit seiner berufsmäßigen Kämpfer und stellte die in Plündertrupps aufgeteilten Slawen. Am 9. Februar gelang ihm im Raum Köthen mit seiner kleinen Streitmacht mehr als 1.500 gegnerische Krieger, echte Krieger im Sinne des Wortes waren die meisten wohl nicht, bei ihren Plünderungen oder auf der Flucht zu erschlagen und den Rest zurück über die Elbe zu jagen. Eine bemerkenswerte Waffentat, die sein Prestige in der Region und unter seinen Vasallen ganz wesentlich steigerte.
Unterdessen nahm der sächsische Aufstand gegen Kaiser Heinrich V. eine entscheidende Wendung. Nachdem im März 1113 das kaiserliche Heer unter seinem Heerführer Graf Hoyer von Mansfeld die Aufständigen schlug, fassten diese Ende 1114 ein weiteres Mal Mut und trafen am 10. Februar 1115 bei Warnstedt auf das Heer des Kaisers. Am darauffolgenden 11. Februar entspann sich die als Schlacht am Welfesholz in die Geschichte eingegangene Entscheidung. In einer mehrstündigen, außerordentlich blutigen Schlacht konnte sich das sächsisch-rheinische Heer durchsetzen. Die Entscheidung brachte der Tod des kaiserlichen Heerführers, der im Zweikampf mit dem jüngeren Wiprecht von Groitzsch (1088 – 1116) fiel, worauf die Schlacht kaiserlicherseits verloren gegeben wurde. Der Kaiser musste fliehen und büßte fortan gänzlich die Kontrolle über den sächsischen Raum ein. Die kaiserliche Autorität war wesentlich untergraben, während gleichzeitig das Prestige Lothars von Süpplingenburg, Anführer der aufsässigen Sachsen, steil emporstieg.


Aufruhr in Sachsen

Im Jahr 1123, vermutlich im Februar, starb Graf Otto von Ballenstedt. Er fand in der Benediktinerabtei zu Ballenstedt seine letzte Ruhestätte. Graf Otto führte ein ruhiges Regiment, es scheint, dass er darauf bedacht war die sächsischen Erwerbungen aus dem billungischen Erbe seiner Frau zu konsolidieren. Ein kriegerisches Naturell erkennt man nicht zwingend an ihm, wenngleich die schweren Aufstände im sächsischen Raum gegen Kaiser Heinrich IV. und auch später gegen dessen Sohn und Nachfolger Heinrich V. ihn zwangen, eine meist oppositionelle Position zu beziehen und dabei auch zu den Waffen zu greifen.
Albrecht von Ballenstedt, er war wahrscheinlich der dritte der diesen Namen trug, sofern wir wirklich annehmen dürfen, dass der erwähnte, nicht namentlich durch Urkunden belegte Urahn, der Vater Esicos, tatsächlich ebenfalls Adalbert bzw. Albrecht hieß. Die Annahme stützt sich auf die damals gängige Sitte, dass die männliche Enkelgeneration häufig den Namen eines Großelternteils erhielt. Ein Brauch, der sich noch bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland hielt, mittlerweile aber aus der Mode gekommen ist und durch nicht traditionelle Namen größtenteils ersetzt wurde.

Im sächsischen Gebiet war Herzog Lothar von Süpplingenburg zur dominierenden Persönlichkeit geworden. Lothar hatte sich als treibende Kraft und Oppositionsführer gegen die salischen Kaiser Geltung im norddeutschen Raum verschafft. Kaiser Heinrich V. war mehr und mehr von der Konsensualpolitik seiner ersten Regierungsjahre abgekommen, die bis dahin Rücksicht auf die Belange der Teilfürsten nahm, und war zusehends zur autokratischen Politik des Vaters übergegangen. Bald regte sich im Reich neuer Widerstand, einmal mehr im sächsischen Raum, wo den dortigen Fürsten die meisten Nachteile aus dem politischen Richtungswechsel erwuchsen. 1121 wurde der Kaiser anlässlich des Würzburger Fürstenspruchs zum Einlenken gezwungen, unter anderem war darin auch der seit Jahrzehnten schwelende Investiturstreit mit dem Heiligen Stuhl berücksichtigt, der im Wormser Konkordat (Pactum Calixtinum sive Heinricianum) am 23. September 1122 offiziell beigelegt wurde. Das römisch-deutsche Kaisertum erlitt darin eine schwere politische Niederlage. Das seit Otto I. existierende Reichskirchensystem, eines der wichtigsten machtpolitischen Instrumente des amtierenden Königs oder Kaisers, das bislang ein wirksames Gegengewicht zu den Territorialfürsten darstellte, war damit eigentlich beendet. Die universelle weltliche Autorität des Kaisers wurde tief erschüttert, die Weichen zu neuen Konflikten mit Rom gelegt. Unter den Staufern wird der Streit unter veränderten Vorzeichen aber auf Basis gleicher Ursachen erneut eskalieren und sich mit Unterbrechungen durch das gesamte Mittelalter fortsetzen.
Der in Würzburg ausgesprochene Landfriede von 1121 war nicht von langer Dauer. Schon im Sommer 1123 erhoben sich Teile der sächsischen Fürsten aufgrund erneutet fehlender kaiserlicher Rücksichtnahme lokaler Ansprüche bei der Vergabe von Reichslehen. Schon unter Heinrich IV. erhitzten sich daran die Gemüter und es kam seinerzeit zum jahrelangen Bürgerkrieg. Zentrum des Aufbegehrens gegen die kaiserliche Lehensvergabe war erneut Herzog Lothar von Sachsen, der Süpplingenburger. 1123 konnte er aber nicht mehr die große Mehrheit der sächsischen Fürsten hinter sich scharen. In den zurückliegenden beiden Jahren war seine regionale Machtzunahme auf Missfallen beim umliegenden Adels gestoßen, der sich in seiner Autonomie zunehmend eingeschränkt und gefährdet sah. Verbündete fand Lothar hauptsächlich in Graf Konrad von Wettin (um 1098 – 1157) und dem gerade erst zur Regentschaft gekommenen jungen askanischen Grafen Albrecht von Ballenstedt. Letzterer stürzte sich mit größtem Eifer in den jetzt ausbrechenden Verteilungskampf, ehrgeizig entschlossen das Geerbte nicht nur zu hegen wie der Vater , sondern entscheidend zu vermehren. Es zeigte sich an ihm eine deutlich kämpferischere Ader, als man sie beim Vater erkennen konnte, wenn auch der Übereifer und das Feuer der jungen Jahre hierbei sicherlich eine große Rolle spielte. Vergleicht man hierzu die resolute Politik der Mutter, die von in ihrem Wittum, ihrem Witwensitz aus tatkräftig mitwirkte – jene billungische Tochter des großen verstorbenen Sachsenherzogs Magnus – so glaubt man zu erkennen, woher Albrechts kriegerisches Naturell, seine Bereitschaft Risiken einzugehen, herstammen könnte.
Die drei vereinten Truppenkontingente, größtenteils bildeten einfache Freibauern das Fußvolk, nur die Reiterei waren berufsmäßige Kriegsleute, marschierten in die Markgrafschaft Meißen ein, vertrieben die Amtsleute und wenigen Bewaffneten des erst kürzlich vom Kaiser belehnten Wiprecht von Groitzsch der Ältere (um 1050 – 1124) und setzten Konrad von Wettin in Meißen als den neuen Markgrafen ein. Mit Konrad und mit der Markgrafschaft Meißen sollte der große Aufstieg der Wettiner beginnen, die es im Spätmittelalter zu Kurfürsten und im 17. und 18. Jahrhundert in Personalunion zu polnischen Königen bringen sollten. Herzog Heinrich und Albrecht zogen weiter, um auch das linkselbische Gebiet das dem Grafen Hermann von Winzenburg (um 1083 – 1137) übertragen wurde zu entreißen. Hier fand man ebenso nur wenig Widerstand und die Gebiete der alten Mark, in späteren Zeiten nur noch als Altmark bezeichnet, so sie nicht schon zuvor vom askanischen Hause besessen wurden, fielen jetzt dem jungen Grafen Albrecht zu. Erwähnt sei, dass sowohl Wiprecht wie auch Hermann, noch vor wenigen Jahren die engsten Weggefährten Lothars waren. Der Kaiser suchte beide durch Belehnung mit zusätzlichen sächsischen Gütern gezielt dem Kreis des mächtig gewordenen sächsischen Herzogs und Widersachers zu entziehen, was ihm schlussendlich auch gelang. Es erschien ihm wichtig und war klug kalkuliert, die Partei Lothars im sächsischen Raum zu spalten. Länger schon suchte der kinderlose Herrscher seine Nachfolge im Reich so zu lenken, dass bei seinem Ableben nicht der ehrgeizige sächsische Herzog, sondern der von ihm selbst bevorzugte Kandidat, Herzog Friedrich II. von Staufen, genannt der Einäugige (1090 – 1147), gewählt würde. Friedrich war des Kaisers Neffe und entstammte dem schwäbischen Geschlecht der Staufer.

Kaiser Heinrich verweilte während des Sommers 1323 am Rhein in seinen bevorzugten Residenzen Speyer und Worms und tat persönlich nichts, um dem Treiben der drei sächsischen Aufrührer ein Ende zu setzen. Völlig untätig blieb er freilich nicht. Schon zur Wahrung seiner Autorität musste er handeln. Statt aber selbst mit einem Heer vorzugehen, auf die Gefahr hin zu scheitern und noch mehr Ansehen zu verlieren, beauftragte er stattdessen Herzog Vladislav I. von Böhmen (1070 – 1125) die Interessen des Markgrafen Wiprecht in den Marken Meißen und Lausitz zu verteidigen. Gemeinsam mit seinem Vetter Herzog Otto von Mähren-Olmütz (1099 – 1126) marschierte er an der Spitze eines böhmisch-mährischen Heers über das Erzgebirge in Meißen ein. Herzog Lothar und die Grafen Konrad von Wettin und Albrecht von Ballenstedt eilten ihm mit ihren Truppen entgegen und bezogen eine vorteilhafte Verteidigungsstellung, so dass es nicht gleich zur offenen Feldschlacht kam. Für die drei Verschwörer sollte die Situation dennoch gefährlich werden. Markgraf Wiprecht hatte sich mit dem Mainzer Erzbischof Adalbert von Saarbrücken (vor 1100 – 1137) verbündet. Adalbert war lange Zeit im gemeinsamen Kampf gegen den vormaligen Kaiser Heinrich IV. ein Verbündeter Lothars gewesen. Seit der Thronbesteigung Heinrichs V. dann auf die kaiserliche Seite eingeschwenkt, wo er zum Kanzler und Berater des Oberhaupts avancierte. Nachdem Heinrich V. ab 1111 zunehmend seinen zuvor erfolgreichen Weg der konsensualen Politik verließ und zu jener erwähnten autokratischen Politik im Stil des Vaters überging, kam es zum Bruch mit dem Erzbischof, jedoch nicht zu einer neuerlichen Annäherung mit Lothar, dessen agressive Expansionspolitik im sächsischen Rechtsraum dem gebildeten Erzbischof zuwider war.
Das Heer der drei sächsischen Fürsten drohte entweder von den beiden Heerhaufen aus Meißen abgedrängt zu werden oder, womit es noch schlimmer käme, beide gegnerischen Heere würden sich vereinen und die sächsischen Rebellen zur Schlacht stellen. Lothar gab vorläufig die günstige Defensivposition nicht auf und ließ die am Fluss Mulde operierenden Kräfte Wiprechts und des Erzbischof observieren. Der Böhmenherzog lud unterdessen zu Unterhandlungen ein. Es war dies als Ablenkungsmanöver gedacht, um Lothar in langen Verhandlungen zu binden, derweil sich die eigenen Verbündeten heranarbeiten konnten. Lothar war schlau genug die Finte nicht nur zu erkennen sondern seinerseits den Argwohn Vladislavs zu schüren. Wir müssen dazu kurz die Umstände seiner Machtübernahme in Böhmen erklären. Nach dem Tod des Vaters, König Vradislavs II. von Böhmen, kam es zu jahrelangen Erbfolgestreitigkeiten unter den vier Brüdern und das böhmische Königreich zerfiel. Vladislav I. konnte sich als regierender Fürst im Range eines Herzogs durchsetzen, wenn auch nicht das Königtum restaurieren. Im Laufe der Auseinandersetzung vertrieb er seinen vermutlich etwas älteren Bruder Soběslav I. (nach 1068 – 1140). Dieser kam zuerst beim verschwägerten Markgrafen Wiprecht und dann beim polnischen König unter und lebte dort im zeitweiligen Exil, wo er, gemeinsam mit dem zahlreich mitvertriebenen böhmischen Adel, gegen Vladislav agitierte. Für Lothar war es ein Leichtes die verwandtschaftliche Beziehung Soběslav zu Wiprecht zu instrumentalisieren und dadurch die ärgsten Befürchtungen beim böhmischen Gegenüber zu wecken. Tatsächlich zog Vlatislav mit seinem Kontingent wieder zurück, ließ dabei aber weite Landstriche Meißens ausgiebig plündern. Gegen versprengte Plünderer gingen die Sachsen im Anschluss mit gnadenloser Gewalt vor und erschlugen jeden, dessen sie habhaft werden konnten.
Das Blatt hatte sich also ganz entscheidend gewendet. Beflügelt von diesem Erfolg, stürzte sich das vereinte Heer gegen die Kräfte von Markgraf Wiprecht, der in höchster Not mit seinem Verband den Rückzug antrat. Der Mainzer Erzbischof war in der Zwischenzeit durch einen neuerlichen Aufstand seiner thüringischen Vasallen, im Zusammenhang mit dem seit langem brodelnden Zehntstreit, gezwungen worden abzuziehen, um die von den Aufständigen belagerte Stadt Erfurt zu beschützen. Der heraufgezogene Spätherbst kündigte den herannahenden Winter an und die Kämpfe fanden ein vorläufiges Ende. Markgraf Wiprecht konnte vorerst noch den größeren Teil der Mark Lausitz glücklich halten und hoffte auf Beistand im kommenden Frühjahr. Der Kaiser, immer noch unwillig selbst einzuschreiten, kam nach dem unerwarteten Ausfall der böhmischen Hilfe in ernsten Zugzwang. Er berief für das Frühjahr 1124 einen großen Fürstentag nach Worms ein. Die sächsischen Rebellen erschienen nicht, ebenso blieben die böhmischen Fürsten aus, wo der Herrschaftsstreit um Böhmen erneut ausgebrochen war.
Ungehalten von dieser Respektlosigkeit, wurde vom Kaiser für den 7. Mai 1324 zu Bamberg ein neuerlicher Fürstentag einberufen, der besonders von den süddeutschen Fürsten stark beschickt wurde. Auch dieses Mal blieben Lothar, Konrad und auch der Askanier Albrecht aus. Herzog Lothar sandte immerhin einen Bevollmächtigten und auch aus Böhmen kamen von den verschiedenen Parteien Abgesandte. Heinrich V. war außer sich, er ließ gegen den unbotmäßigen Vasallen aus Sachsen abstimmen und es wurde beschlossen ein Reichsheer wider ihn aufzustellen, um ihn in die Schranken zu weisen und an seine Gehorsamspflicht gegenüber dem Kaiser, mit Schwert und Schild zu erinnern.
In der Zwischenzeit war Markgraf Wiprecht am 24. Mai im Kloster Pegau verstorben. Er erlag den Folgen schwerer Verbrennungen, die er sich anlässlich eines Brandes in Halle zuzog, wo er bei Löscharbeiten persönlich zur Hand ging. Sein letzter verbliebener Sohn Heinrich trat das schwere Erbe an und führte mit unzureichenden Mitteln den Kampf gegen die sächsische Dreierkoalition weiter. Konrad von Wettin und Albrecht warfen sich von zwei Seiten auf den Unglücklichen und vertrieben ihn ohne große Mühen aus der Lausitz, die jetzt komplett in die Hände der Angreifer fiel.
Bemerkenswert was nun folgte. Heinrich V., über dessen Lehensentscheidungen sich Lothar und seine Mitverschwörer hochverräterisch hinwegsetzt hatten, die keinem seiner Rufe Folge leisteten, sandte das ursprünglich gegen den Sachsenherzog mobilisierte Heer nach Westen, gegen König Ludwig VI. von Frankreich in Marsch, statt nach Sachsen. Man muss diese unglaublich anmutende Wendung erläutern. Heinrich V. war seit dem 7. Januar 1114 mit Mathilde von England (1102 – 1167) verheiratet, was ihn zum Schwiegersohn König Heinrich I. von England (1068 – 1135) machte. Heinrich I. war der jüngste Sohn des Normannenherzogs Wilhelm von der Normandie, jener Herzog der 1066 England eroberte und als Wilhelm der Eroberer (1027 – 1087) am Weihnachtstag 1066 erster normannischer König Englands wurde. Heinrich I. lag im Streit mit Ludwig VI. hinsichtlich seiner in Frankreich liegenden Lehen und Stammlande der Familie. In Buch 2 und 3 werden wir spezieller auf den langen, eine ganze Epoche andauernden Streit zwischen der Krone Englands und Frankreichs eingehen. Jetzt für den Moment reduzieren wir es darauf, dass Heinrich von England bereits 1123 seinen kaiserlichen Schwiegersohn um militärische Unterstützung bat. Im Sommer 1124 kam ihm dieser mit jenem kürzlich ausgehobenen Exekutionsheer des Reichs zu Hilfe, das gegen die sächsischen Aufrührer aufgestellt wurde.
Für die Sachsen kam die kaiserliche Heerfahrt gegen Frankreich zur rechten Zeit. Der weitere Verlauf des unglücklichen Feldzugs erlöste sie restlos von allen Gefahren. In Frankreich entfaltete sich nach Bekanntwerden der Maßnahmen im Reich eine bisher völlig unbekannte patriotische Stimmung. Aus allen Teilen des Landes folgten die Vasallen in Scharen dem Hilferuf des Königs, der am Ende ein gigantisches, rund 60.000 Mann starkes Heer versammeln konnte. Bei Metz traf er auf die Truppen des Kaisers. Heinrich V., erschüttert von der gegnerischen Übermacht, ließ seine Truppen auflösen und machte eilig Frieden mit Ludwig VI. von Frankreich. Ins Reich zurückgekehrt, blieb er im westlichen Teil und überließ den Norden und Osten den lokalen Kräften, ohne dort noch einmal wirksamen Einfluss zu nehmen. Vermutlich litt der Kaiser schon zu dieser Zeit an den Symptomen einer Krebserkrankung, der er schließlich am 25. Mai 1125 in Utrecht erlag.


Ein neuer König

Der Tod Kaiser Heinrichs V. beendete die Reihe salischer Kaiser. Unter ihnen gewann das Reich schon jene ersten Züge eines föderalen Flickenteppichs aus nach Unabhängigkeit strebenden Territorialfürsten, die das Gesicht des alten Reichs bis zu seinem Ende im Jahre 1806 markant machte. Stand die Machtentfaltung und Größe des Reichs unter Konrad II. und Heinrich III. auf dem bisherigen Zenit, wirkten äußere und innere Konflikte unter den letzten beiden Saliern zersetzend und das Urteil über Heinrich IV. und Heinrich V. fällt oft kritisch aus. Man erkennt bei beiden universellen Machtanspruch und den Willen das Kaisertum zu bewahren und weiter auszubauen, was zu Zerwürfnissen mit den Fürsten und Mittelgewalten führte und unter Heinrich IV. im eskalierenden Investiturstreit mit Papst Gregor VII. (1025 – 1085) gipfelte. Erst  Herbst 1123, durch das Wormser Konkordat, konnte der Konflikt mit der römischen Kirche für den Augenblick beigelegt werden. Ein zunehmend autokratischer, von den überlieferten Rechten der ehemaligen, sich mehr und mehr zersplitternden Stammesherzogtümer abkehrender Regierungsstil, schuf eine wachsende Fürstenopposition im Reich, wobei in den ehemaligen Stammesgebieten der Sachsen die oppositionelle Hochburg lag. Die Herrschaft Heinrichs IV. war geradezu durchsetzt von zahlreichen Aufständen. Bei seinem Nachfolger Heinrich V., glaubte man in den ersten Jahren einen grundlegenden Neuanfang zu erkennen, eine Rückbesinnung auf die große Zeit unter Konrad II. oder ganz besonders Heinrichs III. Die ersten Jahre seiner Regierung waren gekennzeichnet von einer pragmatischen, konsensualen Politik, die das Einvernehmen mit den Reichsfürsten im Blickpunkt hatte. Ab 1111 erkennt man einen merklichen Umschwung. Willkürlich, regelrecht eigennützig anmutende Praktiken bei der Vergabe von Reichslehen stießen besonders im sächsischen Rechtsraum auf größten Widerstand. Die Praxis Lehen, bei denen der männliche Zweig erloschen war, nach fränkisch-karolingischer Sitte als erledigtes Reichslehen einzuziehen und nach Ermessen und Nutzen des Reichsoberhaupts neu zu vergeben, widersprach überlieferten sächsischen Bräuchen, wo üblicherweise verwaiste Ländereien an den nächsten Verwandten gingen und hier auch die weibliche Linie ausschlaggebend sein konnte. Auf Basis solcher Art strittiger Belehnungen kam es 1123 zu jenem Aufstand, an dem sich auch der junge Graf Albrecht von Ballenstedt an der Seite Herzog Lothars von Sachsen beteiligte und dabei überaus glänzende Erfolge feierte. Nun war der Kaiser verhältnismäßig früh an einem Krebsleiden gestorben, worauf die bereits beschlossenen Sanktionen gegen die sächsischen Rebellen ausblieben. Heinrich V. hinterließ keinen männlichen Erben, der Thron des Reichs war vakant. Er traf wohl noch auf dem Sterbebett gewisse Vorkehrungen um seinen Neffen, Herzog Friedrich II. von Schwaben in Positur zu bringen, doch war es an den Fürsten ihn in einer Wahl zu bestätigen. Als symbolisches Zeichen übergab Heinrich seine Frau Mathilde der Obhut des Schwabenherzogs und vermachte ihm seinen Besitz. Die Reichsinsignien, Sinnbild der weltlichen Macht des Kaisertums, übergab Mathilde dem Erzbischof von Mainz. Eine Weitergabe der Insignien an den kaiserlichen Wunschkandidaten hätte soviel deutlicher den letzten Willen des dahingeschiedenen Monarchen zum Ausdruck gebracht, so blieb der Ausgang der Wahl offen. Erzbischof Adalbert von Mainz setzte für den 24. August 1125 das Wahlkonvent zu Mainz an. Die Vertreter der großen Stämme, der Franken, Sachsen, Schwaben und Bayern sandten ihre Fürsten nach Mainz. Der Erzbischof wandte erstmals eine neuartige Wahlform an, nach dem Prinzip Electio per compromissum, Wahl nach Übereinkunft. Aus jedem der Stämme wurden vor Ort je zehn Delegierte bestimmt. Sie sollten sich auf einen einzigen Kandidaten einigen. Da allerdings kein einvernehmlicher Konsens erreicht werden konnte, standen schlussendlich drei Kandidaten zur Disposition. Neben den schon bekannten Herzögen aus Sachsen und Schwaben, bewarb sich auch Markgraf Leopold III. von Österreich (1073 – 1136), aus dem Geschlecht der Babenberger. Er hatte von Beginn an die geringsten Chancen, wurde aber von einigen geistlichen Fürsten aus dem süddeutschen Raum unterstützt. Leopolds Außenseiterrolle begründen einige Historiker mit seinem fortgeschrittenen Alter. Da aber auch Lothar von Sachsen bereits rund 50 Jahre war, konnte es nur als nachgeordnetes Argument in Betracht gezogen werden. Viel wahrscheinlicher fiel der Malus seiner nur kleinen Hausmacht negativ ins Gewicht. Noch bewegen wir uns in einem Zeitabschnitt des deutschen Mittelalters, wo die von Haus aus mitgebrachte Machtfülle und daraus abgeleitet die Wehrhaftigkeit, eine mitentscheidende Vorbedingung zur Wahl des Oberhaupts darstellte. Spätere Zeiten werden stattdessen eine Phase hervorbringen, wo bewusst vermeintlich schwache Kandidaten erwählt wurden, sie liegt aber noch über 100 Jahre in der Zukunft.
Überraschenderweise trat der oberschwäbisch-bayrische Herzog Heinrich IX. der Schwarze, ein Welfe, nicht als Kandidat auf, wird aber während des Wahlakts die alles entscheidende Rolle spielen. Favorit war der staufische Herzog Friedrich II. von Schwaben. Er konnte sowohl die schwäbischen Wahlmänner hinter sich vereinen als auch den größeren Teil der zur Wahl delegierten fränkischen Fürsten. Herzog Lothar von Sachsen vereinte die zehn sächsischen Fürsten hinter sich, zu denen vermutlich auch der askanische Graf Albrecht gehörte. Einige fränkische Stimmen vermochte er durch Wahlversprechen zu seiner Partei zu ziehen. Hinter den Franken stand kein eigener Herzog, der die Leitlinie vorgab, weswegen jeder der zehn Delegierten gemäß seiner eigenen Interessen und Überzeugungen seine Stimme vergab. Die Entscheidung mussten die Stimmen aus dem Herzogtum Bayern bringen. Herzog Heinrich war der Schwiegervater von Friedrich II., es schien daher eine ausgemachte Angelegenheit wie die bayrischen Stimmen ausfallen würden. Nachdem Heinrich IX. bei der Vergabe des sächsischen Herzogtum durch Kaiser Heinrich V. seinerzeit übergangen und stattdessen 1106 überraschend der Süpplingenburger Lothar zum Herzog erhoben wurde, konnte kaum noch angezweifelt werden, dass Heinrich anders als für seinen staufischen Schwiegersohn stimmen würde. Zur Bekräftigung der Favoritenrolle versagte die staufische Partei ostentativ die Anerkennung eines anderen Königs, als Friedrich II. von Schwaben. Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass Lothar die Sache nicht aufgab und seine Kandidatur zurückzog. Wir haben schon bei seinem Feldzug nach Meißen vor zwei Jahren einen Eindruck von seiner augenscheinlichen Beredsamkeit erhalten, als er in kritischer Lage den böhmischen Herzog zum kampflosen Abzug seines Heeres bewegen konnte und so die Entscheidung im Kampf gegen Markgraf Wiprecht von Groitzsch einleitete. Lothar trat jetzt im Rahmen der Wahlverhandlungen an den bayrischen Herzog heran und unterbreitete ihm ein Heiratsprojekt zwischen seiner Tochter und einzigem Kind Gertrud (1115 – 1143) und dem ältesten Sohn des Bayernherzogs, Heinrich dem Stolzen (1102 oder 1108 – 1139). Es war unwahrscheinlich dass Lothar noch einen eigenen Erben zeugen würde, seine Frau Richenza von Northeim (1087 – 1141) war mit Ende 30 aus dem gebärfähigen Alter, woraus sich für den Schwiegersohn in spe die Anwartschaft auf das Herzogtum Sachsen ergab. Dieses, für das Haus Welf aus dynastischer Sicht verlockende Angebot ließ Heinrich IX. die Seiten wechseln. Als daraufhin die Anhänger des sächsischen Herzogs Lothar zum König ausriefen, führte dies zu gewalttätigen Szenen. Der erste Wahlakt wurde nicht einstimmig vollzogen, viele der Fürsten waren überhaupt nicht anwesend. Die Veranstaltung drohte einen blutigen Ausgang zu nehmen, nur mit größter Mühe gelang es dem päpstlichen Legaten die Gemüter zu beruhigen. Die Entscheidung wurde vorerst vertagt. Nachdem sich die Wahlversammlung ein zweites Mal zusammenfand, wurde Lothar von Süpplingenburg einstimmig zum neuen römisch-deutschen König gewählt. In den zurückliegenden Tagen zeigte sich, dass er durch den Parteiwechsel des bayrischen Herzogs eine eindeutige Stimmenmehrheit hinter sich vereinen konnte. Der neue Ritus sah vor, dass als symbolischer Akt der Einstimmigkeit auch die vorherigen Anhänger anderer Aspiranten ihr Votum für den eindeutigen Mehrheitskandidaten abgaben.

Lothar III. von Süpplingenburg

Die Wahl Lothars, fortan Lothar III., war eine handfeste Überraschung und die Partei des Staufers Friedrich von Schwaben hatte schwer daran zu tragen. Zwar huldigte ihm der unterlegene Herzog noch, doch leistete er nicht den Lehnseid. Ein Konflikt war vorprogrammiert.
Für Albrecht von Ballenstedt war die Wahl seines ehemaligen Kampfgefährten ein Glücksfall, da hierdurch die vor kurzem erst gewaltsam und widerrechtlich angeeigneten Gebiete durch königliche Belehnung nachträglich legitimiert wurden.
Am 13. September 1125 fand im Dom zu Aachen die Krönung Lothars III. durch den Erzbischof von Köln statt. Sie wurde in aller Pracht und Würde der Zeit begangen und konnte für einen kurzen Augenblick über die Verwerfungen im Reich hinwegtäuschen. Der Konflikt mit der Stauferpartei sollte schon im November 1125 auf dem Hoftag zu Regensburg seinen Anfang nehmen. Hauptgegenstand der Auseinandersetzung waren die unterschiedlichen Betrachtungsweisen bezüglich der salischen Hinterlassenschaft. Am Streit was Allodialgut und was Krongut war, entzündete sich der Konflikt und noch im gleichen Jahr brachen die ersten Kämpfe aus.


Albrechts Politik nach der Königswahl

Unproblematisch sollte die Wahl des von Albrecht unterstützen Kandidaten nicht bleiben. Der neue Monarch wechselte augenblicklich seine Politik im sächsischen Raum und untersagte jede Form selbstherrlich ausgetragener Fehden, auch wenn er sie, wie die Vorgänger, nur dort unterbinden konnte, wo sein persönlicher Einfluss wirkte. Es erscheint merkwürdig, wenn mit Lothar der seit Jahren unruhigste Geist der Region nun zum Hüter des sächsischen Landfriedens wurde. Albrecht musste klar sein, dass eine ungezügelte Territorialpolitik in einer Region, wo zahlreiche Familien um regionale Bedeutung stritten, unter den veränderten Umständen nicht fortgesetzt werden konnte. Da die Askanier in den zurückliegenden Generationen ostwärts des Harz durchgängig an Einfluss und territorialer Größe hinzugewannen, darf nach allem was Albrecht seit der Übernahme des väterlichen Erbes bewies, ausgegangen werden, dass er vom Naturell her nicht geneigt war, seine Regentschaft auf dem erreichten Stand noch noch zu bewahren, sondern noch weiter zu vergrößern. Vater Otto wäre vermutlich einen Weg der Konsolidierungspolitik mit Überzeugung und Tatkraft gwgangen, nicht aber dessen heißblütiger Sohn Albrecht. Aus den schon genannten Gründen standen aber allzu ambitionierten Vorhaben gewichtige Hindernisse im Weg. Der neue König beäugte argwöhnisch den Frieden im sächsischen Gebiet. Das Reich, selbst wenn es sich weiterhin veränderte, bekam eine festere Gestalt. Auch die etablierten Territorialfürsten achteten eifersüchtig auf jeden Machtzuwachs eines Nachbarn, wodurch sich ein ständig angespanntes Gleichgewicht einstellte. Für Albrecht konnte es nur heißen die bisherigen Aktivitäten einzustellen und das bislang enge Verhältnis zum Monarchen nicht aufs Spiel zu setzen. Dass Albrechts ehemaliger Kampfgefährte als römisch-deutscher König eine völlig veränderte Politik an den Tag legen musste, bedarf keiner Erläuterung. Das in nir zwei Jahren erreichte, konnte sich sehen lassen. Albrecht hatte anlässlich des erfolgreichen Feldzugs 1123/24 an der Seite des jetzigen Königs und damaligen Herzog von Sachsen, sein Territorium erheblich erweitern können und war nicht Markgraf der Lausitz, er hatte auch Gebietsteile im linkselbischen Raum der später sogenannten Altmark, nahe an den askanischen Stammbesitzungen erworben. Doch es genügte ihm nicht und so überspannte er in den Folgejahren leichtsinnigerweise den Bogen.
Die Mark Lausitz, genau genommen den nördlichen Teil, die später sogenannte Niederlausitz, konnte er als Markgraf nur bis ins Jahr 1131 regieren. Auf einem Gerichtstag zu Lüttich entzog ihm der König wegen schwerem Landfriedensbruch im Rahmen einer im Frühjahr 1130 ausgetragenen Fehde gegen den Markgrafen der Nordmark, Udo von Stadedas Lehen wieder und sprach es wieder jenem Heinrich von Groitzsch zu, dem Albrecht, in Gemeinschaft mit Konrad von Wettin das Land 1124 entrissen hatte. Es blieben ihm als Beute des damaligen Heerzugs nur noch die Teile der späteren Altmark, die den bisherigen askanischen Stammgebieten benachbart lagen.

Doch wir sind zu weit in die Zukunft geraten. Kehren wir wieder ins Jahr 1125 zurück. Erwähnt sei ein Feldzug des frisch gekrönten Königs gegen Böhmen. Aufgestachelt von Herzog Otto von Mähren-Olmütz, ging Lothar III. gegen dessen Vetter Soběslav vor. Soběslav hatte nach dem Tod des Bruders, mit dem er jahrelang im Kampf stand, in Böhmen die Regentschaft übernommen. Herzog Otto erhoffte sich mit der Hilfe des neuen römisch-deutschen Königs die Macht in Böhmen zu erlangen. Er versicherte Lothar, dass die böhmische Bevölkerung in hellem Aufruhr sei und das Niederwerfen Soběslav ein Leichtes wäre. Mit einem viel zu kleinen Heer zog Lothar Richtung Erzgebirge, wo zuerst schwere Schneefälle, dann einsetzendes Tauwetter den Marsch erheblich behinderten. Albrecht begleitete das Heer des Königs mit einem Truppenaufgebot. An der Grenze zu Böhmen wurden sie von einem überlegenen böhmischen Heer erwartet. Eine stark gerüstete Vorhut unter der Leitung des mährischen Herzogs Otto stieg von den Höhen herab, wurde in ein hoffnungsloses Gefecht verwickelt und erlitt dabei eine verheerende Niederlage. Über 270 Ritter und Angehörige des höheren Adels blieben erschlagen auf dem Schlachtfeld liegen. Um ein Gefühl über das Ausmaß der Niederlage zu bekommen: der Bischof von Hildesheim, Berthold von Alvensleben, verlor seine gesamte Gefolgschaft von 50 Rittern mit unterstelltem Kriegsvolk und auch Graf Albrecht von Ballenstedt verlor wohl seinen ganzen Anhang und wurde gemeinsam mit Graf Ludwig von Lohra als Gefangener weggeführt. Lothar verschanzte sich mit dem Rest seiner Truppen auf einem Berg und leistete mannhaften Widerstand, wodurch es jetzt auch bei den Böhmen zu schweren Verlusten kam. Es wurde nicht bis zum äußersten weitergefochten sondern auf die Vermittlungsinitiative Heinrichs von Groitzsch ein Frieden ausgehandelt. Der im Grunde siegreiche Herzog Böhmens bot dem unterlegenen König durchaus überraschend seine Unterwerfung an. Lothar erkannte jetzt seinen immensen Fehler. Er war den leeren Worten Herzog Ottos aufgesessen, der niedergehauen tot auf dem Schlachtfeld lag. Es kam zur völligen Versöhnung zwischen ihm und dem böhmischen Herzog, der, obwohl Sieger geblieben, bereitwillig dem römisch-deutschen König huldigte und Böhmen von ihm zum Lehen nahm. Graf Albrecht wurde wieder auf freien Fuß gesetzt. Fast wäre er bei Lothars leichtsinnigem Sieg gefallen, wodurch das askanische Haus ausgestorben wäre. Er kehrte in seine Ländereien zurück, wo er allem Anschein nach einige Zeit verweilte, um die Verluste an Mann und Material auszugleichen.

Am 29. Mai 1127 kam es zu jener Hochzeit, die zwischen Lothar und dem bayrischen Herzog Heinrich IX. während des Wahlkonvents zu Mainz vor zwei Jahren verabredet wurde. Für Albrecht, der mütterlicherseits eine Anwartschaft auf das Herzogtum Sachsen hatte, zeichnete sich ab, dass mit den süddeutschen Welfen ein neuer Machtblock im sächsischen Gebiet entstehen wird, spätestens mit dem zukünftigen Tod Lothars und dem Übergang seiner sächsischen Allodialgüter an den welfischen Schwiegersohn. Auch wenn es in der Regierungszeit Lothars zu keinem Bruch und Richtungswechsel des Askaniers kam, dürfte er sich schon jetzt nach neuen Koalitionspartnern umgesehen haben, für die Zeit nach dem Tod des Reichsoberhaupts. Die geschilderte Wegnahme der Lausitz im Jahr 1331 gaben spätestens den Anlass dazu. Durch die Verbindung Lothars mit den Welfen nahm deren Einfluss auf den Monarchen nicht nur in der Region, auch in der Reichspolitik beständig zu, während jener der sächsischen Mittelmächte zusehends schrumpfte und in den Hintergrund trat. Es wundert, dass Albrecht in dieser Lage nicht die Gelegenheit nutzte und sich vom König abwandte, um zur staufischen Partei überzugehen, die unablässig Krieg gegen Lothar III. führte. Schon 1127 hatten sie mit den fränkischen Fürsten im Bunde, Konrad, den Bruder des bei der Wahl 1125 in Mainz unterlegenen Friedrich von Schwaben zum Gegenkönig ernannt. Mit fränkischen Fürsten sind hier solche entlang des Rheins um Speyer, Worms, Alzey, Mainz etc. gemeint, nicht die Gegenden um Würzburg, Nürnberg, Fürth, Bamberg, Ansbach, Bayreuth, die man heute als Franken kennt. Es scheint, Albrecht brachte dem König weiterhin die bisherige Loyalität entgegen, der umgekehrt aber nicht mehr mit der gleichen gönnerhaften Gesinnung den Grafen protegieren konnte, da Albrecht für laufende Unruhe im ostsächsischen Raum sorgte. Im Kampf gegen die Staufer musste Lothar III. den Konsens mit den sächsischen Regionalfürsten wahren und hierzu war ein klares Exempel an dem umtriebigen Askanier notwendig geworden. Es kam zu der erwähnten Verurteilung von 1131 anlässlich des Hoftags zu Lüttich und dem Entzug der Mark Lausitz.
Sehr wahrscheinlich gab es eine stille Absprache zwischen Lothar und Albrecht und die Inaussichtstellung einer Kompensation in naher Zukunft, denn der Verurteilte, vom Markgrafen zum Grafen zurückgestutzte Albrecht, nahm das Urteil demütig an und wechselte die Fronten nicht.


Italienzug Lothars und Belehnung mit der Nordmark

Auf dem Hoftag zu Lüttich, wo unter anderem über Albrecht Gericht gehalten wurde, traf sich der König mit Papst Innozenz II. (1088 – 1143), den aus Rom vertriebenen, am 14. Februar 1130 nur durch eine Minderheit der Kardinäle gewählten Pontifex. Eine Mehrheit der Kardinäle wählte mit Anaklet II. (1090 –  1138) einen Gegenpapst, der sich in Rom durchsetzen konnte. Innozenz fand jedoch sowohl in Frankreich wie in England Anerkennung. Der römisch-deutsche König war zuerst unschlüssig, bekannte sich dann ebenfalls zu ihm. Innozenz witterte die Gunst der Stunde. Für den Dienst sein Pontifikat gegen den Rivalen  militärisch durchzusetzen, versprach er Lothar die Erhebung zum Kaiser. Nun blieb diesem wenig anderes übrig, als auf das Angebot einzugehen. Der Zug nach Rom war so oder so unvermeidlich, wollte er nicht der erste römisch-deutsche König seit acht Generationen sein, der seine Regentschaft ohne Erlangung der Kaiserwürde beschloss. Verknüpft man die Reichsgründung mit dem Sachsen Otto I. und nicht mit dem Franken Karl dem Großen, wäre er überhaupt das erste Haupt des Reiches, dass nicht die Kaiserwürde erlangt hätte. Allein schon der Gedanke war zu dieser Zeit abwegig. Vor dem Hintergrund der laufenden Auseinandersetzung mit den Staufern konnte die Erhöhung zum Kaiser nur von Vorteil sein, wodurch er erheblich Prestige gewinnen konnte. Lothar setzte die Heerschau für den Sommer 1132 zu Würzburg an und hoffte auf die Teilnahme von 30.000 Mann oder mehr. Tatsächlich hatten sich bis Mitte August lediglich 1.500 Mann eingefunden, die zumeist aus dem sächsischen Raum stammten. Immerhin waren darunter so namhafte Persönlichkeiten wie die Erzbischöfe von Bremen und Magdeburg, die Bischöfe von Halberstadt, Paderborn, Osnabrück und Havelberg, die Äbte von Nienburg und Lüneburg sowie zahlreiche sächsische Markgrafen, Grafen, darunter Albrecht von Ballenstedt und zahlreiche Edelfreie. Lothar nutzte die Gelegenheit die staufisch gesinnte Stadt Augsburg zu unterwerfen, was nach einem sechstägigen Aufstand der Bürgerschaft, den er mit großer Härte niederschlagen ließ, ohne besonderen Aufwand gelang. Das kleine aber ausgesuchte Heer zog weiter durch das Herzogtum Bayern und nahm die Alpenpässe Richtung Trient, wo südlich davon erstmals das oberitalienische Gebiet Reichsitaliens betreten wurde. Nur wenige der lombardischen Städte unterwarfen sich dem König. Mailand, Verona und Cremona verschlossen dem König die Tore, der weder Zeit noch die Truppenmittel besaß, die Städte zu erstürmen oder auch nur zu belagern. Bei Piacenza traf das Heer wieder auf Papst Innozenz II., der sich dem Zug  nach Rom anschloss. Heiligabend verbrachte das Heer östlich von Bologna. Am folgenden Weihnachtstag ging der Zug weiter. Markgraf Konrad von Plötzkau übernahm die Vorhut und geriet in ein Scharmützel mit normannischen Kriegern König Rogers II. von Sizilien (1095 – 1154). Die Normannen Siziliens waren als Schutzmacht von dem in Rom weilenden Gegenpapstes Anaklet II. herbeigerufen worden. Beim Gefecht wurde Konrad, er war seit 1130 Markgraf der Nordmark, von einem Pfeil getroffen und erlag einige Tage später seiner Verletzung. Der Markgraf war unvermählt und ohne Nachkommen. Seine überaus ritterliche Art sowie sein stattliches Äußeren machte ihn weithin beliebt, was ihm den Beinamen die Blume der Sachsen eintrug. Mit seinem Tod war die Nordmark, das Gebiet zwischen Elbe und Oder, verwaist. Die ihm nachfolgenden Streitkräfte brachen den normannischen Widerstand, worauf der ganze Heerhaufen langsam und mit großer Vorsicht weiter durch die Toskana zog und endlich im April die Vororte Roms erreichte. Bis in den Juni hinein zogen sich die letztendlich ergebnislosen Verhandlungen mit Papst Anaklet II., der den Forderungen Lothars von seinem Amt zurückzutreten nicht Folge leistete. Gewaltsam konnte der König nicht gegen ihn vorgehen, die eigenen verfügbaren Kräfte waren dafür eindeutig zu schwach, was Anaklets Informanten natürlich nicht verborgen blieb.

Am 4. Juni 1133 kam es in der Lateranbasilika des heiligen Johannes durch Papst Innozenz II. zur Krönung Lothars III. zum Kaiser. Die Krönung entsprach nicht dem bisherigen Brauch, demgemäß die Kaiser bislang in der Petersbasilika gesalbt wurden. Da jedoch der größte Teil Roms in der Hand des Gegenpapstes war, inklusive dem Dom Petris, war das Ausweichen auf den Lateran ein notgedrungener Kompromiss. Wirklich gegen Anaklet vorgehen und Hand an ihn anlegen, konnte sich Lothar nicht erlauben, wollte er nicht die Intervention des mächtigen sizilianischen Normannenkönigs heraufbeschwören. Der Form halber ließ er den Gegenpapst in Abwesenheit von einem Gericht aus deutschen und italienischen Teilnehmern verurteilen und verhängte die Reichsacht über ihn, woraus sich  allerdings keinerlei Folgen ergaben.
Schon Mitte des Monats zog der frischgekrönte Kaiser mit seinem Heer wieder in den deutschen Reichsteil ab. Über Parma und Padua ziehend, ging es Richtung der Alpenübergänge. Ende August befand er sich bereits wieder auf bayrischem Gebiet. Jetzt, auf deutschem Reichsboden, konnte man sich mit der Nachfolgefrage des in Italien gefallenen Markgrafen der Nordmark beschäftigen. Wir deuteten beim Bericht über das Gerichtsurteil gegen Albrecht anlässlich des Hoftags zu Lüttich an, dass zwischen Lothar und Albrecht eine Art Vereinbarung existiert haben könnte, denn Albrecht nahm die damalige Entziehung der Markgrafschaft Lausitz protestlos an und trat nicht, wie man hätte vermuten können, zur staufischen Opposition über. Auch sonst blieb Albrecht dem alten Weggefährten treu, was sein Zug an der Seite des Königs nach Italien, der keineswegs unriskant war, bestens dokumentiert. Weder Lothar, noch Albrecht konnten damals ahnen, welcher Art eine mögliche Kompensation sein könnte. Der unerwartete Tod des vorgenannten Markgrafen der Nordmark eröffnete jetzt allerdings eine günstige Gelegenheit Albrecht zu entschädigen und gleichzeitig für seine Dienste anlässlich des königlichen Romzugs zu belohnen. Zunächst fiel die Nordmark aber noch nach altem sächsischem Recht an den Bruder des verstorbenen Markgrafen Konrad von Plötzkau.

Bevor wir auf die Nachfolge näher eingehen, werfen wir einen Blick auf diese Nordmark. Historisch ging sie rund  200 Jahre zuvor als Teilmenge der älteren, ersten Ostmark hervor. Jene östlichste Grenzmark des damals verklingenden  ostfränkischen Reichs, wurde im Winterfeldzug 928/29 von König Heinrich I. unterworfen. Das Gebiet erstreckte sich östlich der Elbe bis an die Oder, im Süden bis nach Böhmen und beinhaltete die Territorien der heutigen Bundesländer Brandenburg, Sachsen sowie die östlichen Teile Thüringens und SachsenAnhalts. Nach dem Tod des ersten ostmärkischen Markgrafen Gero I. (um 900 – 965), wurde die Ostmark von Heinrichs Sohn Otto dem Großen in fünf Teilmarken aufgesplittert, in die Mark Meißen, mit Böhmen an seiner südlichen und Polen an der östlichen Grenze. Südöstlich angrenzend lag die Mark Lausitz, westlich die Marken Zeits und Merseburg. Nördlich dieser vier Marken war die Nordmark, deren Fläche alleine so groß war, wie die der vier anderen zusammen. Während die erstgenannten Markgrafschaften schon in der Ottonischen Zeit mit deutschen Siedlern sukzessiv durchmischt wurden und unter den seit dem siebten Jahrhundert dort heimischen Slawen der christliche Glaube erfolgreich Fuß fassen konnte, blieb die Nordmark, das Territorium des heutigen Brandenburgs, ohne Niederlausitz, dem christlichen Glauben fremd, besonders seit dem großen Wendenaufstand von 987. Seither war das Gebiet wieder fest in der Hand verschiedener elbslawischer Stämme. Die Einführung des christlichen Glaubens brach daraufhin völlig zusammen und die beiden von Otto dem Großen gegründeten Bistümer Havelberg und Brandenburg verkamen zu reinen Titulaturbistümern ohne jeglichen Einfluss in den slawischen Gebieten. Die missionierten Slawen, die ihrem alten Götterglauben abgeschworen hatten, wurden entweder mit den wenigen Sachsen im Land vertrieben oder kehrten, was auf die meisten zutraf, zu ihren heidnischen Bräuchen zurück. Die Nordmark, das Land jenseits der Elbe, hatte die sächsisch-deutsche Herrschaft abgestreift und sich vom Reich der Ottonen aus eigener Kraft gelöst. Markgrafschaft und Titel blieben zwar auch in der Folgezeit erhalten, stellten aber faktisch keinen realen Wert dar, analog dem Beispiel der Bischöfe von Brandenburg und Havelberg. Das mit dem Titel eines Markgrafen der Nordmark verbundene Gebiet musste erst wieder unterworfen werden.
Albrecht hatte wie angedeutet zunächst so oder so keinen Nutzen davon, denn nicht er sondern Rudolf II. von Stade, der nach dem Tod des Markgrafen Konrad von Plötzkau, als Bruder das Sukzessionsrecht auf die Mark geltend machte, bemächtigte sich formell der Mark, natürlich ohne dort irgend eine Form des Einfluss ausüben zu können. Vor jenem in Italien gefallen Konrad, war wiederum ein anderer Bruder, nämlich Udo IV. von Stade Markgraf der Nordmark. Dieser wurde im Jahre 1130 von Dienstmannen Albrechts bei Aschersleben getötet, weswegen Albrecht seinerzeit auf dem erwähnten Hoftag zu Lüttich wegen Landfriedensbruch verurteilt und der Mark Lausitz für verlustig erklärt wurde. Ein interessanter Zufall und erstaunliche Wendung, dass ausgerechnet dessen Markgrafschaft dem Askanier in Aussicht gestellt wurde.

Als jetzt der Kaiser von seinem Italienzug zurückkehrte, unternahm er zunächst nichts gegen die eigenmächtige Übernahme durch Rudolf II., belehnte ihn gleichzeitig aber auch nicht mit der Nordmark, was seinen Besitz illegal machte. An Ostern 1134, auf einem Fürstentag zu Halberstadt regelte Lothar III. die Angelegenheit. Er belehnte Albrecht von Ballenstedt feierlich mit der Nordmark und erhob ihn wieder zum Markgrafen. Erwähnenswert, der Kaiser wandte jene in Sachsen verhasste fränkische Vergabepraxis an, die gegen die althergebrachten Sitten im sächsischen Raum verstießen, weswegen er als Anführer der sächsischen Rebellen seinerzeit gegen Kaiser Heinrich V. offen die Waffen erhob. Der verdrängte Rudolf machte augenscheinlich keine Schwierigkeiten und zog sich auf die Stammlande der Familie an die untere Elbe zurück.


Markgraf der Nordmark

Was sollte Albrecht mit einer Mark anfangen, deren weitaus größter Teil rechts der Elbe lag, im Gebiet slawischer Heiden, die dort äußerst erfolgreich seit Generationen ihre Selbstständigkeit bewahrten und gelegentlich sogar größere Überfälle in die Gaue links der Elbe unternahmen?
In der langen Liste der Markgrafen der Nordmark, seit dem großen Aufstand der im Lutizenbund vereinten nordwestlichen Elbslawen im Jahre 983, konnte keiner dauerhaft rechts der Elbe Fuß fassen. Einzig Markgraf Lothar Udo III. von Stade vermochte 1100 anlässlich einer Strafexpedition die Brandenburg an der Havel zu erobern, worauf er dort einen Burggrafen einsetzte. Ganz offensichtlich ging die Eroberung im Anschluss erneut verloren, denn wir sehen danach mindestens zwei souverän regierende Hevellerfürsten hintereinander in der Brandenburg herrschen. Sehr wahrscheinlich wurde nach der Eroberung von 1100 in der Burg und der direkten Umgebung ein neuer Keim des Christentums gepflanzt, aber kommen wir darauf zu einem späteren Zeitpunkt zurück.

Albrecht unternahm vorläufig keine Aktivitäten im wendischen Raum, im Gebiet der Elbslawen jenseits des großen Grenzstrom. Er konzentrierte sich stattdessen auf jene Landesstreifen der Nordmark, die dieseits der Elbe lagen und an vielen Stellen durchzogen waren von Gebietsflecken, die zu den Diözesen Halberstadt und Verden gehörten. Wichtigste Städte entlang der Grenze nach Osten waren Wolmirsted, Arneburg, Werben und Tangermünde, die über starke Burganlagen verfügten. Städte waren im frühen zwölften Jahrhundert nur selten befestigt und verfügten üblicherweise über keine eigene Stadtmauer. Den Schutz übernahmen meist unmittelbar angremzende Burgen.
Eine feste Residenz hatte Albrecht nicht. Ganz im Sinne der Zeit war er als Reisefürst von einer Siedlung oder Burg zur anderen unterwegs. Auch war er häufig im Reichsdienst an der Seite Kaiser Lothars zu sehen, spielte aber keine bevorrechtigte Rolle. Diese Position hatte der welfische Schwiegersohn Lothars eingenommen, Heinrich der Stolze, der seine Sonderstellung eifersüchtig hütete.

Vielleicht sollten man an dieser Stelle ein wenig über die fürstlichen Privilegien, Regalien und Einnahmequellen sprechen, die ihm als Markgraf zukamen. Zunächst war er für die militärische Sicherheit seiner Markgrafschaft verantwortlich. Er war für seine Herrschaft durch königliche, bzw. kaiserliche Gnade berechtigt jederzeit Kriegsvolk zu werben um es zum Schutz des oder der  im anvertrauten Reichslehen einzusetzen. Die Nordmark reichte wie bereits erwähnt ursprünglich bis zur Oder und war im Norden von der ehemaligen Billunger Mark von der Ostseeküste abgeschirmt. Aus dieser Mark, die wie die Nordmark slawisch besiedelt war, bildeten sich in den folgenden Generationen die Fürstentümer Mecklenburg, Schwerin, Werle, Rügen, Stettin, Wolgast, Stargart etc. Wie erwähnt, galt die Nordmark als dem Reich entfremdet, niemand erwartete wirklich von Markgraf Albrecht, dass er dort die alten Verhältnisse wie zur Zeit der frühen Ottonen herstellen könnte. Sein realer Wirkungskreis  endete im Osten zwar an der Elbe, doch bildeten die askanischen Landen seines Vaters , die Eroberungen in der später erst später so genannten Altmark und der nordmärkische Streifen entlang des linken Elbufers immerhin ein ansehnliches und durchaus einträgliches Ländergeflecht, das noch dazu weitestgehend miteinander verbunden war.
Innerhalb seines Herrschaftsgebiets hatte er das hohe Gerichtsrecht. Die als Gerichtsgebühren anfallenden Gelder waren eine überall gern gesehene Einnahmequelle, die im Falle akuter Geldnot regional gerne gegen klingende Münze verpfändet wurde. Weiter durfte er Münzen schlagen, sowie das Markt- und Zollrecht ausüben. Ganz besonders der lukrative Elbzoll war ein wichtiger Geldstrom, weswegen er sich beim König erfolgreich für eine Minderung des Elbzolls einsetzte, was zunächst vielleicht paradox klingen mag. Durch die Reduzierung des Zolls, stieg der Warenverkehr auf der Elbe, wodurch sich schon kurzfristig die Erträge erhöhten. Neben anderen Quellen, seien zuletzt die Einkünfte aus Albrechts Hausgütern zu nennen. Seine Höfe und Meiereien lieferten allerlei Erzeugnisse ab, die entweder in Naturalform direkt verbraucht wurden, zum Beispiele bei Hofe, oder auf Märkten veräußert. Auch als Landesfürst war er wie seine zahlreichen rittermäßigen Vasallen nichts anderes als Grundbesitzer, nur eben in wesentlich größerem Stile.

Springen wir in der Zeit etwas nach vorne. Der Konflikt mit den Anhängern der staufischen Brüder Konrad und Friedrich neigte sich dem Ende. Kaiser Lothar lud zu Ostern 1135 nach Bamberg zu einem großen Fürstentag. Die Stauferbrüder sollten sich ihm dort vor den anwesenden Fürsten des Reichs symbolisch unterwerfen und seine Gnade anrufen. Es war ein großes Ereignis, neben sieben anwesenden Erzbischöfen, weiteren Bischöfen und Äbten, waren die Herzöge aus Bayern und Kärnten anwesend, sowie verschiedene Pfalz-, Land- und Markgrafen, darunter Albrecht. Herzog Friedrich von Schwaben schritt gemäß des überlieferten Brauchs zum Unterwerfungsakt und erflehte die kaiserliche Gnade für seinen jahrelangen Widerstand und Unbotmäßigkeit. Lothar III., ganz den Regeln dieses inszenierten Akts folgend, ermahnte den Herzog ernstlich und nahm ihn daraufhin wieder in seine Huld und Gunst auf.

In den folgenden Monaten blieb Albrecht im Gefolge des Kaisers, der durch das sächsische Gebiet reiste. Pfingsten befand er sich in Magdeburg, Anfang Juli in Königslutter, dort legte er den Grundstein des Kaiserdoms, der ihm und seiner Gemahlin später zur Grablege wurde. In Merseburg fand ein neuerlicher, überaus prunkvoller Fürstentag statt. Herzog Bolesław III., er trug den Beinamen Schiefmund, seit 1109 Alleinherrscher Polens, nahm anlässlich des Fürstentags die pommerschen Gebiete als Reichslehen und leistete die rückständigen polnischen Tributzahlungen, die seit dem Tod Kaiser Heinrichs V. aufgelaufen waren, womit er die Lehnsoberhoheit Lothars und damit des Reichs über Polen anerkannte.
Die Urkundenlage gibt über das weitere Jahr keine Hinweise auf Tätigkeiten Albrechts, erst wieder zu Ostern 1136 sehen wir ihn am kaiserlichen Hoflager zu Aachen. Es ist nur wahrscheinlich, dass sich Albrecht nach dem Fürstentag von Merseburg zunächst wieder um die Belange seiner eigenen Ländereien kümmerte und erst gegen Frühjahr 1136 an die Seite des Kaisers zurückkehrte.  Sich ganz aus dem den Kaiser umgebenden Fürstenkreis zurückzuziehen, war undenkbar. Die unmittelbare Nachbarschaft zu den Allodialgütern Lothars und die Gewissheit, dass mit seinem dereinstigen kinderlosen Ableben Schwiegersohn Heinrich eine bedeutende Größe in Sachsen wird, zwangen den Markgrafen geradezu, möglichst dicht und möglichst oft am kaiserlichen Hof zuzubringen.
Auf dem Aachener Hoftag wurde ein zweiter Italienzug vereinbart und die Heerschau auf Mitte September festgelegt. Pfingsten verbrachte der Kaiser wieder in Ostsachsen, in Merseburg, wo der Italienzug konkretisiert und auf August vorverlegt wurde. Albrecht war augenscheinlich seit spätestens Ostern immer in der direkten Umgebung des Kaisers, und wenn überhaupt, so nur kurze Zeit abwesend, um etwaige eigene Angelegenheiten zu klären. Mai und die erste Junihälfte begleitet er den Kaiser nach Quedlinburg und Goslar. Hier erhielt er eine besorgniserregende Nachricht von den Grenzen seiner Mark. Die Söhne des slawischen Fürsten Widukind von Havelberg, der um das Jahr 1130 vom Magdeburger Erzbischof aus seiner Stadt vertrieben wurde, worauf dort erneut versucht wurde die alte Bischofsresidenz aufzurichten, eroberten 1136 die Stadt ihres Vater zurück und zerstörten die Kirchengebäude aufs Neue. Sie beließen es jedoch nicht dabei, im Übermut drangen sie in die linkselbischen Gebiete der Nordmark ein und forderten damit den Markgrafen Albrecht heraus. Weite Landstriche wurden ausgeplündert. Albrecht eilte von Goslar heran, unterwegs sandte er Boten zu seinen Vasallen aus die Waffen zu ergreifen und ihn bei der Verteidigung zu unterstützen. Angekommen, konnten nur noch wenige Plünderer diesseits der Elbe gestellt werden, worauf er die Eindringlinge über die Elbe verfolgte. Sein Heerzug durch das slawische Gebiet hinterließ ein Spur der Verwüstung. Brennende Dörfer zeichneten den Weg der Sachsen, beginnend an der Elbe, durch Havelberg und die spätere Prignitz, Richtung der großen Seenplatte an der Müritz, dann entlang der Peene bis fast zum Oderdelta. Der weiteste Vorstoß seit vielen Generationen. Es gelang nicht die Anführer zu stellen und so musste der Rückmarsch angetreten werden, ohne das eigentliche Ziel erreicht zu haben, da die Zeit drängte. Das Reichsheer begann sich für den anberaumten Italienzug in Würzburg zu sammeln und er musste bis zum 15. August dort erscheinen. Belegen können wir es nicht, aber es liegt nahe, dass er während und nach seiner Expedition in das Slawenland das eroberte Havelberg besetzt hielt und dauerhaft militärisch absicherte, womit ein bedeutsamer askanischer Brückenkopf rechts der Elbe entstanden wäre.


Die  Brandenburg

Auch für den Fall, dass Havelberg seit Sommer 1136 wirklich dauerhaft in der Hand des askanischen Markgrafen blieb, war es nicht der erste nachhaltige Schritt über die Elbe. Schon elf Jahre vor den Ereignissen von 1136, fasste Albrecht auf friedlichem Wege Fuß im Land jenseits des Stroms, etwas weiter südlich, elbaufwärts. Zu diesem Zeitpunkt war er noch nicht mit der Nordmark belehnt aber noch Markgraf der Lausitz. Herzog Lothar von Sachsen ware in Mainz gerade erst zum König gewählt worden. Es ist ein Jahr her, seit Albrecht die Mark Lausitz seinem rechtmäßigen Herren Heinrich von Groitzsch entriss und 1125 vom neuen König damit belehnt wurde. Um diese Zeit, das genaue Datum ist unbekannt und der Zeitraum kann nur anhand späterer Ereignisse eingrenzt werden, traf Albrecht auf jenen Mann, der sein weiteres Geschick maßgeblich beeinflusste. Alles steht im Zusammenhang mit einer strategisch wichtig Burganlage an der Havel, von der aus das weite Umland beherrscht wurde.

Die Brandenburg wie sie möglicherweise im zwölften Jahrhundert aussah

Die Brandenburg oder Brennaburg war als Wasserburg in der Form eines typischen Rundwalls angelegt. Die ersten archäologisch nachweisbaren Anlagen werden auf das achte Jahrhundert datiert. Den Begebenheiten der Landschaft entsprechend war sie als Niederungsburg auf einer Havelinsel errichtet worden, zusätzlich von einem Wassergraben umgeben, um sich so besser vor Überfällen zu schützen. In härteren Wintern froren die Gewässer der Region zeitweise zu, auch die Havel, wodurch der Vorteil der Insellage verloren ging.
Schriftlich wird die Wehranlage erstmals anlässlich des Wendenfeldzugs König Heinrichs I. erwähnt. Im Winter 928/29 rückte er ins Land der Stodoranen eindeutscherseits besser bekannt als Heveller. Ein elbslawischer Stamm, dessen Siedlungsgebiet sich im zehnten Jahrhundert entlang der Havel, vom heutigen Rathenow im Westen, bis etwa Spandau im Osten zog. Über die Motive, die Heinrich zum damaligen Angriff bewegten, gehen die Lehrmeinungen auseinander. Einer These folgend, wollte der König das Gebiet jenseits der Elbe tributpflichtig unterwerfen um die erheblichen Kosten seines gegen die Ungarn  neuaufgestellten Heeres tragen zu helfen. Eine Besetzung und sächsische Annexion war nicht vorgesehen. Einer anderslautenden Theorie nach wollte Heinrich die Kampfkraft seiner bislang größtenteils unerfahrenen Reitertruppen an den Hevellern erproben lassen, also ein Art Manöver unter realen Bedingungen.

Schauen wir uns die historischen Hintergründe näher an. Seit dem frühen zehnten Jahrhundert, mit dem Aussterben der ostfränkischen Karolinger, überfielen nomadisierende ungarische Reitervölker weite Teile der ostfränkischen und auch slawischen Siedlungsgebiete im östlichen Teil Mitteleuropas und stießen auf ihren immer weiter ausholenden Plünderzügen sogar in Gebiete des von den Nachfahren der Langobarden besiedelten späteren Oberitaliens vor, und selbst noch darüber hinaus. Man wurde der fast jährlich wiederkehrenden Ungarnplage nicht mehr Herr. Die materiellen Verluste und das kontinuierliche Ausbluten der Landbevölkerung hatte besorgniserregende  Ausmaße angenommen. Bis sich lokale Verteidigungskräfte mühsam und träge gesammelt hatten, waren die mobilen Krieger bereits weitergezogen oder richteten unter den schwerfälligen, oft zu Fuß kämpfenden Bauernheere entsetzliche Blutbäder an. Diese aus dem Vorland des Ural stammenden Reitervölker teilten vor ihrem Zug nach Westen ein ähnliches Schicksal wie die aus ihren Siedlungsräumen am Schwarzen Meer vertriebenen Ostgoten. Auch sie flüchteten vor den Hunnen, die aus den zentralasiatischen Weiten mit unüberwindlicher Gewalt nach Westen expandierten. Sie fanden in der ungarischen Tiefebene, der vormals römischen Provinz Pannonien, geeignete Siedlungsräume und vertrieben die dort seither Ansässigen. Ein Teil blieb  in den ersten Jahrhunderten dem nomadischen Erbe treu und so unternahmen sie immer kühnere und weitere Vorstöße. Im Jahre 924 gelang es König Heinrich mit Glück einen hohen ungarischen Fürstensohn gefangenzunehmen. Im Austausch konnte er einen neunjährigen Frieden aushandeln. Wohl mussten zusätzlich jährliche Tribute geleistet werden, doch waren diese immer noch leichter zu bewältigen, als die bisherigen Plünderzüge, bei denen ungezählte Menschen entweder niedergemacht oder verschleppt wurden. Die Zeit der Ruhe wusste er zu nutzen. Er ließ das Land an strategischen Punkten mit Wehranlagen befestigen, den sogenannten Ungarnburgen. Die wenigen Landverkehrswege im dicht bewaldeten ostfränkischen Reich wurden dadurch nachhaltig gesichert und gleichzeitig der umliegenden Landbevölkerung ein Zufluchtsort gegeben. Größere Orte und Städte erhielten Palisadenwälle, selten sogar erste Mauern, was bislang untypisch war. Neben diesen Verteidigungsmitteln, ließ er ein Heer schwer gepanzerter Reiter aufstellen und durch ein ausgeklügeltes System unterhalten. Die Versorgung und Finanzierung dieser Klasse Berufskrieger wurde durch eine kollektive Kraftanstrengung von den nicht zum Kampf verpflichteten Bauern geleistet, die statt dem sonst unausweichlichen Kriegsdienst, der Versorgung je eines Reiterkriegers nachkamen. Pro berittenem Krieger, der sich für gewöhnlich zwei, drei oder vier Waffenknechte hielt, leisteten sechs bis acht Bauernfamilien festgelegte Abgaben und bewirtschafteten gleichzeitig den Hof des Kriegers, dessen ganze Aufgabe fortan das reine Kriegshandwerk war. Man erahnt es schon anhand der phonetischen Verwandtschaft, aus den Reitern entstanden recht bald die Ritter und der feudale Landadel.

Heinrich begann seinen Feldzug ins Land der Heveller im Winter des Jahres 928. Die für einen Feldzug untypisch gewählte Winterzeit war der unwegsamen, sumpfigen Geografie des Hevellerlandes geschuldet. Es existierten praktisch keine Straßen und die wenigen Wege oder Stege waren für ein im Sommer operierendes Reiterheer völlig unzureichend. Alle Vorteile seiner Reiterei wären hierdurch außer Kraft gesetzt worden. Nur gefrorener Untergrund sorgte für die notwendigen Geländebedingungen die es brauchte, um gute Marschleistungen zu erreichen und zugleich die Vorteile berittener Kriegsführung zur Geltung zu bringen. Dass die winterlichen Witterungsbedingungen für Mensch und Tier eine hohe Belastung darstellten, wurde billigend in Kauf genommen. Das Heer Heinrichs erreichte also bei bitterlich kaltem Frostwetter die Havelfestung und begann mit der Einschließung und Belagerung. Die Havel war wie erwartet zugefroren, wodurch die Angreifer trockenen Fußes an die Wehranlagen herankamen. Der mit einer Holzpalisadenreihe bewährte Ringwall aus aufgeschüttetem Erdreich vermochte den Stürmen keinen dauerhaften Widerstand zu leisten, so dass die Besatzung der Burg sich den Belagerern nach kurzer Zeit ergab. Heinrich installierte einen Burggrafen, eine Art Militärverwalter und führte zur weiteren Absicherung Tugumir und dessen Schwester, die Kinder des namentlich nicht bekannten Hevellerfürsten, als Geiseln fort. Hier nahmen sie später den christlichen Glauben an und wurden in den sächsischen Sitten und der zeitgenössischen Form der deutschen Sprache erzogen. Gegen 940, nach dem Tod des Vaters, kehrte Tugumir an die Havel zurück. Er gab vor aus der Gefangenschaft geflohen zu sein um keinen Argwohn zu erwecken und übernahm das väterliche Erbe, das heißt die Macht auf der Brandenburg. Um sich seines Rivalen zu entledigen, ließ er den eigenen Neffen gefangen nehmen  und  ermorden. Wohl noch im gleichen Jahre unterwarf er sich Otto I. und wurde dessen tributpflichtiger Vasall. In die Regierungszeit Tugimirs fällt die Errichtung des Bistums Brandenburg im Jahr 948 und der Bau eines ersten bischöflichen Verwaltungssitz auf der Burginsel.

Während des Lutizenaufstands im Sommer 983, fiel Burg und Bistum Brandenburg wieder in die Hand der Heiden. Bischof Volkmar und Markgraf Dietrich von Haldensleben, der mit übertrieben harter Hand in den slawischen Tributgebieten herrschte und den Aufstand dadurch heraufbeschwor, wurden samt der sächsischen Burgmannschaft vertrieben. Das ganze Gebiete bis zur Elbe kam wieder unter die Kontrolle der Elbslawen, die sich sogar anschickten Magdeburg anzugreifen und nur mit Mühe von einem sächsischen Heeresaufgebot über die Elbe zurückgedrängt werden konnten. Für lange Zeit konnten die Slawen ihr kulturelles und religiöses Leben wieder selbstbestimmt zwischen Elbe und Oder leben.
Im ausgehenden elften und beginnenden zwölften Jahrhundert mehrten sich  Rivalitäten unter den slawischen Stämmen rechts der Elbe und es brachen offene Kämpfe aus. Der bisher unüberwindliche Lutizenbund bröckelte und verlor seinen Zusammenhalt. Ein Keile der sich zwischen die Stämme schob und den Zusammenhalt untergrub, war der sich unter den Slawen neu ausbreitende christliche Glaube. Vermehrt nahmen Angehörige des slawischen Adels das Christentum an und ließen sich taufen. Hinzu kamen erste Versippungen mit sächsisch-deutschen Adelsfamilien. Die Ländereien der christlichen Fürsten im Westen besser sichtlich besser entwickelt und erheblich ergiebiger, was geschickt von der Kirchenpropaganda als Lockmittel gegenüber den heidnischen Slawen verwendet wurde. Der linkselbische Adel war war wohlhabender, lebte in komfortableren Verhältnissen und überhaupt waren die Sachsen darüber hinaus zwischenzeitlich militärisch drückend überlegen geworden. Im Übrigen traf dies ebenso auf die ethnisch Verwandten im freiwillig zum Christentum konvertierten Polen und Böhmen zu. Die elbslawische Führungsschicht blieb davon nicht unbeeindruckt und suchte von sich aus vermehrt die Annäherung, was umso leichter fiel, wenn sie bereits Christen waren, und sollte es auch nur dem Schein nach sein .

Für Graf Albrecht von Ballenstedt erwies sich der Kontakt zu einem der großen christlichen Slawenfürsten als herausragenden Glücksfall, obwohl er es damals nicht ahnen und entsprechend wertschätzen konnte. Datum oder der Anlass des ersten Kontakts sind unbekannt, es muss aber vor dem Jahre 1125 gewesen sein.

Pribislaw-Heinrich, letzter
slawischer Fürst auf der Brandenburg

Auf der Brandenburg herrschte der  Hevellerfürsten Pribislaw-Heinrich (vor 1100 – 1150), zu dem Albrecht über die Jahre ein enges, geradezu familiäres Verhältnis aufbaute. Pribislaw war seit 1127 Herr auf der Brandenburg und Fürst im Havelland. Wie er die Herrschaft auf der strategisch wichtigen Havelfestung erlangte, ist unbekannt. Nur wenig vorher wurde der bisherige, ebenfalls christliche Burgherr Meinfried ermordet. Ein Zusammenhang zwischen der Machtübernahme und dem gewaltsamen Tod wird gelegentlich ins Felde geführt, konnte bislang aber nicht belegt werden. Wir wissen auch nicht, ob beide Personen in irgendeinem Verwandtschaftsverhältnis zueinander standen, woraus sich Pribislaws Nachfolge ergeben hätte. Die These wonach Meinfried Pribislaws Vater oder Bruder gewesen sein könnte, lassen sich weder belegen noch widerlegen.
1125 hob Pribislaw, dessen christlicher Taufname Heinrich war, den erstgeborenen Sohn Albrechts aus der Taufe. Als Taufgeschenk vermachte er den Askaniern die Landschaft der sogenannten Zauche, ein Hochplateau südwestlich von Potsdam. Die Zauche war selbst für slawische Verhältnisse besonders dünn besiedelt, wobei die wenig ergiebigen Böden und die verhältnismäßig wenigen Gewässer sicher eine entscheidende Rolle spielten. Pribislaw muss schon vor der Übernahme der Brandenburg ein Lokalfürst im Havelland gewesen sein, anders hätte er nicht Gebietsteile verschenken können. Für Albrecht war es die erste bekannte Landerwerbung jenseits der Elbe, deren Wert freilich gering war, weil es sich damals größtenteils noch um eine öde Wildnis handelte. Was Pribislaw bewog einen Teil seines Landes dem ostsächsischen Fürsten zu übereignen, bleibt offen. Gut denkbar ist die Hoffnung auf ein enges militärisches Bündnis mit Albrecht von Ballenstedt, das vielleicht im Zusammenhang stand mit dem späteren Erwerb der Brandenburg durch Pribislaw-Heinrich. Das Verhältnis zwischen den beiden Fürsten trübte sich auch in der Folgezeit nicht, im Gegenteil, zwischen ihm und dem Hevellerfürsten wurde 1130 ein folgenreiches Erbfolgeabkommen abgeschlossen. Für das askanische Haus ergab sich aus der Anwartschaft auf die wichtige Havelfestung die glänzendste Aussicht sich territorial ganz wesentlich nach Osten zu erweitern. Die Art des engen und familiären Verhältnis beider Fürsten lässt die Annahme zu, ja drängt sie förmlich auf, dass Pribislaw in Albrecht oder dessen Sohn Otto seinen tatsächlichen Erben und Nachfolger im Havelland sah und ihn als solchen möglicherweise schon zu Lebzeiten positionierte.
Im Jahr 1134, sehr wahrscheinlich auf dem gleichen Fürstentag in Halberstadt, anlässlich dessen Albrecht mit der Nordmark belehnt wurde, machte Lothar III. Pribislaw zum Unterkönig des Havellandes und damit zu einem Reichsvasallen. Die Beweggründe sind, wie so häufig, nicht klar ersichtlich. Belehnungsurkunden und ähnliche Schriftstücke reduzieren den Informationsgehalt meist auf den reinen Sachverhalt, und man ist im Hochmittelalter schon froh, wenn Zeugen, Ausstellungsort und Datum angegeben waren. Der Kontext einer Angelegenheit, die Verknüpfungen mit anderen Ereignissen sind naturgemäß selten darin zu finden. Gibt es keine zeitgenössischen Kommentare oder begleitende Schriften, bleibt dem Historiker oft nur noch das Mittel der Spekulation und Vermutung, unter Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit. Oft genug lautet das Ergebnis dennoch, man weiß es einfach nicht und kann allenfalls nur in Frage kommende Szenarien anbieten.
Wenigstens zwei Motive des Kaisers sind denkbar und sie gehen in verschiedene Richtungen. Möglicherweise versuchte er hierdurch die nach Osten gewinnende Expansion Albrechts zu zügeln, indem er den Hevellerfürsten zum Reichsfürsten machte. Theoretisch wäre nach dem Tod Pribislaws und dem Aussterben seiner Sippe, dessen Herrschaftsgebiet ans Reich gefallen und das geschlossene Erbschaftsabkommen zwischen Albrecht und Pribislaw-Heinrich hinfällig. Würde dies zutreffen, hätte Lothar gezielt gegen die Interessen Albrechts gehandelt. Einen dafür ausschlaggebenden Grund kennen wir nicht, ein etwaiger Einfluss von Seiten des welfischen Schwiegersohns des Kaisers, hätte ein denkbarer Faktor sein können.
Wir neigen dazu, dies nicht anzunehmen und glauben stattdessen eher an eine zweite These. Die Gelegenheit war einfach günstig. Das zwischen Albrecht und Pribislaw existierende Verhältnis war so eng und vertrauensvoll, dass sich dem Reich eine leichte Möglichkeit bot einen weiteren slawischen Vasallen in den Reichsverband aufzunehmen. Dass dies ein erfolgreiches Szenario sein könnte, bewies das sehr erfolgreiche Lehnsverhältnis mit Böhmen. Die böhmischen Herzöge und ihre Ländereien waren seit Kaiser Otto I. fester Bestandteil des Reichs. Darüber hinaus waren zahlreiche weitere slawische Gebiete längst ins Reich inkorporiert, wie beispielsweise die Mark Meißen oder die Mark Lausitz. Hier lebten Slawen und Deutsche, welche über die Zeit als Siedler in die oft spärlich bewohnten Regionen kamen und nebeneinander lebten, unter der feudalen Herrschaftspyramide des Reichs. Es ist nur konsequent, wenn das Reichsoberhaupt bei passender Gelegenheit den Einflussbereich des Reichs durch Aufnahme neuer Vasallen erweiterte. Darin allein kann noch kein grundsätzliches Wirken gegen die Interessen Albrechts verstanden werden, gleichwohl seine Anwartschaft auf das Erbe davon tangiert war. Ein formell ans Reich zurückgefallenes Lehen konnte vom König oder Kaiser nach eigenem Ermessen und Abwägung neu vergeben werden. Dass er Albrechts Ansprüche übergehen würde, war nach dem Stand der Dinge und Verhältnis zwischen beiden kaum vorstellbar.


Pribislaw Heinrich, Fürst auf der Brandenburg

Keine unserer beiden Thesen ist schlussendlich von Relevanz, denn Kaiser Lothar III. starb noch bevor es zum Erbfall kam und die neue Machtkonstellation im Reich, die Verlagerung des politischen Schwerpunkts in des süddeutschen Raum, nahm von den Dingen östlich der Elbe zunächst keine weitere Notiz.

Kehren wir noch einmal zu der Person des Pribislaw-Heinrich zurück. Man darf ihn und seine Frau Petrissa als ausgesprochen deutschfreundlich einordnen, vermutlich muss man eher christenfreundlich sagen, denn eine spezifisch deutsche Kultur hatte sich noch nicht ausgebildet. Den hauptsächlichen Kulturunterschied machte man damals noch hauptsächlich am Glauben fest und an der Sprache. Wahrscheinlich veranlassten Pribislaw schwelende oder bereits akute kriegerische Rivalitäten zu einer engen Bindung an benachbarte christliche Fürsten und hier kam Albrecht ob durch Zufall oder gezielt, zu richtigen Zeit. Lokale Auseinandersetzungen des Hevellerfürsten unterstützte Albrecht nach besten Kräften. Hierdurch konnte er sich kleinere territoriale Erwerbungen rechts der Elbe sichern.

Slawische Siedlungsräume rechts der Elbe

Die Zeit von 1125 bis 1134 kann als erste Phase einer askanischen Ostexpansion betrachtet werden, und kam eher zufällig als geplant zustande.
Die Ernennung Albrechts zum Markgrafen der Nordmark im Jahre 1134, markiert den Schlusspunkt dieser ersten Phase. Noch im gleichen Jahr wurde er auch mit der Grafschaft Weimar-Orlamünde belehnt, welche die Großmutter nach dem Tote ihres Vaters seinerzeit ans askanische Haus brachte. Das Interesse hinsichtlich der Gebiete rechts der Elbe trat wieder völlig in den Hintergrund. Hinter der ersten Phase der Expansion erkennen wir wie schon erwähnt keinen Plan. Es waren zufällige Ereignisse, wie der Landerwerb der Zauche in Form eines Taufgeschenks und die Eroberung kleiner Teile des später so genannten Flämings infolge des Bündnisses mit Pribislaw-Heinrich. Nach dem Verlust der Mark Lausitz, die ihm wegen schweren Landfriedensbruchs entzogen wurde, war jedes Engagement rechts der Elbe außerhalb seiner momentanen Interessen. Erst die 1134 erfolgte Belehnung mit der Nordmark eröffnete Perspektiven und das Land rechts der Elbe begann wieder von größerem Interesse zu werden, auch wenn weiterhin jede zielgerichtete Expansion ausblieb. 1136 erfolgte ein verheerender Kriegszug als Vergeltung. Der Stamm der Wilsen war zuvor plündernd in den linkselbischen Streifen der Nordmark eingefallen waren, worauf Albrecht mit einem großen Aufgebot zurückschlug. In diesem Zug glauben wir, dass Albrecht die wichtige Region um Havelberg dauerhaft militärisch sicherte und einen ersten Brückenkopf jenseits der Elbe errichtete, der es wert war gehalten zu werden. Möglicherweise war jetzt erstmals der Gedanke einer weitreichenden Erweiterung nach Osten gekommen, schon um langfristig eine Pufferzone für seine Ländereien am linken Elbufer einzurichten.
Ein gezielter Zuzug von Kolonisten, die sich auf der jenseitigen Elbseite angesiedelt hätten, kann für die erste Phase der Ostexpansion ausgeschlossen werden. Wohl wird das dort garnisonierte Militärpersonal Familienmitglieder nachgeführt haben, doch können es nicht viele gewesen sein. Man darf sich nicht der Illusion hingeben, dass eine damalige Garnison über große Mannschaftsstärken verfügte. Mancher Militärposten hat aus kaum mehr als einer kleinen Schar Bewaffneter bestanden. Wenn im gesamten realen Zugriffsbereich jenseits der Elbe in der Summe auch nur hundert professionelle Krieger stationiert waren, würde es schon wundern. Die dauerhaften Unterhaltskosten für größere Streitkräfte hätten Albrecht finanziell ruiniert, entsprechend fällt ein Familiennachzug der Garnisonstruppen statistisch nicht ins Gewicht. Wie das Verhältnis zu den Slawen im Raum Havelberg oder der Zauche war, ist nur wenig belegt, man muss davon ausgehen, dass die sächsische Herrschaft als bedrückend wahrgenommen wurde und der christliche Glaube unter den mehrheitlich heidnisch gebliebenen Menschen als Bedrohung ihrer bisherigen Sitten. Gewaltorgien, wie der oben beschriebene Rachefeldzug Albrechts aus dem Jahre 1136, konnten kaum dazu geeignet sein die Elbslawen an das sächsisch-deutsche Herrschaftssystem heranzuführen und sie dem Christentum zugänglich zu machen. Albrecht dürfte sich damals kaum über die Folgen seiner Vorgehensweise größere Gedanken gemacht haben, denn  betrachtet man es bei Licht, war die Art des wendischen Feldzugs nicht viel anders, als ein Kriegszug aussah, den man gegen einen befehdeten Mitfürsten des Reichs führte. Der einzige Unterschied, der vielleicht ins Felde geführt werden kann: gefangengenommene Christen wurden nicht verschleppt und als Sklaven gehalten, wie man es mit den slawischen Heiden mitunter tat.


Zweiter Italienzug des Kaisers

Nach diesem Ausflug in die Wiege der späteren Mark Brandenburg, gehen wir zeitlich in den Hochsommer 1136. Albrecht eilte nach seinem abgebrochenen Wendenzug nach Würzburg, wo Kaiser Lothar das Reichsheer versammelte. Im Gegensatz zu seinem ersten Heerzug nach Italien, schlossen sich diesmal fast alle Großen des Reichs mit ihren Aufgeboten an. Die Erzbischöfe von Köln, Trier und Magdeburg, die Bischöfe von Merseburg, Havelberg, Utrecht, Lüttich, Toul, Konstanz, Basel und Regensburg. Die Herzöge von Schwaben, Bayern und Böhmen, verschiedene Pfalzgrafen und Markgrafen, darunter Albrecht sowie zahlreiche weitere reichsunmittelbare Grafen und Edelfreie. Die Macht und Autorität des Kaisers war auf dem Zenit. Ende August brach das zahlreiche Heer auf und nahm wieder die Route über Brixen, Bozen und Trient. In Oberitalien angekommen, fegte es jeden Widerstand mit Leichtigkeit hinweg. Verona, Reggio, Bologna, selbst das mächtige Mailand öffneten ihm die Tore und empfingen ihren Kaiser mit allen Ehren. Einzig Cremona ließ die Tore verschlossen und leistete einer Belagerung erfolgreich Widerstand, doch zu einem hohen Preis. Was die kaiserlichen Streiter nicht unmittelbar zur eigenen Versorgung im Umland fanden und benötigten, nahmen sie mit, den Rest brannten sie zur Strafe nieder. Die ganze Lombardei wurde noch im gleichen Jahre fast vollständig unterworfen. Mit Beginn des Frühlings 1137 zog das Heer weiter nach Unteritalien, wo Apulien den Händen der Normannen entrissen wurde. Der Kaiser wollte den Übergang nach Sizilien wagen und König Roger niederwerfen, doch in seinem Heer wurden die Stimmen lauter, die nach Heimkehr verlangten. Er musste umkehren, zumal es mit Innozenz II., der ihm bisher so gewogen war, zum Zerwürfnis im Rahmen seiner apulischen Eroberungen kam. Der Papst war besorgt von einer deutschen Dominanz im Norden und jetzt auch im Süden eingeschnürt zu werden. Der Streit zwischen Heiligem Stuhl und Kaisertum wird das Mittelalter bestimmen und wir kommen darauf wieder und wieder zurück.

Über die Taten von Albrecht ist während des ganzen Italienfeldzugs nur im Zusammenhang mit der Eroberung Salernos eine schriftliche Überlieferung bekannt. Wir können dieser Notiz zumindest entnehmen, dass er seit dem Abmarsch im Vorjahr beim kaiserlicher Heer verblieb und jetzt, zum Ende der Kampagne, an der Eroberung dieser wichtigen niederitalienischen Küstenstadt ganz aktiv beteiligt war.
Anfang des Herbstes begann der lange Rückweg des deutschen Heeres. Albrecht war unmittelbar nach der Eroberung Salernos bereits mit seinem Kontingent aufgebrochen. Wir glauben annehmen zu dürfen, dass es zu neuerlichen Aufständen in den wendischen Gebieten kam. Wir erinnern uns, dass er im Sommer des Vorjahres die Verfolgung der Anführer des ersten Aufstandes abbrechen musste. Es ist naheliegend, dass diese seine lange Abwesenheit ausnutzten, um neu zu rüsten und einen abermaligen Streifzug über die Elbe zu unternehmen. Tatsächlich kam es bislang noch zu keinen größeren Übergriffen, doch der Markgraf wollte es nicht darauf ankommen lassen. Mit einsetzendem Frost, setzte er über Havelberg den Fuß in das wendische Gebiet. Erneut hinterließ er eine Spur der Verwüstung, Alles wessen sie habhaft wurden, schleppten die Sachsen davon, was unverrückbar war, wurde niedergebrannt und zerstört. Selbst die Menschen wurden mitgenommen und ins sächsische Gebiet verschleppt, wo die Familien oft auseinandergerissen in alle Gegenden seines Herrschaftsgebiets verteilt wurden. Noch während seines Zerstörungswerks erreichte ihn Nachricht aus Tirol. Was dort geschehen war, ließ in der Folge das Gefüge der sächsischen Region kollabieren, woran Albrecht maßgeblich mitverantwortlich war.


Der Kaiser ist tot, Kampf um Sachsen

Lothar III. war am 3. Dezember 1137 auf dem Rückweg aus Italien in einem Tiroler Dorf, unweit der Grenze zu Bayern verstorben. Auf dem Sterbebett belehnte er seinen Schwiegersohn Heinrich den Stolzen mit dem Herzogtum Sachsen und ließ ihm die Reichsinsignien übergeben. Er machte ihn damit nicht nur wie zu erwarten zum Universalerben, mit der Weitergabe der wichtigsten Symbole des Reichs, setzte er gleichzeitig ein unmissverständliches Signal an die Fürsten des Reichs bezüglich der Thronfolge.

Albrecht, der über seine immer noch lebende Mutter glaubte ein gleiches Anrecht auf das sächsische Erbe zu haben wie Heinrich, begann augenblicklich gegen die lange befürchtete, dann doch schnell und überraschend gekommene welfische Machtentfaltung im sächsischen Raum vorzugehen. Dass des verstorbenen Kaiser Schwiegersohn Heinrich nun neben seinem bayrischen Herzogtum, auch noch Herzog in Sachsen wurde, war schlimm, dass er womöglich sogar zum Reichsoberhaupt gewählt würde, galt es mit allen Mitteln zu verhüten. Eine derartige Machtfülle war mehr als nur besorgniserregend und Albrecht war mit dieser Auffassung im Reich bei weitem. Viele fürchteten eine. welfischen Hegemonialanspruch und waren um die eigene fürstliche Souveränität besorgt. Die Erinnerung an die autoritäre Politik unter den letzten beiden salischen Herrschern war gerade in Sachsen noch frisch. Wie sollte es erst mit einem König werden, der über gleich zwei der vier ehemaligen germanischen Stammesherzogtümer verfügte? Zur besseren Einordnung darf nicht verschweigen werden, dass beide herzoglichen Territorien viel ihres ursprünglichen Gebietes in den zurückliegenden dreihundert Jahren an zahlreiche Regionalfürsten verloren hatten und lange nicht mehr die ursprüngliche Ausdehnung besaßen von ehedem, dennoch blieben sie gemessen an den Gebieten der übrigen Mitfürsten geradezu gewaltig.
Kurz nach Beisetzung des verstorbenen Kaisers im Dom von Königslutter, brach Albrecht mit großer Rücksichtslosigkeit über das Herzogtum Sachsen herein. Zuvorderst galt es die Wahl Heinrichs des Stolzen zu verhindern, man muss es sagen, zu hintertreiben. Kaiserinwitwe Richenza berief für den 2. Februar 1138 ein Wahlkonvent nach Quedlinburg ein. Die Stadt war von der hohen Fürstin höchst unglücklich gewählt, lag sie doch in direkter Nachbarschaft zu den askanischen Stammlanden. Was sich dann ereignete, konnte sie aber kaum erahnen. Albrecht nutzte seine guten Beziehungen in Quedlinburg, ritt mit einer Anzahl Getreuer ein, bemächtigte sich der für die Wahlberatung eingelagerten Vorräte und versperrte den ankommenden Fürsten den Zugang zur Stadt. Es war ein skrupelloser, ein beispielloser Vorgang. Es sollte dabei nicht bleiben, kaum waren die Fürsten abgezogen, fiel Albrecht über einzelne Gebiete der Kaiserinwitwe her. Er plünderte und brannte zahlreiche Dörfer und Weiler nieder. Ohne einen Alliierten zog er sengend durch das Herzogtum Sachsen. Es stellt sich die Frage nach dem Motiv einer so irrational anmutenden Tat, woher kam diese Mischung aus Skrupellosigkeit und tollkühnem Mut?
Schaut man sich seine bisherige Vita seit dem Tod des Vaters an, kommt man nicht umhin, in Albrecht einen unruhigen und kriegerischen Tunichtgut zu erkennen. Die Episode, als er sich der Rebellion Lothars von Süpplingenburg gegen Kaiser Heinrich V. anschloss, der Vorfall rund um die Ermordung Markgraf Udos von Stade, die Rücksichtslosigkeit bei seinen zwei Wendenzügen gegen die slawische Bevölkerung, um nur die wichtigsten zu nennen, skizzieren einen Charakter, der mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln seine Macht und seinen Einfluss zu mehren suchte.

Während Albrecht noch seinen einsamen Zug durch Sachsen unternahm, bildete sich im süddeutschen Raum die von ihm erwartete Fürstenopposition gegen Heinrich des Stolzen. Nicht nur in Schwaben, auch in Böhmen, in den fränkischen Gebieten am Rhein, sowie bei zahlreichen geistlichen Fürsten war die Sorge groß, dass der mächtige Doppelherzog von Bayern und Sachsen, gleichzeitiger Markgraf der Toskana, mit dem Erwerb der Reichskrone eine unüberwindliche Hausmacht und Dominanz entwickeln könnte, und wie sich alle sicher waren, auch zweifelsfrei würde. Neben dieser ganz nüchternen machtpolitischen Abwägung, spielte auch Heinrichs Verhalten anlässlich des kaiserlichen Italienzugs im Vorjahr eine Rolle. Der Schwiegersohn des verstorbenen Kaisers war dort durch ausgesprochen hochmütiges Verhalten, woraus sich sein Beinamen ableitete, bei den teilnehmenden Fürsten, und wir haben gesehen, dass fast alle großen Reichsfürsten teilnahmen, in Ungnade gefallen.
Eine kleine Elite der antiwelfischen Opposition traf sich Anfang März auf dem linken Ufer der Mosel, gegenüber dem heutigen Koblenz und wählten Konrad, den jüngeren Bruder Herzog Friedrich II. von Schwaben zum König. Friedrich selbst war seit dem Verlust eines Auges als Versehrter nicht mehr für das Amt des Königs geeignet, weswegen sich die staufischen Parteigänger auf Konrad konzentrierten. Konrads Wahl vom 7. März 1138 war in der vorgenommenen Weise ein klarer Bruch mit allem Recht und Herkommen. Neben den beiden staufischen Brüdern, waren nur noch der Erzbischof von Köln, der Bischof von Worms und als treibende Kraft, der Erzbischof von Trier zugegen. Der ursprüngliche Wahltermin vom 22. Mai wurde nicht berücksichtigt, das dann vorgenommene Votum der Fürsten des Reichs rundweg missachtet. Schon wenige Tage darauf, am 13. März 1138, erfolgte zu Aachen die Krönung. Sie wurde gegen jede Tradition nicht vom Kölner Erzbischof, sondern vom päpstlichen Legaten Dietwien durchgeführt, einem Schwaben. Verlief bei der Wahl Lothars III. 1123 auch nicht alles nach den Sitten, so war die Wahl Konrads III. nichts weniger als ein Skandal. Wäre Heinrich X., jener mit dem Beinamen der Stolze, wegen seiner Hausmacht nicht so außerordentlich gefürchtet, dazu außerhalb von Sachsen und Bayern so unbeliebt gewesen, hätten die Fürsten des Reichs diesem unrechtmäßigen Treiben sicherlich den härtesten Widerstand entgegengesetzt, so aber akzeptierte die Mehrheit im Reich das fragwürdige Minderheitsvotum.

Ostern 1138 fand in Köln ein Fürstentag statt, zu dem viele Vertreter des Hochadels kamen. Aus Sachsen erschienen jedoch nur einige der Bischöfe, darunter jene aus Münster, Osnabrück und Halberstadt. An Pfingsten wurde in Bamberg ein weiterer, dieses Mal großer Fürstentag abgehalten, zudem zuvor alle Fürsten angeschrieben wurden. Konrad ließ sich hier von den anwesenden Fürsten huldigen. Herzog Heinrich war aufgefordert die Reichskleinodien, die Insignien der königlichen Gewalt, in Bamberg auszuhändigen, blieb aber dem Treffen fern. Sonst aber folgten der Aufforderung selbst seine engen Anhänger aus Bayern und Sachsen, letztere Gruppe unter Führung der Kaiserinwitwe Richenza. Auch Albrecht war anwesend, vor allem um unter den Fürsten, vorzugsweise aus dem sächsischen Raum, etwaige Verbündete zu finden, denn auf Dauer konnte er den Kampf in Sachsen nicht durchstehen, der längst zum Kampf um Sachsen sich auswuchs.
Konrad, der noch immer nicht im Besitz der Reichsinsignien war, bestellte den säumigen Herzog Heinrich für den 24. Juni nach Regensburg, zu einem weiteren Fürstentag, welchen er dann tatsächlich besuchte. Beide sprachen sich nicht persönlich, sondern wurden von Unterhändlern vertretenen. Es schien dass Konrad den Eindruck erwecken ließ, er würde gegen die Herausgabe der Kleinodien des Reichs den Herzog mit beiden Herzogtümern belehnen. Nach Übergabe der wertvollen Symbole hielt der König den Welfenherzog hin und sagte ihm die Entscheidung für den nächsten Fürstentag in Augsburg zu. Heinrich witterte den sich abzeichnenden Betrug. Er erschien zu Augsburg, doch nicht in kleinem Gefolge, sondern an der Spitze eines wohlgerüsteten Heeres. Konrad spielte jetzt mit offenen Karten, ließ den Herzog verstehen, dass es gegen die Bräuche des Reichs wäre einen Fürsten mit gleichzeitig zwei der großen Stammesgebiete zu belehnen. Drei Tage wurde noch verhandelt aber es kam zu keinem anderen Ergebnis mehr, die Klüfte waren schon zu breit. Konrad floh nun regelrecht vor dem aufgezogenen Heer, weil er fürchten musste gefangengenommen zu werden. In Würzburg, wohin ihn sein Weg führte, verhängte er die Reichsacht über Herzog Heinrich und es war wohl auch hier, dass Markgraf Albrecht mit dem Herzogtum Sachsen belehnt wurde. Dies war nicht wie üblich, aus königlicher Würdigung für geleistete Dienste erfolgt, auch wenn Albrecht durch seine Quedlinburger Tat dem Staufer bei seiner Erlangung der Krone indirekt den größten Gefallen geleistet hatte. Albrechts Handlungen waren dabei rein partikular motiviert und im Alleingang vorgenommen, ohne jede Rückendeckung. Sehr wohl verhinderte Albrecht die Wahlvorbesprechung in Quedlinburg und verschaffte damit der antiwelfischen Opposition Zeit sich zu formieren, doch geschah dies ohne jede Absprache mit den Staufern. Die schon im März vorgenommene Wahl konnte Albrecht also nur mittelbar beeinflusst haben. Dass Konrad den Askanier mit Sachsen belehnte, kann schlicht nur dem Umstand zugeschrieben werden, dass Albrecht die einzige ernstzunehmende Gegenpartei zu Heinrich im gesamten sächsischen Teil des Reichs darstellte. Die Vorgehensweise des neugewählten Königs entsprach ganz den realpolitischen Gepflogenheiten und sah in der Vergangenheit, noch mehr in der Zukunft, zahlreiche ähnliche Beispiele. Wenn auch Albrecht mit der Wahl des Staufers durch einverstanden war, so darf man deswegen dennoch nicht annehmen, dass er bislang noch kein fester Parteigänger Konrads und damit der Staufer war. Erst durch die Belehnung mit Sachsen bekannte sich Albrecht unzweideutig zum neuen König, was sich als pragmatische Zwangsläufigkeit ergab, immerhin brauchte er die Hilfe des Reichsoberhaupts im Kampf gegen Heinrich den Stolzen, der zwar das nördliche Herzogtum verloren hatte aber dort immernoch über ansehnliches Allodialgut verfügte und sich nicht einfach verdrängen ließ. Von den königlichen Fürstentagen eilte Albrecht nach Norden zurück, um sich durch die Huldigung der sächsischen Stände des Herzogtums zu bemächtigen.

Die bisherige Auseinandersetzungen in Sachsen mit der Witwe des verstorbenen Kaisers schienen einen anderen Hintergrund zu haben. Nicht Albrechts Anspruch auch den herzoglichen Titel war Auslöser. Sehr wahrscheinlich ging es stattdessen um das billungische Erbe, dem Nachlass des herzoglichen Vorgängers ihres verschiedenen Mannes. Zu Bamberg konnte der König den von Albrecht begonnenen Konflikt mit Richenza beilegen, doch jetzt, nach der offiziellen Belehnung mit Sachsen, war der neue Herzog, war Albrecht nicht gewillt auf den Allodialbesitz über den er glaubt durch seine Mutter ein Anrecht zu haben, verzichten zu dürfen.
Zum besseren Verständnis ist eine kurze Erläuterung notwendig was mit dem Herzogtum Sachsen, mit dem sächsischen Raum oder mit dem sächsischen Recht gemeint ist. Beginnen wir zunächst mit dem historischen sächsischen Raum. Gemeint ist eine weite Region in Norddeutschland wo heute das Bundesland Niedersachsen inklusive West- und Ostfalen liegt. Es war das Siedlungsgebiet des Sachsenstamms zum Abschluss der Völkerwanderungszeit. Wir wollen nicht näher darauf eingehen, dass sie zeitweise während der Schlussphase der letzten Völkerwanderung jenes Gebiete wieder verließen, um später dort erneut zu erscheinen und sich mit den Sueben, einem weiteren germanischen Großstamm, schlagen zu müssen. Mit der Erweiterung nach Osten ab dem neunten Jahrhundert, kamen Zug um Zug die Gegenden der heutigen Bundesländer Sachsen-Anhalt, Nordthüringen und Teilen des heutigen Sachsen hinzu. Als letztes jene Regionen des heutigen Bundesland Brandenburg sowie der Rest des heutigen Sachsen. Über die Jahrhunderte etablierte sich ein de facto Rechtsverständnis, basierend auf den Gebräuchen der Sachsen oder was davon in seiner ursprünglichen Form nach Generationen der Versippung mit Sueben, Franken, Friesen usw. noch übrig war. Allgemein spricht man hier vom sächsischen Recht. Es unterschied sich nicht fundamental von den Rechtsgebräuchen weiter südlich im Reich, doch konnte man dort deutliche Einflüsse der aus romanischen Zeit erkennen. Über die Zeit nahm das sächsische Recht auch Einfluss auf angrenzende Staaten außerhalb des Reichs, wie in Dänemark, teilweise im westlichen Polen und auch in Böhmen und natürlich später im Baltikum, wobei hier beimengende Faktoren eine deutliche lokale Färbung ergaben, zumal sich das Sachsenrecht sich dynamisch über die Zeit wandelte, ohne aber seinen volkstümlichen Charakter abzulegen. Vergessen wir nicht, es waren Rechtsgebräuche, keine starren Gesetze. Die Menschen formten diese Gebräuche nach ihren lokalen Bedürfnissen und passten sie sich verändernden Bedingungen an.
Kommen wir zum sächsischen Herzogtum. Gemeint war im damaligen frühen- und mittleren Hochmittelalter kein Flächenstaat, am wenigsten jener, den man heute als Freistaat Sachsen kennt. Es war eine Herrschaftsgebiet als Teilmenge der oben skizzierten frühen- und mittleren sächsischen Landnahme, wo der Herzog von Sachsen als höchstrangiger Reichsfürst das Primat, die Vorherrschaft hatte. Neben ihm existierten zahlreiche, man ist mit der Zeit fast geneigt zu sagen, zahllose direkt dem Reichsoberhaupt unterstellte Fürsten, Markgrafen, Landgrafen, Pfalzgrafen, Grafen, Edelfreie und Prälaten, die in ihren eigenen kleinen und kleinsten Fürstentümern autonom oder halbautonom regierten.

Aus all diesen kleinen Regionalfürsten hatten sich die Grafen von Ballenstedt in den zurückliegenden Generationen mehr und mehr herausgearbeitet. Vor allem durch Glück bei der Heirat, wir wollen es an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich unterstreichen.
Schon Albrechts Vater Otto konnte für kurze Zeit den Titel eines Herzogs von Sachsen an sich bringen, nachzulesen in den Eingangsabschnitten dieses Kapitels. Albrecht schlug nun, gemessen an seinen Vorfahren, ganz aus der Art. Er war radikal expansiv und dies mit allen Mitteln und unter Ausnutzung jeder sich bietenden Gelegenheit. Wir glauben ihm dabei aber keine Illoyalität unterstellen zu können. Er blieb Lothar III. selbst dann gewogen, als dieser ihm seinerzeit die Markgrafschaft Lausitz entzog und folgte ihm auf seinen Italienzügen ohne Verzug, war hierzu sogar bereit eigene Interessen zurückzustellen, wie die Ereignisse anlässlich seines ersten Wendenzugs 1336 bewiesen. Er war ein Draufgänger, das Risiko nicht scheuend. Als solcher stürzte er sich jetzt auf die sächsischen Lande, wie eine Naturgewalt, tatkräftig unterstützt von seiner gealterten Mutter, jener Eilika, über deren Linie Albrecht sein Anrecht auf das Erbe des großen billungischen Herzogs Magnus, seines Großvaters, geltend machte. Zunächst gelangen Albrecht eine Serie ungewöhnlicher Erfolge, die ihm neben reicher Beute, auch viele Gefangene einbrachten, die er gegen Lösegeld eintauschte um damit seinen Krieg zu finanzieren. Kriegsführung war im gesamten Mittelalter eine primäre Frage des Geldes, nicht der Ländermasse und auch nicht der Bevölkerungsgröße, auf die man unmittelbaren Einfluss hatte. Der Sieg auf dem Schlachtfeld spielte natürlich oft die entscheidende Rolle, doch fanden in den oft jahrelang anhaltenden Auseinandersetzungen, außer wiederholten Scharmützeln, selten entscheidende Schlachten statt. Die Regel waren Verheerungen des generischen Gebiets, zur Schwächung seiner wirtschaftlichen Basis unter gleichzeitigem Wegführen aller nutzbringenden, beweglichen Habe, worunter selbst ganz profane Dinge fielen, wie Hosen, Hemden oder Werkzeuge aller Art. Die Wegnahme von befestigten Orten, wie Burgen, Schlössern oder Städten setzte schon eine signifikante Steigerung der Kriegsbemühungen voraus. Demgemäß war Albrechts Vorgehen. Er zog durch Sachsen, verheerte die Ländereien jener Fürsten die es mit Heinrich hielten und nahm, wo es ihm möglich war, feste Plätze weg. Bis zum Winter 1138 hatte es den Eindruck, als ob er Herr in Sachsen wäre, alle seine Gegner schienen in die Knie gezwungen oder unwillig gegen ihn die Waffen zu erheben. Sehr zu seinem Vorteil kämpfte sein Rivale, der gebannte welfische vormalige Herzog Heinrich derweil in Bayern, in den eigentlichen Stammlanden des Welfengeschlechts. Bislang musste nur Albrechts Mutter ihren Übermut büßen musste. Albrechts Gegner waren, statt sich ihm zu stellen, die resolute Mutter angegangen und hatten ihren hauptsächlichen Witwensitz, das befestigte Schloss Bernburg eingenommen und niedergerissen.

Weihnachten kam der König erstmals nach Sachsen und versammelte die Fürsten der Gegend in Goslar. Albrecht wird hier erstmals urkundlich als Herzog von Sachsen bezeichnet. Konrad versuchte Frieden im norddeutschen Raum herzustellen, indem er Albrecht vor den versammelten sächsischen Fürsten, es waren wenig genug überhaupt erschienen, abermals mit dem Herzogtum belehnte. Er hoffte, da er es unter Beisein der Sachsen tat, deren Zustimmung, wenigstens Akzeptanz zu gewinnen. Sein Vorhaben zeigte die genau gegenteilige Wirkung von dem, was er beabsichtigt hatte. Die sächsischen Fürsten verließen aufgebracht das königliche Lager. Für Februar wollte er in Quedlinburg vor den bislang nicht erschienenen Fürsten aus Sachsen einen abermaligen Versuch starten. In etwa zeitgleich tauchte in Sachsen ein als Händler getarnter Mann auf, der sich als der gebannte Heinrich entpuppte. In Begleitung von nur vier Getreuen war er aus Bayern nach dem Norden des Reichs gezogen. In Bayern war er, seit der Reichsbann über ihn verhängt wurde, in unablässige Kriegshandlungen mit zahlreichen lokalen Kräften geraten und konnte seine Position nicht mehr halten. In Sachsen standen die Dinge deutlich besser, woran das rigorose Vorgehen Albrechtes einen ausschlaggebenden Anteil hatte. Heinrich konnte darauf bauen, dass sich nicht wenige der von Albrecht verprellten Fürsten auf seine Seite stellen würden und auch die kaiserliche Witwe unterstützte ihren Schwiegersohn nach besten Kräften. In wenigen Wochen war alles verloren, was Albrecht in seinem Sommerfeldzug im Vorjahr erobert hatte. Bis zum Frühsommer 1139 war seine Position in Sachsen völlig verloren und er musste befürchten, dass man ihn auch aus der Nordmark und seinen anhaltinischen Stammlanden vertreiben könnte. Als nun Burg um Burg seiner gräflichen- und markgräflichen Besitzungen fielen, flüchtete er an den Hof des Königs. Aller Mittel beraubt, setzte er seine ganze Hoffnung in Konrad, der seinerseits schwerlich die Augen vor den Zuständen in Sachsen verschließen konnte. Zur Wahrung seiner eigenen Autorität musste er das Recht seines von ihm selbst eingesetzten Herzogs durchsetzen. Schon im Mai, anlässlich eines Fürstentags der südwestdeutschen Adelshäuser in Straßburg, kündigte er einen Feldzug gegen Heinrich an. Damals war die Lage noch weniger kritisch als jetzt, wo im gesamten sächsischen Raum kein einziger Parteigänger des Königs mehr zu regieren schien und man dort ganz offen die Rechtmäßigkeit von Konrads Königswürde in Frage stellte. Es musste schnell gehandelt werden, bevor eine Fürstenopposition zur Wahl eines Gegenkönigs schritt. Neben dem Bruder, Herzog Friedrich von Schwaben, sagte der Herzog von Böhmen, Herzog Konrad von Zähringen, der Markgraf von Schwaben und Graf Friedrich von Hohenzollern per Eid der Heerfahrt zu. Von Würzburg aus, wo der König den Markgrafen von Österreich, seinen Halbbruder Leopold, zum Herzog von Bayern machte, marschierte das Heer Richtung Sachsen. Es schlossen sich neben dem frisch ernannten bayrischen Herzog, die Erzbischöfe von Mainz und Trier, die Bischöfe von Speyer, Worms, Zeitz, Würzburg, sowie Markgrafen und Grafen an und natürlich auch Albrecht, der aus seinen Besitzungen vertriebene, heimatlose Herzog von Sachsen, Markgraf der Nordmark und Graf von Ballenstedt. Unterwegs zogen immer neue Kriegsvölker hinzu, der Landgraf von Thüringen sowie weitere thüringische Grafen und selbst einige sächsische Adlige, die zwar nicht für Albrecht aber gegen Heinrich waren. Bei Hersfeld stieß der Herzog von Böhmen mit zahlreichem Gefolge hinzu. Von Norden zog ein gewaltiges Heer, zumeist aus Sachsen heran. Beim thüringischen Creuzburg an der Werra stießen beide Heere aufeinander, es drohte eine alles entscheidende Schlacht. Die zahlreich versammelten hohen Kirchfürsten suchten nach einer friedlichen Lösung und tatsächlich wurde bis Pfingsten nächsten Jahres ein Waffenstillstand ausgehandelt, gleichzeitig für Februar 1140 zu Worms eine große Versammlung einberufen. Auch wenn dem Reich für den Augenblick eine blutige Schlacht erspart blieb, für Albrecht war dieser Ausgang alles andere als befriedigend. Nicht nur blieb das Herzogtum in der Hand des Welfen, auch die askanischen Stammgebiete und die Nordmark blieben besetzt und Albrecht hatte keine Chance mit den geringen Mitteln die ihm verblieben waren, daran etwas zu ändern. Er reiste zwischen den wenigen Fetzen Landes die unbesetzt waren hin und her, sammelte Geld und war sonst auf die weitere Gnade des Königs angewiesen. Die Lage konnte kaum schlimmer sein und es deutete alles darauf hin, als ob Albrecht seine hitzigen Taten schließlich noch bitter bereuen musste und aus dem Konflikt gerupft und gedemütigt herauskam. Wie würde der Friedenskongress in Worms ausgehen, was wenn der König, um die Anerkennung und Huldigung von Heinrich dem Stolzen zu erhalten, großzügige Zugeständnisse machte? Es war doch immerhin recht wahrscheinlich, dass er seinem Halbbruder Leopold in Bayern geneigter war als ihm, dem nichtverwandten Markgrafen aus dem fernen Sachsen. Sollte es notwendig sein, zum Frieden des Reichs und zur Anerkennung der staufischen Ansprüche auf die Krone, Zugeständnisse zu machen, dann sicherlich in Sachsen und keinesfalls in Bayern, womit seine Chancen das sächsische Herzogtum doch wieder zu erlangen, dahinschmolzen.

Im Herbst, am 20. Oktober, ereignete sich eines jener unerwarteten Ereignisse, die den Verlauf einer Sache in eine völlig neue Richtung bringen können. Der große Rivale Albrechts, Heinrich der Stolze, starb völlig überraschend und hinterließ einen erst zehnjährigen Sohn, ebenfalls mit Namen Heinrich. Albrecht suchte die unverhoffte Wendung sofort auszunutzen und eilte, kaum dass ihn die Nachricht erreichte, in seine Ländereien, wo zwischenzeitlich immerhin einige Burgen wieder in seine Hand gefallen waren und von dort weiter nach Bremen. Am 1. November, zu Allerheiligen, fand dort ein großer Markt statt. Die vom weiten Umkreis erschienenen Volksmassen glaubte er durch eine selbstbewusste Ansprache beeindrucken zu können. Er wies sich als der rechtmäßige, vom König eingesetzte Herzog Sachsens aus. Sein Plan ging nicht auf, einige von Heinrichs Anhängern wiegelten das Volk auf, es wurde der Verdacht immer lauter Heinrich wäre vergiftet worden. Schnell eskalierte die Situation und nur unter größter Mühe konnten ihn sein Gefolge vor einer bewaffneten Meute in Sicherheit bringen. Der Aufruhr, befeuert von der Kaiserinwitwe, der Großmutter des unmündigen Heinrich, dem erwähnten Sohn des Verstorbenen, schwappte bald über ganz Sachsen und ein heller Aufruhr gegen den Markgrafen, den unerwünschten, verhassten Usurpator, erfasste Volk und Adel. Doch auch der König kam wieder in die Kritik und er musste fürchten, dass der für Februar angesetzte Friedenskongress in Worms scheitern könnte. Der Aufruhr schwappte erneute in die askanischen Lande und die Nordmark. Am Ende fiel sogar der Stammsitz, die starke Burg Anhalt und wurde dem Erdboden gleichgemacht. Albrecht musste ein zweites Mal völlig geschlagen und mittellos fliehen und begab sich zum königlichen Hof nach Worms, in der Hoffnung Konrad III. würde an seiner Seite eingreifen. Konrad aber hoffte auf den Tag zu Worms, doch die sächsischen Fürsten erschienen nicht wie im August des Vorjahres bei Creuzburg zugesichert. Der König berief einen Ersatztermin für den 24. April nach Frankfurt, wartete aber auch dort vergebens, woran er selbst nicht völlig unschuldig war, denn er lehnte das freie Geleitrecht ab und so mussten die Sachsen befürchten im ungünstigsten Fall gefangengenommen zu werden. Albrecht war völlig handlungsunfähig und verbrachte seine Zeit komplett am Hof des Königs, reiste mit ihm umher, und nahm am großen Reichstag in Straßburg Anfang April teil. In Würzburg feierte er Pfingsten, dann ging es mit dem reisenden Königshof weiter nach Regensburg. Mittlerweile wurden die ersten Verhandlungen begonnen, sowohl in Würzburg wie in Regensburg, doch verliefen sie ohne Ergebnis. Albrecht verzichtete nicht auf seine Titel über Sachsen und wurde darin vom König weiterhin unterstützt. Dies befeuerte den Hass der sächsischen Fürsten abermals aufs Neue und sie reisten ab.

Über die Monate legte sich der Aufruhr. Wesentlich trugen hierzu eine Reihe von Todesfällen bei. Am 10. Juni 1141 starb die Kaiserinwitwe Richenza und wurde neben ihrem Mann Lothar III. im Dom zu Königslutter beigesetzt, wo beiläufig erwähnt auch ihr Schwiegersohn Heinrich der Stolze lag. Rund ein halbes Jahr später verschied Albrechts Mutter am 16. Januar 1142. Mit dem Hinscheiden beider zänkischen und willensstarken Frauen, verschwanden zwei Unruheherde und die Lage begann sich weiter zu entspannen. Längst hatte sich Albrecht mit dem Gedanken auseinandergesetzt freiwillig auf den Herzogtitel zu verzichten. Eingesetzt hat die Überlegung vermutlich bereits früher. Am 13. Februar 1140 verstarb in Worms sein Vetter, der rheinische Pfalzgraf Wilhelm ohne einen Erben zu hinterlassen. Das wichtige Reichslehen und die reichen Allodialgüter standen zur Disposition. Die Pfalzgrafschaft selbst ging an Konrads Halbbruder, den Babenberger Heinrich II. (1107 – 1177), der den eigentümlichen Beinamen Jasomirgott trug, da er bald nach jedem Satz auszurufen pflegte, „Ja so mir Gott helfe“. Albrecht fielen aber immerhin die thüringischen und fränkischen Besitzungen des Vetters zu. Zwischenzeitlich dürfte König Konrad begonnen haben bei Albrecht bezüglich der Bereitschaft zu Resignation hinsichtlich Sachsens vorzufühlen. Unterstützung fand der König beim frisch ins Amt gewählten Erzbischof Markolf von Mainz, der eingehend auf Albrecht einwirkte und ihn sehr wahrscheinlich in den ersten Monaten des Jahres 1142 überzeugen konnte. Es zeichnete sich eine politische Lösung ab.

Der Sohn des verstorbenen Heinrich dem Stolzen war mittlerweile 12 Jahre alt und nach damals gültigem Recht mündig ein Lehen zu empfangen. Für Mai wurde nach Frankfurt zu einem großem Treffen der Fürsten des Reichs geladen. Es sollte jetzt endlich Friede geschlossen und die Angelegenheit mit dem Herzogtum Sachsen war der Schlüssel. Anfang Mai fanden sich fast alle weltlichen und geistlichen Fürsten in Frankfurt ein und auch aus Sachsen wurde reichlich beschickt, darunter Gertrud, Tochter des verstorbenen Kaisers Lothar, Witwe des verstorbenen Heinrich dem Stolzen und Mutter Heinrichs, des designierten sächsischen Herzogs. Markgraf Albrecht verzichtete jetzt offiziell auf den Titel eines Herzogs von Sachsen, so dass Heinrich (1130 – 1195), er wird bald den Beinamen der Löwe erhalten, mit dem Herzogtum belehnt wurde. Seine Mutter empfahl formell auf seine Ansprüche auf Bayern zu verzichten, wozu er einwillgte. Der seit fünf Jahren währende Krieg um Bayern und Sachsen war beigelegt, Konrad III. als römisch-deutscher König von niemandem im Reich mehr in Frage gestellt. Für Markgraf Albrecht stellte es eine schmerzliche Niederlage dar, wurde aber durch den Erwerb des Orlamünder Erbes immerhin erträglich.
Der Friede in Sachsen und den angrenzenden Gebieten im Osten blieb brüchig, die Rivalitäten gingen nach wenigen Jahren in einer neue Phase. Heinrich der Löwe war ein unruhiger, ein machthungriger Zeitgenosse und in dieser Beziehung ähnelten sich der Löwe und der Bär, wie Albrecht mittlerweile genannt wurde, ungemein.


Ein Gedanke zu „Buch 1, Kapitel I: „Albrecht der Bär – Vom Grafen zum Herzog““

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