Buch 1, Kapitel II: „Albrecht der Bär – Die Brandenburg“

 


Albrecht war mit seinen Bemühungen die Vorherrschaft in Sachsen durch den Erwerb des Herzogtitels zu erringen, krachend gescheitert. Zwar belehnte ihn Konrad III. 1138 mit Sachsen, doch konnte er sich dort ohne Bündnispartner nicht halten und war nach anfänglichen Erfolgen, von einer unüberwindlichen Opposition aus Anhängern Heinrichs des Stolzen konfrontiert worden. Im Mai 1142 resignierte er seine Ansprüche, nachdem nicht nur längst alle Positionen im Herzogtum verloren waren, sondern auch der größte Teil seiner Erblande und Reichslehen besetzt waren. Der zwölfjährige, gleichnamige Sohn des vorerwähnten Heinrichs, er war überraschend verstorben, wurde jetzt mit dem Herzogtum belehnt. Trotz des zeitweilig drohenden Verlusts wesentlicher Teile seiner Besitzungen, gemeint waren sowohl die askanischen Stammlande, als auch die Nordmark, ging er am Ende der Auseinandersetzung nicht territorial gemindert aus dem Konflikte hervor. Als Nutznießer einer glücklichen Erbschaft konnte er sogar einen Gebietszugewinn verbuchen. 1140 starb mit dem rheinischen Pfalzgrafen Wilhelm eine Nebenlinie der Askanier aus. Wilhelm war der jüngste Sohn Pfalzgraf Siegfrieds, der seinerseits ein Bruder von Albrechts Großvater war. Wohl kam Markgraf Albrecht nicht in den Genuss durch den staufischen König mit dem pfalzgräflichen Fahnlehen bedacht zu werden, erhielt aber immerhin Teile der Allodialgüter in Thüringen und Nordfranken. Später folgte noch die Grafschaft Weimar-Orlamünde, die ihm als Reichslehen verliehen wurde. Obwohl er also den Kampf um das Herzogtum Sachsen verloren hatte, zweimal praktisch heimatlos für eine ganze Zeit mit dem königlichen Hof umherreisen musste, hatte er am Ende Glück und ging territorial gestärkt aus dem Frankfurter Reichstag hervor.


Die Zeit nach dem Frankfurter Friede

Am 10. Mai 1142 wurde der Friede auf dem Frankfurter Hoftag beurkundet. Alle Seiten zeigten sich, gedrängt vom Reichsoberhaupt, kompromisbereit und gaben Teile ihre Ansprüche auf. Der König belehnte den jungen Heinrich den Löwen mit Sachsen, dieser verzichtete dafür auf seine Ansprüche am Herzogtum Bayern, womit dort die Babenberger Regentschaft bestätigt wurde. Albrecht verzichtete seinerseits auf seine Ansprüche hinsichtlich Sachsen, und erhielt dafür die Güter in Thüringen und Franken und wie erwähnt später auch noch die Grafschaft Weimar-Orlamünde. Als letzten Nutznießer wollen wir nicht den König selbst vergessen. Er ging aus jenem Konflikt als das von allen anerkannte Oberhaupt des Reiches hervor und war damit vielleicht der größte Gewinner überhaupt, immerhin musste er hierfür nichts opfern, sondern konnte aus den Hinterlassenschaften und der allgemeinen Streitmasse anderer die Ansprüche der Rivalen befriedigen, während er gleichzeitig noch den Babenberger Verwandten Leopold und Heinrich mit dem Herzogtum Bayern und der rheinischen Pfalzgrafschaft bedeutende Reichslehen zukommen lassen konnte. Nach einer Frühphase, in der Konrad mit militärischer Stärke seine Entschlossenheit unter Beweis stellte, schwenkte er jezt auf eine Politik des Interessensausgleich ein und beschritt in dieser Hinsicht die Pfade der Konsensualpolitik seines Vorgängers.  Selbstverständlich konnte der Frankfurter Friede nicht alle offenen Streitpunkte, nicht all die erlittenen oder geleisteten Demütigungen bereinigen. Es gab für den König aber auch für die Mittelmächte in den Einzelterritorien, immer noch viel Arbeit zu leisten.

Furchtbar hatte der jahrelange Krieg in den Ländern Albrechts gewütet. Ungezählte Dörfer und Meiereien waren verwüstet, ganze Gegenden entvölkert. Felder waren unbestellt geblieben und verödet. Die Burgen lagen in Trümmern. Kurzum, ein jammervolles Bild in weiten Teilen seiner Landschaften. Ob sich der Markgraf die Frage nach dem Sinn und Wert seiner bisherigen Anstrengungen stellte? Wenn auch seine Territorien jetzt größer waren als ehedem, durch die Verheerungen blieben sie weit unergiebiger und weit hinter dem zurück, denn zum Zeitpunkt als er 1123 vom Vater das Erbe antrat. Verbrannte Dörfer, Weiler und Flecken waren nicht das Ergebnis einer segensreichen Regentschaft, sie waren das Resultat einer gefährlich ehrgeizigen Machtpolitik die auf Expansion ausgerichtet war. Wir wissen nicht ob ihn eine derartige selbstkritische Frage bewegte, ob sie für die Zeit überhaupt denkbar war. Im zwölften Jahrhundert war das ganze Schriftwesen auf das Nötigste reduziert. Auf Beurkundung von Kaufverträgen, Schenkungen, Belehnungen, Gründungen und dergleichen andere Dinge. Wir wissen sehr wenig was an alltäglichen Maßnahmen von den Territorialfürsten vorgenommen wurde, vom Leben der einfachen Menschen ganz zu schweigen. Demgemäß bleibt in Bezug auf Albrecht nichts anderes übrig, als sich auf jene, nicht übermäßig vielen Urkunden zu beschränken, in denen er inhaltlich erwähnt wurde. Es genügt um seine oft rastlos anmutende Geschäftigkeit auf Reichsebene und im sächsischen Raum zu verfolgen, lässt aber allerhand Lücken und damit Interpretationsspielraum hinsichtlich seiner Gedanken und alltäglichen Tätigkeiten. Aus den schriftlichen Zeugnissen der Zeit nach dem Frankfurter Frieden entnehmen wir ein neue, bislang ungekannte Facette an Albrecht. Er tritt jetzt gehäuft als Schlichter auf, was einen scharfen Gegensatz zu seiner bisherigen Politik des Schwertes darstellte. Sollte es sich doch erweisen, dass er in sich gegangen war um seine bisherige Politik zu hinterfragen? Man könnte zumindest den Eindruck gewinnen. Wir sehen jetzt seinen ältesten, zwischenzeitlich etwa siebzehnjährigen Sohn Otto (1128 – 1184), des Öfteren an seiner Seite, daneben auch schon gelegentlich den Jüngling Hermann (1130 – 1176) und sogar den Knaben Siegfried (1132 – 1184).

1146 trat Albrecht in Gemeinschaft mit dem Meißner Markgrafen Konrad von Wettin als Schlichter in den Zerwürfnissen zwischen dem Reich und Polen auf. Wie kam es dazu? Am 28. Oktober 1138 starb in Polen der herrschende Herzog Bolesław III. Schiefmund (1085 – 1138). Dessen Tod fiel zeitlich mit den im Reich ausgebrochenen Kriegswirren um das Herzogtum Sachsen zusammen. Laut Testament sollte Polen unter den vier ältesten Söhnen aufgeteilt werden, wobei dem Erstgeborenen aus erster Ehe, Władysław (1105 – 1159), neben Schlesien, zusätzlich das Krakauer Land und damit das Amt eines Seniorherzogs zukam. Diese Vorkehrung des Vaters sollte einen ausbrechenden Machtkampf unter den Brüdern und deren Nachfolgern verhindern. Lange währte der Frieden derweil nicht. Es kam unter den brüderlichen Teilherzögen, unterstützt vom polnischen Großadel, zum Widerstand gegen Władysław, der umgekehrt die eigene Vormachtstellung auf Kosten seiner Brüder weiter ausbauen wollte. In der Schlacht an der Pilitza (polnisch Pilica) erlag er ihren vereinten Kräften und musste aus dem Land fliehen, wodurch er seither den Beinamen der Vertriebene trug. Er begab sich in den Schutz des deutschen König, mit dem er verschwägert war. Seine Gemahlin, Agnes von Babenberg (um 1110 – 1163), war die Halbschwester Konrads III.

Zu Kayna bei Altenburg, im Bistum Naumburg, hielt der König im März und April 1146 Hoftag. Władysław reiste herbei und unterwarf sich dem Staufer, huldigte ihm und nahm seine polnischen Herzogtümer in Schlesien und Krakau vom römisch-deutschen König zu Lehen. Es war ein gerissener Schachzug und Konrad III. schluckte den Köder, indem er den Herzog zum Herrscher von ganz Polen machte, ohne die Begebenheiten zuvor ausreichend abzuwägen. Der König forderte die Brüder des verschwägerten Herzogs auf dessen Oberherrschaft über Polen zu akzeptieren, doch stattdessen wählten sie den nächstälteren Bruder, Bolesław IV. (1120 – 1173) zu ihrem Senior. Den Hochsommer über wurden die Verhandlungen ohne Erfolg fortgesetzt, so dass Konrad, dessen Geduld sich dem Ende neigte, beschloss das vermeintliche Recht mit dem Schwert durchzusetzen. Im August beriet er sich in Meißen mit den anwesenden Fürsten, ließ ein Heer aufstellen und marschierte Richtung Oder. Polnischerseits wurde der Einmarsch, gut gerüstet und in günstigen Positionen erwartet. Mit ihrer leichten Reiterei, die schnell und wendig den schwerfälligen Schlachtrössern der deutschen Panzerreiter entfliehen konnten, störten sie den Lebensmittelnachschub des königlichen Heers, das schon bald unter Knappheit zu leiden begann. Konrad III. war durch die akut werdende Versorgungsknappheit und von murrenden Fürsten aus seinem Lager unter Druck gesetzt. Er nahm abermals Verhandlungen auf, die er den oben genannten beiden Markgrafen Albrecht von Ballenstedt und Konrad von Meißen überließ. Beiden gelang es einen Frieden auszuhandeln, indem Bolesław versprach zu gegebener Zeit vor einem Fürsten- oder Hoftag zu erscheinen und das Urteil, gleich wie es ausfallen mag, zu akzeptieren. Bis dahin wurde Władysław in Altenburg ein repräsentativer Wohnsitz zugewiesen. Der jüngere Bolesław blieb indes der dominante Herzog in Polen, während sein älterer Halbbruder in der Fremde ausharren musste.

Zwischenzeitlich fesselte ein anderes Ereignis die Aufmerksamkeit des Königs, wenngleich er sich zu Beginn dem trügerischen Reiz noch erfolgreich erwehren konnte.


Zweiter Kreuzzug und Wendenkreuzzug

Ende Dezember 1144 fiel mit der Stadt Edessa, einer jener Kreuzfahrerstaaten, der nach dem ersten Kreuzzug (1096 – 1099) im syrischen Gebiet entstanden war. Edessa ging durch die Unvorsicht des Grafen Joscelin II. verloren, der zuvor mit dem Großteil seiner Truppen einem Verbündeten Hilfe leistete. Der seldschukische Fürst Imad ad-Din Zengi (arabisch عماد الدين زنكي) nutzte die günstige Gelegenheit, um die weitgehend schutzlose und entblößte Stadt im November zu belagern und am Heilig Abend des Jahres 1144 einzunehmen. Zwei Tage später brach auch in der Zitadelle der letzte Widerstand zusammen. Es folgte ein Gemetzel unter den christlichen Einwohnern der Stadt. Die Grafschaft Edessa war bislang ein Bollwerk nach Osten und schirmte die christlichen Staaten, die sich entlang der Küste nach Süden, bis zur Sinai Halbinsel hinzogen, gegen die kriegerische Expansion der türkischen Seldschuken ab. Ein sorgenvolles Raunen und Klagen ging durch die Region und die Welt der römischen Kirche. Die heiligsten Stätten der Christenheit liefen Gefahr erneut in die Hände des Islams zu fallen.

In Rom wurde der Plan eines neuen Kreuzzugs geboren. Papst Eugen III., ganz unter dem Einfluss des charismatischen Zisterzienser Mönchs Bernhard von Clairvaux (1090 – 1153), verfasste am 1. Dezember 1145 die goldene Kreuzzugsbulle Quantum praedecessores, die er direkt an den französischen König Ludwig VII. adressierte. Bernhard von Clairvaux avancierte in kürzester Zeit zur Gallionsfigur der Kreuzzugsbewegung. Ostern 1345 nahm der König von Frankreich das Kreuz auf. Er verpflichtete sich an einem Zug ins Heilige Land teilzunehmen. Auch andere europäische Fürsten schlossen sich an, aus England, Flandern, Oberitalien strömten Kreuzfahrer zusammen. Mit den Königen von Sizilien, Ungarn und dem römisch-deutschen König Konrad III. wurde verhandelt. Kaiser Manuel I. Komnenos von Byzanz gewährte den Durchmarsch nach Kleinasien und sicherte Versorgung zu.
Dem Beispiel des Klerikers Bernhard schlossen sich weitere Apologeten an. Sie hetzten die Volksmassen auf, so dass es, wie schon während des ersten Kreuzzugs, zu Übergriffen und auch Morden gegen Juden kam. Konrad III., der im Dezember aus Sachsen an den Rhein zurückgekommen war, schritt energisch ein, unterstützt von der hohen Geistlichkeit, die schockiert von den Pogromen war. Die Exzesse blieben, trotz aller Schwere, durch die königliche Intervention weit hinter jenen anlässlich des ersten Kreuzzugs.

König Konrad der III. als Kreuzfahrer

Konrad war bislang nicht geneigt sich dem großen Zug nach dem Heiligen Land anzuschließen. Im November lehnte er die Aufforderung des redegewaltigen Abtes ab. Zu große war die Unruhe im Reich und zu wackelig der Frieden in Sachsen. Auf dem im Dezember zu Speyer abgehaltenen Hoftag kam es zu einer erneuten Unterredung zwischen Bernhard und Konrad. Der König begann zu schwanken. Am 27. Dezember hielt der Zisterzienser Abt während der Messe im Kaiserdom eine flammende Rede. Die Zuhörer waren zutiefst davon betroffen. Der anwesende König und zahlreiche hohe Fürsten ließen sich mitreißen und waren jetzt von der Notwendigkeit überzeugt, das Grab des Heilands zu schützen. Entgegen seiner bisherigen Haltung und wider dem ausdrücklichen Wunsch und Rat des älteren Bruders, der schwer erkrankt mit dem Tode rang, nahm Konrad die Fahne und das Kreuz aus der Hand Bernhards von Clairvaux entgegen. Die Herzöge von Böhmen und Lothringen, die Bischöfe aus Freising und Naumburg taten es ihm gleich. Der rebellische Welf VI., jüngerer Bruder des verstorbenen Heinrichs des Stolzen und Onkel des jetzt amtierenden sächsischen Herzogs Heinrich dem Löwen, hatte bereits am Heiligabend das Kreuz aufgenommen. Sehr wahrscheinlich erleichterte dies dem König seine eigene Entscheidung. Schlussendlich schloss sich dem königlichen Beispiel auch noch der Neffe, Herzog Friedrich III. von Schwaben an, der nachmalige Friedrich I. Barbarossa.
Aus dem sächsischen, dem norddeutschen Gebiet, waren kaum Freiwillige zu finden, außer dem schon genannten Naumburger Bischof, schien nur noch Graf Bernhard von Plötzkau sich berufen gefühlt zu haben. Bevor der König sich an der Spitze des deutschen Kontingents auf den Weg machen konnte, musste noch so manches im Reich geregelt werden. Auf einem im März 1147 abgehaltenen, großen Hoftag in Frankfurt versammelte er noch einmal viele der Großen des Reichs. Sein erst zehnjähriger Sohn Heinrich wurde dabei einstimmig zum Mitkönig gewählt und der Mainzer Erzbischof Heinrich (1080 – 1153) während der Abwesenheit des Königs zum Regenten des Reichs bestimmt. Abt Bernhard versucht auf dem Hoftag die bisherigen Zauderer, vor allem die sächsischen Fürsten, doch noch zu gewinnen, doch die drei einflussreichsten Fürsten, Herzog Heinrich der Löwe, Markgraf Konrad von Meißen und der Lausitz sowie Markgraf Albrecht der Bär beharrten auf ihrer ablehnenden Position. Sie argumentierten, dass ihren Gebieten die heidnischen Slawen unmittelbar gegenüber lägen und diese galt es zuerst zu bekehren. Wohl war das Argument, nach den Wahrnehmungen der Zeit stichhaltig, doch ist nicht zu leugnen, dass es ein willkommener Vorwand war, um nicht die beschwerliche und gefährliche Reise in den Orient zu unternehmen. Die Rivalität untereinander erlaubte es keinem der drei sich dem Zug des Königs anzuschließen, wenn von ihnen auch nur einer zurück bliebe.

Man sollte annehmen, der Papst, der nicht nur Schirmherr, sondern auch leitender Kopf des Kreuzugs sein wollte, könnte sich nicht genug Unterstützung wünschen und wäre über jeden Fürsten, der sich der Bewegung anschloss höchst erfreut. Doch im Falle Konrads war der Fall anders. Von ihm erhoffte sich der in Rom auf sehr schwachen Füßen stehende Papst, er würde mit einem Heer nach Italien, statt nach Palästina ziehen und die päpstliche Stellung militärisch durchsetzen. Daran hätte sich sicherlich die Kaiserkrönung angeschlossen, womit auch Konrad gedient gewesen wäre. Es kam anders. Der Papst blieb unter dem Druck des römischen Senats und musste um sein Pontifikat bangen. Den Zug ins Heilige Land begleitete er nicht, ob er es selbst unter veränderten Vorzeichen in Erwägung gezogen hätte, ist fraglich. In seiner politisch geschwächten Lage konnte er keinerlei Druck auf jene Fürsten des Reich oder im sonstigen christlichen Europa ausüben, die sich dem Kreuzugsvorhaben verweigerten. Als Kompromiss gestand er den norddeutschen und skandinavischen Fürsten sowie den christlichen Reichen auf der iberischen Halbinsel zu, ihren eigenen regionalen Kreuzzug gegen die Heiden in ihrer unmittelbaren Umgebung vorzunehmen. In Spanien waren dies die seit dem siebten Jahrhundert sich ausbreitenden Mauren und in Norddeutschland die Wenden rechts der Elbe und entlang der Ostseeküste im späteren Mecklenburg und Pommern, wie auch in Schleswig und Holstein. Beiden parallelen Unternehmungen wurden die gleichen Privilegien, wie Sündenvergebung und kirchlicher Schutz, das heißt Immunität während der Teilnahme am Kreuzzug garantiert. Der zweite Teil der päpstlichen Verfügung war für so verkrachte Persönlichkeiten wie es Welf VI. war, eine willkommene Gelegenheit seinen verbliebenen Besitzungen im Reich Luft zu verschaffen, während er sich selbst in Dienste des Herren verdient machte.

Über den Zug ins Heilige Land fassen wir uns kurz, man könnte ein eigenes Kapitel darüber schreiben. Um es vorweg und auf einen Punkt zu bringen, er verlief für das deutsche Kontingent katastrophal. Im August 1147 ging es von Regensburg aus über Österreich, den Balkan und die Meerenge bei Konstantinopel, in den vorderasiatischen Raum. Der französische König, der sein Heer bei Metz sammelte, zog mit seinem Heer erst einige Wochen später los. Konnte der deutsche Zug noch bis etwa zur Höhe von Sofia in disziplinierter Marschordnung und Zucht gehalten werden, kam es jetzt zunehmend zu Fällen von Plünderungen, denen Konrad anfangs noch mit harten Strafen begegnete, im weiteren Verlauf aber immer weniger Herr wurde. Den bewaffneten Kreuzfahrern hatten sich ganze Heerscharen aus dem einfachen Volk angeschlossen, vom frommen Pilger bis zum mittellosen Bettler, selbst ganze Familien. Um die ohnehin schwieriger werdende Versorgungslage nicht noch zu steigern, trennten sich die unbewaffneten Teilnehmer und nahmen jenseits der Meerenge von Konstantinopel eine vermeintlich sicherere Route entlang der Küste. Konrad zog mit den kampfkräftigen Streitkräften, verproviantiert für acht Tage, weiter durch das zentralanatolische Bergland. Bald gingen die Vorräte zur Neige. Geschwächt durch Wasserknappheit und den Belastungen des Marschs, kam es bei Dorylaion dem heutigen Eskişehir, Oktober 1147 zu einem Hinterhalt und einer Serie von äußerst verlustreichen Rückzugsgefechten. Von knapp 20.000 deutschen und böhmischen Kreuzfahrern, konnten sich nur rund 2.500 zumeist Berittene retten, darunter die Masse des Hochadels. Viele von ihnen waren verletzt. Ein kümmerlicher Rest schloss sich später den heranrückenden Franzosen an. Auch König Konrad trug Verletzungen davon, erkrankte darüber hinaus um die Weihnachtsfeiertage und reiste nach Konstantinopel, wo er sich erholte und später erneut Anschluss zum französischen Heer suchte, dass seinerseits bei Laodicea schwere Verluste erlitten hatte. Wir brechen die weitere Betrachtung an dieser Stelle ab, nur noch so viel, den fast ungeschützten Treck der Zivilisten traf es nicht minder hart, auch unter Ihnen hielt der Tod die reichste Ernte. Es war ein entsetzliches, ein nahezu vollständiges Fiasko an dessen Ende die gesamte Region, selbst solche Gebiete die bislang neutral oder sogar wohlwollend waren, zu Gegnern der Christen wurden. Die Situation in Syrien und Palästina war in Folge des gescheiterten Kreuzzugs anschließend um einiges schlechter als vor Beginn der Unternehmung.

Ohne auf die Einzelheiten und zahlreichen Fehler des gescheiterten Kreuzzugs näher einzugehen, konzentrieren wir uns stattdessen auf den großen Wendenzug im Nordosten. Albrecht spielte schon beim Beschluss eine entscheidende Rolle. Anlässlich des Frankfurter Hoftags vom März 1147 wurde offenkundig, dass viele deutsche Fürsten nicht gegen die Ungläubigen im Heiligen Land ziehen wollten, stattdessen alternativ einen Kreuzzug gegen die heidnischen Slawen im Nordosten und Osten präferierten. Abt Bernhard von Clairvaux unterstützte trotz anfänglicher Bedenken das Vorhaben, zu dessen maßgeblichen Verfechtern Albrecht der Bär gehörte. Ein weiterer, im April in Nürnberg abgehaltener Hoftag festigte den Entschluss. Wir deuteten schon darauf hin, dass im sächsischen Raum die vordergründig beigelegte, latent aber weiterschwelende Rivalität, besonders zwischen Albrecht und dem jungen Heinrich, einer der ausschlaggebenden Gründe einer weitverbreiteten Verweigerungshaltung unter den Sachsen hinsichtlich eines Palästinazuges war. Der von Herzog Heinrich vorgebrachte Anspruch auf das Herzogtum Bayern erhöhte die allgemeine Skepsis im norddeutschen Reichsteil noch. Es scheint, Heinrich war in Bezug auf seine Anrechte bezüglich Bayerns bereit auf Konfrontationskurs zum König zu gehen. Unter diesen Bedingungen hielten es die allermeisten sächsischen Fürsten für ratsam nicht in die Ferne zu ziehen. Möglicherweise war der in gößerem Umfang ins Spiel gebrachte Wendenkreuzzug vor allem als Manöver gedacht, um der norddeutschen Region und gleichzeitig dem Reich den erst wenige Jahre alten, brüchigen Frieden zu bewahren. Auf jeden Fall fand die Unternehmung jetzt großen Zulauf zahlreicher weltlicher und geistlicher Fürsten.
Am 13. April verfasste Papst Eugen III. von Troyes aus eine eigene Kreuzzugsbulle Divini dispensatione, die den Zug gegen die slawischen Heiden dem Kreuzzug ins Heilige Land rechtlich gleichstellte. Ende Juni sollte sich das gegen die Slawen gerichtete Heer in Magdeburg sammeln. Im Verlauf des Nürnberger Tags brachte Heinrich der Löwe einen eigenen Kreuzzugsentwurf vor. Bislang war ein Heer vorgesehen das von Magdeburg aus über die Elbe setzen und nördlich an der Havel vorbei, in allgemein nordöstlicher Richtung vorstoßen sollte. Heinrich forderte einen parallelen Zug gegen die Abodriten, die nördlich der Prignitz im heutigen Mecklenburgischen und in Ostholstein siedelten. Sein Vorschlag war nachvollziehbar, lagen doch deren Siedlungsstätten seinen Ländereien abschnittsweise gegenüber. Aus den gleichen Gründen bevorzugte Albrecht den Zug über die Elbe bei Magdeburg oder etwas nördlich davon. Hier lag das rechtselbische Wendenvorland, das widerum seinen Besitzungen am nächsten war und dessen nachhaltige Befriedung ganz in seinem Interesse sein musste, weil es von dort aus in der Vergangenheit zu wiederholten Aktionen gegen seine Ländereien kam. Wenn wir schon über Präferenzen sprechen macht es Sinn auch gleich die Motivationsfrage zu stellen. Zunächst waren es wohl die schon erwähnte taktischen Beweggründe. Einerseits ersparte man sich einen langen, überaus beschwerlichen und höchst gefährlichen Zug in den vorderen Orient, zum zweiten diente, wie wir schon erläuterten, der Wendenzug der Stabilisierung des Reichsfriedens, ging doch mit der Kreuzzugsbewegung, egal ob ins Heilige Land oder in das Gebiet der heidnischen Slawen, ein allgemeiner Reichsfriede einher. Ein Verstoß dagegen, möglicherweise noch dazu gegen einen Fürsten der zuvor das Kreuz aufnahm, hätte die schwersten Folgen gegen den Friedensbrecher mit sich geführt. Worüber wir bezüglich der Beweggründe bislang noch nicht sprachen waren die Partikularinteressen der Fürsten. In Bezug auf Albrecht den Bären und Heinrich den Löwen stand durchaus schon reale Territorialpolitik als Motiv hinter einem Zug in die Slawengebiete. Dass es Albrecht um die Bekehrung der Heiden ging würden wir gerne unterstellen, doch zeigten die bisherigen Ereignisse anlässlich seiner beiden Kriegszüge ins Gebiet der Elbslawen, dass es mit der Christianisierung nicht weit her war. Plünderungen, Geiselnahmen zwecks Lösegelderpressung, Abschreckung und Machtdemonstration bildeten den Schwerpunkt bisheriger Aktionen. Wir dürfen mit gutem Gewissen annehmen, dass es auch bei Heinrich dem Löwen nicht um menschenfreundliche Motive ging. Die Erweiterung des eigenen Territoriums bzw. Einflussgebiets, besonders die Erschließung neuer Geldmittel, war hauptsächlicher Motor fürstlicher Politik im Mittelalter.

Den Slawen blieben die Vorbereitungen jenseits ihrer Grenzen selbstverständlich nicht verborgen, immerhin machte auch niemand ein Geheimnis aus dem Vorhaben. Und nur weil sie nicht dem christlichen Glauben nachhingen und stattdessen einem archaischen Naturglauben anhafteten, verfügten sie dennoch über Informanten, Mittelsmänner und Kontaktleuten in den christlichen Ländern.
Den Heiden sollte, so war das formelle Kreuzzugsmotto, endgültig und für immer das Christentum gebracht werden, zur Not mit äußerster Gewalt, zum Wohle ihrer umsterblichen Seele. Weder die Elbslawen, noch die nördlicher siedelnden Verwandten, die Abodriten und deren assozierte Stämme darf man sich als Halbwilde vorstellen. Ihre bisherigen Stärken waren Zusammenhalt und die Unwegsamkeit ihrers Siedlungsraums, in dem sich die Bevölkerung im Bedarfsfall leicht bei Angriffen verbergen konnte. In technologischen Aspekten, in der Kunst des modernen Schmiedens von Waffen und Rüstungen etc., waren sie von den christlichen Reichen ringsherum längst überflügelt worden. In den rund 150 Jahren ihrer Selbstständigkeit hatten sie größtenteils den Anschluss verloren, die Kehrseite der bisherigen Abschottung und Isolation. Da im Krieg ihre Hauptstrategie ohnehin im schnellen zuschlagen und abtauchen bestand und nicht im ausfechten von Feldschlachten, fiel dieser Nachteil, der auch schon zu Zeiten der Ottonen existierte, bislang nicht übermäßig ins Gewicht. Jetzt aber, im zwölften Jahrhundert, war die Kluft bereits ganz erheblich geworden, auch wenn einzelne Trupps, wie die Leibwachen der Adelsfamilien, gut ausgerüstet waren. Vielleicht kann man es ein wenig vergleichen mit den vortrefflich ausgestatteten römischen Legionen der Antike und den germanischen Kriegern um die Zeitenwende. In einer offenen Feldschlacht waren die Germanen den disziplinierten, aufeinander abgestimmten Formationen Roms, sollte keine drückende Überlegenheit bestehen, üblicherweise deutlich unterlegen. Im Guerillakrieg in den Wäldern, wo die Legionäre ihre Formationstaktiken, wie auch ihre überlegene Waffentechnik nicht zur Entfaltung bringen konnten, war der Vorteil bei den Einheimischen, wie die katastrophale römische Niederlage im Teutoburger Wald im Jahre 9 bewies. Völlig chancenlos waren die Slawen also nicht. Sie mussten sich auf ihre Stärken konzentrieren, auf die Einheit untereinander, auf Ortskenntnisse und auf schnelles zuschlagen und ebenso schnellen Rückzug, um damit den Gegner zu zermürben.

Statue von Fürst Niklot
Schloss von Schwerin

Niklot (um 1100 – 1160), der heidnische, königsgleiche Fürst der Abodriten, Kessiner und Zirzipanen, bereitete sein Volk auf den Einfall der christlichen Streitkräfte vor. Unter Lothar III. war er seit 1131 in ein dem Reich nahes Verhältnis gerückt und leistete Tribut und wohl auch Heerfolge. Mit dessen Tod erlosch für den slawischen Großfürsten die Verbindung und Treupflicht, die er dem Kaiser nicht aber dem Reich geschworen hatte. Wir erkennen hier ein ganz wesentliches Merkmal, ein weitverbreitetes Prinzip des Mittelalters. Loyalität existierte hauptsächlich zwischen einem Personenverband. Man schwor primär einer Person, nicht einer Institution oder Sache die Treue. Der Reichsgedanke war etwas abstraktes und wohl noch einem christlichen Fürsten gedanklich zugänglich, da ebenso der christliche Glaube an ein Himmelreich oder an die Kirche in gleicher Weise abstrakt war. Für einen heidnischen Fürsten wie Niklot waren dergleichen Assoziationen vielleicht nicht unbedingt fremd aber doch unzweckmäßig bzw. in seinem Kulturkreis nicht existent. In seinem, wie im Verständnis vieler anderer, vergingen mit dem Tod einer Person, auch die bislang eingegangenen Verbindlichkeiten.
Mit dem bevorstehenden Kreuzzug bestand für den erst wenige Jahre wieder unabhängig agierenden Abodritenfürsten die ernstzunehmende Gefahr abermals in ein tributpflichtiges Abhängigkeitsverhältnis gepresst zu werden. In dieser Situation trat er an Graf Adolf II. von Schauenburg (1110 – 1164) heran. Mit ihm bestand seit 1142 ein Freundschafts- und Bündnisvertrag, vergleichbar mit jenem zwischen Albrecht dem Bären und dem Hevelerfürsten Privislaw-Heinrich von Brandenburg, wenn auch nicht mit gleichem familiären Charakter und mit dem Unterschied, dass der Abodrite im Gegensatz zu Pribislaw kein Christ war. Niklot bat seinen Verbündeten um Vermittlung und Fürsprache bei den Sachsen, besonders bei Adolfs Lehnsherren, dem welfischen Herzog Heinrich von Sachsen. Im äußersten Falle forderte er auch um waffenmäßige Bündnisunterstützung. Der Graf musste in beiden Fällen ablehnen, es fiel ihm nicht leicht den einst geleisteten Zusagen nicht nachzukommen, aber die Verpflichtungen seinem eigenen Lehnsherren gegenüber, wogen unter allen Umständen schwerer. Enttäuscht, aber nicht überrascht gab Niklot auf und begann mit Zurüstungen sowie der Befestigung seiner Residenzburg bei Dobin, am Schweriner See. Gleichzeitig unternahm er einen der gefürchteten Vorstöße in das Herrschaftsgebiet seines formell weiterhin noch Verbündeten. Tatsächlich ließ er ihn am Vorabend der Aktion davon noch in Kenntnis setzen, aber natürlich blieb in der Kürze der Zeit keine Gelegenheit geeignete Abwehmaßnahmen zu ergreifen. Gerade die Siedlungen der Kolonisten in Wagrien konnten nicht mehr gewarnt werden. Bis heute wird von einigen Historikern die Tat als militärischer Präventivschlag gedeutet, besonders in Polen, wo der vermeintlich unbeugsame Slawenfürst eine gewisse Popularität genießt. Am 26. Juni überfiel er von der Seeseite kommend, die Trave hinauffahrend, den von Graf Adolf II. gegründeten Handelsposten Lübeck und ließ die Wallsiedlung plündern. Auf mitgeführten Pferden steiften sie nach Westen und überfielen die Dörfer der vor nicht allzu langer Zeit zugewanderten deutschen Kolonisten und brannten sie nieder. Die Männer wurden erschlagen, Frauen und Kinder verschleppt. Die Siedlungen der slawischen Holsten wurden auf ausdrückliche Anweisung Niklots verschont. Als Adolf mit einer bewaffneten Schar anrückte, zogen sich die Angreifer mit ihrer reichen Beute auf die Boote zurück und traten den Heimweg an. Den Charakter eines großangelegten, präventiven Militärschlags kann man der Aktion nur schwer unterstellen. Die abseits gelegene Burg von Lübeck wurde beispielsweise verschont und auch sonst Kampfhandlungen aus dem Weg gegangen. Wenn der Überfall überhaupt einen militärischen Zweck hatte, dann um mit der heimgeführten Beute, Mittel für den erst anstehenden Konflikt mit den Kreuzfahrern zu schaffen.

Die Kunde vom Überfall auf die Siedlungen in Wagrien erreichte in Windeseile die sächsischen Gaue weiter südlich. Die zum Kreuzzug gerüsteten Streiter brannten auf Rache. Vom Auftrag den Heiden die christliche Botschaft zu bringen waren die wenigstens noch beseelt, wenn überhaupt je. Unter der Leitung der Herzöge von Sachsen und Zähringen, sowie des Erzbischofs von Bremen, setzte sich das nördliche Heer von vermutlich Lüneburg aus in Marsch. Die zeitgenössischen Chronsiten bezifferten es auf 40.000 Mann. Nach heutigen Einschätzung war die Zahl sicherlich deutlich zu hoch und dürfte nur schwer 10.000 Mann stark gewesen sein. Bei Artlenburg überschritt man die Elbe und marschierte in direkter Richtung auf Dobin, wo Niklots Hauptburg lag. Der Vormarsch war durch die wald- und sumpfreiche Landschaft erheblich erschwert. Nirgendwo stieß das Heer auf Widerstand. Die wenigen Siedlungen, die durchzogen wurden, waren kürzlich verlassen worden. Die vorgewarnte Bevölkerung war in die zahlreichen Wälder und Moore abgetaucht und wartete dort den Durchmarsch der Kreuzfahrer ab. Die Burg lag hervorragend zu verteidigen auf einer schmalen Landbrücke, nordöstlich des Schweriner Außensees. Dort angekommen, begannen die Sachsen von Süden her mit der Belagerung. Von Norden wurden sie von eintreffenden Dänen unterstützt, die ihrerseits die Gelegenheit Beute zu machen nicht verstreichen lassen wollten. Die beiden rivalisierenden Könige Sven III. Grate (vor 1120 – 1157) und Knut V. Magnuson (1130 – 1157), sie waren Vettern, legten ihren Thronstreit während des dänischen Kreuzzugs bei. Bei vermutlich dem heutigen Wismar hatten sie einen wendischen Hafen erobert, wo sie ausschifften und die verbliebenen rund 20 Kilometer auf dem Landweg zurücklegten.

Was war zwischenzeitlich aus Albrecht geworden? Er gehörte zum zweiten, etwas größeren Heer, das sich bei Magdeburg versammelt hatte. Wenige Tage nach dem Aufbruch der nördlichen Gruppe, überschritten auch sie bei Havelberg die Elbe und stießen nordöstlich auf Demmin und begannen mit der Belagerung. Auch sie sind ohne auf Widerstand zu stoßen bis zu diesem befestigten Ort vorgedrungen. Unterwegs verheerten sie alle Dörfer und Behausungen, vernichteten die kurz vor der Reife stehenden Ernte auf den wenigen Feldern und verwandelten das Land in eine Wüste. Bei Malchin teilte sich ein kleinerer Teil unter der Führung der geistlichen Fürsten ab, um noch weiter nach Osten zu marschieren und Stettin zu belagern. Markgraf Albrecht befand sich bei den Belagerern vor Demmin an der Peene, nordöstlich des Kummerower Sees. Die gewaltigen Anstrengungen bei der Aufstellung der zwei Heere mündeten neben den Verheerungen beim Zug durch das Land, in drei Belagerungen fester Orte. Das Ergebnis schien vorhersehbar, doch ähnlich wie König Konrads Kreuzzug, der schon in Anatolien fast sein Ende fand, stand auch der wendische Zug unter keinem guten Stern. Im Verlauf der Belagerung von Niklots Hauptfestung ereilte das dänische Heer ein schwerer Schlag. Bei einem nächtlichen Ausfall der Belagerten erstürmten diese das Lager der Dänen, konnten viele im Schlaf erschlagen und eine große Zahl Gefangene in die Burg entführen. Es sollte noch schlimmer kommen. Die Ranen überfielen von Rügen aus die unzureichend bewachte dänische Schiffsflotte vor Wismar und erbeuteten viele Fahrzeuge. Kaum machte sich die Kunde davon im dänischen Lage breit, brachen sie panisch die Belagerung ab, eilten zu den verbliebenen Schiffen, bemannten diese und trieben die Angreifer zurück nach Rügen. Desillusioniert, untereinander zerstritten, traten sie schließlich die Heimreise an, wobei sie ihre gefangenen Leute in den Händen der Abodriten zurückließen.

Bischof Otto von Bamberg, Apostel der Pommern

Die Sachsen setzten die Belagerung indes ohne den notwendigen Ernst fort. Es wurden keine Versuche unternommen die Burg einzunehmen. Ausfälle der Wenden wehrte man zwar ab, aber die Gelegenheit zu aussichtsreichen Gegenangriffen blieben ungenutzt. Schon machte sich Unmut unter den Belagerern breit. Viele der Fürsten und mit ihnen das Gefolge, waren wegen Aussicht auf Beute ins Slawenland mitgezogen. Sitzkrieg vor einer feindlichen Burg, gar verlustreiche Angriffe, waren überhaupt nicht in ihrem Interesse und untergrub die Moral der Belagerer.
Vor Demmin sah es ähnlich aus, auch dort wurde nicht genug Ernst an den Tag gelegt, um die gegnerische Burg zu nehmen und vor Stettin erwartete die Belagerer sogar so etwas wie eine Überraschung. Hier erschienen auf den Burgwällen christliche Kreuze und die Menschen innerhalb der Wälle gaben sich als schon lange getaufte Christen zu erkennen. Es wäre demgemäß nicht notwendig die Burg einzunehmen, nur um sie bekehren zu wollen, es sei denn die Belagerer hätten in Wirklichkeit andere Motive. Tatsächlich wäre es sogar ein Verbrechen, sie, ihre christlichen Brüder und Schwestern mit Krieg heimzusuchen. Und tatsächlich hatte in Stettin das Christentum Einzug gehalten. Bischof Adalbert von Pommern traf sich im Auftrag von Fürst Ratibor I. zu Unterhandlungen mit dem Anführer der Belagerer, Bischof Heinrich von Olmütz. Bischof Adalbert war Nachfolger des 1139 verstorbenen Bischofs Otto von Bamberg (um 1060 – 1139), dem sogenannten Apostel der Pommern. In den Jahren 1124 und 1128 unternahm er zwei längere Missionsreisen ins Land der Slawen, zerstörte dort heidnische Kultstätten und begann die Menschen zu taufen. In seiner Begleitung war ein Mönch namens Adalbert, aus der Benediktinerabtei Michelsberg in Bamberg. Adalbert beherrschte die Sprache der pommerschen Heiden und diente Bischof Otto als Übersetzer. Als Otto 1139 starb, wurde Adalbert erster Bischof in Pommern. Der Sitz seiner direkt dem Papst unterstellten Diözese war Cammin. Wahl und Gründung des Bistums fielen fast zeitgleich zusammen. Ein Domkapitel existierte noch nicht, weswegen ihn die pommerschen Fürsten wählten, statt einer Versammlung von Domklerikern. Adalbert forcierte in den Jahren nach seiner Weihe den Bau von Kirchen und die Anstellung von Priestern und Missionaren. Der christliche Landesfürst Ratibor I. und der christliche Hochadel Pommerns unterstützen ihn hierbei aktiv. Obwohl sich der alte Glaube und die Bräuche außerhalb der wenigen Zentren noch über Jahrzehnte hielt, konnte kaum daran gezweifelt werden, dass der christliche Glaube schon lange in Pommern Einzug hielt und mittlerweile eine gewisse Verwurzelung hatte. Die Belagerung wurde dementsprechend aufgehoben. Unter den gegebenen Umständen hielten es die geistlichen Fürsten für nicht verargumentierbar, die Feindseligkeiten weiter fortzusetzen. Man kommt nicht umhin, den Alleingang der geistlichen Fürsten Richtung Stettin kritisch zu hinterfragen. Es konnten ihnen eigentlich kaum entgangen sein, dass in Pommern einer der ihren seit mehreren Jahren wirkte. Wollten sie sich mit ihrem selbstständigen Zug nach Stettin, von dem sie wissen mussten dass es christlich war, vor einem verlustreichen Sturm von Demmin drücken?

Auch auf die Belagerungen von Demmin und Dobin macht der Seperatfrieden Eindruck. Sowohl Markgraf Albrecht, wie Herzog Heinrich sahen keinen Sinn mehr darin die Landschaften, auf die sie längst ein Auge geworfen hatten, weiter zu verheeren und zu entvölkern. Im Dezember kam es zu Vergleichen. Die Slawen bekannten sich zum Christentum, zumeist allerdings nur dem Scheine nach, worauf es zu Massentaufen kam und die christlichen Kreuzfahrer zogen ab. Die ausgehandelten Bedingungen wurden schon zu Beginn des Friedens kaum eingehalten. Von den Gefangenen, meist waren es Dänen, wurden nur die Kranken und Alten freigelassen, die arbeitsfähigen wurden weiter einbehalten. Überhaupt waren es im Nachgang die Dänen, welche am meisten unter den von See her betriebenen Überfällen leiden mussten. Ganze Landstriche wurde von den wieder und wieder durchgeführten Streifzügen der Abodriten und Ranen entvölkert.
Der mit viel Aufwand begonnene Wendenkreuzzug war zwar nicht völlig gescheitert, doch blieben die großen Ziele unerreicht. Ein Teilerfolg war zumindest, dass es zu keinen großen Überfällen auf die linkselbischen Gebiet mehr kam. Die Machtzunahme und die wachsende territoriale Integrität der sächsischen Grenzfürsten, darunter Markgraf Albrecht, machten Eindruck in den noch nicht besetzten Slawengebieten.


 Die Brandenburg fällt an Markgraf Albrecht

Nach dem Wendenkreuzzug widmete sich Albrecht wieder vermehrt den Angelegenheiten im Reich. Mit der Rückkehr des Königs aus Kostantinopel, der seit seiner Infektion während seines Kreuzzugsunternehmens immer wieder an Malariaschüben litt, brachte der unruhige Sachsenherzog Heinrich erneut seinen Anspruch hinsichtlich des Herzogtums Bayern vor. Er war längst nicht mehr abgeneigt sein vermeintliches Recht mit Waffengewalt durchzusetzen.
In diese aufgeheizte Stimmung, fällt die bedeutendste Erwerbung in Albrechts gesamter Regierungszeit, auch wenn er dies vielleicht bis zu seinem eigenen Lebensende nicht realisierte. Im Spätjahr 1150 starb Fürst Pribislaw-Heinrich wie es scheint überraschend. Erwartungsgemäß hinterließ er keine eigenen Nachkommen. Die Brandenburg sowie die zugehörigen Landschaften des Havellandes bis zur Höhe Spandau, fielen laut dem seit langem existierenden Abkommen als Erbe an Albrecht und dessen Familie. Pribislaws Frau Perrussa verheimlichte zunächst den Tod ihres Gemahls. Sie hatte die berechtigte Sorge, eine heidnische Opposition könnte sich die Situation zu eigen machen und die Macht auf der strategisch wichtigen Burg übernehmen. Zum Markgrafen wurden vertrauenswürdige Boten mit höchster Eile entsandt, die im dringend empfahlen unverzüglich mit einer Streitmacht zu erscheinen und die Regentschaft, gesichert durch ein militärisches Aufgebot, offiziell zu übernehmen. Drei Tage später ritt Albrecht an der Spitze einer Schar in der Havelfestung ein und der Tod, sowie die neuen Machtverhältnisse wurden dem anwesenden Volk öffentlich verkündet. Die Reaktion kennen wir nicht, es muss aber angenommen werden, dass die Vorsicht der Fürstenwitwe Perussa nicht unberechtigt war und dass der Regierungsantritt durch einen christlichen, sächsischen Reichsfürsten nicht rundweg positiv aufgenommen wurde. Die Erinnerungen an den Wendenkreuzzug, der kaum erst drei Jahre zurücklag, war sicherlich noch nicht verblasst, selbst wenn der Herrschaftsbereich des kürzlich verstorbenen Fürsten damals wohlweislich ausgespart wurde. Die Rolle die Albrecht im Kampf gegen ihre verwandten Vettern weiter nördlich spielte, auch seine persönlichen Rachezüge ins Wendenland davor, verliehen ihm eher den Ruf eines Slawenschlächters, denn eines vielversprechenden Fürsten und gütigen Herren.

Im Besitz der wichtigen, gut angelegten Festung an der Havel, hatte der Markgraf die besten Voraussetzungen zur Kontrolle des ganzen Havellandes. Ihre nachhaltige Sicherung durch Einquartierung einer deutschen Garnison, musste ohne jeden Zweifel eine der ersten Maßnahmen gewesen, die der Markgraf in Angriff nahm.  Belegen können wir es anhand eines direkten Urkundennachweis nicht aber wir nehmen an, dass Albrecht der Siedlung, die sich der Burganlage  anschloss, dass Stadtrecht nach Magdeburger Recht verlieh. Wir machen es daran fest, dass er in einer zeitgenössischen Urkunde davon spricht, dass Brandenburg, neben Havelberg, die einzigen Städte seiner rechtselbischen Ländereien wären. Mit dem Stadtrecht ergaben sich für die Bevölkerung gewisse Handelsprivilegien, womit zumindest einzelne Bewohner der Umgebung persönliche Vorteile aus den veränderten Besitzverhältnissen zogen. Wie es üblich war, wurden die Bewohner für fünf Jahre von allen Abgaben an die Landesherrschaft befreit.

Der überaus glückliche, wenn auch durch die Kinderlosigkeit des Hevellerfürsten  zu erwartende Erbfall, leitete die zweite askanische Expansionsphase nach Osten ein.


Konrad III. stirbt, Friedrich I. wird neuer König

Nach der Erbschaft eines so flächenmäßig so bedeutenden und weit nach Osten reichenden Gebiets, hätte man mit gutem Recht annehmen dürfen, dass sich Albrecht, mit ihm drei seiner zwischenzeitlich erwachsenen Söhne, ganz dem Landausbau links und besonders rechts der Elbe gewidmet hätten. Die Verhältnisse im Reich nahmen allerdings bald wieder den größten Teil seiner Aufmerksamkeit in Anspruch. Wir wollen nicht zu tief in die vielen kleinen Einzelheiten eintauchen und springen daher in das Jahr 1151 vor. Im Herbst zog Albrecht nach Würzburg, wohin der König einen Fürstentag einberufen hatte. Es sollte über einen Italienzug beratschlagt werden. Der nach wiederholten Zerwürfnissen mit dem römischen Stadtbürgertum außerhalb Roms residierende Papst Eugen III., rief den römisch-deutschen König zu Hilfe, um den republikanischen Senat in die Schranken zu weisen und die weltliche Autorität des Papstes über Rom wieder zu installieren. Als Lohn winkte die Kaiserkrone. Besagter Senat buhlte ebenfalls um die Hilfe des Königs und bot ihm die Kaiserkrone aus ihren weltlichen Händen an, was dieser beharrlich ablehnte. Ein weiterer Punkt der auf dem Hoftag besprochen wurde, war die Wahl eines neuen Mitkönigs. Sein ältester, bereits im März 1147 zum Mitkönig erhobener Sohn Heinrich VI., war im Spätsommer 1150 verstorben. Wir müssen bei all den Heinrichs an der Spitze des Reichs vorsichtig sein und dürfen diesen Heinrich VI. nicht mit jenem Heinrich VI. verwechseln, der später als Sohn Kaiser Friedrich I. Barbarossas dem Vater auf den Thron folgte. In der Geschichtsschreibung wird der erstgenannte Heinrich VI. nicht als offizieller römisch-deutscher König geführt, da er in Folge seines vorzeitigen Todes nie zur Alleinregentschaft kam. Kehren wir zum Würzburger Hoftag zurück. Für Ende Februar 1152 wurde beschlossen Konrads zweiten Sohn Friedrich zum Mitregenten zu wählen, worauf für den 9. März 1152 die Krönung in Aachen vorgesehen war. Zur Durchführung kam es nicht mehr. Konrad starb am 11. Februar 1152 in Bamberg, an den Folgen eines neuerlichen Ausbruchs der Malaria. Auf dem Sterbebett empfahl er den anwesenden Fürsten seinen Neffen, den schwäbischen Herzog Friedrich III., statt seines noch minderjährigen Sohns zu wählen.

Zwischen den Monaten des Hoftags zu Würzburg und dem Tod Konrads, bahnte sich im sächsischen Raum ein Krieg gegen den welfischen Herzog Heinrich an. Aufhänger war neben einem schon einige Zeit existierenden Erbstreit zwischen dem Welfen und dem askanischen Markgrafen Albrecht, das drohende Verhalten des Herzogs in Bezug auf seine bayrischen Ansprüche. Albrecht sammelte unter Aufbringung aller Kräfte ein Heer von etwa 1.500 Mann und fiel in Absprache mit König Konrad, in die sächsischen Besitzungen Heinrichs ein. Der Herzog selbst stand mit seinem Heer drohend in Schwaben. Konrad ließ alle Abmarschwege abriegeln, so dass seine Truppen weitestgehend unbeweglich blieben, was für die Operationen Albrechts von großen Nutzen war. Kaum waren die Bewegungen gestartet, erreichte ihn die schockierende Nachricht, dass sich der Herzog mit nur kleinem Gefolge aus Schwaben absetzen konnte und in Sachsen eingetroffen war. Schnell scharte sich der Widerstand um ihn herum.  Eine erstaunliche Parallele zu den Vorgängen im Rahmen von Albrechts versuchen die Herzogswürde in Sachsen zu erkämpfen, als Heinrich der Stolze, des Löwen Vater, als Händler verkleidet aus Bayern nach Sachsen reiste und dort den Widerstand gegen Albrecht den Bären organisierte, an dessen Ende fast alle Besitzungen Albrechts verloren gingen. Der jetzt einsetzende Winter ließ die militärischen Aktivitäten zur Ruhe kommen. Der König, welcher zunächst mit einem eigenen Heer nach Sachsen rücken wollte, kehrte um. Erneut brach die Malaria bei ihm aus und zehrte an den Kräften des Endfünfzigers.

In der Nacht vom 29. zum 30. Januar ereignete sich ein schändlicher Mord. Graf Hermann II. von Winzenburg und seine schwangere Frau wurden im Ehebett erschlagen. Der Graf hinterließ keinen Erben, worauf sowohl der sächsische Herzog Heinrich wie auch Albrecht der Bär Ansprüche auf das Erbe geltend machten. Albrechts Gattin Sophie war Schwester des Ermordeten. Es war offensichtlich, dass vor diesem Hintergrund mit einsetzendem Frühlingswetter die Feindseligkeiten mit neuen Motiven wieder aufgenommen würden, doch der schon erwähnte Tod des Königs verlagerte die allgemeine Aufmerksamkeit für einige Zeit auf die Frage der Nachfolge im Reich.

Friedrich I. Barbarossa“

Am 4. März 1153 wählten die versammelten Fürsten in Frankfurt Herzog Friedrich III. von Schwaben zum neuen römisch-deutschen König. Als Friedrich I. wurde er schon fünf Tage später in Aachen durch Erzbischof Arnold von Köln (1098 – 1156) gekrönt. Es war kein leichtes Amt das der junge Staufer antrat. Das Reich, das Kaiser Lothar III. bei seinem Tod hinterließ, war nach der Wahl Konrads III. innerlich zerrissen durch die Gegensätzen zwischen den Staufern und Welfen. Konrads desaströser Kreuzzug ließ ihn nicht nur als geschlagenen, sondern auch als kranken Mann heimkehren. Er vermochte als erstes Reichsoberhaupt der seit Otto I. nicht die Kaiserkrone zu erwerben, auch war es ihm nicht vergönnt das Königtum an einen seiner Söhne weiterzureichen. Mit seinem Neffen Friedrich, den er selbst vorschlug, blieb die Krone aber immerhin bei den Staufern. Friedrich I. begann seine Regentschaft in der Tradition vieler seiner Vorgänger, indem er den Ausgleich unter den Fürsten des Reichs förderte, um den eigenen Königsanspruch während der Übergangszeit zu festigen. Im Konflikt der beiden sächsischen Fürsten, Herzog Heinrich, dessen Vetter er war, und Albrecht dem Bären, hoffte er vermitteln und einen Frieden stiften zu können. Anlässlich des ersten Hoftags in Merseburg zu Pfingsten 1152 waren beide Kontrahenten anwesend, verweigerten aber hochfahrend alle Vorschläge und Aufforderungen der jeweils anderen Seite Zugeständnisse zu machen. In dieser Hinsicht ging der Hoftag erfolglos auseinander. Mehr Erfolg hatte Friedrich I. bei den Auseinandersetzungen in Dänemark, das weiterhin in Lehnsabhängigkeit zum Reich stand und wo er den dortigen Thronstreit schlichten konnte. Ebenfalls in der Nachfolgefrage des kürzlich verstorbenen Magdeburger Erzbischofs erwirkte der neue König einen akzeptablen Kompromiss.

In Sachsen brach der befürchtete Krieg jetzt mit ganzer Wucht los. Überraschend genug gelang es dem schwächeren Markgrafen durch kühnes Ergreifen der Initiative den Herzog in die Defensive zu drängen. Osterode im Harz fiel in seine Hände, worauf er den Ort niederbrennen ließ. Bei einem Gefecht auf halbem Weg von Osterode nach Herzberg, fiel Graf Lüdiger von Wöltingerode, Sohn von Graf Ludolf I. von Wöltingerode-Woldenberg, einem Vasallen des Löwen. Heinrich begann sich nach Verbündeten umzuschauen. Der Landgraf von Thüringen, ein eifersüchtiger Rivale des Markgrafen Albrecht, bot sich als willfähriger Bundesgenosse an. Der Sachsenherzog scheute sich keineswegs seinen Stiefvater, Herzog Heinrich Jasomirgott von Bayern um Beistand zu ersuchen. Jenen Gatten seiner Mutter, dem er das bayrische Herzogtum anfechtete und den er von dort zu verdrängen suchte. Wenn ihm letzterer auch nicht aktiv unterstützen wollte, so sagte er ihm doch, und das erscheint unter den gegebenen Umständen immerhin unerwartet, für den äußersten Notfall Beistand zu. Neuerliches Unheil zog sich über dem Bären zusammen, denn die Übermacht der Gegner war erheblich. Man stellt sich unwillkürlich die Frage, hatte er überhaupt nichts aus seinem ersten sächsischen Krieg gegen die Welfen gelernt?

Es kam indes zu keinen größeren Kampfhandlungen mehr, die Friedensbemühungen des Königs zeigten letztendlich Erfolg. Auf einem weiteren Hoftag, dieses Mal zu Würzburg, wurde ein Vergleich zwischen beiden Häusern erwirkt. Vornehmlich in den Ansprüchen bezüglich der Nachlässe des Grafen Bernhard von Plötzkau, jenem tapferen Befehlshaber der königlichen Nachhut, der während Konrads Kreuzzug dessen Rückzug deckte und dabei sein Leben ließ, und des Grafen Hermann von Winzenburg, der Ende Januar gemeinsam mit seiner Frau im Bett erschlagen wurde, kam es zu einer einvernehmlichen Einigung. Albrecht erhielt das Erbe aus dem Nachlass der Plötzkaus, während Heinrich dem Löwen das andere Erbe zufiel. Schon wieder gingen beide Parteien aus einem Konflikt jeweils gestärkt hervor. Wie lange würde das gut gehen, und wie lange sähen die Mitfürsten der Region der beständigen Machtzunahme beider Fürsten zu?
Die Angelegenheit hinsichtlich des bayrischen Herzogtums war in Würzburg ebenfalls Gegenstand der Erötterungen, es konnte jedoch keine Einigung erzielt werden, da der amtierende bayrische Herzog, der schon erwähnte Stiefvater Heinrichs, nicht erschienen war. Wichtigstes Thema war jedoch ein geplanter Italienzug Friedrichs I., dem die anwesenden Fürsten eidlich zustimmten, darunter auch Albrecht der Bär. Man erkannte an dem jungen Staufer schon jetzt, dass er so bald als möglich die Verhältnisse in Oberitalien und in Rom zu regeln wünschte und im Gegensatz zu seinem unglücklichen Onkel rasch die Kaiserkrone erwerben wollte.


Aufstieg des Löwen

Herzog Heinrich der Löwe war schon unter Konrad III. ein mächtiger, vermutlich der mächtigste Territorialfürst nach dem König. Als er 1142 im Alter von zwölf Jahren mit dem Herzogtum Sachsen belehnt wurde, leistete er eine öffentliche Verzichtserklärung auf das Herzogtum Bayern, das seit seinem Urahn Herzog Welf I. von Bayern (1010 – 1101), dem Begründer der jüngeren Welfenlinie, über mehrere Generationen in Familienbesitz war. Mit zunehmendem Alter entwickelte der junge Sachsenherzog mehr und mehr Eigeninitiative und Machtbewusstsein. Am Vorabend des Zweiten Kreuzzugs, zu dem sich Konrad III. nur schwer durchgerungen hatte, erhob er Anspruch auf das Herzogtum Bayern, mit dem seit 1142 sein Stiefvater, der Babenbeger Heinrich II. Jasomirgott belehnt war. Besagter Heinrich wurde als friedensstiftende Maßnahme mit Judith von Süpplingenburg, des Löwen Mutter, zeitgleich verheiratet. Heinrich nahm, nachdem er erst einmal die Forderungen gestellt hatte, fortan davon keinen Abstand mehr und begann mit Zurüstungen, um seinen Ansprüchen notfalls mit Waffengewalt Nachdruck zu verleihen. Zu größeren Kampfhandlungen mit dem König oder seinem Stiefvater kam es nicht mehr, Konrad III. war, wie wir gelesen haben, zuvor in Bamberg an den Folgen wiederkehrender Malariaschübe verstorben.

Mit der Wahl Friedrichs I., dem Neffen des verstorbenen Königs, kam jetzt ein ambitionierter Herrscher auf den Thron, der den Beginn seiner Regentschaft auf bewährter Basis konsensualer Reichspolitik aufbaute, wenn es auch der eigenen Hauspolitik wenig zuträglich war. Ein Eckpfeiler dieser Politik war die Verständigung mit dem mächtigen Löwen, der gleichzeitig ein Vetter war. Der rund acht Jahre ältere König bewies dem sächsischen Herzog frühzeitig seine Gunst, die ihm dieser wiederum mit Unterstützung seiner außenpolitischen Aktivitäten honorierte. Anlässlich seines ersten Italienzugs und der frühzeitig erfolgten Kaiserkrönung Friedrichs I. am 18. Juni 1155, bewies Heinrich besondere Umsicht und Mut, als es in Rom zu Ausschreitungen gegen den frischgekrönten Kaiser kam. Albrecht der Bär hatte trotz seiner vorherigen Zusage nicht am Zug nach Italien teilgenommen und musste, gemeinsam mit einigen anderen Fürsten befürchten in Ungnade zu fallen. Erzbischof Hardwig von Bremen und Bischof Ulrich von Halberstadt verloren zur Strafe ihre kaiserlichen Privilegien, ihre Regalien, erhielten sie später aber wieder zurück. Im Falle Albrechts, wie auch bei Herzog Heinrich Jasomirgott von Bayern wurden keine Maßnahmen ergriffen. Im Falle des Herzogs glauben wir besondere Rücksichtnahme des Kaisers zu erkennen, der hoffte den Herzog zum freiwilligen Verzicht auf Bayern bewegen zu können. Hinsichtlich Albrecht dem Bären haben wir keine verbindliche Erklärung, müssen aber annehmen, dass er eine hinreichende Entschuldigung hatte. Möglicherweise waren auftretende Probleme in den rechtselbischen Gebieten, besonders im Havelland, eine Erklärung. Wir kommen noch darauf zu sprechen.

Heinrich der Löwe

Im September 1155 kehrte der Kaiser aus Italien zurück. Er konnte weder die Position des normannischen Königs von Sizilien in Unteritalien brechen, noch die Autorität des Papstes gegen den römischen Senat durchsetzen. In dieser Hinsicht kam er seinen Zusagen anlässlich des Konstanzer Vertrags vom 23. März 1153 nicht nach. Dennoch konnte er, obwohl die Verhältnisse in Oberitalien unverändert verworren waren, sowohl mit der Krone Italiens, als auch der Würde eines Kaisers in den nördlichen Reichsteil zurückkehren. Dort machte es unter den zurückgebliebenen Fürsten den allergrößten Eindruck und Albrecht sowie andere, darunter der bayrische Herzog Heinrich Jasomirgott beeilten sich, dem Kaiser schnellstmöglich entgegenzureiten. Oktober 1155 fand in Regensburg ein großer Hoftag statt, hier wurde endgültig über das Herzogtum Bayern entschieden. Der bisherige Herzog, der abermals nicht zu einem offiziell einberufenen Tag erschienen war, wurde jetzt endgültig seines Herzogtums für verlustig erklärt. Stattdessen erhielt Heinrich der Löwe die Belehnung. Zu seinem sächsischen Reichslehen, gesellte sich wieder das alte welfische Herzogtum Bayern. Albrecht, der gegen die Entscheidung nicht intervenieren konnte, machte zähneknirschend gute Miene zu bösen Spiel und er sollte nicht der einzige Fürst sein, der die ausufernde Machtfülle des Löwen mit einer Mischung von Missgunst und berechtigter Sorge beäugte. Erst im kommenden Jahr, Mitte September 1156 kam es zu einer Versöhnung des Kaisers mit dem abgesetzten vormaligen Herzog Bayerns, der nun auf seine Ansprüche verzichtete. Heinrich der Löwe wurde jetzt feierlich mit Bayern belehnt. Zum Ausgleich wurde Heinrich Jasomirgott zum Herzog von Österreich gemacht, das damit von einer Markgrafschaft zum Herzogtum erhoben wurde. Im Privilegium Minus vom 17. September 1156 wurde dem neugeschaffenen Herzogtum Österreich außerordentliche Autonomie und in manchen Bereichen fast die Unabhängigkeit vom Reich gewährt. Die Herzöge von Österreich mussten nur zu Hoftagen erscheinen, die im alten bayrischen Stammesgebiet stattfanden, die Beteiligung an Kriegszügen des Reichs mussten nur in der Nachbarschaft unterstützt werden, weiter besaßen sie Gerichtsautonomie und das Münzrecht, nebst anderen Privilegien. Kaiser Friedrich I. musste zu diesem Mittel greifen, um einerseits die kaum mehr zu bändigenden Forderungen des welfischen Löwen  zu befriedigen, andererseits minderte er durch die Herauslösung Österreichs aus Bayern, die Größe und Macht des bayrischen Restherzogtums. Schließlich  schuf er durch die erwiesenen Sonderprivilegien ein Babenberger Gegengewicht im Süden des nochmals wesentlich erstarkten Welfen. Dafür musste er Teile seines souveränen Herrschaftsanspruchs als kaiserliche Zentralgewalt aufopfern, womit seine eigene Autorität als Reichsoberhaupt empfindlich beschnitten wurde. Die Konsensualpolitik Barbarossas zeigte jetzt ihre Schwächen. Bedingt durch das weiter schwindende Mittel des Reichskirchensystems, das eigentlich seit dem Wormser Konkordat von 1122 formell nicht mehr existierte, zumindest aber im deutschen Reichsteil in Überresten noch weiterbestand und dem Kaiser bis zu einem gewissen Grade nutzbar blieb, rückte der Konsens mit dem weltlichen Fürsten umso mehr in den Mittelpunkt kaiserlicher Innenpolitik, womit allerdings ein schleichender Verlust realer Macht und Autorität einherging.

Kein Fürst im Reich profitierte mehr von des Kaisers Zuwendungen, wie Heinrich der Löwe, der Herzog von Sachsen und nun auch von Bayern. Hätte nicht schon längst eine Opposition gegen den Herzog bestanden, spätestens jetzt wäre sie unter den Fürsten des Reichs gewachsen. Unter diesen Gegnern war keiner aktiver und mehr darauf bedacht den Herzog wieder fallen zu sehen, wie Markgraf Albrecht der Bär. Doch die Zeit war noch nicht gekommen und erst noch hatte der Bär einen völlig anderen Konflikt auszutragen.


Kampf um die Brandenburg
 

Als Albrecht im Spätjahr 1150 die Brandenburg und das damit verbundene Havelland erbte, machte sich ein gewisser Jaxa von Köpenick (vor 1125 – 1176) ebenfalls Hoffnung auf den Nachlass. Er war, wie der verstorbene Burgherr, ein christianisierter Fürst der Slawen, dessen Gebiet sich unmittelbar östlich und südöstlich an das Havelland anschloss. Nur mit kluger und tatkräftiger Unterstützung der Fürstenwitwe und schnellem Zugreifen, gelang es Albrecht den Besitz für sich zu sichern. Es machte den Eindruck, dass Jaxa sich damit abfand.
Woraus leitete Jaxa seinen Anspruch auf Burg und Gebiet ab? Es wird angenommen, dass er mit einer Schwester des verstorbenen Fürsten Pribislaw verheiratet war. Zum Zeitpunkt des Erbfalls war diese Gattin, sollte es sie denn gegeben haben, schon einige Zeit verstorben, denn Jaxa war seit 1145 in die einflussreiche Familie des polnischen Fürsten Piotr Włostowic eingeheiratet. Piotr war unter anderem Burggraf von Breslau und verfügte über umfangreichen Besitz in Schlesien, im Raum von Krakau und andernorts. 1145 ist im Gebiet um Miechów, ebenso bei Lublin, ein Jaxa von Miechów nachzuweisen. Mittlerweile gilt als gesichert, dass es sich hierbei um die Person des Jaxa von Köpenick handelte. Wir glauben annehmen zu können, dass in den ersten beiden Jahren nach dem glücklichen Erbfall zu keinen erwähnenswerten Konflikten mit dem südöstlichen Nachbarn gekommen sein kann, andernfalls hätte sich Albrecht seinerzeit nicht so leidenschaftlich gegen den sächsischen Herzog Heinrich gewandt und stattdessen den Frieden und die Sicherheit in den neuen Besitzungen gegen aufständische Bewegungen verteidigt. Dass es völlig friedlich zuging dürfen wir dennoch nicht annehmen. Unvermeidlich muss es zu Auseinandersetzungen zwischen Slawen und der der neuen sächsisch-deutschen Obrigkeit gekommen sein. Um die Zeit des ersten Italienzugs Friedrichs I., zu dem sich Albrecht ursprünglich verpflichtet hatte, trat in den rechtselbischen Gebieten des Havellandes der deutsch-slawische Gegensatz gehäuft zutage und  es kam wohl zu offenem Widerstand. Ein Hinweis auf eine feindselige Haltung von Teilen der Heveller mag der Tod Konrads von Plötzkau sein, nicht zu verwechseln mit jenem 1133 in Italien gefallene Markgrafen Konrad von Plötzkau. Jener spätere Konrad war ein Dienstmann des Bären und wurde von Wenden in einen Hinterhalt gelockt und gemeinsam mit seinem Gefolge im Jahre 1155 ermordet. Wahrscheinlich waren die Verhältnisse im Havelland die Gründe, weswegen Albrecht nicht am Zug nach Italien teilnahm, daraus aber keine Konsequenzen für ihn erwuchsen und trotzdem in der Huld des zurückgekehrten Kaisers blieb.

Wir springen ins Jahr 1157, Albrecht ist jetzt wieder vermehrt auf Reisen. Am 5. Februar 1157 war Konrad von Wettin gestorben, Albrechts ehemaliger Waffengefährte der jungen Jahre, der mit der Zeit immer mehr zum Rivalen gewordene Markgraf von Meißen. Das große Erbe wurde unter seinen fünf Söhnen aufgeteilt, im übrigen schon vor seinem Ableben. Der vielfach kampferprobte Meißner Markgraf kam völlig verändert von einer Pilgerreise zurück und, nachdem er seinen Nachlass geregelt hatte, empfing er das Mönchsgewand aus den Händen von Erzbischof Wichmann von Magdeburg und zog sich aus den Amtsgeschäften zurück. Die Mark Meißen ging an seinen ältesten Sohn Otto, die Mark Lausitz an Dietrich, während die kleineren Grafschaften Wettin, Brehne und Rochlitz, an Heinrich, Dedo und Friedrich gingen. Der Segen einer reichen Schar Söhne führte nach Ableben eines großen Stammhalters für gewöhnlich zu einer Zersplitterung der Besitzungen und oft schon in der Generation der Erben zu innerfamiliären Auseinandersetzungen, entweder wegen des Erbes selbst oder aufgrund politischer Umstände, die die Erben in gegnerischen Lagern wiederfanden. Markgraf Albrecht war mit allen seinen Söhnen, es fehlte nur der erstgeborene Otto, bei der feierlichen Beisetzung anwesend. Ohne Zweifel machte er sich seine eigenen Gedanken, wie dereinst sein Nachlass unter die Söhne verteilt werden sollte, doch noch fühlte er sich in der vollen Kraft seiner Jahre.

Im März 1157 sehen wir ihn in Würzburg am kaiserlichen Hoftag teilnehmen, im April in Worms, jeweils in Begleitung seines jüngsten Sohnes Herrmann. Otto, der Älteste, vertrat ihn jetzt im besten Mannesalter in der Nordmark und in den Neuerwerbungen entlang der Havel. Die anderen Söhne werden ihrerseits in dem weiten Streubesitz der Familie den gleichen Tätigkeiten als Vertreter ihres Vaters nachgegangen sein. Aus den Urkundenberichten, vielmehr aus den Namensangaben der Zeugen erkennen wir bei Albrecht eine durchgängige Linie. Sobald die Söhne alt genug waren und dem Kleinkindalter entwachsen, begann er sie an die Aufgaben und das Leben eines regierenden Reichsfürsten heranzuführen. Das Spiel der Fürsten auf den großen Hof- und Fürstentagen war für einen jungen Menschen nicht nur aufregend, es war eine wichtige Schule. Verbindungen zu anderen Fürsten wurden aufgebaut, Stimmungen aufgeschnappt, Koalitionen und Oppositionen wurden geboren und geschmiedet und natürlich wurden Heiratsbündnisse vereinbart. In Worms wurde über einen kaiserlichen Straffeldzug gegen Polen diskutiert und auch beschlossen. Polen, dass formell ein Vasall des Reichs war, hatte sich in den zurückliegenden Jahren distanziert. Über Ereignisse rund um den Erbstreit der Söhen des Boleslaw III. Schiefmund zur Zeit Konrads III., haben wir gelesen. Seither kam der neue Seniorherzog Polens den Verpflichtungen gegenüber dem Reich nicht mehr nach.
Während des Hoftags zu Worms ereignete sich auf der entfernten Brandenburg ein Umsturz, der Albrecht überrumpelte. Der 1150 leer ausgegangene Fürst von Köpenick, jener Jaxa oder Jacza bzw. Jaczo, hatte sich, unterstützt von polnischer Seite, in einer buchstäblichen Nacht-und-Nebel-Aktion der gut gesicherten Burg bemächtigt. Augenscheinlich hatte er mit beharrlicher Geduld die passende Gelegenheit abgewartet und geschickt genutzt. Vermutlich durch Bestechung einzelner Burginsassen erhielten seine Leute kampflos den Zugang zur Burg. Als Albrecht die Nachricht überbracht wurde, eilte er in Begleitung des Magdeburger Erzbischofs Wichmann in höchster Eile zurück. Beide sammelten im Mai ihre Vasallen und brachen in das revoltierende Hevelland ein. Widerstand stellte sich ihnen nirgendwo entgegen, so dass sie Ende Mai oder Anfang Juni die Brandenburg erreichten und sofort mit der Belagerung begannen. Albrecht wollte die Burg schnell und mit allen Mitteln zurückerobern, bevor sich ein allgemeiner Aufstand unter den Elbslawen erhob. Nach drei Seiten wurden Schanzen und Befestigungen angelegt, eine Art Burg um die Burg, um Angriffe von innerhalb der belagerten Burg, wie auch von außen abwehren zu können. Auf der vierten Seite wurde der Angriff vorbereitet. Nach wenigen Tagen begannen die Erstürmungen. Die zahlreichen Insassen verteidigten sich mit dem Mute der Verzweiflung, mussten sie doch mit dem Schlimmsten rechnen, demgemäß blutig waren die Kämpfe. Bei den Angriffen fiel unter anderem mit Werner von Veltheim ein Neffe Albrechts, der Sohn aus zweiter Ehe seiner Schwester Adelheid. Am 11. Juni war der Widerstand soweit erlahmt, dass die Burg in die Hand der Angreifer fiel. Wir können nicht ausschließen,  dass unter den Insassen blutige Rache genommen wurde. Genaues wissen wir nicht, allerdings wurde Burg und angrenzende Stadtsiedlung im Anschluss mit deutschen Bewohnern besiedelt und die Slawen großteils von der Insel vertrieben.

Jaxa von Köpenick wird von Albrecht I. verfolgt und laut der Überlieferung in die Havel getrieben

Jaxa konnte sich der Gefangenschaft entziehen und entkam. In der Schildhornsage wird seine Flucht durch die Havel beschrieben. Der Legende zufolge soll er im Fluss, nachdem sein Pferd zu ermüden begann, zum Gott der Christen gefleht haben ihn zu retten, wofür er sich zum Dank taufen lassen wolle, worauf das Pferd augenblicklich mit neuen Kräften versehen wurde und ihm die Flucht gelang. Der Fürst war zu diesem Zeitpunkt freilich schon lange getauft, anders wäre seine polnische Heiratsverbindung von 1145 nicht denkbar gewesen. Die Sage bleibt nichtsdestoweniger eine bis heute beliebte Legende.
Den tatsächlichen Ablauf kennen wir nicht. Die einzige halbwegs zeitgenössische Aufzeichnung der Ereignisse entnehmen wir dem Tractatus de captione urbis Brandenburg des Heinrich von Antwerpen. Und selbst dessen Ausführungen wurden erst Jahre nach den tatsächlichen Ereignissen niedergeschrieben. So manche Legendenbildung und Mystifizierung der Ereignisse mag von den wahren Augenzeugen an den Autor herangetragen worden sein.


Entstehung der Mark Brandenburg

In einer auf den 3. Oktober 1157 datierten Urkunde nennt sich Albrecht erstmals selbst Markgraf von Brandenburg: „EGO ADELBERTUS DEI GRATIA MARCHIO IN BRANDENBORCH“, Albrecht von Gottes Gnaden Markgraf in Brandenburg. Seit geraumer Zeit gibt man dem 11. Juni 1157, dem Rückeroberungstag der Burganlage Brandenburg, bei der Suche nach einem Gründungsdatum den Vorzug. Zutreffend sind beide Daten wohl nicht, denn es ging der Gründung der Mark keine singuläre oder konstituierende Handlung voraus, kein fester Moment. Die Diskussion um ein Entstehungsdatum bekam erst in jünger Zeit eine gewisse, der Sache durchaus abträgliche, weil irreführende Bedeutung. Der geschätzte und ausgesprochene Experte für alle Belange der frühen Mark Brandenburg, Dr. Lutz Partenheimer, war, wahrscheinlich ungewollt, nichtsdestoweniger maßgeblich, eine der Kapazitäten, die die Diskussion befeuerten. Mit Heranrücken des Jahres 2007 sahen sich eine Reihe Heimatforscher befleißigt dem 850 Jahrestag der vermeintlichen Gründung der Mark Brandenburg gebührend zu gedenken und fanden in Herrn Dr. Partenheimer einen sachkundigen Kenner und Unterstützer. In einer Reihe von Briefen an die Brandenburger Staatskanzlei wurde auf den Jahrestag hingewiesen. Nach einigen problematischen Diskussionen, Partenheimer erwähnt diese in seinen Publikationen am Rande, verständigte man sich allgemein auf das Jahr 1157, ohne auf den 11. Juni seitens der Staatskanzlei gezielt eingehen zu wollen, da man glaubte in der Eroberung einer Burg das falsche Signal zu setzen.
Die Frage nach einem Anfangspunkt mag nach heutiger Sichtweise von Bedeutung und daher verständlich sein. Die Bundesrepublik Deutschland wurde am 23. Mai 1949 in einer konstituierenden Sitzung geboren, das Kaiserreich durch Proklamation der deutschen Fürsten am 18. Januar 1871 ausgerufen. Es ist für uns Menschen des 21. Jahrhunderts völlig normal, dass einer Sache von Relevanz ein eindeutiger Beginn unterstellt wird. Wir kennen und beobachten  unsere Geburtstage, Hochzeitstage, Firmenjubiläen und andere Momente unseres Lebens. Der nachvollziehbare Wunsch auch Brandenburg einen Geburtsmoment zuzuordnen, woraus man gar einen gezielten Gründungsakt ableiten könnte, ist allzu natürlich, doch wird es der Sache nicht gerecht, denn es ist eine verkehrt ausgerichtete Betrachtungsweise. Begibt man sich gedanklich auf eine Zeitreise in die Vergangenheit, wird man schnell feststellen, dass viele Ereignisse erst mit der Zeit, in der rückblickenden Bewertung der Historiker einen Namen erhielten und dass die damaligen Zeitgenossen ihre Handlungen nicht notwendigerweise an der Existenz einer klangvollen Bezeichnung festmachten. Auch wenn der Erbfall von 1150 und die damit einhergehende Erwerbung der Burganlage und die damit verbundenen Landschaften des Havellandes von großer Bewandtnis für Albrecht waren, zeigte seine allgemeine Politik, dass er der Sache zunächst nicht mehr Aufmerksamkeit schenkte, als beispielsweise der Belehnung mit der Grafschaft Weimar-Orlamünde, die er aus dem rheinischen Nachlass des 1140 verstorbenen verwandten Pfalzgrafen Wilhelm erhielt, sehr wahrscheinlich sogar weniger. Welch herausragende Bedeutung die Gebiete rechts der Elbe schon bald für die Nachfahren seines Hauses, den norddeutschen Raum, und in ferner Zukunft für das ganze Reich spielen werden, war und konnte weder ihm, noch sonst einem damaligen Zeitgenossen bewusst gewesen sein, dementsprechend liegt der Mark, so verführerisch der Gedanke sein mag, kein wirklicher, zumindest kein programatisch gesteuerter Entstehungstag oder Gründungsakt zugrunde. Es wäre falsch dies als einen Mangel, gar als Makel zu betrachten, immerhin lässt sich selbst dem Alten Reich kein von allen akzeptierter, verbindlicher Gründungstag zuweisen, denn auch hier waren es evolutionäre Meilensteine und kein singulärer Moment, auf den man sich mit gutem Recht und einvernehmlich festlegen könnte. Selbst nach der verhältnismäßig schnellen, wenn auch blutigen Rückeroberung der Burg, eilte Albrecht, seiner bisherigen Politik folgend, zügig ans kaiserliche Hoflager zurück, das im Juni 1157 in Goslar weilte. Bereits am 23. Juni, also keine zwei Wochen nach dem Fall der Havelfestung, finden wir ihn unter der Liste der Zeugen einer zugunsten des Klosters Walkenried ausgestellten Urkunde. Ebenso tritt er unter den Zeugen einer am 25. Juni verfassten Urkunde auf, die dem Stift zu Riechenberg ausgestellt wurde. Fasst man die Ereignisse der zurückliegenden Monate zusammen, bemerkt man, dass zwischen dem Hoftag im April in Worms und jenem vom Juni in Goslar, nur einige Wochen lagen, in denen er, gemeinsam mit dem Magdeburger Erzbischof, ein Heer sammelte und zur Rückeroberung der Brandenburg schritt, worauf wir ihn Anfang der vierten Juniwoche erneut in unmittelbarer Nähe des Kaisers vorfinden. Hieraus lassen sich drei Erkenntnisse ableiten:

  • Die Burg, so wichtig ihr Besitz für die Beherrschung des ganzen Havellandes war, nötigte ihn nicht dazu, durch vermehrte Anwesenheit persönlichen Einfluss zu nehmen. Er übertrug die Burgaufsicht getreuen Vasallen, wie schon seit 1150, und betreute mit der weiteren Landesaufsicht vermehrt seinen ältesten Sohn Otto.
  • Der politische Erfolg eines Territorialfürsten, insbesondere im unruhigen sächsischen Raum, mit dem übermächtigen Herzog Heinrich dem Löwen an der Spitze, hing stark mit dem einvernehmlichen Verhältnis zum Reichsoberhaupt zusammen, demgemäß war der direkte Umgang und die aktive Anteilnahme an der Reichspolitik damals geradezu unerlässlich.
  • Die Mark Brandenburg, im Grunde darf man zu diesem Zeitpunkt noch überhaupt diese Bezeichnung wählen, deren Gebietsausdehnung noch gering war und in der frühesten Phase vermutlich nur die Gebiete an der Havel bis zur Höhe Spandau  die Zauche und Teile der Prignitz beinhaltete, spielte im Bewusstsein der Zeitgenossen eine untergeordnete und außerhalb des ostsächsischen Raums vermutlich überhaupt keine Rolle.

Wir müssen uns vor Augen halten, Markgraf Albrecht war Herr vieler Einzelterritorien und keineswegs nur eines einzigen, adminstrativ oder regional zusammenhängenden Fürstentums. Möglicherweise bereitet schon dieser Gedanke dem Leser Unbehagen, viel lieber, weil leichter zuzuordnen, wäre es uns, Albrecht hätte alle seine Gebiete mit einem einzigen Stempel, einer einzigen Bezeichnung versehen. Stattdessen umfasste seine Herrschaft Gebiete im Harzvorland, in der Altmark, die damals so noch nicht genannt wurde, im späteren Anhalt, Weimar-Orlamünde und zuletzt jene Regionen rechts des Elbestroms, in denen er als Graf oder Markgraf herrschaftliche Rechte, kraft der vom Reich verliehenen Privilegien ausübte oder als Besitzer in privatrechtlichem Sinne auftrat. Vereinzelt bestand nicht einmal eine direkte Verbindung zwischen den Gebieten. All das wirft die Frage auf, weswegen machte man sich die Adminstration unnötig schwer? Ging es denn anders, hatte ein Territorialfürst die Handhabe, seine vom Reich verliehenen Lehen eigenmächtig zu vereinen und so eine schlankere, einheitlichere Verwaltungsstruktur zu errichten? Obwohl ein Fürst das volle Nutz- und Nießrecht besaß, konnte er mitnichten willkürlich Reichslehen nach eigenem Ermessen zusammenfassen, um besonderen Bedürfnissen gerecht zu werden. Nur im engen Einvernehmen mit dem Reichsoberhaupt konnte die Lehensstruktur verändert, verschiedene Lehen gebündelt oder auch zerstückelt werden. Erst mit der Zeit, mit dem einhergehenden Zerfall kaiserlicher Autorität und Zentralgewalt, nahmen sich, zumeist die großen, einflussreichen Reichsfürsten, gewisse Rechte heraus oder trotzten sie dem Monarchen ab, ohne aber je völlig autonom die vom Reich erhaltenen Landschaften zu vermengen. Selbst als 1806 das alte Reich nach bald einem Jahrtausend ein unrühmliches Ende fand und 65 Jahre später im Spiegelsaal von Versailles die deutschen Fürsten einen neuen deutschen Kaiser proklamierten, klangen die uralten Bezeichnungen der Fürstentümer noch nach, obwohl die meisten in den zurückliegenden Jahrhunderten von großen und immer größer werdenden deutschen Staaten, wie allen voran Preußen, geschluckt wurden. In den Titularien der wenigen übrig gebliebenen Landesherren blieben sie erhalten. Als ein höchst anschauliches Beispiel nehmen wir den großen Titel Wilhelms I. von Preußen, aus dem Jahre 1873:

„Wir Wilhelm, König von Preußen,
Markgraf zu Brandenburg, Burggraf zu Nürnberg, Graf zu Hohenzollern,
Souveräner und oberster Herzog von Schlesien wie auch der Grafschaft Glatz,
Großherzog vom Niederrhein und Posen,
Herzog zu Sachsen, Westfalen und Engern, zu Pommern, Lüneburg, Holstein und Schleswig, zu Magdeburg, Bremen, Geldern, Cleve, Jülich und Berg, sowie auch der Wenden und Kaschuben, zu Krossen, Lauenburg, Mecklenburg,
Landgraf zu Hessen und Thüringen,
Markgraf der Ober- und Niederlausitz,
Prinz von Oranien,
Fürst zu Rügen, zu Ostfriesland, zu Paderborn und Pyrmont, zu Halberstadt, Münster, Minden, Osnabrück, Hildesheim, zu Verden, Kammin, Fulda, Nassau und Mörs,
gefürsteter Graf zu Henneberg,
Graf der Mark und zu Ravensberg, zu Hohenstein, Tecklenburg und Lingen, zu Mansfeld, Sigmaringen und Veringen,
Herr von Frankfurt.“

All die genannten Großherzogtümer, Herzogtümer, Mark- und Landgrafschaften, Grafschaften und Herrschaftsgebiete gingen über rund 500 Jahre im späteren brandenburgisch-preußischen Flächenstaat auf, ohne je ganz vergessen zu werden. Auch wenn sie de facto nur noch Nomenklatur waren, beweist es doch auf eindrucksvolle Weise, das sich selbst nach dem Ende des alten Reichs die Erinnerung an die ursprünglichen Strukturen zumindest auf symbolische Weise erhalten hatte. Hieraus lässt sich wiederum der Rückschluss ziehen, dass zu einer Zeit, wo Reich und Haupt noch im Aufblühen waren, und die Herrschaft des Staufers Friedrichs I. gehörte selbst bei kritischster Betrachtung zu den unbestrittenen Höhepunkten des römisch-deutschen Kaisertums, die selbstständige Schaffung eines neuen Fürstentums, durch eigenmächtiges Zusammenwerfen verschiedener Ländereien, nicht aus der Initiative eines Fürsten hervorgehen konnte, sondern nur aus der Konsensentscheidung des Monarchen, der günstigenfalls dabei Rücksicht auf die Wünsche und Bedürfnisse des Landesfürsten nahm unter gleichzeitiger Beachtung der Rechte anderer Reichsfürsten. Vielleicht erkennen wir hier auch einen Mitgrund, weswegen Albrecht verhältnismäßig intensiv die Nähe des kaiserlichen Hofes suchte. Über seine hochstrebenden, letztlich gescheiterten Ziele im Kampf um Sachsen haben wir geschrieben, er ging daraus zwar als Verlierer aber trotzdem nicht territorial beschnitten hervor. Was sollte uns bei einem so rastlosen Fürsten annehmen lassen, er hätte nach diesem Rückschlag den Gedanken an eine Rangerhöhung schon völlig beiseite gelegt? Sicher, der Titel eines Herzogs von Sachsen war durch die Machtfülle von Herzog Heinrich dem Löwen nicht mehr in Erwägung zu ziehen, hierzu war dessen Dominanz spätestens seit der Doppelbelehnung mit Bayern fast unantastbar geworden. Spräche aber etwas dagegen im Einvernehmen mit dem Kaiser ein neues Herzogtum zu gründen? Ein Herzog über die Wenden, über die Landschaften und Menschen beiderseits der mittleren Elbe bis zur Oder? Immerhin wurde durch die Herauslösung der Markgrafschaft Österreich und der Rangerhöhung zum Herzogtum erst vor wenigen Jahre ein entsprechendes Beispiel gegeben und es war lange nichts das einzige. Da es hierzu keinerlei schriftliche Zeugnisse gibt die unsere Hypothese belegen könnten, wollen wir lieber wieder in den Bereich der belegten Ereignisse zurückkehren und lassen die Angelegenheit im Raum stehen.

Die Frage nach der Gründung der Mark konnte bislang nicht beantwortet werden. Existierte sie zum jetzigen Zeitpunkt schon oder nicht? Wenngleich sich Albrecht ab Oktober als brandenburgischer Markgraf bezeichnete, nahm die kaiserliche Kanzlei davon keine Notiz. Man könnte geradezu den Eindruck gewinnen, es wurde mit voller Absicht auf eine Benennung verzichtet. So lange aber von dieser Seite keine offizielle Verlautbarung zu vernehmen war, kann nicht berechtigterweise von Brandenburg als Reichsfürstentum gesprochen werden, zumindest bislang noch nicht. Da wir allerdings wissen, dass die Mark schließlich doch noch ganz feste Formen annahm, wir würden sonst nicht darüber schreiben, fehlte ganz offensichtlich noch eine Art offizielle Bestätigung. Für den Augenblick schließen wir an dieser Stelle mit dem Vermerk, dass die Entstehung Brandenburgs ein Entwicklungsprozess war und dass mit dem Erbe von 1150 und der Rückeroberung von 1157, zwei entscheidende Meilensteine genommen wurden. Ein noch ausstehender und formal wichtiger Meilenstein, die von Reichs wegen vorgenommene Nennung, musste noch folgen. Wir werden darauf an anderer Stelle erneut zu sprechen kommen.


Kaiserlicher Feldzug gegen Polen

Der erst kürzlich erfolgreich aus der Brandenburg vertriebene Jaxa von Köpenick trat seinen Eroberungszug nicht ohne tatkräftige Unterstützung an. Ihm war von polnischer Seite zuteil geworden, wo er in ein dortiges Fürstengeschlecht eingeheiratet, über gewisse Ländereien verfügte. Albrecht, in Gemeinschaft mit Erzbischof Wichmann von Magdeburg, wird von diesem Sachverhalt dem Kaiser in Goslar Meldung gemacht haben. Für ihn, wie den Erzbischof, bedeutete ein Gegener, der über starken Beistand verfügte, eine ständige Bedrohung. Bei der erstbesten Gelegenheit, konnte sich ein neuerlicher Einfall wiederholen und wer weiß, ob sich daraus nicht ein neuerlicher Wendenaufstand entwickeln könnte, wie einst im Jahre 983. Dem Kaiser, der ja schon im April in Worms mit den Fürsten des Reichs hinsichtlich einem Heerzug gegen Polen sprach, kamen diese Informationen nur recht. Nicht nur, weil er mit der Unterstützung zweier wichtiger, ostsächsischer Fürsten rechnen durfte, sondern hauptsächlich, da sich jetzt ein guter Anlass zum Angriff gegen Polen bot, das ganz offensichtlich gegen einen Fürst des Reichs vorgegangen war, wenn auch der Beweis fehlte, dass außerhalb der polnischen Familie Jaxa von Köpenicks, an höherer polnischer Stelle zu seinen Gunsten interveniert wurde.

Anfang August sammelte sich das Reichsheer bei Halle. Das Gesuch und mitgebrachte Angebote einer polnischen Verhandlungsdelegation war für den Kaiser unannehmbar. Unter den versammelten Fürsten waren neben Herzog Heinrich dem Löwen, Erzbischof Wichmann von Magdeburg, die Markgrafen Albrecht der Bär und Dietrich von der Lausitz, Pfalzgraf Otto von Wittelsbach sowie zahlreiche weitere Fürsten mit ihren Vasallen und Kriegsvölkern. Am 4. August setzten sich die Truppen nach Osten in Marsch und überschritten am 22. August 1157 bei Glogau die Oder. Unmittelbar zuvor hatte sich noch Herzog Vladislaw von Böhmen mit seinen Brüdern Heinrich und Thebald angeschlossen. Die Polen hatten die Übergänge und die Wege im waldreichen Vorgelände heftig verbarrikadiert, leisteten aber nirgendwo ernsten Widerstand, stattdessen steckten sie die Burganlagen bei Glogau und Beuthen an und zogen sich zurück. Die Vorhut über den reißenden Fluß übernahmen die böhmischen Kontingente. Friedrich I. zog mit dem deutschen Heer sengend und plündernd vor Posen, verwüstete dabei Gebiete des Bistums Breslau. In der Nähe von Posen kam ihm, auf Druck der polnischen Magnate, sein Kontrahent Herzog Bolesław IV. (1120  – 1173) entgegen und unterwarf sich dem Kaiser. Er erklärte, dass die Vertreibung seines zuvor regierenden, deutschfreundlichen Bruders Władysław II. keine geringschätzige Handlung gegen das Reich oder den damaligen König Konrad III. war. Friedrich, der kein Interesse an einem langen Feldzug hatte, stimmte einem Frieden zu folgenden Konditionen zu: Zunächst musste der im thüringischen Exil lebende, ältere Bruder Władysław II. wieder in seine schlesischen Besitzungen eingesetzt werden. Zum zweiten hatte Bolesław Bußgeldzalungen, unter anderem jährlich 200 Mark in Gold an die Lehnskasse, einmalig 2.000 Mark in Gold an den Kaiser, 1.000 Mark an die am Feldzug beteiligten Fürsten sowie 20 Mark an die Kaiserin zu leisten. Ingesamt waren das mehr als eine halbe Tonne in Gold. Als drittes verpflichtete er sich eidlich mit 300 Berittenen am geplanten kaiserlichen Italienzug teilzunehmen. Abschließend wurden sein Bruder Kasimir (1138 – 1194) sowie weitere polnische Adlige als Geiseln genommen. Zu ihrer Befreiung bekam Bolesław die Auflage sich an Weihnachten in Magdeburg einzufinden, um dort nach polnischem und böhmischem Recht hinsichtlich der Angelegenheit mit seinem älteren Bruder verhört zu werden. Zufrieden seine Forderungen angemessen durchgesetzt zu haben, führte der Kaiser die Truppen wieder ins Reich zurück, wo sich Albrecht von ihm trennte und nach Erfurt eilte. Hier sollte er als Vertreter des Kaisers an der Weihe des neuen Bischofs von Prag teilnehmen, der dort durch den Mainzer Erzbischof, seinem übergeordneten Metropoliten, die Weihe empfing. Der Kaiser selbst reiste in den Westen des Reichs, nach Besançon und hielt dort einen Hoftag ab. Hier erreichte ihn ein Brief Papst Handrian IV., der missverständlich übersetzt zu einem schweren Zerwürfnis führte. Wir werden an anderer Stelle darüber ausführlich berichten, es ist von größter Tragweite für das weiteren Verhältnis zwischen Reich und Papst.

An Weihnachten fand der schon erwähnte Tag zu Magdeburg statt. Hier traf Albrecht erneut auf den Kaiser. Gemeinsam mit den sonst versammelten Fürsten wartete man vergebens auf das Eintreffen des polnischen Herzogs, der seinen geleisteten Eid brach und nicht wie versprochen zur Anhörung erschien, auch später nicht zum Italienzug. Markgraf Albrecht, wir wissen nicht ob er sich freikaufte oder was ihn sonst entschuldigte, folgte dem Kaiser erneut nicht nach Italien. Er bereitete sich stattdessen auf eine Pilgerreise ins Heilige Land vor. Nach dem Tag zu Magdeburg begleitete er Friedrich erst noch ein weiteres Mal, zunächst nach Goslar, dann nach Regensburg. Auf den genannten Hoftagen nahm der Kaiser einen Gebietstausch mit Albrechts Widersacher, dem sächsischen Herzog Heinrich vor, was dessen Position in Sachsen noch weiter stärkte. Auch dem Herzog von Böhmen wurden besondere Gunsterweisungen zuteil, indem ihm für seine Dienste im polnischen Feldzug ein Königsdiadem überreicht wurde. Ob das böhmische Königtum mit dieser Handlung seinen Anfang nahm, ob es tatsächlich schon früher existierte, bzw. sogar erst zu einem späteren Zeitpunkt entstand, ist je nach Sichtweise unterschiedlich zu beurteilen. Sehr wahrscheinlich handelte es sich bei dem Geschenk um eine bewusste Geste an einen königsähnlichen, wenn auch ungekrönten Fürsten. Böhmen spielte für den Kaiser in mehrfacher Hinsicht eine wichtige Rolle. Es deckte die Südostflanke des Reichs gegen Ungarn und das unzuverlässige, nach Autonomie strebende Polen und war gleichzeitig ein Gegengewicht zum Sachsenherzog, der bekannterweise auch Herzog in Bayern war, sowie den aufstrebenden Babenbergern in Österreich.


Pilgerfahrt und Neuchristianisierung der Slawen

Nach dem Hoftag von Regensburg begab sich Albrecht am 2. Februar 1158, zu Mariä Lichtmess, in Begleitung seiner Gattin, Bischof Ulrich von Halberstadt (vor 1133 – 1180) und zahlreichem Gefolge auf die schon erwähnte Pilgerfahrt ins Heilige Land. Seinem Sohn Otto überantwortete er die Verwaltung der askanischen Herrschaften in seinem Namen. Auf den Heerzug nach Italien, begleiteten an des Vaters statt zwei Söhne den Kaiser.
Leider ist uns nichts schriftliches über die Fahrt nach Palästina hinterlassen worden. Selbst über den genommenen Reiseweg können wir nur Mutmaßungen anstellen. Als gesichert kann man nur davon ausgehen, dass die Pilgergruppe auf der Donau abwärts bis Ungarn reiste. Ob sie dann an die Küste abbogen und an der dalmatinischen Küste einschifften, um über die Adria, das ägäische Meer, in die Levante den Seeweg zu nehmen oder den Landweg durch Ungarn, die Landschaften des heutigen Bulgariens passierend, bis zur Meerenge des Bosporus weitermarschierten, um dann über Konstantinopel, entlang der Westküste bis zum endgültigen Ziel zu reisen, ist alles nicht belegt. Da unter anderen fürstliche Damen teilnahmen, sollte eher vom deutlich komfortableren Seeweg ausgegangen werden
Erst wieder im November des Jahres 1158 hören wir von ihm. Der Kaiser, der zwischenzeitlich seine Strafexpedition gegen Mailand erfolgreich zum Abschluss brachte, hatte sein Lager traditionell auf den Ronkalischen Feldern errichten lassen, wo er vom 11. – 26. November residierte und zahlreiche Regentschaftstätigkeiten für den oberitalienischen Raum vornahm, die sogenannten Gesetze von Roncaglia. Mit dem anstehenden Winter entließ Friedrich einen großen Teil des Heeres in die Heimat. Mit diesen Heimkehrern, höchstwahrscheinlich in Begleitung der beiden am Italienzug beteiligten Söhne, erreicht auch Albrecht und seine Gemahlin die Heimat wieder.

Mit Rückkehr erkennen wir an Albrecht eine Änderung der bisherigen Politik im Umgang mit den Slawen. Vielleicht waren es die Erlebnisse im Heiligen Land, wo christliche Feudalherren, Nachfahren des ersten Kreuzzugs, über Christen, Juden und Moslems gleichermaßen herrschten, die dort halbwegs einträchtig nebeneinander und miteinander lebten und wirkten. Vielleicht waren es die langen Monate auf Reisen, wo er, befreit von den vielfachen Aufgaben eines Regenten und Reichsfürsten, Zeit zur Besinnung und Reflexion fand. Möglicherweise gelangte er zur Überzeugung, dass die bisherige Weise, mit der man den heidnischen Slawen begegnete, nämlich mit Härte, schlimmstenfalls mit Vernichtung, Verschleppung oder Vertreibung, überall dort wo sie sich nicht bereitwillig unterwarfen, nicht nur ein in der Sache falscher, sondern ganz und gar unchristlicher Weg war. Es könnte sein, dass Sohn Otto, der in den Monaten seiner selbstständigen Regierung eigene Erfahrungen machte, dem Vater Erfolge im Umgang mit den Slawen vorweisen konnte. Vielleicht war es am Ende einfach nur das sich bemerkbar machende Alter, das den betagten Krieger ruhiger und bedächtiger werden ließ, auch weil die Kräfte nachzulassen begannen, was wir glauben auch daran zu erkennen, dass bereits einzelne Landstriche seines Herrschaftsbereichs mehr oder weniger selbstständig von den Söhnen verwaltet wurden, allen voran sein zweitältester Sohn Hermann, der die Grafschaft Weimar-Orlamünde verwaltete, welche ihm später auch als Erbe zufiel. Er selbst, in enger Gemeinschaft mit Sohn Otto, konzentrierte sich jetzt auf die Bedürfnisse der rechtselbischen Region. Ob wir hierbei noch von der klassischen Nordmark oder schon von einer sich entfaltenden frühen Mark Brandenburg sprechen sollen, bleibt unter Berücksichtigung des zum Thema Entstehungsprozess bereits geschriebenen, den Vorlieben des Lesers überlassen.

Die langfristige Erschließung und Sicherung der Gebiete rechts der Elbe mussten mit einer grundlegenden Christianisierung der dort eingesessenen Bevölkerung einhergehen. Nur die Kirchen bzw. die Klöster brachten in ausreichendem Umfang die notwendigen Strukturen mit, um einen nachhaltigen Landesausbau zu bewerkstelligen. Eine weltliche Verwaltungsebene gab es in Form der Ministeriale, einer Art mittelalterlichem Beamten. Doch davon waren davon im zwölften Jahrhundert bei weitem nicht genug geeignete verfügbar.
Diesem Ansatz der Regierung über die Slawen vertraten die Askanier keineswegs als erste und noch weniger als einzige Zeitgenossen der damaligen Zeit. Zwei wesentliche Eckpfeiler eines frühen Missionierungswerks waren die beiden Bistümer Havelberg und Brandenburg. Jene existierten wie wir wissen bereits seit der ersten Unterwerfung im zehnten Jahrhundert, während der Regentschaft der Ottonen. Schon mehrfach erwähnt, gingen sie anlässlich der großen Slavenaufstände der zum  Lutizenbund zusammengeschlossenen Elbslawen im Jahre 983 wieder verloren. Die Kicheneinrichtungen wurden zerstört, ihre Vertreter getötet oder vertrieben. Es folgte ein Rückfall von bereits christianisierten Bevölkerungsteilen, zurück zum alten Götterglauben. Die Bischöfe von Havelberg und Brandenburg waren wie ebenfalls schon erwähnt bis weit ins zwölfte Jahrhundert hinein im Grunde nur noch Titularbischöfe, sie verfügten über praktisch keinen realen politischen oder kirchlichen Einfluss.

Im Jahr 1138 wurde mit Wigger von Brandenburg (um 1100 – 1159) ein neuer Bischof für das Bistum Brandenburg gewählt. Wigger war Prämonstranenser, ein 1120 durch Norbert von Xanten (1080 – 1134) gegründeter Mönchsorden, der sich besonders dem Missionardienst in Form eines Wanderpredigttums verschrieb. Der neue Bischof begann ein kraftvolles und persönlich betriebenes  Predigtwerk. Zuerst unweit der Grenzgebiete zwischen den Sachsen und den Slawen, dann zunehmend  rund um das ehemalige Kernland des Bistums. Hilfreich waren dabei einzelne, konvertierte slawische Adelsfamilien, allen voran Pribislaw-Heinrich, dem Herrn der Brandenburg. Auf solcher Grundlage bildete Wigger immer neue Missionsstützpunkte und war einer der großen Pioniere bei der Neuchristianisierung der Elbslawen, zunächst im westlichen Teil der späteren Mark, unmittelbar rechts der Elbe, bis an die Spree. Im Gegensatz zum luxeriösen Leben vieler Kirchenfürsten der Zeit, lebte Bischof Wigger den Idealen seines Ordens folgend, ein materiell enthaltsames Leben. Anlässlich des 1147 durchgeführten großen Wendenkreuzzugs, dem er kritisch gegenüberstand, sich aber dennoch aktiv beteiligte, gelang es ihm, dass sein Bistumsgebiet von Übergriffen ausgespart blieb, was dem weiteren Prediktwerk im Anschluss zusätzliche Impulse verlieh und auch Albrecht später zugute kommen sollte. Als Bischof war er zugleich Reichsfürst und als solchen sehen wir ihn aktiv in Reichsangelegenheiten an der Seite Konrads III. Zu Albrecht dem Bären bestanden im Rahmen gemeinsam wahrgenommener Hof- und Fürstentage, verscheidentliche Kontakte, die sich aber erst anlässlich des erwähnten Wendenkreuzugs mehrten und schließlich mit dem Erbfall von 1150, die den Bären in den Besitz der Brandenburg und des Havellandes brachte, intensivierten. Noch sah Albrecht den vollen Wert des Missionarwerks für seine landesherrliche Politik nicht. Zunächst betrachtete er seine slawischen Untertanen wohl hauptsächlich als tributpflichtige Heiden, kaum aber als vollwertige Landeskinder. Der Begriff Landeskinder ist unpassend, er war nirgendwo im mittelalterlichen feudalen Europa bekannt. Menschen, abhängig von ihrem Stand, waren mehr oder weniger Unterthanen eines Lehnsherren. Sie fühlten sich bestenfall einer kleinen Region zugehörig, zumeist nur ihrer unmittelbaren Sippe oder Dorfgemeinschaft, keinesfalls aber einem größeren, staatsähnlichen Gebilde. Diese Konstrukte, Staat konnte man es noch nicht nennen, hatten bislang auch selten einen Namen und wenn, dann beschrieben sie einen regional begrenzten Bereich, einen Gau, eine Grafschaft eine überschaubare Landschaft. In der Person des Lehnsherren und der darunter liegenden Lehenspyramide, war die ganze frühstaatliche Struktur eines Fürstentums begründet.

Die Anteilnahme Albrechts am Christianisierungswerk müssen wir uns vor allem im militärischen Schutz der beiden Bistümer vorstellen. Havelberg war wohl allerspätestens seit 1147, vermutlich aber schon anlässlich des 1136/37 durchgeführten Kriegszugs Albrechts gegen die nördlich des Havellandes lebenden Brizaner und Wilzen, wieder unter sächsischer Kontrolle. 1150 oder 1151 wurde dort ein Domkapitel gegründet, das seinen festen Sitz in dem alten Bistumszentrum nahm. Mit Einrichtung dieser wichtigsten administrativen wie klerikalen Führungsstruktur, die den Bischof beriet und in allen Belangen unterstützte, war das Bistum administrativ wieder voll handlungsfähig. Was noch fehlte, war ein repräsentatives Kirchengebäude, ein Dom. Die Grundsteinlegung erfolgte vermutlich erst Anfang oder Mitte der 1160‘er Jahre. Bischof Anselm von Havelberg, ein wichtiger Diplomat im Dienste von drei römisch-deutschen Monarchen, erlebte diesen Akt vermutlich schon nicht mehr, er ist am 12. August 1158 in Mailand verstorben, während des zweiten Italienzugs von Kaiser Friedrich I. Persönlich konnte er nie in gleichem Maße das Prediktwerk betreiben, wie sein Ordensbruder Wigger von Brandenburg. Seine vielfältigen Aufgaben als kaiserlicher Gesandter und Diplomat banden ihn stets stark in die Reichsgeschäfte ein. Die von ihm 1144 eingeleitete Klostergründung in Jerichow, südlich von Havelberg und östlich von Tangermünde und somit jenseits der Elbe, war ein wichtiger Schritt dem christlichen Missionierungswerk im Wendenland ein erstes funktionales Zentrum zu schaffen. Mit dem großen Wendenkreuzzug von 1147 brach endgültig der Zusammenhalt und die Widerstandskraft im elbslawischen Raum zusammen. Wohl kam es immer wieder zu lokalen Aufständen, doch blieb eine allgemeine Erhebung aller Stämme aus. Im Norden, entlang den Küsten Pommerns macht der neue Glaube rasche Fortschritte. Die Tätigkeit des Bischofs Otto von Bamberg fiel in den stadtähnlichen Zentren auf fruchtbaren Boden und breitete sich von dort weiter aus. Auch das längst christianisierte Polen im Osten, mit dem man in ehtnischer Hinsicht verwandt war, drückte nach Westen, während die deutschen Fürsten ihrerseits aus dem sächsischen Raum nach Osten vorfühlten. Die Zeit der slawischen Selbstbehauptung ging rasch zu Ende. Mehr und mehr der regionalen Adlesfamilien stellten sich durch Hingabe zum christlichen Gott auf die neue Zeit ein. Dieser von innen heraus wirkende tretende Zerfall der Einheit, führte zu irreversibler Schwächung und Spaltung. Die militärische Widerstandskraft, wie sie in den zurückliegenden Generatione existierte, getragen vom Einheitsgedanken und Wunsch die eigene Freiheit gegen die christlichen Invasoren zu bewahren, war erlahmt. Zunehmende Überlegenheit in der Waffentechnik gaben den christlichen Kriegern eine drückende Überlegenheit. Hinzu kamen Konflikte unter den Slawen selbst, was die Erosion nur noch beschleunigte.
Für die sächsischen Fürsten in den Marken, den Grenzgrafschaften, war der Zeitpunkt gekommen ihr Gebiet mit eigener Kraft, durch das Schwert zu erweitern. Markgraf Albrecht und seine Familie hatten dabei das große Glück der schon mehrfach erwähnten Erbverbrüderung mit Pribislaw-Heinrich, die 1150 zum erfolgten Erbe führte. Dass dieses Erbe selbst nach Jahren nicht sicher war, haben wir anhand der Geschehnisse von 1157 gesehen. Es war dies aber der letzte große militärische Kraftakt zur Rückgewinnung der Brandenburg und des Havellandes. Fortan, es wurde erwähnt, traten nur noch lokale Aufstände auf, denen mit den örtlichen Kräften begenet werden konnte.


Das Besiedlungswerk

Die Serie der Feldzüge ins Land der Wenden seit Lothar III. führte zu einer schleichenden Entvölkerung ganzer Landstriche. Entweder weil die dort Lebenden erschlagen, verschleppt oder vertrieben wurden, bzw. von sich aus tiefer ins Hinterland abwanderten. Ein weitestgehend menschenleeres Land zu besitzen, brachte einem Fürsten keinerlei Vorteile, dafür allerhand Nachteile in Form von nicht zu deckenden Ausgaben für den Erhalt militärischer Stützpunkte. Das ohnehin nur wenig erschlossene Land im Grenzgebiet rechts der Elbe und unmittelbar dahinter, war selbst in den Hochzeiten slawischer Autonomie nur dünn besiedelt, wirkliche Zentren gab es wenige. Havelberg, Brandenburg im Einflussbereich Albrechts oder Demmin und Stettin auf dem Gebiet der vormaligen Billunger Mark, gehörten dazu. Für Albrecht, und hier dürfen wir die berechtigte Annahme hegen dass sein ältester Sohn Otto einen großen Anteil hatte, galt es das Land zu bevölkern. Weniger, was so in älteren Geschichtswerken hervorgehoben wird, um das Deutschtum in die rechtselbischen Gebiete zu tragen, sondern hauptsächlich aus rein wirtschaftlich-pragmatischen Gründen. Die früher vielzitierte Germanisierung des Ostens war bestensfalls ein sich von selbst ergebender Nebeneffekt. Eine Ausrottung der slawischen Menschen war nie vorgesehen, auch wenn die brutalen Ereignisse anlässlich der schon zitierten Feldzüge gegen die Slawen ein anderes Bild vermitteln mögen. Auch auf die Gefahr uns zu widerholen, bei objektiver Betrachtung unterschieden sich diese Kriegszüge nicht wesentlich von Feldzügen, wie sie zwischen christlichen Fürsten geführt wurden.
Albrecht griff bei seinen Bemühungen Kolonisten ins Land zu holen auf ein seit einiger Zeit bewährtes Mittel zurück. Er war hierbei keineswegs ein Pionier, sondern ahmte die Erfolge zweier anderer Fürsten nach. Der Bremer Erzbischof Adalbero (vor 1100 – 1148) ließ zahlreiche, meist flämische Siedler in sein Land, die durch Naturgewalten getrieben, ihre Heimat verlassen hatten. Die Küsten der heutigen Niederlande und Belgien waren immer wieder von schweren Sturmfluten heimgesucht. Besonders erwähnenswert war zunächst jene vom 4. Oktober 1134, die große Teile der flämischen Küste überschwemmte, teilweise bis tief ins Hinterland. Die Zahl der Todesopfer ging in die Tausende. 1134 war übringens das Jahr, in dem Albrecht von Kaiser Lothar III. zum Markgrafen der Nordmark ernannt wurde. In den folgenden Jahren ereigneten sich wieder und wieder in den Herbst- und Wintermonaten regionale Überflutungen der Küstenregionen, wenn auch nicht in solch entsetzlichem Ausmaß wie im Jahr 1134. Trotz der sich fortentwickelnden Technik im Deichbau, die vielerorts schlimmeres verhinderte, fürchteten zahlreiche dort lebende Menschen die Gewalt der Natur. Es kam zu ersten Auswanderungswellen, zuerst ins Bremische. Hier erhielten die Ankömmlinge vom Erzbischof bislang unkultiviertes, sumpfiges Land zur freien Verfügung zugewiesen, samt einer mehrjährigen Enthebung vom Landzins und teilweise sogar vom Kirchenzehnten. Die Siedler erschlossen durch Entwässerungsarbeiten und Errichtung von Deichen in wenigen Jahren das ihnen zugewiesene Land und machten es urbar. Das beeindruckende Beispiel blieb nicht unbemerkt. Graf Adolph II. von Schauenburg-Holstein, ein Vasall Herzog Heinrichs des Löwen, holte ab 1142 ebenfalls flämische und auch westfälische Siedler in sein Gebiet. Sie errichteten Dorfgemeinschaften abseits der Siedlungen der slawischen Holsten und Abodriten. Das Land war groß genug, so dass man sich aus dem Weg gehen konnte. Es war jener Graf Adolph, der die Stadt Lübeck in Form einer Rundwallsiedlung errichten ließ. Sie war als ein Seehandelsposten gedacht und die erste deutsche Stadt an der Ostsee. Am Vorabend des Wendenkreuzzugs von 1147 überfiel Niklot die Handelsniederlassung von Lübeck und brannte sie nieder. Auch viele Dörfer der Kolonisten ließ er überfallen und niederbrennen. Nach Abschluss des Kreuzzugs wurde Lübeck wieder aufgebaut, ebenso die heimgesuchten Dörfer der Kolonisten. Der Graf widmete sich seither in noch deutlich stärkerem Maße der Kolonisierung und rief immer neue Siedler herbei.

Albrecht, der seit 1150 Herr auf der Brandenburg war, stand vor einer ähnlichen Situation wie der Graf von Holstein. Auch er verfügte formell über ein Gebiet, dass von überwiegend heidnischen- und wenigen christlichen Slawen nur dünn besiedelt war. Keineswegs waren seine Besitzungen vor Übergriffen sicher, wie es sich im Frühling 1157 erwies, als ihm die wichtige Havelfestung Brandenburg durch Bestechung entrissen wurde. Albrecht war mittlerweile an der Schwelle ins Greisenalter. Das Beispiel in Holstein inspirierte ihn, möglicherweise spielte Sohn Otto hierbei die ausschlaggebende Rolle, denn gerade er tat sich im Anschluss besonders hervor. Ganz unerfahren waren die Askanier im kolonisieren nicht, immerhin waren schon in den Regionen der alten Mark, besonders entlang der Elbe, holländische und flämische Siedlungen entstanden, vor allem nach den Verheerungen im Zusammenhang mit dem Kampf um das Herzogtum Sachsen, den Albrecht wie wir berichteten verloren geben musste. Auch damals suchte er nach Mitteln, die stark deszimierte Bevölkerung wieder aufzubauen. Nach 1158 begann das große Besiedlungswerk der Landschaften, die zu den ersten Regionen der Mark Brandenburg werden sollten. Albrecht sandte Boten nach Utrecht, Brügge auch nach Köln, in alle größeren Städte im nordwestlichen Teil des Reichs und ließ öffentlich verkünden, dass er jedem der gewillt ist in die Mark zu ziehen, ein Stück Land rechts der Elbe und Zinsfreiheit, das heißt Abgabenfreiheit für das erworbene Land, auf mehrere Jahre zusichere. Zu tausenden strömten die Kolonisten aus Holland, Seeland, aus Flandern, Westfalen und vom Rhein in die entvölkerten Gebiete jenseits der Elbe. Es war das letzte große Werk des gealterten Bären. Die junge Mark bekam durch den Zuzug dieser Menschen ihre typisch norddeutsch geprägte Form.


Ehe und Nachkommen

Wir haben bisher meist nur am Rande über die Familie Albrechts gesprochen. Am meisten wurde dabei sein ältester Sohn Otto erwähnt. Werfen wir einen Blick auf seine zahlreichen Kinder und natürlich auf seine Gattin. Er heiratete 1124 Sophie von Winzenburg (1105 – 1160). Sie war Tochter des aus dem bayrischen stammenden Grafen Herrmann von Winzenburg (um 1083 – 1137). Sie schenkte ihrem Mann in den über 35 Ehejahren mindestens neun Kinder die das Erwachsenenalter erreichten. Im Jahre 1158 begleitete sie ihren Mann auf dessen Pilgerfahrt ins Heilige Land, von wo sie, möglicherweise schon gesundheitlich angeschlagen, Ende des selben Jahres zurückkehrte. Schon im Sommer 1160 starb sie in Brandenburg an der Havel, vermutlich auf der dortigen Festung. Ihr Leichnahm wurde im Ballenstedter Stift, der bisherigen Grablege der askanischen Grafen von Ballenstedt, zur letzten Ruhe gelegt. Obwohl sie rund zehn Jahre vor Albrecht starb, blieb Sophie die einzige Ehefrau des Bären. Für einen regierenden Fürsten war es durchaus üblich, dass er sich sogar in hohem Alter noch einmal vermählte, selbst wenn die Erbfolge durch ausreichend Nachkommen als gesichert gelten konnte. Ein bei Aschersleben, der alten Residenz der Askanier, gemachter Münzfund (Brakteat) zeigt den stilisierten Markgrafen gemeinsam mit seiner Frau. Das Fürst und Gattin auf einer Münze gemeinsam abgebildet wurden, war ungewöhnlich und bemerkenswert. Es muss als ein besonderer Ehrenerweis gegenüber der Gattin interpretiert werden und drückt die Innigkeit des beiderseitigen Verhältnisses aus.

An der Seite Albrechts wurde Sophie von Winzenburg zur Stammherrin der Markgrafen und Kurfürsten von Brandenburg, Herzöge und Kurfürsten von Sachsen-Wittenberg, der Herzöge von Sachsen-Lauenburg, der Fürsten von Anhalt und der Grafen von Weimar-Orlamünde.

Neun der namentlich bekannten Kinder waren wie folgt:

  • Otto (1125  – 1184), ab 1170 Albrechts Nachfolger als Markgraf von Brandenburg.
  • Hermann (um 1130 – 1176), ab 1167 Graf Hermann I. von Weimar-Orlamünde
  • Siegfried (1132 – 1184), 1173 – 1180 Bischof von Brandenburg, ab 1180 Erzbischof von Bremen
  • Heinrich (vor 1140 – 1185/86), Domprobst zu Magdeburg, Vorsteher der Domschule zu Magedburg.
  • Hedwig (vor 1136  – 1203), verheiratet seit 1155 mit Markgraf Otto von Meißen.
  • Adalbert (um 1136  – 1173), Graf von Ballenstedt
  • Dietrich (vor 1130 – 1187), Graf von Werben
  • Bernhard (1140 – 1212), seit 1170 Graf von Aschersleben, ab 1173 Graf von Ballenstedt, Burggraf von Magdeburg, ab 1180 Herzog von Sachsen
  • Gertrud (? – ?), verheiratet seit 1153 mit Fürst Děpold von Böhmen-Jamnitz

Tod, Erbteilung & Nachwort

Das letzte Jahrzehnt seines Wirkens verwandte Albrecht dazu, der noch spärlich besiedelten Mark durch den Zuzug deutscher Kolonisten aus unterschiedlichen  Gauen des Reichs einen Bevölkerungszuwachs zu verschaffen, um die Stellung im dünn besiedelten Osten gegenüber der slawischen Mehrheitsbevölkerung zu stärken und die Landstriche zu erschließen.
Er beteiligte sich von jungen Jahren an sehr aktiv in den Auseinandesetzungen im sächsischen Raum, wie auch in der Reichspolitik. Mit dem Sachsenherzog Lothar, dem späteren Kaiser Lothar III., verband ihn seit seinen ersten Regentschaftsjahren ein enges Band. Selbst nachdem Albrecht 1131 wegen schwerem Landfriedensbruch von einem Fürstengericht verurteilt wurde, worauf ihm die Mark Lausitz entzogen wurde, fiel er bei Lothar nicht in Ungnade und blieb diesem umgekehrt treu. Schon 1134 belehnte Lothar ihn mit der verwaisten Nordmark. Durch die politischen Umstände in Sachsen genötigt, nach dem Tod des Kaisers, wurde er ein Parteigänger der Staufer. Als er das von der Kaiserinwitwe Richenza geplante Wahlkonvent zu Quedlinburg sabotierte, ermöglichte er dadurch ungeplant die kurz darauf folgende Wahl des Staufers Konrad zum römisch-deutschen König. Eine Absprache dazu gab es mit den Staufern nicht, Albrechts Handlung war eine Einzeltat, die weitreichende Folgen hatte. Die Nähe zu den Staufern wurde in den kommenden Generationen zu einer Art politischem Grundsatzprogramm der brandenburgischen Askanier, und kam es auch gelegentlich zu Zerwürfnissen, nahm man später nur einmal eine grundlegend oppositionelle Haltung gegenüber der schwäbischen Herrscherdynastie ein.
Er gehörte von Anbeginn an zu den erbittertsten Gegnern der frühen sächsischen Welfen und bekämpfte zeitlebens Heinrich den Stolzen, wie auch dessen Sohn Heinrich den Löwen. Seine antiwelfische Politik wurde von den Söhnen vorbehaltlos mitgetragen und später von Bernhard sehr erfolgreich fortgeführt.

Albrecht in fortgeschrittenem Alter

Am 18. November 1170 starb Markgraf Albrecht I. Er wurde im Kollegialstift zu Ballenstedt neben seiner Frau und seinen Vorvätern beigesetzt. In der Spätphase seines Lebens wurde unter seiner Regie dem Reich östlich der Elbe eine neue Markgrafschaft erschlossen. Die Schritte die dazu führte, waren die Belehnung mit der Nordmark, gefolgt von der Inbesitznahme der westlichen Prignitz, nördlich von Havelberg und der Zauche, die als Taufgeschenk an die Askanier fiel. Es folgte Havelberg, das spätestens seit 1147 in askanischer Hand war, vermutlich schon etwas früher und schließlich 1150 das wichtige Erbe der Brandenburg mit dem Havelland. Im Frühjahr 1157 verlor er die Festung für kurze Zeit, konnte sie aber schon im Juni des gleichen Jahres nach blutigen Kämpfen endgültig zurückerobern. Die Ausdehnung der jungen Mark nach Osten war noch verhältnismäßig gering und es sollte Generationen dauern, bis die Oder erreicht und überschritten wurde. Ein vielversprechender Anfang war dennoch getan und der Bär drückte dieser Anfangszeit seinen Stempel auf.
Als Stammvater begründete er eine Reihe askanischer Linien. Mit seinem Tod und der Erbteilung von 1170, entstanden neben der brandenburgischen Hauptlinie, die Linie von Weimar-Orlamünde, eine sächsische Linie, die sich 1296 nochmals teilte und die anhaltinische Linie, dem einzigen askanischen Zweig, der heute noch existiert. Albrechts Landschaften wurden gemäß einer  einvernehmlichen Landesteilung unter den vier weltlichen Söhnen aufgeteilt, während zwei weitere Söhne hohe geistliche Ämter begleiteten. Noch zu seinen Lebzeiten begannen diese als Stellvertreter und Mitregenten ihre späteren Besitzungen zu verwalten. Die vormalige Nordmark und das Siedlungsgebiet rechts der Elbe sowie der väterliche Titel eines Markgrafen, ging als Nachlass an den erstgeborenen Sohn Otto.

Die Herkunft des Namenszusatzes der Bär, der schon zu Lebzeiten für Albrecht verwendet wurde, ist nicht belegt, man darf aber mit einigermaßen großer Sicherheit annehmen, dass er als eine Art oppositioneller Gegegenbegriff zu Heinrich dem Löwen gedacht war. Er hat nichts mit dem späteren Wappentier Berlins zu tun. Im Übrigen hat auch der phonetisch ähnlich klingende Name der Stadt nichts mit dem Bären zu tun, wie vereinzelt bis heute behauptet wird. Die eigentliche Stadt existierte zu Lebzeiten Albrechts noch nicht, wenn auch schon seit einiger Zeit dort eine größere slawische Siedlung lag. Der Bär als Wappen Berlins kam erst spät auf. Wie die meisten märkischen Städte hatte auch die Doppelstadt Berlin-Cölln unter anderem den roten märkischen Adler im Wappen, der zu Lebzeiten Albrechts noch nicht existierte. Zur Zeit Albrechts waren die Gebiete östlich Spandaus außerhalb des Zugriffs der brandenburgischen Markgrafen, erst seine Urenkel werden den Teltow erobern und sichern.

Albrecht war in seinem langen Leben Reichsvasall von Königen und Kaisern, dem Salier Heinrich V., dem Süpplingenburger Lothar III., sowie den Staufern Konrad III. und Friedrich I. Barbarossa. Als Kind war er sogar noch Zeitzeuge Heinrichs IV., womit er insgesamt fünf römisch-deutsche Könige und Kaiser erlebte. In seiner Zeit verschwanden die die alten germanischen Stammesherzogtümer endgültig und die Territorialisierung des Reichs nahm sichtbar Gestalt an.

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