Buch 2, Kapitel III: „Ludwig II. der Römer (7. Mai 1328 – 27. Februar 1365)“


Drei Ludwigs in der gleichen Familie, es kann deswegen nicht schaden, um Verwechslungen zuvorzukommen, noch einmal eine kurze Auflistung zu machen. Begonnen wird mit dem Vater, gefolgt von seinem ältesten Sohn aus dessen erster Ehe und als drittes, dem ältesten Sohn aus zweiter Ehe.

  • Ludwig IV., genannt „der Bayer“, Kaiser des Heiligen Römischen Reichs
  • Ludwig I., erstgeborener Sohn des Kaiser, genannt „der Brandenburger“ auch gelegentlich Ludwig „der Ältere“, der spätere regierende Herzog Ludwig V. von Oberbayern.
  • Ludwig II., genannt „der Römer“, auch als Ludwig „der Jüngere“ bekannt, zeitweise als Ludwig VI., Herzog von Oberbayern.

Vollständigerweise müsste mit Ludwig von Ungarn, Ludwig „dem Frommen“, Sohn Karls des Großen und dessen Sohn, Ludwig „dem Deutschen“, Enkel Karls des Großen, die Liste fortgeführt werden. Alle drei werden später noch inhaltlich kurz angerissen. Da sie durch den Kontext nicht allzu schwer von den drei Wittelsbachern zu unterscheiden sind, ist es nicht nötig jetzt schon näher auf sie einzugehen. Und nehmen wir es ganz genau, dann muss noch ein siebter Ludwig erwähnt werden, noch dazu ein weiterer Sohn des Kaisers, der im Jahre 1347, somit im Todesjahr des Kaisers geboren wurde, allerdings bereits im Folgejahr starb.


Ludwig der Römer

Ludwig „der Römer“ wurde als ältester Sohn Kaiser Ludwigs IV. und dessen zweiter Ehefrau, Margarethe von Holland, am 7. Mai 1328 in Rom geboren. Sein Namenszusatz ergab sich augenscheinlich aus dem Geburtsort und wurde als Abgrenzung zum Vater und zum älteren Halbbruder, zu Lebzeiten bereits benutzt. In Bezug auf die Markgrafschaft Brandenburg, war er auch als Ludwig „der Jüngere“ bekannt. In der Liste brandenburgischer Markgrafen wird er als Ludwig II. geführt.

Mit dem Tod Kaiser Ludwigs 1347, wurde das Erbe auf Wunsch des Vaters zu Anfang von den sechs Söhnen gemeinschaftlich regiert. Das Ansinnen des Verstorbenen war es, hierdurch einen Zerfall der erworbenen Gebiete zu verhüten und die Position der bayrischen Wittelsbacher im Reich dauerhaft zu festigen und auf Augenhöhe mit den Habsburgern und Luxemburgern zu halten. Schon 1349 kam es, vermutlich auf Hauptinitiative des erstgeborenen Ludwigs, im Vertrag zu Landsberg zur Teilung der Besitzungen. Jenem ersten Teilungsvertrag folgte mit dem Luckauer Vertrag schon Ende 1351 eine zweite Neuordnung des Erbes, die auch für Brandenburg von Bedeutung war.

Auf Grundlage der zweiten Teilung,  übernahm Ludwig „der Römer“ als Markgraf die Regentschaft in Brandenburg. Sein jüngerer, noch minderjähriger Bruder Otto, blieb dabei an seiner Seite während sich der vorherige Markgraf Ludwig, „der Brandenburger“ oder „der Ältere“, in die bayrischen Stammlande zurückzog und dort als Herzog Ludwig V., die jetzt ungeteilte Herrschaft über das Herzogtum Oberbayern und die Grafschaft Tirol ausübte.


 „Der anglo-französische Krieg“

Bisher wurde gewöhnlicherweise nach dem einleitenden Abschnitt eines neuen Kapitels, ein Blick auf die Zustände im Reich oder außerhalb der Reichsgrenzen geworfen. Die zum Zeitpunkt des Regierungswechsels in der Mark vorgefundene Reichssituation wurde schon im vorangehenden Kapitel tiefergehend erörtert. Karl IV. aus dem Hause Luxemburg, Sohn König Johanns von Böhmen, war seit 1346 neues Reichsoberhaupt, die Kaiserkrone hatte er zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht erworben.

Da sich reichsintern vorläufig keine erwähnenswert neuen Ereignisse ergaben, wenden wir unseren Blick auf die Vorkommnisse jenseits der Grenzen. Aufgrund seiner Zentrallage im Herzen Europas, grenzten notwendigerweise zahlreiche Königreiche und vornationale Staatskonstrukte ans Reich an. Bei der Verwendung des Begriffs „Grenze„, darf nicht von scharf sich abhebenden, klar von allen anerkannten Übergängen ausgegangen werden. Grenzen waren in damaligen Zeit ein insofern dehnbarer Begriff, als dass sie oftmals noch unstet waren, zumal die Reichsgrenzen im Westen. Ein Teilfürst konnte unter Umständen Vasall gleich zweier, äußerst selten Vasall von noch mehr Herren sein, was die Zuordnung eines Landstrichs durchaus diffus machte. Es ist mitunter sinnvoll sowohl von Grenzen als auch von überlappenden Interessensphären zu sprechen.

Hierzu mag ein fiktives und sehr vereinfachtes Beispiel zur Veranschaulichung geeignet sein. Nehmen wir einen Vasallen des römisch-deutschen Königs oder Kaisers an. Des Vasallen Besitzungen, vielmehr sein Reichslehen liegt an der Westgrenze des Reichs. Er verheiratet einen seiner Söhne aus dynastischen Erwägungen, mit einer guten Partie eines nicht allzu weit entfernten Fürsten und Lehnsmann des französischen Königs. Als Mitgift bringt die Braut einen Flecken Land aus dem Lehnsbesitz des Vaters mit in die Ehe. Der Bräutigam war über seinen eigenen Vater, dessen Erbe er einst wird, ein Vasall des Heiligen Römischen Reichs und dessen jeweiligem Vertreter auf dem Thron. Bezogen auf die Mitgift der Braut wurde er gleichzeitig zu einem Vasallen des französischen Königs. Letzterer hatte als oberster Lehnsherr französischen Territoriums, kein Interesse an einer Erosion des französischem Staatsgebiet und daher war das Recht auf das in die Ehe eingebrachte Land nur über einen zusätzlichen partikularen Lehnseid auf den französischen König möglich. Vorsicht auch hier bei der Verwendung des Staatsbegriffs. Zu einem so frühen Zeitpunkt der mitteleuropäischen Geschichte, muss der Staatsbegriff eingeschränkt gewählt werden, er darf insbesondere nicht in nationalstaatlichem Kontext verstanden werden. Im feudalistisch geprägten Europa konnte man nur sehr wenig von Staaten im späteren Sinne des Begriffs sprechen, wenn wir es dennoch tun, dann deswegen, weil es die Veranschaulichung vereinfacht.

Das konstruierte Beispiel, so stark vereinfacht es war, leitet zu einem Konflikt über, des Ursachen gewisse Ähnlichkeiten zu unserem Beispiel aufwies. Frankreich, das im Westen ans Reich angrenzte und sich seit Philipp IV. anschickte eine europäische Großmacht zu werden, wurde in Folge dieser auftretenden Verwerfungen auf Generationen tief erschüttert. Letztendlich führten die Auswirkungen, gleichsam einem Geburtshelfer, zu seiner späteren, zentralstaatlichen sowie frühen nationalstaatlichen Ausprägung.

Gehen wir dazu in der Zeit zurück. Aus den bisherigen Veröffentlichungen von Buch 1 war zu entnehmen, dass sich westlich des Reichs eine kraftvolle Staatsmacht entwickelte. Aus den alten westfränkischen Gebieten formte sich  dort sukzessiv das französische Königreich heraus. Spätestens seit Philipp IV. „dem Schönen“, entwickelte sich Frankreich zu einer europäischen Großmacht und begann seine Fühler auch nach Osten auszustrecken. Hier stieß es bald an die unsteten Grenzen des Reichs. Philipp verstand sich darauf die außenpolitische Schwäche des Reichskörpers anlässlich diverser innerdeutscher Thronstreitigkeiten auszunutzen und verschiedene Reichslehen in französische Abhängigkeit zu zwingen. Dem Reich, gelähmt durch interne Machtkonflikte unter den großen Dynastien, war es nicht möglich einzuschreiten oder später zu revidieren. Ein nachhaltiges Gesunden und Erstarken des Reichs ereignete sich erst wieder unter den Kaisern Heinrich VII. und Ludwig IV., doch auch diese vermochten den im Westen verloren gegangenen Einfluss nicht oder kaum wiederzuerlangen. Immerhin kam es auch schon unter König Rudolf I. vorläufig zu einem Stillstand der französischen Expansion nach Osten. Als Erläuterung was mit Expansion gemeint war. Es musste nicht notwendigerweise Annektion eines Landstrichs bedeuten, ein solch kriegerischer Akt wäre auch vom innerlich geschwächten Reich nicht völlig tatenlos hingenommen worden, oft war es eher, wir deuteten es an, eine Ausweitung des eigenen Einflusses. Hieraus leiteten sich für gewöhnlich Verschiebungen von Zugehörigkeiten ab, die dauerhaft einer Grenzveränderung gleichkamen. Dass es zu einem weitestgehenden Stillstand, mindestens aber zu einer signifikanten Verlangsamung der französischen Einflusserweiterung nach Osten kam, hatte eher eingeschränkt mit der Erholung des Reichs zu tun. Ein wesentlicher anderer Grund verlagerte das Augenmerk der französischen Krone von seinen östlichen Grenzen auf seine eigenen, inneren Angelegenheiten.

Seit langem schon schwelte ein Konflikt, dessen kriegerischer Höhepunkt in der Geschichte zumeist als „Hundertjähriger Krieg“ bekannt wurde. Betrachtet man die Ursachen dieser Auseinandersetzung zwischen England und Frankreich, die eine sich durch eine halbe Epoche zog, so wird es notwendig mehr als 300 Jahre in die Vergangenheit zurückzugehen. Die Wurzeln des späteren Hauptkonfliktes lagen schon in Ereignissen des Jahres 1066 begründet. Damals machte sich der normannische Herzog Wilhelm der Eroberer daran, die politisch instabile Lage Englands, anlässlich des dortigen Thronübergangs, zu seinen Gunsten auszunutzen. Er unternahm eine sorgsam vorbereitete Invasion der seit dem sechsten Jahrhundert angelsächsisch dominierten, vormals britischen Insel.

Wilhelm war Vasall des französischen Königs aber selbstständig und stark autonom in seinen Aktivitäten. Seine Herkunft und jene seiner normannischen Gefolgsleute macht es notwendig näher beleuchtet zu werden. Hierzu müssen wir gedanklich noch einmal weitere rund 150 Jahre in der Geschichte zurückreisen. Wir befinden uns jetzt in der Enkelgeneration Karls des Großen. Das fränkische Großreich war nach Karls Tod, am 28. Januar 812, an seinen Sohn Ludwig übergegangen. Ludwig konnte einen Zerfall abwenden, seine Autorität und Einfluss reichte aber lange nicht mehr an die Macht und den Glanz des Vaters heran. An den Rändern des fränkischen Großreichs, begannen die unterworfenen Völker und Stämme zunehmend an Autonomie zurückzugewinnen. Unter den Söhnen Ludwigs, den Enkeln Karls, wurde das Reich schließlich dreigeteilt. Lothar, der älteste Sohn Ludwig „des Frommen“, folgte dem Vater als Kaiser nach und herrschte über ein sogenanntes Mittelreich auch als „LotharingischeReich“ oder „Lotharii Regnum“ bekannt. Er konnte seine Machtstellung fast von Beginn an nicht zur Entfaltung bringen und damit weder an das Erbe des Vaters und noch weniger an jenes des Großvaters anknüpfen. Seine beiden Brüder, Karl „Karl der Kahle“ und Ludwig „der Deutsche“, die westlich und östlich von ihm ebenfalls bedeutende Gebiete erbten, verbündeten sich gegen den Bruder. Als Folge kam es zu einer neuerlichen Reihe von Teilungen aus denen sich am Ende ein karolingisches West- und Ostfrankenreich ergab. Aus dem abgespaltenen westlichen Reichsteil sollte sich später Frankreich, aus dem östlichen Teil, das deutsche Kerngebiet des Heiligen Römischen Reichs entwickeln.

Das westfränkische Reich litt Ende des neunten Jahrhunderts unter einer Serie schwerer Plünderfahrten nordischer Stämme aus Skandinavien. König Karl „der Kahle„, Urenkel Karls des Großen, entschloss sich als Reaktion im Jahr 911 den Invasoren die Landschaft in der Normandie als Pfand zu verleihen um dadurch weiteren Plünderungen vorzubeugen. Ein progressiver Schritt der sehr gewagt war, holte man sich damit doch quasi die Schlange als dauerhaften Bewohner in seinen eigenen Vorhof. Doch der König spekulierte auf ein zu erwartendes Assimilationsmomentum als auch auf das Faktum, dass die Nordmänner, waren sie nicht auf gemeinsamer Feindfahrt, untereinander traditionell rivalisierend und zerstritten waren. Es sollte sich erweisen, dass des Königs Rechnung aufging. Schon mittelfristig unterblieben weitere Plünderungen der nordischen Vettern. Die Nordmannen oder Normannen in der neugeschaffenen Grafschaft Normandie, wurden zu Vasallen der westfränkischen Krone. Ihr Bezug zur ursprünglichen Heimat in Skandinavien ging zusehends verloren, das Band zu den Familienclans des Nordens löste sich auf. In den folgenden Generationen fand eine zunehmende Akkulturation statt und die Nachfahren der Nordmänner eigneten sich die franco-gallo-romanische Lebensweise, ihre Sitten und Sprache an. Vom nordischen Erbe schien unter der Hülle selbstangelegter, frühfranzösischer Kultur, nur noch die Eroberungslust geblieben zu sein.

Mit Herzog Wilhelm, einem direkten Nachfahren des ersten normannischen Grafen, entbrannte die Eroberungswut aufs Neue. Er machte sich, wie schon erwähnt, den Thronwechsel in England zunutze. Am 5. Januar 1066 starb dort der angelsächsische König Eduard ohne einen eigenen Erben zu hinterlassen. Die Krone ging auf eine andere angelsächsische Familie über. In dieser Phase, in der ein neue König auf noch unsicheren Regierungsbeinen stand, sah Wilhelm die Gelegenheit zum zuschlagen. Nach geglückter Landung in England, kam es zum Zusammentreffen beider Streitmächte. In der Schlacht von Hastings konnte sich sein Heer durchsetzen so dass er am Weihnachtstag 1066, in Westminster zum König von England gekrönt wurde.

Die neuen normannischen Herren Englands, sahen sich bald auf gleicher königlicher Augenhöhe mit den westfränkischen Königen. Durch ihre Besitzungen im westfränkischen Reich, waren sie noch gleichzeitig Vasallen der franco-gallischen Krone. Man kann erahnen, dass dies Zündstoff zukünftiger Verwicklungen war. Zunächst lokal ausgelöste Interessenskonflikte gingen bald in anhaltende Rivalitäten über, die zuletzt in offene Feindschaft mündete. Das für die Zeit übliche Mittel eine politische Entspannung zu erzielen, die dynastische Verbindung zweier Familien durch Heirat, verkomplizierte im vorliegenden Fall auf Dauer die Situation jedoch noch beträchtlich. Aus sich später ergebenden Erbansprüchen, entzündeten sich stets neue Konflikte. Die Besitzungen der englischen Krone auf dem Kontinent wuchsen fortlaufend. Bald war das englische Königshaus größter Landbesitzer in Frankreich und damit, obwohl eigentlich Vasall, mächtiger als der König Frankreichs selbst.

In den fast 300 Jahren seit 1066 kam es, wen kann es noch überraschen, zu zahlreichen kriegerischen Auseinandersetzungen um die kontinentalen Besitzungen der englischen Krone. Dem weiteren Machtzuwachs eines französischen Kronvasallen konnte keinesfalls mehr tatenlos zugesehen werden. Schlussendlich führte dies im Jahr 1337 zum Krieg. König Philipp VI. von Frankreich erklärte Edward III. von England am 30. April 1337 den Kampf und rückte in dessen französisches Lehen in Guyenne, an der französischen Westküste ein.

Der jetzt losgebrochene Kampf verlief in Phasen und und darf nicht als ein ununterbrochener Konflikt, mit permanenten Kampfhandlungen gesehen werden. Da es aber zu keinem allgemeinen Frieden kam, zählen alle Konfliktabschnitt Abschnitte zum gleichen Krieg, dem sogenannten „Hundertjährigen Krieg“.

In der ersten Phase zwischen 1337 und 1340, konzentrierten sich die Kampfhandlungen maßgeblich auf das Meer, mit dem Ziel, die Seeherrschaft im Kanal zu erringen. Für Edward III. war die Beherrschung des Seewegs zwischen England und Frankreich vital um dadurch ungehindert Truppen nachführen zu können und gleichzeitig eine französische Invasion auszuschließen.

1340 ernannte sich Edward III. zum französischen König, was den Konflikt in die zweite Phase überführte. Diesen Schritt hatte er bereits 1337 in einem offiziellen Schreiben an den französischen König angekündigt, woraus dieser die oben beschriebenen Feindseligkeiten begann. Es folgten bis 1346 eine Reihe von Landschlachten in der Normandie und der Casgogne.  Für beide Seiten ergaben sich sowohl Niederlagen als auch Siege ohne dass es zu einer Entscheidung kam.

Im Sommer 1346 griff Edward III. erstmals persönlich in das Kampfgeschehen ein. Am 12. Juli 1346 schiffte er sich mit einem Heer ein und landete er an dessen Spitze unweit von Cherbourg auf französischem Festland. Seine Armee bestand aus rund 15.000 Mann, mehrheitlich aus England, Wales sowie kleineren Söldnerkontingenten aus der Bretagne und Deutschland. Normannische Adelshäuser aus der Normandie unterstützten in ihn größerem Umfang und stellten einen erheblichen Teil der berittenen Truppen.

Am 26. Juli erreichten seine Truppen die Stadt Caen, eroberten diese in den darauffolgenden Tagen und richteten unter der Bevölkerung ein furchtbares Massaker an. Sie plünderten und brannten die Stadt nieder, bevor sie sich abwärts der Seine Richtung Paris in Marsch setzten. Beide Heere belauerten sich zwischen den Flüssen Seine und Somme. Die Franzosen brannten die weite Umgebung nieder so dass dem englischen Heer die Möglichkeit der Versorgung genommen wurde. Ein ausgedehntes Nachschubwesen kannte die mittelalterliche Kriegsführung nicht. Kriegführende Heere ernährten und versorgen sich aus dem Gebiet das sie durchzogen. Es kam dabei nicht immer zu großräumigen Plünderungen, wenngleich es doch in der Mehrzahl so war.

Ende August ereignete sich die erste Feldschlacht zwischen Teilen beider Armeen. Edward III. vermochte mit seinen Truppen das Schlachtfeld zu behaupten. Der Sieg und die damit verbundene Überwindung der französischen Verteidigungslinie an der Somme öffneten dem schwer an Hunger leidenden englischen Heer die nordöstlich liegenden, noch unberührten Gebiete. Sie rückten dort ein und verproviantierten und reorganisierten sich. Wenn von reorganisieren gesprochen wird, ist gemeint, dass ein unter Versorgungsmängeln leidendes Heer seine Formation auflockerte um in der weiten Gegend nach Nahrung zu suchen. In einer solche Phase, in der der Zusammenhalt für den Moment weitestgehend verloren ging, bestand die Gefahr von einem Angreifer ganz zersprengt und grüppchenweise aufgerieben zu werden. Dies setzte voraus, dass man über die Bewegungen des Gegners ausreichend informiert war und als Angreifer selbst genügend Versorgungsmittel besaß um ein gegnerisches Heer fortlaufend mit der Masse seiner Kräfte beschatten zu können. Oft sah eine Beschattung so aus, dass zwei sich observierende Heere gegenseitig weniger militärisch bedrohten als vielmehr einander gegenseitig das Operationsgebiet buchstäblich leer fraßen. In späteren Jahren sollte dies in Kriegen zur Regel und die eigentliche Schlacht zur Ausnahme werden.

Das französische Heer Philipps VI. war Zuzug weiterer Verstärkungen, darunter verbündete Truppen aus Genua und Deutschland, zahlenmäßig den englischen Truppen weit überlegen. Philipp setzte es jetzt darauf  Edwards in einer Schlacht auf offenem Gelände zu attackieren und zu vernichten.

Für Edward III. durfte sich unter keinen Umständen das Schlachtfeld vom Gegner diktieren lassen. Seine nominelle Unterlegenheit musste durch geeignetes, vorteilhaft zu verteidigendes Gelände kompensiert werden. Bei Crécy bezog er eine günstige Verteidigungsposition, angelehnt an einen Fluss. Die Truppenmoral in den Reihen der Engländer war durch die bisherigen Erfolge gestärkt. Die bislang eingebrachte Beute bestärkte die Zuversicht der einfachen Männer bei erfolgreicher Fortführung des Feldzugs, als gemachte Leute nach England zurückzukehren. Edward sah die Situation freilich realistischer, die Lage war kritisch. Ihm war klar, dass der einzige Vorteil seiner Truppen in der hohen Feuerkraft und Feuergeschwindigkeit seiner Langbogenschützen bestand. Rund 6.000 seiner insgesamt noch 12.000 verbliebenen Mann, bestanden aus diesen Bogenschützen.

Edward of Woodstock, Prince of Wales

Sollte Edward die Schlacht verlieren, was nur zu wahrscheinlich war, stand nicht nur sein eigenes Leben auf dem Spiel sondern auch das des Kronprinzen Edward of Woodstock, dem 16-jährigen Prince of Wales. Der junge Kronprinz ging aufgrund seiner geschwärzten Rüstung in die Geschichtsbücher als der „Schwarze Prinz“ ein. Er befehligte den rechten englischen Flügel, welcher während der Schlacht den schwersten Angriffen ausgesetzt war.

Die übliche Taktik eines in der Defensive stehenden Heeres bestand darin, dem heranrückenden Angreifer einige Pfeilsalven entgegenzuschicken worauf sich die Bogenschützen in Sicherheit brachten und den eigenen Fußtruppen und der Reiterei für gewöhnlich den weiteren Verlauf der Schlacht überließ. Da Philipp hinsichtlich gepanzerter Reiterei und auch an gerüsteten Fußtruppen massiv überlegen war, mussten die effektive Kampffähigkeit der englischen Bogenschützen so lang als nur möglich erhalten bleiben. Er musste gewährleisten, dass sie während der gesamten Schlacht im Feuerkampf blieben bzw. am Kampf Mann gegen Mann teilnähmen, sollte dies erforderlich werden und dies trotz ihrer unzureichenden Bewaffnung und Panzerung. Aus diesem Notstand heraus, beschloss Edward die Reiterei und damit den Adel komplett defensiv einzusetzen und den Schützen und Fußtruppen als eine Art Korsettstange beizustellen. Neben dem grundsätzlich taktischen Gedanken hatte diese Maßnahme eine stark psychologische Wirkung auf die Verbände. Der hohe Herr, auf seinem sprichwörtlich gewordenen hohen Ross, stand jetzt auf gleicher Augenhöhe mit dem gemeinen Mann von niederer Herkunft. Dass der Adel, welcher vor allem in der berittenen Attacke das Ideal eines ehrenhaften Kampfes sah, sich dieser Anordnung fügte, mag einiges über das Charisma des englischen Königs aussagen sowie über die straffe Befehlsdisziplin im Heer Edwards.

Während der Schlacht erwies sich der englische Langbogen geradezu als Wunderwaffe. Ein gut disziplinierter und geübter Schütze, war in der Lage pro Minute zwischen 15 und 20 Pfeile abzufeuern. Bei geschätzten 6.000 Bogenschützen ergab sich dadurch ein theoretischer Pfeilhagel von bis zu 120.000 Pfeilen pro Minute, immer unter der Annahme, dass genügend Pfeile zur Verfügung stünden und die Schützen nicht vorzeitig ermüdeten.

Karl II. von Valois

Die Franzosen versäumten von Beginn an eine koordinierte Großattacke zu entwickeln und griffen zumeist in unzureichenden Kontingenten an, die auf freiem Feld schwerste Verluste durch das englische Bogenfeuer erlitten. Wesentlich an diesem Umstand werden sicherlich die örtlichen Gegebenheiten gewesen sein. Die Stellung der Engländer war mit Weitsicht und Klugheit gewählt, eine Flankierung nicht möglich. Sobald die Angreifer stark dezimiert die englischen Reihen erreichten, konnten sie von der abgesessenen englischen Reiterei und dem sonstigen Fußvolk leicht niedergemacht werden. Bereits bei einem der anfänglichen Attacken fiel Karl II. von Valois, der Bruder des französischen Königs.

Mit großer Tapferkeit aber mit wenig taktischem Sachverstand, wenn man diese wenig schmeichelhafte Beschreibung verwenden darf, griffen die Franzosen immer wieder an und blieben stets im mörderischen Pfeilhagel liegen. Die Verluste waren enorm ohne dass die englischen Reihen ins Wanken gerieten. Es war dies eine wiederkehrende Eigentümlichkeit des mittelalterlichen, französischen Adels. Das stete Muster war, sich in wilder Entschlossenheit frontal auf den Feind zu stürzen, immer das Prinzip des ehrenwerten Kampfs Mann gegen Mann im Sinn. Anlässlich der Kreuzzüge ins Heilige Land war dies schon auffallend, zeigte sich auch immer wieder bei Preußenfahrten größerer französischer Kontingente ins heidnische Baltikum und es sollte sich auch in späteren Schlachten, auf wechselnden Schauplätzen und anderen Gegnern zeigen. Der ritterlich geführte, tapfere Frontalangriff zu Pferd, war getragen von einer, man kann es kaum anders formulieren, ausgeprägt überheblichen Denkweise. Das Selbstverständnis und übersteigerte Selbstbewusstsein unter den französischen Aristokraten war, dass man, allein aufgrund seines höheren Standes, einem jeden Gemein auf dem Schlachtfeld überlegen war. Französische Kontingente waren geradezu berüchtigt dafür und verrufen, in multinational gemischten Heeren einem nichtfranzösischen Heerführer kaum Beachtung, noch weniger Gehör und praktisch keinen Gehorsam hinsichtlich taktischer Anweisungen zu schenken. Dass ihre Kampfkraft, getragen von einem Eiltegefühl, allgemein sehr hoch war, darf nicht unterschlagen werden. Es soll nicht der Eindruck vermittelt werden, die Franzosen verstünden sich nicht aufs kämpfen. Es mangelte vielmehr oft an einer Flexibilität zur situationsbedingten Anpassung auf eine sich veränderte Ausgangslage. Ein gewisses Dogma bezüglich der Vorgehensweise anlässlich einer Schlacht machte sie unnötig berechenbar.

An der Seite Frankreichs kämpfte eine große Abordnung deutscher und böhmischer Truppen, unter dem Befehl des böhmischen Königs Johann von Luxemburg, der zwischenzeitlich nahezu erblindet war. Er litt an einem, unter dem Begriff Ophthalmie  bekannten Gendefekt, bei dem zunächst ein Auge durch chronische Entzündung befallen wird. Entfernt man das erkrankte Auge nicht frühzeitig, so greift es schon mittelfristig auf das andere Auge über und der Betroffene erblindet gänzlich. 1337 wurde dem König das rechte Auge entfernt, dennoch war das andere Auge bereits infiziert und erkrankte ebenfalls, worauf er um 1340 praktisch erblindet war. Johann war ein Kindsfreund des französischen Königs und nahm aufgrund eines persönlichen Bündnisses an der Schlacht teil. Mit Johann, war auch sein ältester Sohn, der erst vor wenigen Wochen zum römisch-deutschen Gegenkönig gewählte Karl IV. auf dem Schlachtfeld zugegen.

Johann versuchte in einem persönlich geführten Angriff, wir möchten hier nochmal auf seine Erblindung hinweisen, gegen den rechten englischen Flügel, die Situation zu wenden und die englischen Linien zum Einsturz zu bringen. Gegen alle Erwartung gelang ihm tatsächlich in die englischen Reihen einzubrechen und diese zurückzuwerfen. Die Feuergeschwindigkeit der englischen Schützen begann nachzulassen. Man darf die kräfteraubende Belastung beim spannen der Bogensehne während eines langen Gefechts nicht unterschätzen. Auch mag bereits ein zwischenzeitlicher Mangel an Pfeilen eine weitere Rolle bei der Feuergeschwindigkeit gespielt haben. Unterstützt von Herzog Rudolf von Lothringen und Graf Ludwig von Blois griffen sie die Position von Kronprinz Edward, des englischen Kronprinzen, an. Unter Heranführung von Reserven, gelang es ihm den beherzten und kritisch gewordenen Angriff abzuschlagen.

Der blinde böhmische König, Herzog Rudolf von Lothringen und Graf Ludwig von Blois sowie nahezu alle sonstigen Angreifer, fielen bei dieser mutigen aber letztendlich kopflosen Attacke.

In einer allerletzten, großen Kraftanstrengung versuchte der französische König nun persönlich die Entscheidung zu erzwingen. Unter Zusammenfassung aller verfügbaren Reserven, wurde ein weiterer konzentrierter Reiterangriff durchgeführt. Auch dieser blieb unter schrecklichen Verlusten im Feuer der englischen Bogenschützen liegen. König Philipp wurde dabei das eigene Pferd unter dem Leib weggeschossen, was einerseits zwar Ausdruck seiner Tapferkeit war, andererseits auch bei ihm einen tiefen Mangel an Weitsicht aufdeckte. Nach den Erfahrungen des bisherigen Schlachtverlaufs, war es geradezu tollkühn sein eigenes Leben, das des französischen Monarchen, aufs Spiel zu setzen. Eine Erklärung hierfür kann allenfalls die an ihn gestellte Erwartungshaltung gewesen sein, gemäß dieser ein mittelalterlicher Feldherr sein persönliches Leben in die Waagschale werfen musste. Alles andere hätte ihm zur Unehre gereicht und seinen Status schwer untergraben. Wäre Philipp bei der Attacke gefallen, wäre die französische Krone vermutlich an den Engländer Edward gefallen. Ein westeuropäisches Großreich wäre entstanden das dem Gesicht Europas wohl gänzlich andere Züge verliehen hätte.

Mit dem abschließenden englischen Gegenangriff, wurden die Reste der französischen Truppen vom Schlachtfeld vertrieben und die Schlacht entschieden.

Die Tragödie an diesem Tag war nahezu vollkommen. Das französische Heer verlor gut die Hälfte seines Bestandes. Die Verluste unter den Aristokraten war außerordentlich hoch. Insgesamt verloren über 1.500 Adelsherren an diesem Tag ihr Leben. Frankreich war eines großen Teils seiner Adelselite beraubt wodurch das Land in eine tiefe Führungskrise stürzte.

Crecy war von geradezu niederschmetterndem Ausmaß. Die englischen Verluste fielen dagegen, je nach Quelle, verschwindend gering aus. Zahlen zwischen 100 und 1.000 Mann stehen mehr als 10.000 Gefallene auf französischer Seite gegenüber.

Wappen des Prince of Wales

Bis zum heutigen Tag ist besonders der Opfergang des blinden böhmischen Königs Johann von Luxemburg, Inbegriff ritterlicher Bündnistreue und Mut. Edward of Woodstock, der englische Kronprinz soll der Überlieferung nach auf dem Schlachtfeld den Leichnam des Königs gesucht haben. Als er ihn tot auf der Wallstatt fand, war er tief vom Anblick des gefallenen Königs beeindruckt. Voller Anerkennung soll er den deutschen Wahlspruch des Königs, „Ich dien„, in sein eigenes Wappen aufgenommen haben. Seither ziert er das Wappen des jeweiligen englischen Thronfolgers.

Der Krieg zwischen beiden Kronen erreichte einen ersten Höhenpunkt. Er wird noch mehr als hundert Jahre andauern und viele blutige Schlachten folgten noch.

Frankreich blieb noch für rund hundert Jahre in diesem epochalen Konflikt gefangen, sehr zum Wohle aller seiner Nachbarn.

Dass das Reich die französische Schwäche nicht ausnutze die verlorenen Gebiete wieder an sich zu binden, ist ein Indikator, dass das Wesen des Reiches nicht oder nur wenig expansionistisch ausgelegt war. Die Nähe der Luxemburger im Sinne eines engen, fast familiären Verhältnis zum französischen König spielte eine weiterer, wesentliche Rolle, dass es zu keinem revanchistischen Ausgleich mit Frankreich kam. Eine andere Dynastie, zumal die zuvor regierenden Wittelsbacher, die wiederum enge Verbindungen zu England und König Edward pflegten, hätten möglicherweise anders gehandelt, gleichwohl auch diese für gewöhnlich ein gutes Verhältnis mit dem französischen König pflegten.

Frankreich hatte, wie oft in seiner langen Geschichte, in Phasen eigener Schwäche, das Glück nicht heimtückisch von seinen Nachbarn überfallen zu werden, obwohl einige dieser Nachbarn mitunter berechtige Gründe dazu gehabt hätten.


„Polen, Böhmen und der Deutschen Orden“

Nach diesem Abstecher jenseits der Westgrenze des Reichs, ist es notwendig auch die sich veränderte Lage im Osten zu betrachten. Dort hatte sich nach langen inneren Zerwürfnissen endgültig das polnische Königtum unter einem starken König dauerhaft gebildet.

König Kasimir I. (1310 – 1370) trug als einziger polnischer König den Namenszusatz „der Große“. Er folgte 1333 seinem Vater Władysław I. „Ellenlang“ (1260 – 1233) als König des vereinigten Polens auf den Thron. Während seiner Regentschaft wurde das Königreich stark nach Südosten erweitert.

Die schon seit dem 10. Jahrhundert mit Böhmen bestehenden Konflikte um Schlesien wurden endgültig im „Vertrag von Trentschin“ am 24. August 1335 geregelt. Gegen eine Ausgleichszahlung von 20.000 Schock (1.2 Millionen) böhmische Pfennige, verzichte König Johann auf die böhmischen Ansprüche bezüglich der Krone Polens. Im Umkehrschluss verzichtete Polen auf seine Rechte hinsichtlich Schlesiens. De Facto hatte Polen seinen Einfluss auf die schlesischen Teilfürstentümer spätestens seit 1329 nahezu komplett eingebüßt. Dieser Prozess begann schon im Jahr 1289 als der oberschlesische Herzog Kasimir II. von Beuthen-Cosel sich freiwillig unter die Lehnsoberhoheit Böhmens stellte. Ihm folgten die restlichen Herzogtümer Oberschlesiens, darunter Oppeln, Ratibor, Teschen, Auschwitz. Als die Herzogtümer Niederschlesiens sowie Glogau und Sagan im Norden folgten, waren nahezu alle schlesischen Gebiete formal unter böhmischer Lehnsherrschaft. Eine Verbindung zu Polen bestand nur noch aus vereinzelten verwandtschaftlichen Beziehung der schlesischen Piasten mit dem königlich polnischen Zweig der Piasten.

Der geschlossene Vertrag hatte für Polen den wichtigen Nebenzweck das gute böhmische Verhältnis zum Deutschen Orden zu unterlaufen. König Johann unterhielt zum Ordensstaat ausgesprochen freundschaftliche Beziehungen. Zweimal nahm er persönlich an Preußenfahrten teil, jeweils begleitet von seinem Sohn Karl. Mit der nun erzielten Einigung, war Polen in der Lage seine Forderungen gegenüber dem mächtig gewordenen Ordensstaat schärfer zu platzieren ohne unmittelbar Sorge zu tragen, dass es sofort zum neuerlichen Zerwürfnis mit Böhmen käme.

Worum ging es in diesen Forderungen an den Orden?

Kasimirs Vater führte zahlreiche Kriege während seiner Regierung. Unter anderem kam es im Sommer 1327 zwischen Polen und dem Deutschen Orden zum Krieg. Ursache war ein alter Streit hinsichtlich polnischer Ansprüche auf die Erbmasse des erloschenen Herzogtums Pommerellen. Über den vorausgegangen Erbfolgekrieg wurde in Buch 1 in den Kapiteln über Otto IV. und Waldemar den Großen ausführlich berichtet. Im Jahr 1309 fielen gemäß dem Vertrag von Soldin große Teile Pommerellens an den Orden, besonders die bedeutsame Stadt Danzig mit dem wichtigen Weichseldelta. Polen trachtete nicht nur danach die Auswirkungen dieses Vertrags zu revidieren sondern gleichzeitig das Culmerland zurückzuerlangen. Jenes Gebiet das zum Kristallisationspunkt des späteren Ordenslandes wurde. Die Region um Thorn an der Weichsel, wurde 1250 von Herzog Konrad von Masowien dem Orden übergeben mit der Abmachung dass die Deutschritter die bisher unbesiegten Pruzzen vertreiben würden. Dies gelang dem Orden nicht nur mit vollem Erfolg, in den folgenden fünf Jahrzehnten eroberten die weißgewandeten Ritter sogar das komplette Pruzzenland und unterwarfen alle 12 Pruzzenstämme restlos. Ein parallel eingeleitetes Kolonisierungswerk erschloss das weitläufige Gebiet entlang des baltischen Meers dem Deutschtum und schuf dem klerikalen Staat ein eigenes Staatsvolk.

Für Polen stellte der Ordensstaat jetzt eine ernstzunehmende Herausforderung im Norden dar. Nicht nur dass dieser Staat sich wider erwartend dauerhaft etablieren konnte, er stand dem selbst expandierenden, neuerstarkten und geeinten Polen, bezüglich eines Zugangs zur Ostsee im buchstäblichen Sinne des Wortes im Wege. Für Polen war es von größtem Interesse dieses für den Handel so überaus wichtige Meer zu erreichen, wozu die östlichen Provinzen Pommerellens, mit der Stadt Danzig sowie der Unterlauf der Weichsel das das erstrebte Hauptziel waren.

1327 brach darüber der bereits erwähnte Krieg aus. Der Orden, militärisch stets gut gerüstet, drang schnell entlang der Weichsel nach Süden vor und besetzte die Landschaften um Dorin sowie große Teile Massowiens, die in der Folge schwer gebrandschatzt wurden. Der Höhepunkt der Feindseligkeiten war in den Jahren 1330 und 1331 erreicht. In der Schlacht von Plowce kam es am 27. September 1331 zum Zusammentreffen, bei der Polen einen taktischen Sieg davontrug. Der polnische König wurde bei diesem Waffengang von seinem Sohn, Kronprinz Kasimir begleitet.

5.000 polnischen Truppen standen rund 7.000 Mann des Deutschen Ordens gegenüber. Der Orden war in drei unabhängig operierenden, und schlecht abgestimmten Treffen organisiert. Diese fehlende Abstimmung war was letztlich den Ausgang der Schlacht maßgeblich beeinflusste. Der Gesamtverlauf der Schlacht war wechselhaft und bezüglich der Verluste für beide Seiten ungewöhnlich blutig. Die Kämpfe wurden erst mit Einbruch der Dunkelheit abgebrochen worauf sich der Orden, welcher zu diesem Zeitpunkt etwa 2.600 Gefallene hatte, absetzte. Die Polen, die ebenfalls etwa 1.700 Mann verloren, setzten dem angeschlagenen aber zahlenmäßig immer noch überlegenen Gegner nicht nach. Polen konnte im Moment den weiteren Vormarsch des Ordens zum Stehen zu bringen aber dessen Heer nicht kriegsentscheidend schwächen. Bereits im Folgejahr ging der finanziell gut aufgestellte Orden, verstärkt durch Zuzug neuer Ordensritter und angeworbener Söldner, erneut zur Offensive über und besetzte das gesamte Herzogtum Kujawien. Im Sommer des selben Jahres wurde auf Vermittlung eines päpstlichen Legaten ein einjähriger Waffenstillstand ausgehandelt. Noch während des Waffenstillstandes starb der König im März 1333, worauf sein Sohn als Kasimir I. den Thron Polens bestieg.

Im Gegensatz zu seinem kriegerischen Vater, verfolgte Kasimir Jetzt hauptsächlich den Weg diplomatischer Verhandlungen, wenngleich auch er über ein bekanntermaßen aufbrausendes Gemüt verfügte. Vermutlich fehlten ihm die Geldmittel, so dass er die Fortführung des Krieges nur schwer hätte finanzieren können. In der weiteren Auseinandersetzung um die Erbsache Pommerellens, rief er die päpstliche Kurie an. Im sogenannten Warschauer Prozess von 1339 wurde ein für Polen sehr günstiges Urteil verkündet, das jedoch von Papst Benedikt XII. nicht bestätigt wurde und somit rechtlich unwirksam blieb. Hochmeister Dietrich von Altenburg hatte im Anschluss an das Warschauer Urteil Einspruch beim Papst eingelegt und Urkunden aus dem Jahr 1309 sowie Abschriften aus den Zeiten Kaiser Barbarossas und Friedrich II. vorgelegt. Diese Dokumente bezeugten, dass die 1309 seitens Brandenburg an den Orden abgetretenen Rechte an Pommerellen, auf Basis eines zweimal kaiserlich bestätigten Oberlehnsrechts über Pommern beruhten. Das vermeintliche polnische Anrecht auf die Erbfolge im Herzogtum Pommerellen war von vornherein unhaltbar und der Orden war nach päpstlicher Ansicht alleiniger Rechtsnachfolger der brandenburgischen Erbanrechte auf Pommerellen. Die 1309 zwischen Brandenburg und dem Orden im Vertrag von Soldin vereinbarte Übertragung dieser brandenburgischer Anrechte auf den Orden, machte den Erwerb der Gebiete Ost-Pommerellens unzweifelhaft rechtskräftig.

König Kasimir I. wollte und konnte sich in seiner momentanen Situation keine Verwerfung mit dem Papst erlauben und begann notgedrungen einzulenken. Auch wenn es noch mehrere Jahre zu heftigen diplomatischen Schlagabtäuschen kam, wurde im Juli 1343 im Frieden von Kalisch der Krieg zwischen Polen und dem Orden offiziell beendet. Darin verzichtete Kasimir I. für alle Zeiten auf Pommerellen und das Culmerland. Der Deutsche Orden übergab im Umkehrschluss das im Krieg besetzte Herzogtum Kujawien sowie das Dobriner Land. Weiter verpflichtete sich der König zu Entschädigungszahlungen gegenüber dem Orden als auch zur Entfernung der pommerellchen Titularien aus der Titularliste der polnischen Krone. In beiden letztgenannten Punkten blieb der König und die Krone Polens vertragsbrüchig, dennoch blieb der Frieden zwischen Polen und dem Deutschen Orden bis ins Jahr 1410, ungewöhnlich lange erhalten.

Kehren wir zu Ludwig dem Römer zurück.


„Politische Lehrjahre und Heiratspläne“

1335 knüpfte der kaiserliche Vater engere politische Kontakte zu König Kasimir von Polen. Die bald nach der Schlacht von Mühldorf auftretenden Spannungen zwischen dem Wittelsbacher Reichsoberhaupt und dem Luxemburger König Johann von Böhmen, förderten diesen Entschluss. Die traditionell konfliktgeladene Rivalität zwischen Böhmen und dem polnischen Thron trug dazu bei, dass auch polnischerseits eine Annäherung mit dem römisch-deutschen König vorteilhaft erschien. Eine Heirat zwischen der polnischen Kronprinzessin Elisabeth und Ludwig „dem Römer“ sollte die Grundlage eines Bündnisses sein. Die Sache ging sich gut an und das Heiratsprojekt spielte bei den außenpolitischen Erwägungen König Ludwigs eine zentrale Rolle. Ziel des Bündnisses war es, Böhmen und mit ihm seinen ambitionierten König zu neutralisieren. Polen lag wegen Grenzstreitigkeiten und gegenseitigen Kron- wie auch Territorialansprüchen  seit langem im Streit mit Böhmen auch wenn es 1335, im schon erwähnten Vertrag zu Trentschin, zu einem Vergleich kam. Schon mittelfristig war damit zu rechnen, dass der alte Gegensatz wieder ausbricht. Das Vorhaben war dem kaiserlichen Vater wirklich wichtig und er setzte einiges daran dass Heiratsprojekt realisiert zu sehen. Mit einer Neutralisierung seines im Reich schärfsten Rivalen, hätte Ludwig IV. seine Pläne in Reichsitalien, die ihn schon jetzt in krassen Gegensatz zum Papst brachten, weiter verfolgen können. Blieb König Johann allerdings ein gefährlicher Stachel im kaiserlichen Fleisch, so war den Ambitionen in Oberitalien, zumindest indirekt, ein äußerst hemmendes Hindernis in den Weg gelegt.

Der Kaiser hatte daneben noch familienintern eine maximal ausgleichende Regelung zu treffen die es verhinderte, dass die Söhne nach seinem einstmaligen Ableben in Erbstreitigkeiten versänken. Einem Bruch in der Familie galt es unter allen Umständen vorzubeugen. Zur Prävention strebte er daher einen erbtechnischen Ausgleich an, durch den es später zu keinen Verwicklungen um das Erbe käme, zumindest sollte die Wahrscheinlichkeit dadurch maximal minimiert werden. Wir erinnern uns hierbei an ähnlichen Sorgen wie sie die askanischen Brüder Johann I. und Otto III. hatten. Sie standen seinerzeit vor der herausfordernden Aufgabe, ihre insgesamt elf erbberechtigten Söhnen so zu berücksichtigen, dass der Fortbestand der Mark gesichert bliebe und nicht in Einzelteile zerbrach.

Die lange begründete Hoffnung auf einen erfolgreichen Abschluss des Eheprojekts zerschlug sich jedoch. Nicht nur der Kaiser suchte mittels Heiratspolitik seine Ziele zu verwirklichen, auch Kasimir I. von Polen nutzte das Mittel einer Heirat, um seine diplomatischen Winkelzüge zu untermauern.

Wir rekapitulieren noch einmal. Der von Kasimirs Vater gegen den Deutschen Orden begonnene Krieg, führte nicht zu den erwünschten Erfolgen. Der Orden konnte im größere polnische Landstriche im Verlauf der Kämpfe besetzen und hatte damit die bessere Position. Kasimir der als Nachfolger des 1333 verstorbenen Vaters nun die Krone Polens trugt, suchte eine außermilitärische Lösung. Der für Polen günstig ausgefallene Warschauer Schiedsspruch, veranlasste den Orden beim Papst dagegen zu appellieren. Dieser erkannte gemäß den vom Orden vorgelegten Urkunden, den Schiedsspruch nicht an. In der weiteren Folge musste Kasimir im Frieden von Kalisch auf die vermeintlichen Ansprüche Polens gänzlich verzichten, erhielt dafür aber die vom Orden besetzten Gebiete wieder zurück.

Der Ausgang, der am Ende des Status Quo herstellte, führte dazu dass Polen der strategisch und ökonomisch so wichtige Zugang zur Ostsee verwehrt blieb. Militärisch konnte man auf absehbare mit dem Orden nicht wieder in Konflikt geraten. Hätte Kasimir die Feindseligkeiten gegen den Ordensstaat wieder begonnen, wäre er ohne Zweifel in einen ernsthaften Konflikt mit Böhmen geraten. Auch wäre es sehr wahrscheinlich gewesen, dass er seitens des Papstes mit kirchlichen Sanktionen belegt würde. Die finanzielle Situation hatte sich zwar gebessert, wäre aber durch einen möglicherweise langjährigen Krieg erneut zerrüttet worden. Eine militärische Option schloss sich daher gänzlich aus, womit andere Möglichkeiten erwogen werden mussten.

Kasimir disponierte deswegen hinsichtlich seiner ältesten Tochter um. Statt den eingeschlagenen Weg zu verfolgen und das Hochzeitprojekt mit den Wittelsbachern zum Abschluss zu bringen, vermählte er seine älteste Tochter Elisabeth (1326 – 1361) am 28. Februar 1343 mit Herzog Bogislaw V. von Pommern (um 1318 – 1373/74).

Stammwappen des Hauses Greif

Ihr Gemahl stammte aus dem pommerschen Greifenhaus, der herzöglichen Herrscherlinie Pommerns. Das weite Land entlang der Ostseeküste, zwischen Mecklenburg im Westen und dem Deutschen Orden im Osten, war unter mehreren Linien dieses Geschlechts geteilt. Herzog Bogislaw V. war zunächst Regent von Pommern-Wolgast und seit den Teilungen von 1368 und 1372 von Pommern-Stolp und damit ein unmittelbarer Nachbar des Deutschen Ordens.

Kasimir verfolgte mit seinem Plan zwei wesentliche Ziele. Zum einen durch die Verbindung seiner ältesten Tochter mit einem der Greifen-Herzöge einen Zugang zur Ostsee zu erlangen, zum anderen eine Abriegelung des Deutschen Ordens nach Westen. Beides war natürlich nicht garantiert aber es war eine Ausgangslage geschaffen, auf deren Basis aufgebaut werden konnte. Hierzu wurden die aus der Eheverbindung hervorgegangenen beiden Kinder, Kasimir und Elisabeth, am Krakauer Hof des Großvaters erzogen. Es war abzusehen, dass der Enkel zu einem Parteigänger polnischer Interessen gemacht werden sollte. Nachdem auch in dritter Ehe dem polnischen König kein legitimer Sohn geboren wurde, adoptierte er daraufhin im Jahre 1365 den eigenen, gleichnamigen Enkel, um diesen zum Nachfolger zu bestimmen. Mit dem Tod des Königs im Jahre 1370, wählte der polnische Adel mit Ludwig dem Großen allerdings den ungarischen König zum Nachfolger auf dem polnischen Thron und nicht den Enkel.

Ludwig von Ungarn war ein Sohn Elisabeths von Polen, der Schwester des dahingeschiedenen Kasimirs von Polen.

Um der Namensverwirrung an dieser Stelle zu begegenen, zu viele Kasimirs & zu viele Elisabeths auf einen Schlag, hier die Namen in chronologischer Darstellung und mit dem Bezug zueinander.

  • Kasimir I. „der Große“, König von Polen  
  • Elisabeth von Polen (1), Schwester des polnischen Königs
  • Elisabeth von Polen (2), Tochter des Königs von Polen, Nichte von Elisabeth (1)
  • Ludwig „der Große“, König von Ungarn, Sohn Elisabeths von Polen (1)
  • Kasimir von Wolgast-Stolp, Sohn Elisabeths von Polen (2) und Enkel Kasimirs I.

Mit der Wahl Ludwigs von Ungarn zum König von Polen, entstand ostwärts und südostwärts des Reichs scheinbar eine neue europäische Supermacht. Tatsächlich war die Verfügungsgewalt des ungarischen Ludwigs über Polen nur gering. Ludwig gestand dem Adel bereits 1355, für den Fall seiner Wahl, nicht nur allgemein das Wahlrecht zu sondern befreite diesen vom Kriegsdienst außerhalb Polens. Weiter verzichtete er auf die Erhebung außerordentlicher Steuern, womit dem König aus den polnischen Gebieten, neben der Einkünfte der polnischen Krondomänen, praktisch keinerlei Einkünfte zuflossen. Im Grunde war Ludwig kaum mehr als ein Titularkönig ohne besondere Autorität über den polnischen Adel, der mit den zugestandenen Privilegien stark autonom wurde. Man könnte geneigt sein und einen Vergleich mit den Verhältnissen im Reich vornehmen, jedoch lassen die spezifischen Unterschiede, trotz gewisser Analogien, einen Vergleich nicht wirklich zu.

Das unter Kasimir I. erstarkte und zentralisierte Polen, fiel unter Ludwig von Ungarn zunächst in eine Art Dornröschenschlaf zurück. Bald brachen Aufstände polnischer Magnaten gegen den als fremd empfundenen König aus, der die Regentschaft in Polen zuerst nicht selbst ausübte sondern durch seine Mutter Elisabeth vornehmen ließ. Einfallende litauische Plünderhorden ließ der König nicht bekämpfen, was den Unmut im polnischen Adel noch vergrößerte.

Polen versank zwar nicht in völliger Unordnung, auch nicht in einen allgemeinen Bürgerkrieg aber die Zustände reichten um das Land nach außen zu schwächen und den bereits beschrittenen ambitionierten Weg zu einer Großmacht wieder zu verlassen. Wirtschaft und Handel wurden unter Ludwig weiter stark gefördert, doch profitierten davon weitestgehend nur die alten Landeszentren.

Kommen wir für den Moment zum Ende mit unserem Ausflug nach Polen jedoch nicht ohne die Abschlussinformation, dass es für unseren brandenburgischen Ludwig doch noch zu einer Heirat mit einer polnischen Prinzessin kam. Auch wenn mit Elisabeth die Kronprinzessin, wie schon berichtet, an den Herzog von Pommern-Stolp verheiratet wurde, hatte diese noch eine jüngere Schwester. 1352 heiratete er somit Kunigunde, die zweite Tochter aus erster Ehe des polnischen Königs. Die polnische Verbindung bescherte den Wittelsbachern zwar nicht die erhoffte Erweiterung dynastischer Machtbasis nach Osten, sie sicherte aber Brandenburgs Ostgrenze gegen das unruhig pochende Polen ab.

Kehren wir wieder zurück ins Reich und ins Todesjahr des alten Kaisers.


„Gemeinsame Regentschaft über alle Landesteile“

Am 11. Oktober 1347 starb der Kaiser während einer Jagdveranstaltung. Vermutlich erlag er einem Schlaganfall. Nach seinem Tod schien es vorerst so, als ob die Brüder, gemäß väterlichen Disposition, in Eintracht die Ländereien gemeinschaftlich verwalten könnten. Wir sahen Ludwig den Römer in dieser Zeit oft am Hof seines gleichnamigen älteren Halbbruders, dem Markgrafen von Brandenburg. Als Mitte 1348 der „falsche Waldemar“ in der Mark erschien und es in diesem Zusammenhang zu massenweisen Abspaltungen märkischer Städte und Landschaften kam, half der jüngere Ludwig seinem Bruder aktiv bei der Erhaltung seiner landesherrlichen Regentschaft. An der Seite des märkischen Landeshauptmanns Friedrich von Lochen nahm Ludwig der Jüngere starken Anteil an der politischen und militärischen Bekämpfung des von König Karl IV. unterstützten Betrügers. Die Angelegenheit war ernst, der weitaus größte Teil der Mark schien abgefallen zu sein. Man darf davon ausgehen, dass Ludwig in dieser Zeit wichtige Einblicke in Regierungsaspekte erhalten hat.

Das Verhältnis der beiden Ludwigs schien zu dieser Zeit vertrauensvoll gewesen zu sein. Es erweckt den Eindruck, dass der jüngere Ludwig schon früh zu seinem Halbbruder eine tiefere Bindung hatte als zu seinen beiden nächstjüngeren, direkten Brüdern, Wilhelm und Albrecht. Zu Otto der damals noch ein Kleinkind war, bestand das engste Verhältnis, weswegen dieser auch an seiner Seite blieb und zu dessen Vormund er nach dem Tod des Vaters wurde. Ob die leibliche Mutter, Margarethe von Holland, überhaupt noch einen Einfluss nahm, ist ungewiss, sogar eher unwahrscheinlich.

Mit der ersten Teilung der Wittelsbacher Landschaften, im Herbst 1349, anlässlich des Landsberger Vertrags, wurde das erst seit 1340 wiedervereinte Herzogtum Bayern, erneut in Ober- und Niederbayern aufgeteilt. Ludwigs direkter Einflussbereich reduzierte sich in dieser Zeit auf das Herzogtum Oberbayern mit der Residenz München. In der Mark war er als Unterstützer des markgräflichen Bruders tätig ohne jedoch Regentschaftstätigkeiten auszuüben. Diese überließ der Markgraf zu diesem Zeitpunkt überwiegend seinem eingesetzten Bregenzer Landeshauptmann Friedrich von Lochen.

Zum Jahresende 1351 kam es zwischen ihm, seinem ältesten Bruder und dem jüngsten Bruder im Luckauer Vertrag zu einer völligen Neuregelung der bisherigen Besitz- und Regierungsverhältnisse. Es wurde darin vereinbart, dass der bisherige Landesherr im Austausch gegen die alleinige Regentschaft in Oberbayern, die Mark an den jüngeren Ludwig und dessen Bruder Otto abtritt.

Für alle Beteiligten erwies sich der Vergleich vorteilhaft. Für den älteren Ludwig eröffnete es die einmalige Möglichkeit sein oberbayrisches Herzogtum mit seiner durch Heirat erworbenen, benachbarten Grafschaft Tirol administrativ zu vereinigen. Dem jüngeren Ludwig wiederum verschaffte es eine eigene Regentschaft als Markgraf von Brandenburg ohne dass ihm dabei ein älterer Bruder vorstand.

Mit nunmehr 23 Jahren war er jetzt Ludwig II., Markgraf von Brandenburg. Er war im besten Mannesalter um sofort tatkräftig den Regierungsgeschäften nachzugehen. Sein erst sechs Jahre alter Bruder Otto, lebte als Mündel an seinem Hof. Die gemeinsame Mutter hatte ihren Witwensitz, seit dem Tod des Vaters in ihrer niederländischen Heimat genommen.

Mit der jetzt vollzogenen Trennung von Bayern, trat sofort die Frage nach dem Kurrecht zu Tage. Ludwig der Ältere, wir werden ihn fortan mit seiner bayrischen Titulatur als Herzog Ludwig V. bezeichnen und den jüngeren Ludwig als Markgraf Ludwig II., betrachtete trotz der Abtretung der Mark, die Kurwürde an seine Person gebunden und damit verknüpft mit Bayern. Aus dieser Frage entstand ein jahrelanger Streit der erst 1356 vom frischgekrönten Kaiser Karl IV. und den Kurfürsten entschieden wurde. Was zu dieser Entscheidung beitrug, wird wegen der wichtigen Bedeutung für das Reich, in einem separaten Beitrag ausführlich erläutert.


„Streit in den Niederlanden“

Über die Aufteilungen anlässlich der Verträge von Landsberg 1349 und Luckau 1351, haben wir insoweit berichtet, als wir die Besitzverhältnisse für Oberbayern und die Mark Brandenburg beleuchtet haben. Wir sollten den Landsberger Vertrag zum tieferen Verständnis noch einmal kurz zusammenfassen.

1347 starb Kaiser Ludwig IV. und die sechs hinterbliebenen Söhne herrschten für zwei Jahre über alle ehemaligen Ländereien des Vaters.

Das Herzogtum Oberybayern und die Mark gingen an Ludwig „der Ältere“ auch Ludwig „der Brandenburger“, den nachmaligen Herzog Ludwig V. von Bayern, sowie an den jüngeren Ludwig auch Ludwig „der Römer“ genannt, den späteren Markgrafen Ludwig II. von Brandenburg, und an dessen jüngsten Bruder Otto.

Das Herzogtum Unterbayern und die niederländischen Grafschaften gingen an die Brüder Stephan, Wilhelm und Albrecht. Hier hatte der verstorbene Kaiser aber bereits verfügt, dass nur die aus zweiter Ehe stammenden Brüder Wilhelm und Albrecht ein Anrecht auf das niederländische Erbe ihrer Mutter hatten und Stephan nur Teilanrecht auf Niederbayern besaß, wenn auch das Vorzugsrecht. Zur klareren Abgrenzung, analog dem Beispiel des Luckauer Vertrags der drei erstgenannten Brüder, kam es am 3. Juni 1353 zwischen den zweitgenannten Brüdern im Regensburger Vertrag. Es wurde darin das Herzogtum Niederbayern nochmals geteilt und zwar in die Teilherzogtümer Bayern-Landshut, das fortan von Herzog Stephan II. regiert wurde und Bayern-Straubing, welches den beiden Brüdern Wilhelm und Albrecht zusätzlich zu den vier niederländischen Grafschaften als Herrschaftsgebiet zugestanden wurde. De facto regierte Wilhelm in den niederländischen Gebieten und Albrecht im sogenannten Straubinger Ländchen.

Der Friede unter den Nachkommen des verstorbenen Kaisers blieb wohl bewahrt aber die Zersplitterung der Wittelsbacher Lande konnte kaum schlimmer ausfallen. Sechs Brüder, wovon der sechste Bruder, das Kind Otto, noch geraume Zeit unmündig blieb, regierten fünf in sich autonome Gebiete. Alle väterlichen Dispositionen schienen in den Wind gesprochen und verhallt. Die bayrischen Wittelsbacher fielen im Reich an Bedeutung weit hinter die regierenden Luxemburger und die in Wartestellung stehenden Habsburger zurück und spielten in den nächsten Generation eine untergeordnete Rolle.

Werfen wir einen Blick in die Niederlande. Wie schon bemerkt, hatte die Kaiserinwitwe Margarethe, den Alterssitz in ihrer niederländischen Heimat genommen. Dort sollte sie von ihrem regierenden Sohn Wilhelm eine Witwenrente erhalten. Über diese Rente und das angebliche Ausbleiben, entbrannte zwischen der Mutter und Wilhelm ein heftiger Streit, der sich nach kurzem zu einem buchstäblichen Krieg entwickelte.

Wilhelm konnte aufgrund einer Reihe von Faktoren den vereinbarten Forderungen nicht immer gerecht werden und die Mutter wollte nicht auf den ihr zustehenden Beitrag verzichten. Hinsichtlich der Kaiserinwitwe wäre allerdings noch manches zu sagen, vielleicht genügt das dem Leser sich selbst ein eigenes Urteil zu bilden. Dazu ist ein Rückblick, um wenige Jahre notwendig. Nach dem Tod ihres Bruders im September 1345, war sie de facto Alleinerbin der im männlichen Stamm erledigten niederländischen Grafschaften. Genau genommen konnte sie allerdings nur in der Grafschaft Hennegau als wirklich Erbin auftreten, da nur dieses Territorium als ein sogenanntes Frauenlehen galt. Die restlichen Grafschaften fielen als erledigtes Lehen ans Reich zurück. Der kaiserliche Gatte belehnte sie am 15. Januar 1346 kurzerhand mit diesen drei Grafschaften, womit er sich über gültige Sitten hinwegsetzte. Im Reich führte dieses Vorgehen zu Kontroversen und die Luxemburger Partei gewann daraufhin massiv Zuspruch.

Margarethe war nicht säumig, sobald die härteste Winterzeit abklang, machte sie sich auf den Weg in die Niederlande um von den Ständen die Huldigung zu empfangen. Ihr erst neunjähriger Sohn Albrecht begleitete sie dabei. Vermutlich war das Risiko für den noch jüngeren Otto zu groß und so blieb dieser zurück. Der bereits fünfzehnjährige Wilhelm blieb ebenfalls zurück. In seinem Alter war die Ausbildung und abschließende Erziehung ohnehin nur noch von Männern vorgenommen worden. Wahrscheinlich hatte er auch bereits vereinzelte Aufgaben inne. Ihr ältester Sohn Ludwig „der Römer“, war ohnehin schon volljährig und bedurfte des mütterlichen Schutzes und Beistandes schon eine Weile nicht mehr. Möglicherweise begann schon zum jetzigen Zeitpunkt die Einflussnahme des Vaters hinsichtlich der Ansprüche des Sohnes auf ein späteres Erbe in den Niederlande. Ludwig „der Römer“ verzichtete früh auf seine Ansprüche. Hiervon profitierte die jüngeren Brüder Wilhelm und Albrecht. Otto, dem vierten Bruder, sollte die Burggrafschaft Seeland zufallen.

Ludwig schien der große Verlierer zu sein, obwohl er als der Erstgeborene allen Gebräuchen nach, das höchste Anrecht auf die Nachfolge seiner Mutter hatte. Nachvollziehbar ist das Motiv hinter seiner Entscheidung somit nicht. Den meisten Historikern zufolge, wird für gewöhnlich auf das Heiratsprojekt mit der polnischen Kronprinzessin Elisabeth, der ältesten Tochter König Kasimirs verwiesen. Allerdings war Elisabeth zum Zeitpunkt, als das niederländische Erbe völlig überraschend an die Kaiserin fiel, bereits mit dem Herzog von Pommern-Wolgast vermählt. Weswegen also sollte man also diese erloschene Option als ein Motiv ins Rennen werfen können? Es bleibt offen welche Pläne der Kaiser mit seinem ältesten Sohn aus zweiter Ehe verfolgte.

Margarethe bereiste von Mitte März bis Anfang August 1346 die großen Städte ihrer Territorien, empfing die Huldigungen und leistete ihrerseits den Eid als Landesherrin.

Ganz unproblematisch war der Amtsantritt nicht. Die schnelle Reaktion des Kaisers schaffte zwar für den Moment vollendete Tatsachen aber das diplomatische Gleichgewicht konnte rasch aus der Balance geraten. Margarethe war immerhin nicht die einzige Schwester des verstorbenen Bruders, sie war nur die Älteste von insgesamt Vieren. Ähnlich wie bei männlichen Nachkommen, wo es die Primogenitur noch ein kaum verbreitetes Mittel zur Verhütung von Landeszersplitterungen war, wurde auch unter weiblichen Nachkommen ein Erbe verteilt. So lange Brüder vorhanden waren, fielen diese Ansprüche sehr klein aus und reduzierten sich für gewöhnlich nur auf das war sie in eine Ehe als Mitgift mitbrachten. In unserem vorliegenden Fall, gab es aber keinen männlichen Nachfolger mehr, nur noch Margarethe und ihre drei Schwestern, Philippa, Johanna und Isabella.

Die beiden jüngeren, letztgenannten verzichteten zunächst auf einen Anspruch am Erbe. Philippa, die nächstältere Schwester, war jedoch mit niemand geringerem als König Edward III. von England verheiratet. Wir haben über ihn im Zusammenhang mit dem anglo-franzöischen Krieg berichtet. In den entscheidenden Monaten nach der kaiserlichen Entscheidung bezüglich der niederländischen Grafschaften, kämpfte Edward mit seinem Heer bei Crécy, wo er seinen überwältigenden Sieg über den französischen König Philipp IV. errang und bei dem der böhmische König Johann auf französischer Seite kämpfend, den Tod fand. Der englische König war nicht ohne weiteres geneigt auf das Recht seiner Frau zu verzichten und wollte Seeland als Erbteil seiner Frau geltend machen. Trotz seines vorgenannten Sieges, konnte er es sich allerdings nicht erlauben in Konfrontation mit dem Kaiser zu geraten. Frankreich war zwar in diesem Sommer mehrfach schwer geschlagen worden allerdings nicht zu Boden geworfen. Es galt für Edward Verbündete zu finden und wenn er mit dem Verzicht auf Seeland den Kaiser als einen solchen gewinnen könnte, so war das ein vielfaches wertvoller als der Erwerb einer, wenn auch wohlhabenden Grafschaft an der niederländischen Küste.

Philippa, seine Ehefrau wurde in dieser Angelegenheit als Unterhändlerin zur eigenen Schwester, der Gemahlin des Kaisers geschickt. Man traf sich hierzu im Herbst 1346 bei Ypern in Flandern. Die Kaiserin wollte sich gemäß des englischen Angebots bei ihrem kaiserlichen Gemahl verwenden und reiste hierzu im Spätherbst nach Frankfurt ab. Es kam in der Folge zu keiner Einigung und somit zu keinem Bündnis, vielmehr einer Erneuerung eines Bündnisses zwischen dem Heiligen Römischen Reich und England. Die Gründe hierzu sind vielfältig und haben mit den im Reich mittlerweile entstandenen Parteiungen maßgeblich zu tun. Das wichtigste Ziel des Kaisers, im Herbst seines Lebens angekommen, bestand jetzt darin, neben der Bewahrung der Integrität seiner Landschaften, einen seiner Söhne als Nachfolger zu positionieren. Der schon beschriebene Kirchenbann verhinderte dieses Vorhaben jedoch.

Der englisch König wagte, obwohl auf dem Zenit seiner Macht, keine gewaltsame Aktion und lenkte letztendlich in den Status Quo ein.

Margarethe, wie wir gelesen haben, Interessenvertreterin eines englischen Bündnisses, setzte während ihrer Abwesenheit den mittlerweile sechzehnjährigen Sohn Wilhelm als Statthalter in Holland, Seeland und Friesland ein. Die Grafschaft Hennegau überließ sie ihrem Onkel zur Verwaltung.

Ihr Sohn sicherte noch vor ihrer Abreise eine jährliche Rentenzahlung von 10.000 Goldgulden. Eine beachtliche Summe, zumal die Goldwährung, nach dem Zusammenbruch des antiken römischen Reichs in Europa nahezu verschwand, da aus kaum ausreichende, erschlossene Goldvorkommen gab. Erst nach dem Ende der Kreuzzüge begann der Orienthandel wieder zu „florieren“ und es floss wieder ausreichend Gold nach Europa, so dass man daraus Münzen schlug. „Florieren“ steht hier in direktem Zusammenhang mit der Zirkulation der neuen Goldwährung in Europa und damit auch mit dem Gulden als güldene, goldene Münze. Die ersten Goldmünzen dieser Art wurden in Florenz geschlagen, die sogenannten Florentiner oder Fiorino d’oro, lateinisch „florenus aureus“. Im deutschen Sprachgebrauch entstand daraus der Begriff Floren sowie gleichzeitig in den Gebieten der bayrischen Wittelsbacher, also in Bayern oder überhaupt in Süddeutschland sowie in den Niederlanden der Begriff „Gulden“, „güldene Florenen“.

Wie dem auch sei, es schien als ob es dem Sohn nicht ganz leicht gefallen ist diese Summen regelmäßig und pünktlich aufzubringen. Die resolute Mutter zeigte hier keine Nachsicht, zumal sie seit 1347 Witwe war und wohl glaubte ihren Herrschaftssitz, im Hennegau, sollte es zu einem Krieg gegen einen der Nachbarn kommen, vor allem durch eine einträgliche Geldbasis auf leichtesten verteidigen zu können. Kriege wurde auch im Mittelalter in der Regel auf der ökonomischen Basis gewonnen. Sollte es nicht zu einer Entscheidungsschlacht kommen, so blieb am Ende immer der Sieger, dem als letzter der Geld ausging.

An dem Streit entbrannte der schon angedeutete Konflikt. Natürlich spielten hier zusätzliche Faktoren eine beitragleistende Rolle. So waren in den Grafschaften Holland und Seeland, die durch den Seehandel aufstrebenden Städte, zunehmend republikanisch eingestellt, was zu Rivalitäten mit dem Adel führte. Wilhelm hatte infolgedessen zahlreiche innere Kämpfe auszutragen, die ihren finanziellen Tribut forderten, was wiederum die hohen Zahlungsforderungen der Mutter belasteten und sich so ein gewisser Teufelskreis entwickelte. Ohne ins Detail zu gehen, war der familiäre Konflikt Ursprung eines auch noch lange danach weitergeführten Kampfes zweier Parteiungen, als der letzte Wittelsbacher Zweig in den Niederlanden schon vergangen waren.

An der Seite seiner Mutter mischte sich 1351 der brandenburgische Markgraf Ludwig „der Römer“ in die Auseinandersetzungen ein. Es ist anzunehmen, dass er sich davon eine teilweise Revidierung seines Erbverzichts versprach. Gleichzeitig trat König Edward III. auf ihre Seite, was allerdings zu Verwicklungen mit Frankreich führte, wo mittlerweile Philipp VI. verstorben war und dessen Sohn, Johann II. auf dem Thron saß.

Trotz einer allgemeinen Überlegenheit durch die Vielzahl ihrer Verbündeten, vermochte Wilhelm ihr die Stirn zu bieten. Im Sommer des Jahre 1351 kam es zu zwei Seeschlachten der verfeindeten Fronten. Während die erste und kleiner von beiden zu Gunsten von Margarethe entschieden wurde, folgte im Juli ein zweites Seegefecht bei der ihre aus England verstärkte Flotte vernichtend geschlagen wurde. Seegefechte im Mittelalter wurden für gewöhnlich mit starken Truppenkontingenten geführt. Eine Niederlage, das heißt der Verlust einer Anzahl von Schiffen, ging zumeist mit dem Verlust vieler Truppen einher. Die oft in fast gleicher Weise gerüsteten Kämpfer gingen schlichtweg unter wie ein Stein.

Die Niederlage bedeutete für Markgraf Ludwig, dass seine Hoffnungen auf einen Teil des niederländischen Erbes sich endgültig zerschlugen. Wir sehen ihn auch in der Folgezeit zunehmend weniger am weiter schwelenden Konflikt beteiligt.

Letztlich kam es erst am 7. Dezember 1354 unter Vermittlung eines Onkels von Margarethe zu einem Vergleich der Parteien und zu einem symbolischen Akt der Versöhnung. Die Ursachen des Krieges, Verlauf und erbitterte Form wie er geführt wurde und schließlich die Art und Weise wie die eigentlich unterlegene Mutter den Versöhnungsakt diktierte, indem der Sohn um Vergebung ersuchen musste, formt das Bild einer Frau die mit großem Eifer ihre Rechte in Anspruch nahm, eifersüchtig gegen jedermann verteidigte und hierbei selbst vor dem eigenen Sohn keinerlei Rücksichten nahm. Selbst in der Niederlage blieb sie fordernd und gebieterisch. Man muss unter Umständen den Schluss ziehen, dass die Kinder mit nur wenig persönlicher Fürsorge heranwuchsen.


„Die Brandenburger Jahre“

Wir hatten schon davon berichtet, Ludwig „der Römer“, lebte nach dem Tod des Vaters, bei seinem gleichnamigen, älteren Halbbruder Ludwig „dem Brandenburger“. Möglicherweise war hier ein unterschwelliger Wunsch nach familiärer Nähe verborgen. Der jüngere Ludwig war zwar nach dem Gesetz nicht nur mündig, er war sogar voll erwachsen, dennoch erleben wir ihn als einen loyalen Helfer in den brandenburgischen Angelegenheiten des Bruders. Initiative bezüglich einer eigenen Regentschaft erkennt man nicht notwendigerweise. Das Verhältnis zum Bruder erlebte erst später einen tiefen Einschnitt, als mit der neuerlichen Teilung von 1351 ein Streit um die Ausübung des Kurrechts zwischen den beiden Ludwigs ausbrach und mehrere Jahre ungelöst blieb. Alles in allem scheint das Jahr 1351 für den jüngeren Ludwig, dem jetzigen Ludwig II., Markgraf von Brandenburg, eine Verhaltenswende einzuleiten. Er griff wie oben erwähnt in den Konflikt der Mutter mit seinem nächstälteren Bruder ein. Gleichzeitig griff er in der Mark energisch gegen die immer noch vorhandenen Anhänger des „Falschen Waldemars“ durch und gewann hierbei zusehends die Oberhand.

Die Mark war in den Jahren unter den Wittelsbachern wirtschaftlich stark herabgesunken. Besonders der Handel litt nicht nur unter den Eindrücken verschiedentlicher päpstlicher Maßnahmen über die wir beispielhaft für Berlin im letzten Kapitel berichtet hatten, sondern auch unter den Konflikten mit Mecklenburg und Pommern und auch an den Ereignissen im Zusammenhang mit dem Erscheinen des angeblich verschollenen, letzten askanischen Markgrafen, dem „Falschen Waldemar“. Viele Althistoriker führten an, dass die Wittelsbacher die Mark nur als ein Lehen sahen um dieses finanziell auszubeuten und die Erlöse für ihre Reichspolitik und die bayrischen Stammlande zu benutzen. Dem muss man allerdings widersprechen. Sicherlich war vor allem der ältere Ludwig, der sogenannte „Brandenburger“ in der Phase seiner Brautschau und in den ersten Ehejahren überwiegend in Tirol zugegen, allerdings erhielt die Mark für diese Zeit stets zuverlässige Statthalter, die das Land verwalteten.

Mit dem Regierungswechsel vom älteren Ludwig auf den jüngeren, bekam die Mark einen Landesfürsten, der außerhalb der märkischen Grenzen über keine sonstigen Besitzungen verfügte und der somit märkisches Geld nirgendwohin hätte transferieren können. Die Konfliktteilnahme in den Niederlanden, an der Seite der Mutter, hat natürlich die finanziellen Ressourcen des Landes belastet aber dies taten alle Konflikte der bisherigen Markgrafen. Von einer diesbezüglich außergewöhnlichen Last, die spezifisch für die Wittelsbacher gewesen wäre, kann man daher sicherlich nicht sprechen.

Der Streit um das Kurrecht wurde 1356 von den Kurfürsten und Kaiser Karl IV. entschieden. Das Recht zur Königswahl wurde Brandenburg zugesprochen und nicht Bayern. Überhaupt kann man den Begriff Kurfürst korrekterweise erst seit dem Jahre 1356 verwenden. Wir haben wohl auch zuvor diesen Titel angewandt, jedoch immer wieder den Hilfsbegriff eines Wahlfürsten herangezogen. 1356 wurde anlässlich eines kaiserlichen Hoftags in Nürnberg, das Reglement zukünftiger Königswahlen in seinen Abläufen und Formalismen rechtsverbindlich in der sogenannten „Goldenen Bulle“ festgehalten. Wir werden auf diese besondere Bulle im nächsten Kapitel detailliert eingehen.

Ludwig II. wurde somit der allererste, echte brandenburgische Kurfürst. Wohl übten auch schon seit mehreren Generationen vor ihm, brandenburgische Markgrafen das Königswahlrecht aus, doch war dieses Recht noch nirgends rechtsverbindlich niedergeschrieben. Bislang war es ein reines Gewohnheitsrecht das mit der Goldenen Bulle von 1356 zu einem unbestreitbaren Privileg Brandenburgs wurde. Seine Markgrafen waren Kurfürsten und als solche die höchsten Fürsten im Reich. In diesem Zusammenhang war der Markgraf von Brandenburg gleichzeitig Erzkämmerer des Heiligen Römischen Reichs. Die anderen Kurfürsten hatte ihre eigenen zeremoniellen Hochämter und Titel, auch hierzu mehr im kommenden Kapitel.

1357 starb Ludwigs Frau Kunigunde im Alter von rund 29 Jahren. Die Ehe blieb kinderlos und Ludwig war in Sorge ohne Erben zu bleiben. Trotz des fehlenden Erben, blieb Ludwig etwa drei Jahre unvermählt, was unter den gegebenen Umständen ungewöhnlich erscheint. Wir wissen nicht ob es aus Trauer war, da wir über seine erste Ehe nichts sagen können. Für gewöhnlich verheirateten sich regierende Fürsten welche noch ohne Nachfolger waren, sehr rasch wieder. Es mangelte für einen Landesfürsten üblicherweise nicht an Heiratsoptionen, daher bleibt es offen was die Hintergründe der dreijährigen Witwerzeit waren.

1360 heiratet er in zweiter Ehe, Ingeborg von Mecklenburg (1340 – 1395), eine Tochter von Herzog Albrecht II. von Mecklenburg und Eufemia von Schweden.


„Tod Herzog Ludwigs V. von Bayern“

Am 18. September 1361 starb Herzog Ludwig V., der vormalige Markgraf von Brandenburg wo er unter den Namen Ludwig „der Brandenburger“ oder Ludwig „der Ältere“ bekannt war.

Ludwig V. hatte mit seiner Ehefrau, Margarete von Tirol unter anderem zwei Söhne, wovon zu Ludwigs Todeszeitpunkt nur noch Meinhard lebte. Dieser Sohn erbte als Meinhard III. das Herzogtum Oberbayern und von der Mutter die Grafschaft Tirol.

Meinhard stand nach dem Tod des Vaters augenblicklich unter dem starken Einfluss seines Onkel, des Herzogs Stephan von Bayern-Landshut, dem er sich durch buchstäbliche Flucht nach Tirol entzog. Der Eichstädter Fürstbischof Berthold von Hohenzollern, zweiter Sohn Nürnberger Burggrafen Friedrich IV. von Hohenzollern und Bruder von Johann II. von Hohenzollern, über die wir beide bereits berichteten, gab ihm dabei Unterschlupf und Unterstützung. Eine für den Bischof durchaus riskante Maßnahme, die aber ohne weitere Folgen blieb.

Meinhard gelangte glücklich nach Tirol, wo er jedoch schon anderthalb Jahre später, am 13. Januar 1363 mit nicht einmal 19 Jahren starb. Damit war die männliche Nebenlinie der Wittelsbacher sowohl im Herzogtum Oberbayern wie in der Grafschaft Tirol erloschen.

Sofort entbrannten Erbfolgestreitigkeiten. Herzog Stephan von Bayern-Landshut eignete sich unverzüglich das Herzogtum Oberbayern an, wo er rasch in Konflikt zum Halbbruder, dem Markgrafen Ludwig II. von Brandenburg und dessen mittlerweile fast volljährigen Bruder Otto geriet. Beide machten auf Basis des Landsberger Vertrags ihr Anrecht auf Oberbayern geltend. Stephan wiederum berief sich auf seine nähere Verwandtschaft zum verstorbenen Bruder und damit ebenso als näher verwandten und damit, seiner Auslegung nach, bevorzugt erbberechtigten, bezüglich des jung verstorbenen Meinhards.

Letztendlich verfügte Markgraf Ludwig II. und mit ihm sein Bruder Otto, nicht über die Mittel dem wirtschaftlich überlegenen Halbbruder Stephan die oberbayrische Sukzession militärisch streitig zu machen. Hierzu stand Herzog Stephan auch mit zu vielen Verbündeten in einer Allianz, darunter König Ludwig von Ungarn.

Markgraf Ludwig II. verbitterte ob dieser Ungerechtigkeit und seiner eigenen Ohnmacht. Dem Reichsoberhaupt, Kaiser Karl IV., waren durch Stephans Bündnis mit dem mächtigen Ungarn die Hände gebunden so dass er nicht wirklich intervenierte. Päpstlicherseits war ohnehin mit keinem Beistand zu rechnen. Wie wir gelernt haben standen die Nachkommen Kaiser Ludwigs IV. alle unterschiedlich lange unter dem mehr oder weniger kollektiven Kirchenbann. Was konnte dem aggressiven Herzog daher noch von der Kirche drohen? Gebannt was gebannt. Dass Karl IV. nicht doch seinen Einfluss und seine kaiserliche Autorität in die Waagschale warf, hatte wie stets bei diesem kühl kalkulierenden Monarchen, auch politische Gründe. Es kam ihm nur gelegen, dass die bayrischen Wittelsbacher untereinander zerstritten und regelrecht verfeindet waren. Es lag nicht in seinem Interessen, dass die beiden bayrischen Herzogtümer, die Grafschaft Tirol, die niederländischen Grafschaften, die Mark Brandenburg und schlimmstenfalls noch die verwandte, wittelsbachische Pfalzgrafenlinie am Rhein, einmütig zueinander stünden.

Nachdem Herzog Stephan II. auch noch seine Finger nach Tirol ausstreckte, ergriff die Mutter des verstorbenen Meinhards die Initiative. Ihr Sohn war seit 1359 mit Margarethe von Habsburg verheiratet. Zu Beginn des Kapitels haben wir zur Entwirrung die verschiedenen Ludwigs aufgelistet. Zwei davon sind mittlerweile verstorben, der Kaiser Ludwig IV. und Herzog Ludwig V. der vormalige brandenburgische Markgraf, über dessen Erbe sich nun der nächstältere Bruder ohne jedes Anrecht hermachte. Es ist nicht nur angemessen sondern höchst angebracht auch über die vielen Margarethes ein Wort zu verlieren.

Zunächst gab es Margarethe von Holland, zweite Ehefrau des verblichenen Kaisers Ludwig. Über sie haben wir in den Abschnitten zuvor geschrieben. Sie war eine resolute und politisch aktive Frau und Fürstin, der eine Affinität zur Macht nicht abgesprochen werden kann.

Als zweites müssen wir uns Margarethe von Dänemark ins Gedächtnis rufen. Sie war die erste Frau Herzog Ludwig. Nochmal zur Erinnerung, der ehemalige Markgraf Ludwig I. von Brandenburg und seit der zweiten bayrischen Teilung, Herzog von Oberbayern. Sie spielte keine signifikante Rolle und verstarb vor der Zeit. Aus der Ehe ging eine Tochter hervor, von der nichts weiteres bekannt ist, vermutlich starb sie noch im Kindesalter.

Zum dritten wäre Margarethe von Tirol zu erwähnen, die zweite Frau des vorgenannten Herzogs. Über sie schreiben wir im aktuellen Abschnitt. Sie war Erbgräfin von Tirol und Herzogin von Kärnten. Letzteres allerdings nur noch als Titularherzogin, da Kärnten bereits an die Habsburger gefallen war. Margarethe von Tirol hatte nicht den ausgeprägten Regierungswillen ihrer kaiserlichen Schwiegermutter, wenngleich gewisse Parallelen zu erkennen waren.

Schlussendlich kommt noch eine vierte Margarethe ins Spiel. Margarethe von Habsburg, Ehefrau Mainhards III., dem kürzlich verstorbenen Herzog von Oberbayern und Graf von Tirol und somit Schwiegertochter der vorerwähnten Margarethe von Tirol.

Nachdem es um die Habsburger in der Reichspolitik seit dem Tod des Mitregenten, König Friedrich dem Schönen, relativ ruhig geworden war, sie in ihren ursprünglichen Schweizer Stammlanden mit eidgenössischen Aufständen auch vollauf beschäftigt waren, ansonsten ihre neuen Kernlande in Österreich, der Steiermark und Kärnten konsequent ausbauten und förderten, waren sie wieder auf dem Stand um in das Geschehen auf der politischen Bühne des Reichs einzugreifen. Mit dem unmittelbar benachbarten Tirol, dass eine treffliche Landbrücke zwischen den alemannischen Besitzungen im Südwesten und jenen im Südosten bildete, war ein strategisch wichtiges Zielobjekt gegeben, für das auch eine langwierige, kriegerische Auseinandersetzung gerechtfertigt wäre.

Herzogin Margarethe von Tirol, über ihren verstorbenen Sohn, neuerliche Erbin Tirols, sah in dem Vorgehen des bayrischen Schwagers hinsichtlich Oberbayerns in sich ein schimpfliche Tat, wenngleich sie auf dieses Herzogtum keine Ansprüche geltend machen konnte. Sie hatte nicht vergessen, wie der Schwager ihren Sohn zu dessen Lebzeiten massiv beeinflusste und das Herzogtum abspenstig zu machen suchte, was zur Flucht des Sohnes aus dem eigenen Herzogtum führte. Einen zusätzlichen Übergriff auf Tirol, wie er sich schon abzeichnete, nahm sie selbstbewusste Regentin der Grafschaft nicht tatenlos hin. Hier zeigte sie eine ähnliche Verbissenheit wie man bei ihrer Schwiegermutter in der niederländischen Fehde erkennen konnte. Ihre Mittel waren allerdings sehr begrenzt. Auf eine starke Position in Tirol konnte sie sich nicht stützen. Schon zu Zeiten als ihr Mann noch lebte und ganz akut in der kurzen Zeit der Regentschaft ihres Sohnes Meinhard, gab es schwere kriegerische Verwerfungen mit dem Tiroler Adel. Herzog Stephan, unterstützt von seinem Halbbruder Albrecht von Bayern-Straubing und einem Mailänder Söldnerkontingent, rückte in Tirol ein. In dieser unhaltbaren Lage, überschrieb sie die Grafschaft an den ältesten Bruder ihrer Schwiegertochter, jener Margarethe von Habsburg, die wir oben kurz anschnitten. Unter Rudolf IV. wurde Tirol für die nächsten rund 550 Jahre habsburgisch. Sie musste jedoch erst aus den Händen Herzog Stephans entrissen werden.

Am 23. November 1363 kam es bei Ötting zur Hauptschlacht beider Heere. Der Waffengang brachte keine Entscheidung worauf sich der Krieg in Form von Scharmützeln und Plünderungen über die kommenden Jahre fortsetzte.

Am 27. Mai 1365 verstarb Rudolf IV. von Habsburg in Mailand, anlässlich einer Reise. Seine beiden jüngeren Brüder Albrecht III. und Leopold III. übernahmen gemeinschaftlich die Regierung über den weitreichenden Länderkomplex im Süden des deutschen Reichsteils. Beide führten den Krieg fort, suchten allerdings auch gleichzeitig unter Vermittlung eine Regelung mit den bayrischen Kriegsgegnern zu erreichen. Schlussendlich kam es 1369 im „Frieden von Schärding“ zu einem Vergleich. Bayern verzichtete gegen ein Abfindung von 120.000 Gulden auf Tirol so dass die Grafschaft jetzt formal Teil der Habsburger wurden.

Habsburg überflügelte spätestens jetzt die Wittelsbacher in Sachen Einfluss im Reich und trat wieder auf Augenhöhe mit den Luxemburgern.


„Die letzten Jahre“

Kommen wir wieder auf Markgraf Ludwig II. und Brandenburg zurück. Es wurde schon erwähnt, Ludwig konnte sein Anrecht auf Oberbayern nicht geltend machen. Halbbruder Stephan setzte sich darüber hinweg und sicherte den räuberischen Erwerb. Seine seit dem Tod des Vaters schwelende Verbitterung über die bayrischen Brüder, entfachte sich zu offenem Hass. Noch im gleichen Jahr der Annektion Oberbayern, im Jahre 1363, enterbte er bis auf seinen Bruder Otto, der bei ihm am Hofe lebte, seine drei verbliebenen Brüder und schloss mit Kaiser Karl IV. einen Erbvertrag. Für den Fall dass er und auch sein Bruder Otto ohne Erben stürben, würde die Mark Brandenburg an ihn fallen und zwar nicht als erledigtes Lehen und somit Heimfall ans Reich sondern als direktes Erbe an Karl und dessen Familie.

Tief verbittert starb Ludwig II., der Römer, nach 14 Jahren Regentschaft, im Alter von erst 36 Jahren. Aus den Ehen mit Kunigunde von Polen und Ingeborg von Mecklenburg ergaben sich keine Kinder womit die Markgrafschaft und die Kurwürde an seinen Bruder Otto überging.

Er wurde neben seiner Frau Kunigunde in Berlin, im „Gauen Kloster“ beigesetzt.


„Zusammenfassung des Wirkens Ludwig II.“

Ludwig II. hatte 1351 die Mark Brandenburg von seinem Halbbruder Ludwig I., dem nachmaligen Herzog Ludwig V. übernommen. Man kannte sie als Ludwig den Jüngeren und Ludwig den Älteren, bzw. Ludwig der Römer und Ludwig der Brandenburger. Er trat die Herrschaft zu einer Zeit an, als der Stern der Wittelsbacher am sinken war. Nach dem Tod des kaiserlichen Vaters, begann trotz gegenteiliger Disposition von Ludwig IV., in Etappen das Zersplittern der väterlichen Ländereien in fünf unterschiedliche Fürstentümer.

Die Besitzstandsverteilung sah im Jahre 1353 folgendermaßen aus:

  • Herzogtum Oberbayern mit der Grafschaft Tirol: Ludwig V.
  • Herzogtum Bayern-Landshut: Stephan II.
  • Markgrafschaft Brandenburg: Ludwig II.
  • Grafschaften Holland, Seeland, Friesland & Anwartschaft Hennegau: Wilhelm I.
  • Herzogtum Bayern-Straubing: Albrecht I.

Sein Vorgänger zermürbte sich in Kriegen gegen Mecklenburg und Pommern, kirchlichen Auseinandersetzungen mit den Bischöfen von Brandenburg und Havelberg, die vom Papst motiviert waren sowie dem fruchtlosen Kampf gegen Teile des märkischen Adels. Als 1348 der „falsche Waldemar“ auftrat und sich als der ehemalige askanische Markgraf Waldemar ausgab, neigte sich die Regentschaft des ersten Markgrafen aus dem Haus Wittelsbach dem Ende zu.

Ludwig II. übernahm im jungen Mannesalter die Leitung. Er konnte nach zähen Auseinandersetzungen den falschen Waldemar zum Verzicht zwingen und wieder die formelle Herrschaft über ganz Brandenburg erlangen. Das Verhältnis zum rebellischen Adel blieb gespannt. Ernüchternd erwies sich die Treulosigkeit vieler brandenburgischer Städte in der Zeit des Ringens mit dem betrügerischen Waldemar. Gerade die Städte waren all die Zeit zuvor, eine Hauptsäule der Wittelsbacher in der Mark. Durch das Ausbleiben der städtischen Unterstützung und deren Finanzmittel, geriet Ludwig II. in erhebliche Geldnot und musste viele landesherrliche Privilegien und Güter verpfänden, was langfristig die Finanzlage noch verschlimmerte.

1356 beschlossen die Kurfürsten anlässlich des Hoftags zu Nürnberg, dass die siebte Kurwürde fest mit Brandenburg verknüpft ist und somit Ludwig II. von Brandenburg und nicht Herzog Ludwig V. von Oberbayern zum Kurfürsten und Erzkämmerer des Heiligen Römischen Reichs wurde. Das urkundlich in der Goldenen Bulle verbriefte Privileg der Kurwürde bildete den Höhepunkt der Landesherrschaft Ludwig II. und machte aus der Mark Brandenburg die Kurmark oder auch Kurbrandenburg. Der Entscheidung ging ein langjähriger Streit mit den bayrischen Halbbrüdern Ludwig und Stephan voraus.

1361 stirbt Herzog Ludwig V. von Oberbayern, sein Sohn Meinhard tritt das Erbe an, stirbt aber selbst nach schon wenigen Jahren ohne eigenen Erben. Rechtlich wäre Ludwig II. und sein Bruder Otto die berechtigen Nachfolger, allerdings übervorteilt sie der ältere Halbbruder Stephan II. und bemächtigt sich des verwaisten Herzogtums. Finanziell nicht in der Lage ein Heer auszustatten, musste Markgraf Ludwig II. diesen Raub hinnehmen. Die Folge war ein unüberwindbarer Bruch mit den Brüdern Stephan, Wilhelm und Albrecht. Nur zu Otto, der seit dem Tod von Kaiser Ludwig IV. an der Seite seines Bruders blieb, behielt er sein enges und brüderliches Verhältnis bei.

Tief verbittert stirbt der zweite Markgraf in Brandenburg, aus dem Hause Wittelsbach Ende Februar 1365 ohne eigene Kinder. Zuvor hatte er seinen Bruder Otto zum Erben und Nachfolger in der Mark bestimmt.


Ein Gedanke zu „Buch 2, Kapitel III: „Ludwig II. der Römer (7. Mai 1328 – 27. Februar 1365)““

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